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WÄRMELEHRE METHODISCH-DIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN
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WÄRMELEHRE
METHODISCH-DIDAKTISCHE
ÜBERLEGUNGEN
Helmuth Mayr
GRG 15, auf der Schmelz, 1150 Wien
Wien, 2003

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INHALTSVERZEICHNIS
1
ALLGEMEINES ............................................................................................... 3
2
HINTERGRUND ............................................................................................... 3
3
VORARBEITEN ............................................................................................... 3
4
ALLER ANFANG IST SCHWER...................................................................... 4
5
MENSCHEN SIND FLASCHEN....................................................................... 4
6
DIE VIELFALT VON WARM UND KALT......................................................... 5
7
WÜSTEN- UND ESKIMO -KLEIDUNG............................................................ 6
8
DAS FINALE.................................................................................................... 7
9
ALPHA = OMEGA UND SCHÜLERINTERVIEWS .......................................... 7
10
WAS HABE ICH AUS DEM GANZEN GELERNT?......................................... 7
11
WAS WÄRE, WENN... ..................................................................................... 8
12
SCHLUSSBEMERKUNG................................................................................. 9
ANHANG .................................................................................................................. 10

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1 ALLGEMEINES
Aus vielen Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern bzw. mit Physik-Lehrerinnen
und -Lehrern ist mir bekannt, dass die Wärmelehre in österreichischen AHS oftmals
ziemlich stiefmütterlich behandelt wird. Im Zuge derartiger Gespräche habe ich erfah-
ren, dass für viele Kolleginnen und Kollegen das Kapitel Wärmelehre in erster Linie
als Erarbeitung der Gasgesetze und einiger sich daraus ergebender Folgerungen
besteht. Leider sind mir nur sehr selten Lehrerpersönlichkeiten begegnet, die ver-
sucht hatten, den Wärmebegriff (auch) an Hand alltäglicher Vorgänge, etwa dem
Wetter oder diversen technischen Aspekten – je nach Schülerinteresse – zu erarbei-
ten.
Ich selbst habe die Wärmelehre oftmals über Wetterphänomene, Schülervorstellun-
gen, wie „Weltraumkälte“ oder ähnlichem eingeführt und bearbeitet. Bis zum Beginn
des durch IMST² beobachteten projektorientierten Unterrichtes hatte ich Grundle-
gendes zum Thema Wärme noch nie über die Physik der Kleidung eingeführt.
Als sich im Rahmen von IMST² ergab, nicht nur diesen pädagogischen Pfad zu be-
schreiten, sondern auch noch zusätzlich eine wissenschaftlich orientierte Rückmel-
dung zu erhalten, gab´s für mich kein Zaudern mehr. Ich beschloss, Grundlegendes
über den Wärmebegriff an Hand der Physik der Kleidung erarbeiten zu lassen.
2 HINTERGRUND
In meiner damaligen Unterrichtssituation kam für mich nur eine Klasse in Frage,
nämlich eine 6. Klasse unseres Realgymnasiums, die ich auch schon im Vorjahr un-
terrichtet hatte. Fast alle Schüler/innen dieser Klasse besuchten in der Unterstufe ei-
ne „Laborklasse“ unserer schulautonomen Unterstufenausprägung, d.h. sie waren es
von der 3. und 4. Klasse her gewohnt, in Kleingruppen Experimente und zugehörige
Aufgabenstellungen weitgehend selbstständig zu bearbeiten. Durch schulinterne Zu-
fälligkeiten setzte sich diese Klasse nur aus drei Schülerinnen und 12 Schülern zu-
sammen. Ich erhoffte mir, dass dadurch das Ausprobieren neuer Wege etwas er-
leichtert werden könnte.
3 VORARBEITEN
Natürlich wusste ich Grundlegendes über die Physik der Kleidung, aber für eine kon-
sequente Erarbeitung der Basis der Wärmelehre war´s mir persönlich etwas zu we-
nig. Daher versuchte ich per Internet und aus diversen Büchern Näheres zu erfahren.
Unter anderem wurde ich im Lehrbuch „Biologische Physik“ von Helmuth Horvath
(hpt; ISBN 3-209-00775-6) besonders fündig.

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4 ALLER ANFANG IST SCHWER
Derart vorbereitet startete ich in den ersten Tagen nach den Weihnachtsferien
2001/02 mit einem Mindmapping zum Thema Kleidung. Dies beanspruchte eine volle
Stunde, und die plenare Auswertung eine weitere. Der nächste Schritt war mir sozu-
sagen „von außen“ vorgegeben, d.h. es wurden von der IMST²-Mitarbeiterin der
Klasse zwei Probleme vorgelegt, die die Schüler/innen selbsttätig zu knacken hatten.
Im Wesentlichen ging es darum, wie man eine Tropenpflanze so schützen kann,
dass sie in den eisigen Norden verbracht werden bzw. wie man einen Eisblock so i-
solieren kann, dass man ihn unbeschadet aus dem Norden in den sonnigen Süden
transportieren kann. Die Schüler/innen schrieben ihre Lösungen auf und in der fol-
genden Stunde (die gleichzeitig die letzte des betreffenden Wintersemesters war),
wurde darüber ein Plenum abgehalten.
5 MENSCHEN SIND FLASCHEN
Das Sommersemester fing damit an, dass die Schüler/innen wassergefüllte Plastik-
flaschen verschiedener Größe als Modellmenschen akzeptierten. Aus der Erkennt-
nis, dass die durch Nahrungszufuhr umgesetzte Energie in großem Ausmaß für die
Aufrechterhaltung der Körpertemperatur verwendet wird, wurde im Umkehrschluss
festgestellt, dass ein Mensch (also die Flaschen), ohne Nahrungszufuhr auskühlen
müsste. Daher wurde das Abkühlverhalten dieser Flaschen experimentell untersucht
und graphisch dargestellt.
War´s nur meine Ungeduld oder hatte ich die Sache unterschätzt ? Auf jeden Fall
brauchten wir für diese Phase doppelt so lang, als ich dafür Zeit veranschlagt hatte.
Als nächsten Schritt untersuchten wir, wie sich die verschiedenen klimatischen Um-
gebungen auf diese Situation auswirken müssten. Dazu mussten die Lernenden
durch die Realisierung diverser Ideen Modellexperimente für folgende Fälle entwi-
ckeln, ausführen und auswerten:
Ein Nackter am Nordpol
Ein Bekleideter am Nordpol
Ein Nackter in gemäßigten Breiten
Ein Bekleideter in gemäßigten Breiten
Ein Nackter in den Tropen
ein Bekleideter in den Tropen
Die Klasse gliederte sich in sechs Arbeitsgruppen, von denen jede nur eine der obi-
gen „Nüsse knackte“. Über die Einzelergebnisse wurde plenar berichtet.

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6 DIE VIELFALT VON WARM UND KALT
Die bisherigen Ergebnisse führten dazu, dass wir die Alltagsbegriffe „warm und kalt“
auf ihre vielfältige Bedeutung untersuchen konnten. Dies war eine eher lehrerzent-
rierte Lernphase, in der der menschliche „Warm-Kalt-Sinn“ nicht als eine Art Ther-
mometer, sondern aus Zu- bzw. Abfluss eines Wärmestromes und auch die Unter-
schiedlichkeit der beiden Begriffe Temperatur und Wärme(Energie) verstanden wer-
den sollte.
Dieser physikalische Hintergrund leitete zu den Wärmetransport-Phänomenen über,
die in den darauf folgenden Stunden von den Schüler/innen experimentell untersucht
und ausgewertet wurden.
Zunächst betrachteten wir eine Modell-Sonne, die auf einen Modell-Menschen
scheint. Als Modellsonne dienten Infrarotlampen (die ich vor Jahren um billiges Geld
bei einer Kaffeefirma für die Schule gekauft hatte). Als Modellmenschen dienten uns
zwei Alkoholthermometer, ein schwarz ummanteltes und ein blankes. Die Schü-
ler/innen untersuchten die Abhängigkeit der Thermometertemperatur von der Entfer-
nung zur IR-Lampe, werteten dies graphisch aus und zogen ihre Schlüsse daraus.
Im Anschluss daran stellte ich ihnen die Aufgabe, das Wasser in einer Plastik-
Eprouvette möglichst hoch zu erhitzen, ohne jedoch die hitzeempfindliche Eprouvette
zu zerstören. Da die Klasse selbstständiges Experimentieren gewohnt war und auch
den Umgang mit diversen offenen Flammen korrekt beherrschte, hatte ich keine Si-
cherheitsbedenken. Trotzdem war ich natürlich besonders auf der Hut, um allfällige
unfallträchtige Detailsituationen zu verhindern. Daher führte ich während dieser Ar-
beitsphase zahlreiche „Physiksaalumkreisungen“ durch und gab da und dort einige
Durchführungstipps.
Fast alle Schüler/innen verwendeten stiftartige Metallgegenstände, die ins Wasser
der Eprouvette tauchten und von außen mittels diversen Flammen erhitzt wurden.
Viele staunten nicht wenig, als sie feststellen mussten, dass die Halterung des Stiftes
enorm viel Wärme ableitete, sodass sich das Wasser in der Eprouvette unerwartet
wenig erwärmte. (Dass dazu auch die Abstrahlung einen wichtigen Beitrag lieferte
konnten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht recht einsehen). Dies führte zu eher zeit-
raubenden Optimierungen der Stift-Halterungen. Die anschließende Diskussion der
aufgestellten Erklärungsversuche führte zu den Rollen der Konvektion und der Wär-
meleitung in einem System, benötigte allerdings sämtliche Stunden der ersten März-
woche 2002, was zu einer neuerlichen Überschreitung meines Zeitplanes führte.

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7 WÜSTEN- UND ESKIMO
*
-KLEIDUNG
Nun war sozusagen der Kern dieser Physik-Betrachtung erreicht, wir thematisierten
erstmals die Physik der Kleidung selbst. Zunächst demonstrierte ich den Jugendli-
chen mittels Bildmaterial die Vielfalt der Kleidung, nicht ohne Erinnerungen an die
Mindmap anzusprechen. Dann stellte ich insbesondere die Kleidung der Bewohner
der Sahara und jene der Eskimos vor. Die Schüler/innen bekamen dann die Aufgabe,
die Physik der weiten, nachthemdähnlichen Bekleidungen der Wüstenbewohner und
auch jene der Eskimos zunächst verbal zu beschreiben und dann diverse Charakte-
ristika, z.B. die Dicke der Fellärmel eines Eskimoanoraks, auf Grund der bisher erar-
beiteten Zusammenhänge abzuschätzen.
Für die Lernenden bedeutete dies zunächst zu erkennen, welche Art des Wärme-
transportes für diverse Vorgänge wichtig sind. Daraus - und mittels einiger von mir
beigesteuerter Systemkonstanten - war ein Einstieg in die theoretische und zahlen-
wertmäßige Erfassung möglich. Dabei zeigte es sich, dass die für die Wüsten-
Chellaba erhaltenen Werte durchaus im möglichen Rahmen lagen, die Dicke der
Fellärmel mit mehr als 1 m jedoch viel zu groß war.
Daraus gewannen wir die Erkenntnis, dass für letzteren Fall unsere Modelle offen-
sichtlich zu grob waren. Die ziemlich komplizierten Detailverhältnisse stellte ich an-
schließend zwar lehrerzentriert vor, verlange aber von den Schülern und Schülerin-
nen nicht, dass sie dies genau lernen und verstehen müssten.
Inzwischen war die erste Märzhälfte vorbei und ich legte resignierend meinen Zeit-
plan ad acta. Meine zeitlichen Verpflichtungen bei der Physikolympiade und die an-
schließenden Osterferien führten zu einigen Stundenausfällen und ich hatte mich zu
entscheiden, ob ich das Projekt aus Zeitgründen aufgeben muss oder ob ich - infolge
der Möglichkeiten der IMST²-Beobachtungen - es zu Ende führen und die in diesem
Schuljahr nicht mehr behandelbaren Bildungsziele auf das nächste verschieben
kann. Gestärkt durch ein Gespräch mit der Direktion entschied ich mich für letztere
Möglichkeit.
* Der Verfasser hatte im August 1994 die Gelegenheit, in Nordkanada mit einer Frau zu spre-
chen, die sich selbst als „Eskimo“ bezeichnete. Auf die Frage, warum sie nicht „Innuit“ sagen
würde, was ja der „political correctness“ entspräche, antwortete sie: „Die Innuit leben 200 km
hinter diesem Hügel, ich selbst stamme aus dem Volk der Inuvalit und wir alle sind Eskimo,
sprechen Eskimo und schreiben Eskimo. Die US-Amerikaner sollten sich besser informieren,
bevor sie vorschnell sogenannte korrekte Begriffe einführen“. Seit dieser Zeit verwendet der
Verfasser - nicht ohne Hinweis auf dieses Gespräch - stets den offensichtlich durchaus nicht
despektierlichen Ausdruck „Eskimo“.

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8 DAS FINALE
Nach den Osterferien wurden die Schüler/innen angehalten, Modellmenschen im
Wind experimentell zu untersuchen und auszuwerten. Dies führte uns ins Gebiet der
Verdunstung bzw. der Phasenübergänge, das wir - bedingt durch die Stundenausfäl-
le wegen meiner Verpflichtungen in der Physik-Olympiade - erst gegen Ende April zu
Ende führen konnten.
Während dieser Zeit hatte ich einen Schulpraktikanten zu betreuen, der gegen Ende
seines Praktikums eine Stunde übernahm, in der er Vorgänge rund um den Taupunkt
von den Jugendlichen experimentell erarbeiten ließ. Die theoretische Einarbeitung
führte ich dann in der folgenden Stunde durch.
Natürlich bot das Thema Taupunkt eine gute Gelegenheit, von trockener und feuch-
ter Luft sowie von Wind und Wolken nebst diversen Niederschlägen zu reden, vor
denen uns die geeignete Kleidung ja schützen soll. Dies wurde mit Hilfe vieler Bilder
und Graphiken ziemlich lehrerzentriert an die Schüler/innen herangetragen, die die
sich dadurch ergebende eher konsumierende Rolle offensichtlich als willkommene
Abwechslung begrüßten.
Am Ende hatten wir die wesentlichsten Phänomene der Physik der Kleidung bei-
sammen und verknüpften sie in einer Art Zusammenschau: Die Rolle der Wärme-
transportphänomene und die sich ergebenden Wärmeströme einerseits und jene der
Verdunstung udgl. durch Körperschweiß.
9 ALPHA = OMEGA UND SCHÜLERINTERVIEWS
Das Ende dieses Unterrichtsablaufes war durch zwei Ereignisse gekennzeichnet: Ei-
nerseits wurden die Schüler/innen von der IMST²-Vertreterin nochmals mit den an-
fänglich gestellten Problemen bzw. auch mit neuen konfrontiert und andererseits
wurden Schüler/innen interviewt. Da es inzwischen Mai 2002 geworden war fiel dies
in jene Zeit, in der ich wegen der Physikolympiade 15 Tage auswärts zu unterrichten
hatte. Daher musste die bedauernswerte IMST²-Mitarbeiterin diese Tätigkeiten unter
ziemlich ungünstigen Umständen durchführen, worüber sie aber an anderer Stelle
selbst berichtet.
10 WAS HABE ICH AUS DEM GANZEN GELERNT?
Die reichhaltige Rückkopplung durch die IMST²-Aktivitäten gaben mir Detailinforma-
tionen über meinen Unterricht, die ich anders nie erhalten hätte. Dazu zählen - außer
den „Selbstverständlichkeiten“, die sich durch die kritische Betrachtung der Videos
von meinem akustischen und motorischen Unterrichtsverhalten ergeben - besonders
jene Dokumentationen, in denen ich mitverfolgen konnte, wie die Schüler/innen auf
meine Aufgabenstellungen reagiert hatten, welche Art von Kommunikation sie auf-
nahmen, insbesondere dann, wenn ich mit einer anderen als der aufgenommenen

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Gruppe beschäftigt war und wie sie argumentierten bzw. wie leicht oder schwer ih-
nen die Umsetzung der gewonnenen Einsichten in allgemeinere physikalische Zu-
sammenhänge gefallen ist.
Besonders wichtig erscheint mir dabei, dass die Jugendlichen zunächst oft eine Art
Mischung aus Alltagssprache und Fachsprache verwendeten, die erst allmählich
(und mit großen individuellen Unterschieden) in eine altergemäß entwickelte Fach-
sprache überging. Für mich ist das eine Bestätigung meiner These, dass zunächst
ein verbal ausdrückbares Verständnis eines Zusammenhanges aufgebaut werden
muss, bevor anwendungsorientierte oder gar numerische Fragestellungen bearbeitet
werden können.
Meine persönliche Zielsetzung im Physikunterricht war es stets, dass meine Schütz-
linge ein Problembewusstsein entwickeln lernen, dass sie Physik als die Wissen-
schaft von Modelleigenschaften verstehen, dass sie mit gewisser Kreativität und Be-
harrlichkeit Problemlösungen entwerfen, realisieren, verfolgen und zu einem (indivi-
duell verschiedenen) physikalisch korrekten Bild eines Systems kommen. Was ich
jedoch keinesfalls anstrebe ist eine Ansammlung von lexikalischem Wissen.
Mir ist völlig bewusst, dass es ohne gewisses lexikalisches Grundwissen kein kon-
zeptuales Verständnis physikalischer Vorgänge geben kann. In meinem praktischen
Unterricht versuche ich daher ständig, diesen „Spagat“ zu bewerkstelligen, wobei mir
klar ist, dass das Pendel einmal mehr auf die konzeptuale und ein andermal mehr
auf die lexikalische Seite ausschwingt.
In diesem von IMST² untersuchten Unterrichtsablauf ist das Pendel sicherlich sehr
auf die konzeptuale Seite hin ausgeschwungen.
11 WAS WÄRE, WENN...
Was wäre, wenn ich heute nochmals unter vergleichbaren Bedingungen die Wärme-
lehre mit der Physik der Kleidung an die Jugendlichen heranbringen könnte ? (Der-
zeit unterrichte ich in keiner Klasse, in der die Wärmelehre thematisiert werden soll).
Zweifellos müsste ich zeitlich raffen. Dies könnte ich nur durch Folgendes realisieren:
Den Anfang deutlich weniger zeitaufwändig gestalten. Dies könnte durch et-
was weniger offene Aufgabenstellungen und durch betontere Führung bei den
Anfangsexperimenten geschehen, ohne dass ich mir dadurch gröbere Einbu-
ßen an Lerneffekten erwarte.
Die Konvektion und die Wärmeleitung mit weniger experimentellem Aufwand
einführen, d.h. sie nicht in einem „Kombi-Experiment“ gleichzeitig zu themati-
sieren, sondern hintereinander. Das „Auseinanderklauben“ dieser beiden
Phänomene erfordert offensichtlich mehr Unterrichtszeit als das Zusammen-
fügen, also eher so, wie ich es bisher praktiziert hatte.
Ich hatte für meine persönliche Vorbereitung und vor allem zur Erstellung der Ar-
beitsunterlagen einen sehr großen Aufwand betrieben. Möglicherweise habe ich
durch ein Zuviel an Vorbereitung ein „Zuviel“ in die Stunden eingebracht, ohne dass

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es mir selbst bewusst geworden wäre. Hier würde ich mich wahrscheinlich zurück zu
nehmen versuchen. (Ob mir das als eher perfektionistisch eingestelltem Menschen
auch tatsächlich gelingt wage ich zu bezweifeln. Niemand kann auf Dauer über sei-
nen Schatten springen).
12 SCHLUSSBEMERKUNG
Ich habe diese Art des Zugangs zur Wärmelehre sehr gerne durchgeführt. Einerseits
habe ich selbst enorm viel dazu gelernt und andererseits glaube ich, dass die Schü-
ler/-innen durchaus mitbekommen haben, dass die Physik unser tägliches Leben in
einem Ausmaß diktiert, das uns gar nicht (mehr) bewusst ist. Das - so glaube ich - ist
ein wichtiger Beitrag Physikunterricht interessant zu machen.
Und das gehört wohl zu den wichtigsten und schönsten Aufgaben, die wir Physikleh-
rer/-innen haben.

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ANHANG

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PROBLEMSTELLUNG:
In einer Kunststoff-Eprouvette befindet sich etwas Wasser.
Die Eprouvette hält die Einwirkung einer Flamme nicht aus.
Das Wasser in der Eprouvette soll mit Hilfe einer Flamme erwärmt werden.
MATERIAL-LISTE:
1 Kunststoff-Eprouvette
1 „Flammen-Quelle“ nach Wahl und Verfügbarkeit
Wasser
weiteres Experimentiermaterial nach Bedarf und Verfügbarkeit
AUFGABE:
Erfinde und baue eine solche experimentelle Anordnung auf, mit der du das in der
Eprouvette befindliche Wasser mit Hilfe der Flamme möglichst hoch erwärmen
kannst !
Die erzielte Wassertemperatur muss gemessen werden.
Die Eprouvette darf keinesfalls durch die Flamme verändert oder zerstört werden !
ICH ERWARTE VON EUCH:
*
Beschreibung des Systems an Hand einer Strich-Skizze
*
Beschreibung der für die Wassererwärmung wichtigen Vorgänge
*
Angabe über die erzielte Wassertemperatur, der Erwärmungszeit, o.ä.
Wasser, Kunststoff und eine Flamme

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1. Das Leben in der Wüste
In den Wüsten der Erde herrschen extreme Wetterbedingungen: mittags oft flirrende
Hitze bis zu +50°C (und manchmal sogar mehr), in der Nacht allerdings fällt die
Quecksilbersäule oftmals knapp unter den Gefrierpunkt. Dazu bläst ständig von ir-
gend einer Seite der Wind, der sowohl heiß als auch kalt sein kann.
Wüstenbewohner haben seit vielen Generationen ihr Leben und ihre Kleidung an
diese Klimabedingungen angepasst.
Die traditionelle Bekleidung der Wüstenbewohner besteht im Wesentlichen aus
„nachthemdartigen“, weiten Umhängen, unter denen außer ebenfalls weiten Hosen
kaum ein weiteres Kleidungsstück getragen wird.
Die Männerbekleidung heißt in Nordafrika „Chellaba“ und wird aus dickeren Woll-
stoffarten gefertigt, während der sogenannte „Kaftan“ den Frauen vorbehalten ist und
aus etwas dünneren Wollstoffarten hergestellt wird.
Europäische Wüsten-Touristen stellen oft verblüfft fest, dass die traditionelle Wüs-
tenkleidung in der flirrenden Wüstenhitze wesentlich „kühler“ ist als die in Europa üb-
liche Sommerbekleidung.
AUFGABE:
Kläre auf der Basis aller bisher gewonnenen Einsichten über „die
Wärme“, warum in der Wüstenhitze ein Chellaba kühler als ein
Sommeranzug bzw. ein Kaftan kühler als ein Sommerkleid ist !
„Warme“ und „kalte“ Kleidung

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2. Leben in Eis und Schnee
In arktischen Gefilden dauert der Sommer nur wenige Wochen, in denen die Sonne
nicht untergeht und in denen es erstaunlich warm sein kann.
Die meiste Zeit des Jahres herrschen allerdings Temperaturen unter dem Gefrier-
punkt, wobei während des arktischen Winters ohne weiteres - 40°C und weniger vor-
kommen können.
Die Bewohner dieser Erdgegenden haben seit vielen Generationen ihr Leben und ih-
re Kleidung an diese Klimabedingungen angepasst.
Die traditionelle Bekleidung besteht für beide Geschlechter aus fellgefütterten Hosen
und Anoraks. (Erst seit einigen Jahrzehnten ist im nordamerikanischen und westeu-
ropäischen Norden die Fellfütterung durch Kunststofffüllungen (z.B. Polyurethan-
Flocken) ersetzt worden, die sich allerdings in ehemaligen sowjetischen Regionen
noch nicht durchgesetzt haben).
AUFGABEN:
1.
Kläre auf der Basis aller bisher gewonnenen Einsichten über „die Wärme“, nach
welchen physikalischen Prinzipien die „Eskimo-Kleidung“ funktioniert !
2.
Schätze auf Grund geeignet getroffener Annahmen und einer Rechnung sowie
den tieferstehenden Daten ab, wie dick mindestens die Fellkleidung sein muss,
damit ein erwachsener Mensch bei einer Außen-Temperatur von - 40°C überle-
ben kann !
(Wie realistisch ist das Ergebnis ? Was könnte der Grund für ein unrealistisches
Ergebnis sein ?)

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DATEN:
Erwachsene Menschen geben im Mittel eine Wärmeleistung von zirka 50 W
bis 60 W an die Umgebung ab.
Die Wärmeleitfähigkeit von Luft, Haaren oder Fell ist annährend gleich groß,
nämlich zirka 0,25 W/m.K [d.h. dass eine 1 m dicke Schicht aus Fell bei ei-
nem Temperaturunterschied von 1K einen Wärmestrom von 0,25 W erlaubt].
Für die Wärmestrahlung zwischen einem Körper mit der Temperatur T1 und
der Umgebungstemperatur T2
gilt in diesem Fall näherungsweise:
(
)4
2
4
1
T
T
A
P
⋅σ⋅
A ..... strahlende Fläche
• σ ≈ 6 . 10
- 8
W/m
2
.K
4
[d.h. 1 m
2
Fläche strahlt bei 1K Temperaturunter-
schied mit einer Leistung von 6.10
-8
W]

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Im folgenden Experiment wird ein Mensch durch eine wasserbefüllte Eprouvette ex-
perimentell modelliert und dessen Verhalten bei „Windstille“ bzw. im „Wind“ unter-
sucht.
MATERIAL-LISTE:
1 Eprouvette
Papierblätter zum „Fächeln“ (oder ähnliches)
1 Trichter
1 elektrisches Thermometer
1 Satz Stativmaterial
1 Messglas (aus Plastik)
1 Stoppuhr
sehr warmes Wasser
Putzpapier
VORGANG:
Die Eprouvette wird mit Stativmaterial lotrecht eingespannt, mit einer bestimm-
ten Menge von sehr warmen Wasser befüllt, die anfängliche Wassertempera-
tur T1 wird gemessen und die Stoppuhr eingeschaltet.
Nach einer bestimmten Zeitspanne t ist die Wassertemperatur auf einen
deutlich unterschiedlichen Wert T2 gesunken.
Anschließend wird dasselbe Experiment mit möglichst gleichen Anfangsbe-
dingungen (Wassermenge, Anfangstemperatur !) wiederholt. Allerdings wird
jetzt mit einem Blatt Papier oder ähnlichem während der oben festgelegten
Zeitspanne t ein möglichst starker Luftstrom erzeugt. Dadurch sinkt die Was-
sertemperatur während derselben Zeitspanne t auf den Wert T3.
THEORIE:
Um 1 kg Wasser um 1°C zu erwärmen bzw. abzukühlen muss 4187 J zugeführt oder
abgegeben werden. Man sagt: Wasser hat die „spezifische Wärme“ c = 4187 J/kg.K
Folglich gilt für die Wärme-Energie Q eines (festen oder flüssigen) Körpers allge-
mein:
Q = c . m . T
AUFGABEN:
1. Bestimme die Wärme-Energie Q1, die beim Abkühlen ohne „Fächeln“ vom
Wasser an die Umgebung abgegeben wird.
2. Bestimme die Wärme-Energie Q2, die beim Abkühlen mit „Fächeln“ vom Was-
ser an die Umgebung abgegeben wird.
3. ERKLÄRE (in Worten), wie der gemessene Unterschied zustande kommt !
Ein Modell - Mensch im Wind

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AN EINEM KALTEN WINTERTAG ..............
hat ein Familienmitglied vergessen, die offenen Fenster nach dem Lüften zu schlie-
ßen, sodass die eiskalte Winterluft den Raum stundenlang abgekühlt hat.
Natürlich wurden daraufhin sofort alle Fenster geschlossen und die Heizung auf „vol-
le Kraft“ aufgedreht, sodass bereits nach 10 Minuten das Zimmer-Thermometer eine
Lufttemperatur von 24°C angezeigt hat.
Obwohl dies eine an sich „wohlige“ Raumtemperatur ist, „fröstelt“ es alle Familien-
mitglieder, die sich in üblicher Wohnungsbekleidung in diesem Zimmer aufhalten.
Warum ?
HELLE UND DUNKLE HEIZKÖRPER
Das Kirchhoff-Gesetz besagt, dass unter sonst gleichen Verhältnissen dunklere Kör-
per mehr Wärme-Energie abstrahlen als helle.
Warum sind trotzdem die Radiatoren der Zentralheizung weiß und nicht schwarz ?
ZWEI VERPACKTE“ EISWÜRFEL
Zwei gleich große und gleich kalte Eiswürfel werden „verpackt“. Das heißt, der eine
wird mit Silberpapier (= Aluminiumfolie) ummantelt, der andere mit einem Stück aus
dickem Wollstoff. Dann werden die beiden bei einer Raumtemperatur von +20°C an
einem Faden aufgehängt.
Welcher der beiden Eiswürfel ist zuerst geschmolzen ?
Warum ?
EIN HYPOTHETISCHER SCHUSS
Um 1 kg Blei um 1°C zu erwärmen ist eine Wärme-Energie von 129 J nötig. Blei
schmilzt bei einer Temperatur von 327°C. Um 1 kg Blei (das bereits Schmelztempe-
ratur hat !) vollständig vom festen in den flüssigen Zustand über zu führen ist eine
Energie von 23 000 J nötig.
Mit welcher Geschwindigkeit müsste eine Bleikugel (mit der Ausgangstempe-
ratur T1 = 20°C) eine Wand treffen, damit sie durch den Aufprall vollständig
geschmolzen würde ?
Ist so ein Vorgang realistisch oder nicht ?
Warum ?
Warum ?