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SCHRIFTSPRACHERWERB AM COMPUTER - CHANCE FÜR KINDER MIT LEGASTHENIE
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Fonds für Unterrichts- und Schulentwicklung
(IMST-Fonds)
S8 „Deutsch“
SCHRIFTSPRACHERWERB
AM COMPUTER -
CHANCE FÜR KINDER
MIT LEGASTHENIE
ID 1423
Ursula Mulley, MA
GEPS-Volksschule, Brünner Straße 139, 1210 Wien
Wien, Juni, 2009

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INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS.................................................................................... 3
ABSTRACT................................................................................................................ 4
1
EINLEITUNG ................................................................................................... 5
2
EMPIRISCHE STUDIE..................................................................................... 8
2.1 Untersuchungsinstrumente .............................................................................. 8
2.1.1 i-CD-ROM ........................................................................................................ 8
2.1.2 CITO-Sprachstanderhebungstest .................................................................... 8
2.2 Verwendete Software..................................................................................... 10
2.2.1 Auswahl des multimedialen Softwaretools: Begründung ............................... 10
2.3 Untersuchungsverlauf .................................................................................... 16
2.3.1 Pretest CITO .................................................................................................. 16
2.3.2 Intervention .................................................................................................... 17
2.3.3 Posttest CITO ................................................................................................ 18
2.4 Auswertungsmethoden .................................................................................. 18
2.5 Ergebnisse ..................................................................................................... 19
2.5.1 TeilnehmerInnen ............................................................................................ 19
2.5.2 Beantwortung der Frage ................................................................................ 22
2.6 Diskussion...................................................................................................... 23
3
FAZIT............................................................................................................. 26
4
LITERATUR................................................................................................... 29
ANHANG................................................FEHLER! TEXTMARKE NICHT DEFINIERT.

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Bewertung i-CD-ROM/ LolliPop und die Schlaumäuse.................Fehler!
Textmarke nicht definiert.
Abbildung 2: Bewertung i-CD-ROM/ Schreiblabor 2Fehler!
Textmarke
nicht
definiert.
Abbildung 3: Schreiblabor 2.0/ Laut-Buchstaben-Ebene .......................................... 12
Abbildung 4: Schreiblabor 2.0/ Wort-Ebene.............................................................. 13
Abbildung 5: Schreiblabor 2.0/ Text-Ebene .............................................................. 13
Abbildung 6: Schreiblabor 2.0/ Anlauttastatur........................................................... 13
Abbildung 7: Schreiblabor 2.0/ Schreibmaschine ..................................................... 14
Abbildung 8: Schreiblabor 2.0/ Bilder einfügen......................................................... 15
Abbildung 9: Normierungstabelle der deutschen Testversion: Teilbereich
phonologisches Bewusstsein ............................................................................ 19
Abbildung 10: Normierungstabelle der türkischen Testversion: Teilbereich
phonologisches Bewusstsein ............................................................................ 19
Abbildung 11: Auswertung der Gesamtstichprobe nach der Klassifikation............... 20
Abbildung 12: Auswertung der VG und KG nach Klassifikation................................ 20
Abbildung 13: Auswahl der VG- und KG-Kinder....................................................... 21
Abbildung 14: Mittelwerte Pre- und Posttest............................................................. 22
Abbildung 15: Interne Konsistenz .........................Fehler! Textmarke nicht definiert.
Abbildung 16: Zuverlässigkeit der deutschen TestversionFehler! Textmarke nicht
definiert.
Abbildung 17: Zuverlässigkeit der türkischen TestversionFehler! Textmarke nicht
definiert.
Abbildung 18: Normierungstabelle der deutschen TestversionFehler!
Textmarke
nicht definiert.
Abbildung 19: Normierungstabelle der türkischen TestversionFehler!
Textmarke
nicht definiert.
Abbildung 20: Auswertungsergebnisse der VarianzanalyseFehler! Textmarke nicht
definiert.

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ABSTRACT
Der Einsatz von Computern auf der Primarstufe gewinnt im Kontext des
zukunftsorientierten und individualisierten Lehrens und Lernens zunehmend an
Bedeutung.
Die Vermittlung und Entwicklung von Kenntnissen und Fertigkeiten betreffend den
Umgang mit diesem unverzichtbaren Werkzeug der Informationsgesellschaft ist im
Lehrplan der österreichischen Volksschule verankert.
Die Autorin untersucht im Rahmen ihres Projekts einen Bereich, in dem der
Computereinsatz auf der Primarstufe effizient individuelle und differenzierende
Lernmöglichkeiten für Kinder mit Legasthenie eröffnen kann.

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1 EINLEITUNG
Lesen ist nach Schreiner (2006) eine der bedeutsamsten Fähigkeiten unserer Ge-
sellschaft.
Die PISA-Studie „Programme for International Student Assessment“, durchgeführt
von der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung, erfasst nach Haider und Schreiner (2006) Grundfähigkeiten von 15- und 16-
jährigen Jugendlichen in Österreich und vergleicht diese mit jenen aus anderen Län-
dern. Ein getesteter Teilbereich ist die Lesekompetenz, wobei es hier nicht alleine
um Lesefertigkeit, sondern vor allem auch um Inhaltsverständnis und Interpretation
geht. Während in Finnland, das im internationalen Vergleich an der Spitze steht, die
Gruppe der RisikoSchüler/innen in diesem Bereich bei ca. sechs Prozent liegt, sind
es in Österreich nach Schreiner und Pointinger (2006) 21 Prozent, die nur einfachste
Aufgaben lösen können. Sieben Prozent dieser Jugendlichen sind nicht fähig, die
leichtesten der gestellten Aufgaben einigermaßen sicher zu bewältigen. Dieses Defi-
zit wird zu einem grundlegenden Problem betreffend die Teilhabe am gesellschaftli-
chen Leben.
Der österreichische Lehrplan der Volksschule gibt Zielsetzungen für den Umgang mit
dem Werkzeug Computer vor:
Entwicklung und Vermittlung grundlegender Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten, Einsichten
und Einstellungen, die dem Erlernen der elementaren Kulturtechniken (einschließlich eines
kindgerechten Umganges mit modernen Kommunikations- und Informationstechnologien), einer
sachgerechten Begegnung und Auseinandersetzung mit der Umwelt sowie einer breiten Entfal-
tung im musisch-technischen und im körperlich-sportlichen Bereich dienen.
(http://www.bmukk.gv.at/medienpool/14055/lp_vs_komplett.pdfLehrplan 2003, S. 20)
Im Unterkapitel „Moderne Kommunikations- und Informationstechniken“ ist Folgen-
des zum Thema „Lernen und Lehren in der Grundschule“ zu finden:
Moderne Kommunikations- und Informationstechniken (Einsatz nach Maßgabe der ausstat-
tungsmäßigen Gegebenheiten an der Schule). Die Möglichkeiten des Computers sollen zum
selbstständigen, zielorientierten und individualisierten Lernen und zum kreativen Arbeiten ge-
nutzt werden. Der Computer kann dabei eine unmittelbare und individuelle Selbstkontrolle der
Leistung ermöglichen (a.a.O., 2003, S. 29).
Der Einsatz von Computern gewinnt im Kontext des zukunftsorientierten und indivi-
dualisierenden Unterrichts in der aktuellen Informationsgesellschaft an Bedeutung.
Der zunehmende Einfluss des Computers lässt sich z.B. anhand der 1. OÖ. BIMEZ
KinderMedienStudie, durchgeführt vom market-Institut (2007) im Auftrag des Bil-
dungsMedienZentrums des Landes OÖ (BIMEZ), ablesen, wo Kinder zwischen
sechs und zehn Jahren nach ihrem Medienverhalten befragt wurden. Jedes zweite

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Kind nutzt demnach Lernprogramme vor allem zuhause und mehr als die Hälfte der
Schüler/innen hat einen Internetzugang, wobei sechsjährige Kinder kaum Zugang
haben, jedoch drei Viertel der Zehnjährigen das Internet auch nützen.
Derzeit gibt es in Österreich bereits Ansätze, Computerunterricht, besonders für Le-
gasthenikerInnen, zu forcieren. Ein Methodengrundsatz von Kopp-Duller (2000) lau-
tet: „Kein Legasthenietraining ohne den Einsatz des Computers“ (Kopp-Duller, 2000,
S. 123). Sie spricht dabei über die „freundschaftliche Beziehung“ (ebd.), die Legast-
henikerInnen zu diesem Werkzeug aufbauen. Als mögliche Gründe werden das per-
fekte Schriftbild, die Anordnung der Buchstaben auf der Tastatur und deutliche Un-
terscheidungsmerkmale von Buchstaben, wie b und d, die von Legastheniker/innen
oftmals verwechselt werden, genannt.
In einem Rundschreiben des Zukunftsministeriums über die Leistungsbeurteilung bei
Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) bzw. Legasthenie an alle Landesschulräte
und Pädagogischen Akademien (32/2001) wird darauf hingewiesen, dass auf die
durch moderne Informations- und Kommunikationstechnologien geänderten Anwen-
dungen und Kontrollmöglichkeiten, wie Textverarbeitung und Rechtschreibprüfsys-
teme, im Hinblick auf die Arbeit mit LegasthenikerInnen Bedacht genommen werden
kann. Es besteht kein Einwand, bei schriftlichen Arbeiten zeitgemäße Werkzeuge zur
Überprüfung der Rechtschreibung heranzuziehen. Davon profitieren Legasthenike-
rInnen.
Schätzungen sprechen laut Kopp-Duller (1998) von ca. zehn Prozent der Weltbevöl-
kerung, das sind 550 Millionen Menschen, die vom Problemkreis der Legasthenie be-
troffen sind. In der Forschung gibt es laufend neue Ergebnisse in Bezug auf die ge-
nauen Ursachen der Legasthenie. Mehrere Studien belegen, dass ein Zusammen-
hang zwischen Erbfaktoren und Legasthenie besteht (Klicpera et al., 2007). Verbin-
dungen mit den Chromosomen 6 und 15 sind nachgewiesen. Legasthenie ist also
weit mehr als „nur“ eine Schwäche im Lesen (Klasen, 1999), deshalb wird von Medi-
zinern und im angloamerikanischen Sprachraum von „dyslexia“ oder „Dyslexie“
(dys=fehlerhaft, lexis=Wort, Sprache) gesprochen. Diese wird nach der internationa-
len Klassifikation psychischer Erkrankungen (ICD) von der Weltgesundheitsbehörde
WHO in der ICD 10 definiert als
umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht al-
lein durch das Entwicklungsalter, Visusprobleme oder unangemessene Beschulung erklärbar ist.
(DIMDI, 2008)
Obwohl schon seit ca. 120 Jahren wissenschaftliche Legasthenieforschung betrieben
wird, gibt es laut Kopp-Duller (1998) noch immer Strömungen, die andeuten, dass
das Phänomen der Legasthenie gar nicht existiere und in den Köpfen reicher Eltern,
deren weniger begabte Kinder nicht lesen oder schreiben können, entstehe. Verunsi-
cherung von Pädagogen und Pädagoginnen, die mit betroffenen Kindern zu tun ha-
ben, ist oftmals die Folge. Dabei wäre angesichts ihrer oft differenzierten Wahrneh-
mung und umfassenden Denkweise in manchen Fällen eher Bewunderung ange-
bracht. Aktuelle Ansätze gehen sogar in die Richtung, Legasthenie als Talentsignal
zu betrachten (vgl. Davis, 2000).

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Die Bandbreite der Definitionen von Störung bis zu Schwäche bzw. Talent ist groß.
Manche AutorInnen stellen fest, dass LRS eine Wahrnehmungsstörung sei (Kopp-
Duller, 1998), andere sind davon überzeugt, diese Annahme sei überholt (vgl. Nae-
gele, 2001). Wichtig erscheint es, Möglichkeiten der Differenzierung zu finden, um al-
le LegasthenikerInnen zu erfassen, ihnen individuelle Förderung angedeihen zu las-
sen und Ihnen Lehr- und Lernmethoden zugänglich zu machen, die sie in der jeweili-
gen Entwicklungsstufe benötigen. Es wäre so leicht, meint Kopp-Duller (1998), auch
legasthene Kinder Lesen, Schreiben und Rechtschreiben zu lehren. Man benötige
nur adäquate Lehr- und Lernmethoden, die das zu Erfassende bildhaft und dreidi-
mensional darbieten, ohne Zeitdruck, mit ausreichender Vertiefung. Gezielte Förde-
rung der Sinneswahrnehmung muss stattfinden – und dabei kann gerade der Com-
puter eine wichtige Werkzeugfunktion übernehmen.
Nach Leupold (1998) ist bei blinden, tauben oder körperlich behinderten Menschen
die Behinderung sichtbar, und man stellt sich automatisch helfend ein. Schüler/innen
mit Legasthenie werden jedoch immer noch ständig aufgefordert, „sich besser zu
konzentrieren“ oder „endlich aufzupassen“. Damit müssen sie sich oft im Bereich der
Überforderung bewegen, wo nicht selten Unleistbares von ihnen verlangt wird.
Das Ziel dieses Projekts ist, den Einsatz des Werkzeugs Computer im Schriftsprach-
erwerb der ersten Klasse Volksschule an LegasthenikerInnen und Kindern mit LRS
mit Defiziten im Bereich des phonologischen Bewusstseins zu untersuchen und auf-
zuzeigen, mit welcher geeigneten Software dieser Einsatz effizient durchgeführt wer-
den kann, um schlussendlich in den Regelunterricht integriert werden zu können.
Die empirische Studie dieses Projekts wurde zugleich auch im Rahmen meines Stu-
diums eEducation an der Donau-Universität Krems für meine Master Thesis durchge-
führt, die mit „Sehr gut“ beurteilt wurde.

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2 EMPIRISCHE STUDIE
Meine Forschungsfrage lautete:
Kann das multimediale Computerprogramm „Schreiblabor“ Kindern mit Legasthenie,
im Speziellen mit Defiziten im Bereich des phonologischen Bewusstseins, im An-
fangsunterricht der Volksschule Hilfe beim Schriftspracherwerb bieten?
Dieser Fragestellung ging die vorliegende Interventionsstudie vom 9.9.2008 -
1.12.2008, durchgeführt in beiden ersten Klassen der Volksschule Brünner Straße
139 in 1210 Wien, nach.
2.1 Untersuchungsinstrumente
2.1.1 i-CD-ROM
i-CD-ROM, als Beispiel von Baumgartner (2002) genannt, enthält eine Datenbank für
multimediale Softwareprodukte, die nach standardisierten Kriterien von Pädagogen
und Pädagoginnen auf ihre technische, fachliche und didaktisch-pädagogische Quali-
tät und auf ihre Eignung für Schularten und Fächer hin beurteilt wurden. Sie stellt
auch eine Möglichkeit dar, Informationen über aktuelle Beurteilungen im Internet zu
erhalten.
Die i-CD-ROM-Datenbank wurde vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungs-
forschung (ISB) München in Zusammenarbeit mit Partnern aus verschiedenen Wis-
senschaftsbereichen des Schulwesens, Verlagen und Produzenten entwickelt.
Die Ausgangsbasis für die Bewertung der Qualität von multimedialen Softwarepro-
dukten ist der Anspruch, den der Hersteller selbst an sein Produkt stellt. Im Vorder-
grund der Beurteilung steht die pädagogisch-didaktische Bewertung, technische As-
pekte bleiben ihr untergeordnet. Die Bewertungen helfen Pädagogen und Pädago-
ginnen, die breite Palette von Lernsoftwareangeboten besser beurteilen zu können,
um in ihrem Unterricht geeignete Produkte einsetzen zu können.
2.1.2 Cito-Sprachstanderhebungstest
Um zu erkennen, welche Schüler/innen Förderbedarf auf Grund von Legasthenie und
LRS mit Defiziten im Bereich des phonologischen Bewusstseins haben, wurde im
Schuljahr 2008/09 in der Volksschule Brünner Straße der Test „CITO“ durchgeführt,
da eine große Anzahl von Kindern mit einer anderen L1 als Deutsch mit der ersten
Klasse beginnen sollte und dies der einzige Test ist, der den Sprachstand von Schü-
ler/innen auch in türkischer Sprache erfasst.
„CITO“- Centraal Institut voor Toets Ontwkkeling (Zentrales Institut für Test-
Entwicklung, Arnheim/NL), entwickelt in den Niederlanden vom Institut der „Cito
Groep“, ist nach Uysal und Röhner (2005) ein digitales Sprachstanderhebungsin-
strument und wird als standardisierter Test zur Diagnose von Defiziten des Sprach-
entwicklungsstandes bei Schulanfänger/innen, die noch nicht lesen und schreiben
können, eingesetzt.
Der Test ermöglicht die Erfassung des Entwicklungsstandes in den Sprachen
Deutsch und Türkisch. Wichtig ist, dass der Test dazu dient, Förderbedarf zu diag-
nostizieren und nicht als Selektionswerkzeug verwendet werden darf.

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Mit Hilfe von CITO wird die Untersuchung des aktuellen Standes von vier Bereichen
sprachlicher Fähigkeiten ermöglicht.
1. Passiver Wortschatz (PW): Hier werden 60 Fragen zum Verständnis von
Wörtern gestellt. Ergebnisse zeigen, ob Schüler/innen über ausreichend
Kenntnis von Bedeutungen der Wörter eines Grundwortschatzes verfügen.
2. Kognitive Begriffe (KB): 65 kognitive Begriffe, geordnet nach Farbe, Form,
Maß, Räumlichkeit und Beziehungen, werden überprüft. Weisen Kinder in die-
sem Teilbereich Förderbedürftigkeit auf, muss neben sprachlicher Förderung
auch mit kognitiven Fördermaßnahmen reagiert werden.
3. Phonologisches Bewusstsein (PB): Beim Teilbereich des phonologischen
Bewusstseins ermitteln 30 Aufgaben die Fähigkeit der Phonemdifferenzierung
als Fundament für den Schriftspracherwerb. Kristallisiert sich in diesem Be-
reich Förderbedarf heraus, müssen eventuelle Hördefizite ausgeschlossen
werden, bevor mit gezielter Förderung begonnen werden kann, um der Ent-
wicklung von legasthener Problematik entgegenwirken zu können.
4. Textverständnis (TV): Das Textverständnis wird durch vier kurze Ge-
schichten geprüft, zu denen 20 inhaltsbezogene Fragen gestellt werden. Hier
ist die Erfassung von Zusammenhängen wichtig. Bestehen in diesem Teilbe-
reich Probleme, muss das Augenmerk der Förderung auch auf die Konzentra-
tionsfähigkeit gerichtet werden.
Beim CITO-Sprachtest verdeutlichen die erreichten Punkte den aktuellen Sprach-
entwicklungsstand. Die getesteten Schüler/innen werden in Gruppen nach „Förder-
bedarf“, „Befriedigend“ und „Gut“ eingeteilt. Im Datenblatt scheinen nach Uysal und
Röhner (2005) die genaue Punktezahl und die Zuordnung in die passende Spalte
auf. Die Daten werden überdies mit jenen von gleichaltrigen Kindern verglichen und
zu einem Gesamtergebnis zusammengefasst. Die Gesamtauswertung wird mit A, B,
C, D und „Gut“ ausgedrückt:
Gut: Schüler/innen brauchen in keinem Bereich Sprachförderung
A: Schüler/innen brauchen in einem Bereich Förderung
B: Schüler/innen brauchen in zwei Bereichen Förderung
C: Schüler/innen brauchen in drei Bereichen Förderung
D: Schüler/innen brauchen in vier Bereichen Förderung
„CITO“ liefert Sprachentwicklungsdaten in zwei Sprachen, dadurch ist eine genaue
Förderbedarfsanalyse auch von Kindern mit Türkisch als L1 möglich.

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2.2 Verwendete Software
2.2.1 Auswahl des multimedialen Softwaretools: Begründung
Zwei multimediale Tools, „LolliPop und die Schlaumäuse“ und das „Schreiblabor“, die
allen im Theorieteil erläuterten Anforderungen genügten und durch das integrierte
Textverarbeitungsprogramm und die Lautausgabe besonders für das freie Schreiben
geeignet erschienen, wurden mittels i-CD-Rom Datenbank miteinander verglichen.
Ausschlaggebend dafür, „Schreiblabor“ für den Schriftspracherwerb der ersten Klas-
sen einzusetzen, war die pädagogisch-didaktische Bewertung durch i-CD-ROM, wo
„LolliPop und die Schlaumäuse“ im Vergleich mit dem „Schreiblabor“ schlechter ab-
schnitt (siehe Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. und Fehler!
Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.) und der Zusatz beim Fazit der
Bewertung von Fischer (2004) auf lehrer-online, dass das Programm für den integra-
tiven Förderunterricht, das eigentliche Einsatzgebiet der Intervention, sehr gut geeig-
net ist.
2.2.1.1 Beschreibung des „Schreiblabors“
Die multimediale Lernwelt des „Schreiblabors“ macht nach Bergmann und Linde
(2003) selbsttätiges Erschließen der Laut-Buchstaben- und Wortebene möglich und
ist ein Werkzeug für Volksschulkinder, mit dessen Hilfe sie am Computer schrift-
sprachliche Prozesse selbst entdecken können. Zu diesem Zweck bietet das Pro-
gramm „LernLernmaschinen“ auf den unterschiedlichen Ebenen, damit das Prinzip
von Phonem-Graphem-Beziehungen erforscht werden kann und freies Schreiben
ermöglicht wird.
Differenzierte und auf einzelne Schüler/innen zugeschnittene Lernschritte gestatten
positive Schreiberfahrungen. Im Lehrkraftmodus können Entwicklungsstand und Er-
gebnisse abgerufen, diagnostische Hilfen angesehen werden und Veränderungen im
Programm auf spezifische Unterrichtssituationen, auf unterschiedliche Fibelinhalte
und Leistungen von Schüler/innen durchgeführt werden. Damit arbeiten Kinder in ei-
ner speziell an sie angepassten Lernumgebung.
SchulanfängerInnen beginnen mit der Arbeit mit dem Softwaretool zu einer Zeit, wo
Strukturen und Klassenregeln noch eingeführt und geübt werden müssen. In der Re-
gel sind in Österreichs Volksschulen nur zwei Personalcomputer pro Klasse verfüg-
bar. Deshalb hat das Entwicklerteam das Programm so konzipiert, dass eine Ver-
wendung flexibel im Unterricht eingesetzt werden kann. Die Zeit, um einzelne Lern-
Lernmaschinen vollständig zu bearbeiten, wurde so knapp wie noch sinnvoll gewählt.
Die Arbeit kann auch jederzeit beendet und gespeichert werden. Übungen können
differenziert, dem jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes angepasst, im Rahmen
des Offenen Unterrichts, z.B. eines Tagesplans, eingesetzt werden.
Schüler/innen benötigen weder für Inhalte der Lernumgebung noch für den Umgang
mit dem Computer Vorwissen. Anfangs ist jedoch die Hilfe von Pädagogen und Pä-
dagoginnen hilfreich, um sich im Programm rasch zurechtfinden zu können. Meist je-
doch erfahren Kinder eigenständig durch den Gebrauch der Lernmaschinen, wie das
Programm funktioniert und können bereits nach einigen Übungen selbstgesteuert ar-
beiten, da der „Roboterkopf“ als Hilfsbutton Anleitungen gibt. Gemeinsame Gesprä-

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che über die Arbeit mit dem „Schreiblabor“ haben sich als hilfreich erwiesen, um Kin-
dern Sicherheit zu bieten.
Dem Entwicklerteam war die Einfachheit der Bedienung ein Grundanliegen, deshalb
wurde bewusst auf jegliche „Effekthascherei“ (Bergmann & Linde, 2003, S. 11) ver-
zichtet. Den Funktionen wurden sich in allen Lernmaschinen wiederholende, einfa-
che Farben, Formen, Animationen und Töne zugeteilt. Funktionen lassen sich mit der
Maus - am Bildschirm als Hand sichtbar - steuern. Das Schreibtool kann auch mit der
Tastatur des Computers benutzt werden.
Das Programm berücksichtigt folgende schreib- und mediendidaktische Hinweise
aus der aktuellen Schreibforschung:
Schreibentwicklung beginnt lange vor dem Schuleintritt, verläuft in Schritten und un-
terliegt unterschiedlichen Prinzipien. Dieser Prozess wird nach Bergmann und Linde
positiv unterstützt durch erforschendes, individuelles und selbstständiges Schreiben
in offenen Lernumgebungen, wo Kinder Schriftsprache mit selbstverfassten Texten
erwerben. Dies wird im „Schreiblabor“ durch ein speziell für Kinder entwickeltes
Textverarbeitungsprogramm ermöglicht. In der „Textgalerie“ kann Verfasstes veröf-
fentlicht werden. Zum Erlernen des Schreibens und Lesens benötigen Schüler/innen
auch Hilfen, die sie durch die integrierten Lernmaschinen des Schreiblabors erhalten.
Um Freude an der Arbeit zu erhalten, muss Lernsoftware nach Schröter (2002b) po-
sitiv mit Fehlern umgehen. Daran wird u.a. ihr didaktischer Wert bemessen. Der
sachlich richtige Anteil im fehlerhaften Wort wird vom „Schreiblabor“ erkannt und ge-
würdigt. Denn „gestaltetes Fehlerhandling“ (Schröter, 2002b, S. 10) schließt ein,
dass Werkzeuge zur Lösung des Problems zur Verfügung gestellt werden und Kinder
das Tempo zum Bewältigen einer gestellten Aufgabe selbst bestimmen.
Das komplizierte orthographische System lässt sich nach Brügelmann und Brink-
mann (1998) leichter durchschauen, wenn Fehler als Annäherungsversuche akzep-
tiert werden und als Einsichtsgewinn für Regeln verbucht werden. Prinzipien werden
nicht „in Form einer orthographischen Diät“ (Brügelmann & Brinkmann, 1998, S. 56)
erworben, sondern durch Auseinandersetzung mit Schrift als komplexer Konstrukti-
on. Nur dann, wenn Kinder frei und ohne Benotung, im Anspruchsniveau an durch-
schnittliche Schüler/innen angepasst bzw. ihrem individuellen Leistungsstand ent-
sprechend, sich Schrift aneignen dürfen, werden sie ohne Druck persönliche Best-
leistungen erbringen.
„Sprache erforschen“ ist ein weiteres didaktisches Qualitätsmerkmal vom „Schreibla-
bor“, wie „begleitetes Rechtschreiben“ (Schröter, 2002b, S. 5), das ein Konzept der
Lernbegleitung darstellt und Kinder beim Eindringen in orthographische Zusammen-
hänge und Prinzipien unterstützt. Es verwirklicht auch das Prinzip der Hilfe zur
Selbsthilfe.
Denk- und Lösungsansätze werden zwar unterstützt, das Problem an sich wird je-
doch nicht gelöst, da Schlussfolgerungen zu ziehen immer die Aufgabe der Lernen-
den bleiben muss.
Die freie Wählbarkeit von Hilfswerkzeugen ermöglicht den Kindern, gleiche Aufgaben
später selbstständig lösen zu können. Durch Spracheingabe im Schriftspracherwerb
wird nach Schröter (2002a) Schreib-, Sprach- und Lesekompetenz erworben. Durch
Sprachausgabe werden Textkompetenz und Textverständnis entwickelt.

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Steigerung von Lesefertigkeit wird nach Schröter (2002b) nicht ausschließlich durch
Fertigkeitstraining erreicht. Lesenlernen muss auch in schriftkulturelle Zusammen-
hänge eingebunden sein, um als bedeutsam erfahren zu werden. Beim „Schreibla-
bor“ wird dies nach Bergmann und Linde (2003) durch entdeckendes, individuelles
und selbsttätiges Schreiben erreicht, Kinder erwerben Schriftsprache mit selbstver-
fassten Texten, da selbstverfasste Texte immer der Lebenswelt der Kinder entspre-
chen. Der „Lesebot“, die integrierte Sprachausgabe des „Schreiblabors“, liest Ge-
schriebenes vor.
Um die Schriftsprache erfolgreich zu erwerben, ist nach Bergmann und Linde (2003)
Wissen,
• um die Textgliederung in Sätze,
• um Satzgliederung in Worte,
• um Wortgliederung in Buchstaben und
• um die Laut-Buchstaben-Korrespondenz
wichtig.
Kinder lernen mit dem „Schreiblabor“
• Phoneme aus Wörtern zu hören und zu unterscheiden,
• Phonem-Graphem-Beziehungen abzubilden,
• Grapheme, Wörter und Sätze zu schreiben.
Das „Schreiblabor“ mit integrierten Lernmaschinen für die Text-, Wort- und Buchsta-
ben-Laut-Ebene erweist sich daher als geeignetes Werkzeug.
Laut-Buchstaben-Ebene
Abbildung 1: Schreiblabor 2.0/ Laut-Buchstaben-Ebene
Auf dieser Ebene werden Laute gesucht und die Laut-Buchstaben-Korrespondenz
wird hergestellt. Bilder der Anlauttabelle werden kennen gelernt, und es besteht die
Möglichkeit, Anlaute zu vergleichen und Paare mit gleichem Beginn zu finden. Gra-
pheme werden dadurch differenziert und können nachgespurt werden, um die Merk-
fähigkeit zu steigern.

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Wort-Ebene
Abbildung 2: Schreiblabor 2.0/ Wort-Ebene
Hier werden Schüler/innen angeleitet, mit großer Sorgfalt und nach didaktischen
Richtlinien, ausgesuchte Wörter in ihre Struktur zu zerlegen. Durch Auswechseln
einzelner Grapheme werden sie dann verändert und Minimalpaare damit gebildet.
Mit der Bildung von Wörterketten werden auch begabte Schüler/innen angesprochen.
Text-Ebene
Abbildung 3: Schreiblabor 2.0/ Text-Ebene
Die „Schreibmaschine“ (Bergmann & Linde, 2003, S. 9) bietet den Schüler/innen die
Möglichkeit, selbstständig Buchstaben, Wörter und Sätze zu schreiben und zu ges-
talten. Verfasstes kann dann gespeichert, ausgedruckt und in einer „Textgalerie“ al-
len anderen BenutzerInnen zur Verfügung gestellt werden. Geschriebenes wird audi-
tiv wiedergegeben - somit erfolgt gleichzeitig hörbares Feedback.
Vier Elemente des Schreiblabors, der „Roboterkopf“, der „Weiter-Hebel“, das „Kon-
troll-Auge“ und die „Ausgangstür“ scheinen bei allen elf Lernmaschinen auf und er-
möglichen die Bedienung der Werkzeuge. Alle Schüler/innen haben ein eigenes Kon-
to, wo Ergebnisse der voreingestellten Übungen im Lehrkraftmodus eingesehen, ein-
gestellt, protokolliert und ausgewertet werden können.

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Seite 14
Abbildung 4: Schreiblabor 2.0/ Anlauttastatur
Die Anlauttastatur (siehe Abbildung 4) ermöglicht in den Lernmaschinen der einzel-
nen Ebenen die Eingabe von Buchstaben. Beim Klicken auf das Hörrohr werden
Buchstaben, einzelne Wörter und Texte möglichst lautgetreu akustisch wiedergege-
ben. Die Tastaturbilder können in Anlehnung an in Deutschland verwendete Fibeln
geändert werden. Da Fehlschreibungen oft die korrekte Sprachsynthese verhindern,
müssen Schüler/innen darauf aufmerksam gemacht werden, dass nur bei richtiger
Schreibweise der „Lesebot“ auch richtig klingt. Kinder entdecken dadurch Möglichkei-
ten, Wörter auszubessern.
Am Anfang steht nach Kochan und Schröter (2005) die Erfahrung der Kinder, dass
sie mit Buchstaben „Gedanken aus dem Kopf“ (Kochan & Schröter, 2005, S. 1) holen
können. Das geschieht, indem sie den gehörten Laut, den sie zur Verschriftung
brauchen, aus der Anlauttabelle holen. Die „Schreibmaschine“ (Bergmann & Linde,
2003, S. 9) nutzt die Soundfunktion des Computers, und stumme Schrift wird hörbar.
Das eröffnet Schüler/innen Möglichkeiten zum selbstbestimmten Explorieren der
Phonem-Graphem-Beziehungen. So wird mit der Anlauttastatur der Buchstabe beim
Klicken auf das Lautbild lautiert.
Befürchtungen, dass Kinder durch bequemes Tippen „verwöhnt“ würden und nicht
mehr mit der Hand schreiben wollten, wurden in der Praxis nicht bestätigt; auch in
England nicht, wo Kinder oftmals Tastaturschreiben vor dem Handschreiben erler-
nen. Untersuchungen an schreibbewegungsgestörten Schüler/innen von Kiphard
(1981, zit. nach Kochan, 1996) zeigten, dass sich Maschinschreiben erfolgreich auf
die Motivation und in der Folge positiv auf die Handschrift auswirkte.
Anlauttabellen helfen nach Brügelmann und Brinkmann (1998) Kindern, Wörter zu
schreiben, in denen sie zwar einzelne Buchstaben, beispielsweise von ihrem Namen,
schon kennen, andere jedoch nicht. Durch diese Tabellen wird das Prinzip der
Schriftsprache, die Zuordnung und Beziehung von Phonem-Graphem deutlich ge-
macht. Sinnvoll ist die Bereitstellung aller Buchstaben vom ersten Unterrichtstag an
und parallel dazu die Vorstellung einer Laut-Buchstaben-Beziehung pro Woche.
Um den Prozess des Lesens und Schreibens zu automatisieren, ist die Arbeit an ei-
nem Grundwortschatz bedeutsam. Häufig benutzte Wörter der Alltagswelt werden
eingeprägt. Sinnvoll ist hier auch Wörter zu wählen, die für Kinder interessant sind,
und einen individuellen Wortschatz wie auch einen themenspezifischen Wortschatz
aus dem Sachunterricht hinzuzufügen.
Schreibmaschine
Abbildung 5: Schreiblabor 2.0/ Schreibmaschine

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Die leicht bedienbare Textverarbeitung der „Schreibmaschine“ (siehe Abbildung 5)
bietet den Schüler/innen die Möglichkeit des freien, selbstgesteuerten Schreibens
und damit des entdeckenden Lernens.
Wörter und Texte werden nach der Eingabe durch die Sprachsynthese akustisch
wiedergegeben, können gespeichert, gedruckt und veröffentlicht werden.
Dadurch wird Wissen entwickelt und geteilt. Schriftfarben, -formen und -größen kön-
nen verändert und fett, kursiv und unterstrichen dargestellt werden.
Die im Folgenden gezeigte Funktion (siehe Abbildung 6) bietet die Möglichkeit, Bilder
einzufügen und so die Texte anschaulich und motivierend zu gestalten.
Abbildung 6: Schreiblabor 2.0/ Bilder einfügen
Exkurs : Schreiben lernen durch freies Schreiben
Die Individualität der einzelnen Schüler/innen fordert Pädagogen und Pädagoginnen
nach Brügelmann und Brinkmann (1998) dazu auf, differenziert zu lehren, dennoch
verwenden LehrerInnen immer noch „für die ganze Klasse“ einheitliche Schreib- und
Leselehrgänge. Insgesamt sind diese zwar in den letzten Jahren lebendiger gewor-
den, aber sie enthalten nur einen geringen Anteil an freiem Schreiben und wollen
dem Anspruch genügen, möglichst allen das Gleiche zur selben Zeit beizubringen.
Damit wird differenzierter und individueller Schriftspracherwerb sehr schwierig und
oft unmöglich.
Die Alternative zum einengenden Korsett der Fibeln ist es, am Vorwissen der Kinder
anzuknüpfen, es zu erweitern und die Bereitschaft zu fördern, in Eigeninitiative und
Selbsttätigkeit verschiedene Zugänge zur Schriftsprache zu entdecken. Kindliche
Logik im Schriftverständnis ist nicht auf Buchstaben und Wörter bezogen. Es werden
Theorien über die Bauweise von Schrift und Sprache gebildet. Fehlerhafte Schreib-
weisen sind sinnvolle Vorstufen der Aneignung von Schriftsprache und nehmen Kin-
der als Sprachforscher ernst. Eine besondere Bedeutung kommt dem persönlichen
Bezug zum Inhalt von Lesetexten und Aufgaben zu. Wird keine Beziehung zur Le-
benswelt der Kinder hergestellt, entstehen Probleme beim Schriftspracherwerbpro-
zess.
Bei Schulanfänger/innen ist die Streubreite zwischen Leser/innen und Nicht-
Leser/innen sehr groß. Viele Kinder kennen Buchstaben und Wörter aus Werbeauf-
schriften, während andere höchstens fünf Buchstaben ohne Wortkenntnis oder gar
keine Buchstabenkenntnis besitzen. Dieser Streuung ist im Anfangsunterricht Rech-
nung zu tragen. Dies gelingt am besten, indem Kinder auf ihre eigene Art und Weise
persönlich bedeutsame Inhalte erfahren können. Anknüpfend an interessante, emoti-
onal wichtige, verständlich aufbereitete Informationen lernen Schüler/innen in ihrem
eigenen Tempo Lesen und Schreiben. Oft gelingt der erste Zugang, wie auch Mon-
tessori (1980, zit. nach Brügelmann & Brinkmann, 1998) gezeigt hat, vom Buchsta-
benschreiben zum Lesen.

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Viele unterschiedliche Wege führen zum Erwerb der Schriftsprache. Einige Kinder
lesen, ohne je einen Buchstaben geschrieben zu haben, bei anderen ist es genau
umgekehrt. Ein einheitlicher Weg im Anfangsunterricht ist demzufolge kontraproduk-
tiv, da er die Individualität der Schüler/innen unberücksichtigt lässt.
Vom Kind aus betrachtet seien Fibeln unnötig, meinen Brügelmann und Brinkmann
(1998). Bei Schriftspracherwerbprozessen findet eine Veränderung kognitiver Aktivi-
täten statt, dabei wird die gesamte persönliche Entwicklung miteinbezogen. Das Ver-
ständnis von theoretischen Daten erwächst nur durch Hineinversetzen in kindliche
Gedankengänge beim Umgang mit Schriftsprache.
Befunde aus dem englischen Sprachraum zeigen, dass Kinder durch selbsterdachte
Schreibweisen am Ende der ersten Klasse mehr Wörter beherrschen als in Klassen,
wo auf herkömmliche Art und Weise Schreiben und Lesen gelernt wurde (Clark,
1988, zit. nach Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 1995). Dabei kommen zwar Fehler vor,
aber längerfristig wird die Sicherheit, richtig zu schreiben, besser. Der große Vorteil
scheint nach Brown (1990, ebd.) im Mut zum Schreiben und zudem im überlegten
Vorgehen bei nicht bekannten Wörtern zu liegen. Dieser Mut kommt nach Clark vor
allem den lese- und rechtschreibschwachen Schüler/innen zugute.
Beim freien Schreiben wird Schüler/innen „das Wort gegeben“ (Brügelmann &
Brinkmann, 1998, S. 100), damit sie selbsttätig die Bauweise der Schriftsprache ent-
decken können. Freude am Lesen wird durch gemeinsames Vorlesen geweckt und
dadurch der Wunsch nach Erfassung von Inhalten entwickelt. Eigene Strategien, die
Schriftsprache zu erlernen, werden entdeckt, dadurch können allgemeine Regel er-
schlossen werden. Schlussendlich ist das Üben der einzelnen Teilfertigkeiten zu be-
achten, damit flüssiges Lesen und Schreiben möglich wird und die Konzentration von
den technischen Aspekten der Schrift auf den Inhalt gerichtet werden kann.
Kennzeichnend für neue Forschungsansätze im Schriftspracherwerb ist nach Kochan
(1998) der Blick auf die Schreibprozesse. Freies Schreiben traut den Kindern von
Anfang an zu, selbstverantwortlich zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Dies
ergibt sich aus der Verknüpfung der Ergebnisse aus der Schreibprozessforschung
mit der These: „Schreiben lernt man erst durch Schreiben“ (Kochan, 1998, S. 1).
Die heutige Schriftsprachforschung hat ihre Aufmerksamkeit von „Lernen durch In-
struktion“ auf „Lernen durch Gebrauch“ (ebd.) verlagert, damit begann der Einzug
des freien Schreibens in den Anfangsunterricht.
2.3 Untersuchungsverlauf
2.3.1 Pretest CITO
Der Test „CITO“ wird am Computer durchgeführt. Dies ist nach Uysal und Röhner
(2005) besonders günstig, um in kurzer Zeit mehrere Kinder gleichzeitig testen zu
können. Der Umgang mit Maus und Kopfhörern wird erklärt. Nach dem Start er-
scheint „Primo“, ein sprechendes Männchen, das durch den gesamten Test führt, auf
der Bildfläche. Danach befolgen die Schüler/innen die Anleitungen der „virtuellen
Lehrerin“ (Uysal & Röhner, 2005, S. 117). Feedback bekommen die Kinder nur bei
den anfangs gestellten Beispielfragen. Beide Testversionen, türkische und deutsche
Version, sind fast identisch.

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Im Fall der Interventionsstudie in der Volksschule Brünner Straße wurde von mir in
meiner Funktion als Begleitlehrerin an 46 Kindern der beiden ersten Klassen der
Teilbereich „phonologisches Bewusstsein“ als Indikator für Legasthenie getestet
(Pretest „CITO“ am Beginn des Schuljahres 2008).
Um den Anforderungen im Schriftspracherwerb im schulischen Anfangsunterricht
gewachsen zu sein, ist es nach Günther (2007) wichtig, bei Kindern folgende in der
aktuellen Forschung genannten Vorläuferfertigkeiten zu beobachten: Lautsprache,
auditive Wahrnehmung, phonologisches Bewusstsein, Gedächtnis und Benennungs-
geschwindigkeit. Dabei können Risikoschüler/innen und ihre Defizite erkannt, und
Fördermaßnahmen können sofort gesetzt werden (Günther, 2007; Klicpera et al.,
2007; Schulte-Körne, 2006).
Von vielen Autoren (Klicpera & Schabmann, 1993, zit. nach Klicpera et al., 2007;
Marx, 1998; Schneider, 1997, zit. nach Günther, 2007) wird phonologisches Be-
wusstsein als „die“ Vorläuferfähigkeit des Schriftspracherwerbs angesehen.
Aus den Leistungen, die Vorschulkinder bei Aufgaben zur Laut-Buchstaben-
Zuordnung erbringen, ist also eine Leseschwäche vorhersehbar. Viele dieser Befun-
de kommen aus dem englischsprachigen Raum. Die Bedeutsamkeit phonologischer
Bewusstheit für den Schriftspracherwerb ist jedoch auch mit empirischen Ergebnis-
sen aus dem deutschen Sprachraum belegt (Klicpera & Schabmann, 1993; Schnei-
der & Näslund, 1993, zit. nach Klicpera et al., 2007), deshalb wurde dieserTeilbe-
reich als Indikator für Legasthenie gewählt.
Am 9. und 10. September 2008 wurden 44 Kinder getestet. Da drei Computer zur
Verfügung standen, dauerte der Test an beiden Tagen ca. je zwei Stunden. Die zwei
fehlenden Kinder holten den Test am 11. September 2008 nach.
Alle Schüler/innen konnten problemlos die ihnen gestellten Aufgaben lösen. Drei
Schüler/innen bewältigten den Test in der türkischen Version.
Legastheniker/innen und Kinder mit LRS aufgrund von Defiziten bei der phonologi-
schen Bewusstheit wurden herausgefiltert, sie abeiteten in Folge am Computer mit
dem ausgewählten Tool „Schreiblabor“.
2.3.2 Intervention
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Begleitlehrerin mit halber Lehrverpflichtung betreute
ich an drei Tagen pro Woche jeweils je sechs Kinder der Versuchsgruppe mit Defizi-
ten im phonologischen Bewusstsein aus beiden ersten Klassen in drei Deutschstun-
den. Die Kinder arbeiteten mit dem „Schreiblabor“ am Computer. Die anderen Kin-
der, auch die zwölf Schüler/innen der Kontrollgruppe, erwarben bei den beiden Klas-
senlehrerinnen der ersten Klassen nach herkömmlicher Art und Weise die deutsche
Schriftsprache.
Da in der Klasse drei Computer zur Verfügung stehen, konnten immer drei Kinder 30
Minuten pro Tag an drei Tagen mit dem Softwaretool Lesen und Schreiben erlernen.
Anfangs arbeiteten die Schüler/innen mit den „Lernmaschinen“ auf der Laut-
Buchstaben-Ebene und beim freien Schreiben mit der „Schreibmaschine“. Differen-
ziert und individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen Schüler/inne zugeschnitten
wurden auch die anderen Lernmaschinen des „Schreiblabors“ eingeführt (Wort-
Ebene). Wöchentlich wurde ein neuer Buchstabe gelernt, Lernwörter mit der
„Schreibmaschine“ geschrieben, Texte von anderen Kindern gelesen und an den

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Lernmaschinen der Laut-Buchstaben-Ebene geübt. Darüber hinaus durften die Kin-
der die Lernmaschinen frei wählen und mit Lauten, Wörtern und Sätzen experimen-
tieren.
Blogs, Fotos und weiterführende Informationen, die Intervention und die beteiligten
Schüler/innen
betreffend,
können
unter
der
„Mahara“-Ansicht
http://www.mahara.at/view/view.php?id=681 eingesehen werden.
2.3.3 Posttest CITO
Am 1. Dezember 2008 wurde der Teilbereich der phonologischen Bewusstheit bei 21
Schüler/innen der Versuchs- und der Kontrollgruppe erneut von mir getestet (Post-
test „CITO“ Anfang Dezember 2008), ein fehlendes Kind holte den Test am 2. De-
zember 2008 nach. Dabei wurde die Veränderung der Versuchsgruppe hinsichtlich
ihres phonologischen Bewusstseins vom Pre- zum Posttest untersucht.
Der Test wurde an zwei Computern durchgeführt und dauerte insgesamt an beiden
Tagen drei Stunden. Die drei Schüler/innen, die beim Pretest die türkische Version
wählten, absolvierten auch den Posttest in türkischer Sprache.
2.4 Auswertungsmethoden
Es wird von folgendem statistischem Hypothesenpaar ausgegangen:
H0: Der Schriftspracherwerb am Computer mit dem multimedialen Lernprogramm
„Schreiblabor“ hat keinen Einfluss auf das phonologische Bewusstsein bei Legasthe-
nikerInnen.
H1: Der Schriftspracherwerb am Computer mit dem multimedialen Lernprogramm
„Schreiblabor“ verbessert das phonologische Bewusstsein bei LegasthenikerInnen.
Da die Voraussetzungen für eine Varianzanalyse
• metrisches Datenniveau,
• Homogenität der Kovarianzmatrizen (Box-M-Test nicht signifikant -
Signifikanzniveau bei 0,197),
• Normalverteilung (mittels Kolmogorov Smirnov Test überprüft)
gegeben sind, werden mittels univariater Varianzanalyse mit dem Statistikprogramm
SPSS für Windows 16.0 Ergebnisse des Pre- und Posttests des CITO-Sprachtests
miteinander verglichen.
Die univariate Varianzanalyse berücksichtigt mehrere unabhängige Variablen, den
Faktor Zeit zwischen Pre- und Posttest, den Zwischensubjektfaktor, die Gruppenzu-
gehörigkeit der Versuchs- und Kontrollgruppe und eine abhängige Variable.
Die abhängige Variable stellt das Ergebnis des CITO-Sprachtests dar, während die
unabhängige Variable, der Schriftspracherwerb, in einem Fall am Computer mit dem
Schreiblabor und im anderen herkömmlich nach traditioneller Art und Weise hand-
schriftlich erfolgt.

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Das Testergebnis wird zwischen zwei Zeitpunkten, der Messwiederholung des Pre-
und Posttests, als Innersubjektivitätsfaktor unter Berücksichtigung der Kontrollgrup-
pe, dem Zwischensubjektfaktor, verglichen.
2.5 Ergebnisse
2.5.1 TeilnehmerInnen
Die Grundgesamtheit wurde als 46 Schüler/innen (die beiden ersten Klassen der
Volksschule Brünner Straße 139, 1210 Wien) definiert und setzt sich aus 27 Mäd-
chen und 19 Buben zusammen. Ein Drittel (33 %) der Schüler/innen kommt aus Ös-
terreich, ein Sechstel (17 %) der Kinder aus der Türkei; die übrigen Schüler/innen
weisen eine andere Nationalität auf.
Folgende Normierungstabellen (siehe Abbildung 7 und Abbildung 8) zeigen die Da-
ten, die im Teilbereich „phonologisches Bewusstsein“ für eine entsprechende Ein-
ordnung in die Kategorien „Förderbedarf“, „Befriedigend“, oder „Gut“ zu erreichen
sind; dies gilt sowohl für den deutschen Test als auch für die türkische Version.
Förderbedürftig Befriedigend
Gut
Phonologisches Bewusstsein
30
0-13
14-19
20-30
Abbildung 7: Normierungstabelle der deutschen Testversion: Teilbereich phonologisches Bewusstsein
Förderbedürftig Befriedigend
Gut
Phonologisches Bewusstsein
30
0-12
13-19
20-30
Abbildung 8: Normierungstabelle der türkischen Testversion: Teilbereich phonologisches Bewusstsein
Wie aus den Tabellen (siehe Abbildung 7 und Abbildung 8) ersichtlich, ist bei der tür-
kischen Version die Grenze des Förderbedarfs um einen Punkt niedriger angesetzt
als beim deutschen Testteilbereich.
Mit Hilfe dieser beiden Normierungstabellen wurden in der Studie die Kinder in fol-
gende, auch im Kreisdiagramm visualisierte, Klassifikationsgruppen eingeteilt (siehe
Abbildung 9).
Etwas weniger als die Hälfte der Schüler/innen (48 %) haben im Test mit „Gut“ abge-
schnitten, „Befriedigend“ erreichten knapp mehr als ein Fünftel (22 %) und mehr als
ein Drittel (30 %) der Gesamtgruppe zeigte Förderbedarf das phonologische Be-
wusstsein betreffend.

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Seite 20
30%
22%
48%
Förderbedarf
Befriedigend
Gut
Abbildung 9: Auswertung der Gesamtstichprobe nach der Klassifikation
2.5.1.1 Versuchs- und Kontrollgruppe
Insgesamt wurden zehn Buben und 14 Mädchen untersucht. Davon sind sechs Ös-
terreicher/innen, sechs Türken und Türkinnen und zwölf Kinder aus anderen Natio-
nen. „Förderbedürftigkeit“ zeigen 14 Schüler/innen und zehn Kinder „Befriedigend“.
Wie in folgender Grafik (siehe Abbildung 10) zu sehen ist, hat kein Kind „Gut“ nach
der Normierungstabelle erreicht.
58%
42%
Förderbedarf
Befriedigend
Gut
Abbildung 10: Auswertung der VG und KG nach Klassifikation
2.5.1.2 Versuchsgruppe
Aus insgesamt 46 mit dem CITO-Sprachstanderhebungstest getesteten Schü-
ler/innen der beiden ersten Klassen wurden anhand der Testdaten pro Klasse sechs
Kinder mit Förderbedarf im phonologischen Bewusstsein herausgefiltert.

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Geschlecht Geburtsland PB deutsch PB türkisch
1
W
Kurdistan 7
2
W
Österreich 9
3
M
Türkei
11
4
W
Türkei
11
5
W
Ungarn
11
6
M
Österreich 11
7
W
Österreich 11
8
M
Türkei
12
9
W
Albanien 13
10
W
Indien
13
11
W
Österreich 13
12
M
Österreich 13
13
M
Persien
13
14
M
Serbien
13
Abbildung 11: Auswahl der VG- und KG-Kinder
Die zwölf Kinder der Versuchsgruppe setzten sich aus acht Schüler/innen mit einem
Ergebnis von zwölf Punkten abwärts und aus vier mit jeweils 13 Punkten zusammen.
Da jedoch sechs Kinder 13 Punkte erzielten, wurden nach dem Zufallsprinzip vier
ausgewählt (siehe Abbildung 11), die anderen beiden wurden der Kontrollgruppe zu-
gewiesen.
In dieser Gruppe fanden sich acht Mädchen und vier Buben, wobei fünf Kinder aus
Österreich stammen, drei Schüler/innen Türkisch als Muttersprache (L1) angaben.
Da das Kriterium „Defizite des phonologischen Bewusstseins“ darstellte, waren in
dieser Gruppe alle zwölf Schüler/innen „förderbedürftig“.
Die Schüler/innen der Versuchsgruppe erwarben am Computer Schriftsprache mit
der Software „Schreiblabor“.
Während der Intervention mit dem „Schreiblabor“ wurden zwei Schüler/innen in die
Vorschulklasse überstellt und schieden aus stundenplantechnischen und pädago-
gisch-didaktischen Gründen aus der Versuchsgruppe aus.
2.5.1.3 Kontrollgruppe
Zwölf Kinder mit nachfolgenden Datenergebnissen wurden als Kontrollgruppe defi-
niert und lernten auf herkömmliche Weise Lesen und Schreiben.
In dieser Gruppe war das Verhältnis der Geschlechter mit sechs Buben zu sechs
Mädchen ausgeglichen. Stammten in der Versuchsgruppe wesentlich mehr Schü-
ler/innen aus Österreich, ist es hier umgekehrt. Auf nur ein österreichisches Kind
kommen drei Türken und Türkinnen und acht Kinder anderer Nationalitäten.
6 Kinder mit jeweils
13 Punkten
4 Kinder nach dem
Zufallsprinzip für die
VG ausgewählt
2 Kinder für die KG

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Die Gruppe besteht aus den nach dem Zufallsprinzip aus der Versuchsgruppe aus-
geschiedenen beiden Kindern mit „Förderbedarf“ (13 Punkte) (siehe Abbildung 11)
und zehn Schüler/innen mit „Befriedigend“.
2.5.2 Beantwortung der Frage
Um die gestellte Nullhypothese zu überprüfen, wurde eine univariate Varianzanalyse
gerechnet. Hierfür wurde der Signifikanztest nach Pillai Spur herangezogen.
Die Irrtumswahrscheinlichkeit beträgt 0,021 (siehe Anhang) und liegt deutlich unter
0,05, was bedeutet, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen dem Pre- und
Posttest unter der Berücksichtigung der Gruppen gibt.
Das heißt, die Nullhypothese wird verworfen und die Alternativhypothese:
„Der Schriftspracherwerb am Computer mit dem multimedialen Lernprogramm
„Schreiblabor“ verbessert das phonologische Bewusstsein bei LegasthenikerInnen“,
wird angenommen.
Während zu Beginn der Abstand zwischen der Versuchs- und Kontrollgruppe noch
4,2 Punkte betrug, ist er beim Posttest auf 1,4 Punkte gesunken. Beide Gruppen
steigerten sich deutlich, die Versuchsgruppe, wie in folgendem Diagramm zu sehen
ist (siehe Abbildung 12) jedoch weitaus stärker als die Kontrollgruppe.
Mittelwerte Pre- und Posttest
11,3
15,5
24
22,6
0
5
10
15
20
25
30
Mittelwert Pretest
Mittelwert Posttest
P
unkte CITO-Test
VG
KG
Abbildung 12: Mittelwerte Pre- und Posttest
Am Anfang der Untersuchung waren alle Schüler/innen der Versuchsgruppe als „för-
derbedürftig“ eingestuft. Sie erreichten bis auf einen Probanden „Gut“. Dieses Kind
absolvierte den Posttest mit „Befriedigend“.
Bei der Kontrollgruppe waren anfangs zwei Kinder „förderbedürftig“, die anderen
zehn erreichten „Befriedigend“. Alle Kinder der Kontrollgruppe weisen nach den Er-
gebnissen des Posttests „Gut“ auf.

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Seite 23
2.6 Diskussion
Das multimediale Softwareprogramm „Schreiblabor“ mit seinen Lernmaschinen kann,
wie sich an vorliegenden Studienergebnissen ablesen lässt, Legastheniker/innen mit
Defiziten des phonologischen Bewusstseins Hilfe bieten.
Die Lernwelt des „Schreiblabors“ macht nach Bergmann und Linde (2003) selbsttäti-
ges Erschließen der Laut-Buchstaben- und Wort-Ebene möglich und ist ein Werk-
zeug für Volksschulkinder, um am Computer schriftsprachliche Prozesse entdecken
zu können.
Differenzierte und auf einzelne Schüler/innen individualierend zugeschnittene Lern-
schritte gestatten positive Schreiberfahrungen. Damit arbeiten Kinder in einer indivi-
duell angepassten Lernumgebung, dies wirkt sich besonders positiv auf Schü-
ler/innen mit Teilleistungsschwächen aus. Da jedoch auch alle Kontrollgruppenkinder
der Untersuchung eine Leistungssteigerung von „Befriedigend“ auf „Gut“ erreichen
konnten, ist das Programm auch für den allgemeinen Einsatz im Rahmen des Offe-
nen Unterrichts zu empfehlen.
Dies zeigt sich auch ganz besonders an den Ergebnissen des Abschlusstests, der
mit der Gesamtheit beider ersten Klassen am Schulschluss (18.6.2009) durchgeführt
wurde. Vom Pre- und Posttest zum Abschlusstest ist eine kontinuierliche Leistungs-
steigerung im phonologischen Bewusstsein zu bemerken, wie die Mittelwerte in fol-
gender Grafik (siehe Abbildung 13) zeigen. Alle Kinder absolvierten den untersuch-
ten Teilbereich mit „Gut“.
Mittelwertvergleich
20,54
23,30
27,27
0,00
5,00
10,00
15,00
20,00
25,00
30,00
Pretest n=41 9.9.2009
Posttest n=20 1.12.2009
Abschlusstest n=41 18.6.2009
Testzeitpunkt
Erre
ic
hte
Punk
te
Abbildung 13: Mittelwertvergleich
Anfangs arbeiteten die Schüler/innen mit den Lernmaschinen der Laut-Buchstaben-
Ebene und beim freien Schreiben mit der „Schreibmaschine“. Probleme gab es bei
der „Nachspurmaschine“, da die Buchstaben anders gezeigt wurden als bei der Aus-

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gangsschrift österreichischer Fibeln. Diese Funktion ließ sich auch nicht ändern, so-
mit wurden diese Grapheme nicht nachgespurt. Auch bei der „Schreibmaschine“, wo
verschiedene deutsche Fibelschriften einstellbar sind, war bei manchen Buchstaben
die Form eine andere als die von der Klassenlehrerin gewählte (z.B. ist das „t“ bei
der deutschen Schulschrift „Nord“ unten gebogen und wurde mit dem f verwechselt).
Nach und nach, zugeschnitten auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler/innen,
wurden auch die anderen Lernmaschinen des „Schreiblabors“ eingeführt, wobei all-
gemein schwächere Schüler/innen am liebsten bei den „altbekannten“ Lernmaschi-
nen blieben und gerne Memory („Lautpaare finden“) spielten, während andere viel
Spaß bei den neu hinzukommenden Lernmaschinen hatten und auch sehr gerne
„Geschichten“ erfanden.
Wöchentlich wurde ein neuer Buchstabe eingeführt, Lernwörter mit der „Schreibma-
schine“ geschrieben und an den Lernmaschinen der Laut-Buchstaben-Ebene geübt,
darüber hinaus durften die Kinder die Lernmaschinen frei wählen und mit Lauten,
Wörtern und Sätzen experimentieren.
Auffällig war, dass die Kinder beim freien Schreiben immer Wörter der eigenen Le-
bensumwelt (Mama, Papa, eigenen Namen,...) wählten und sehr selten Fibelnamen,
wie „Mimi“ und „Mo“ verwendeten. Dies belegt die Aussagen von Brügelmann und
Brinkmann (1998), die Fibeln als unnötig und einengend erachten.
Von Anfang an war die Freude, am Computer schreiben zu dürfen, zu bemerken. Die
Kinder freuten sich auf die Arbeit und waren beim Wortentdecken sehr erfinderisch,
diese Beobachtungen belegen die Untersuchungsergebnisse von Walter (2001, zit.
nach Zimdars & Zink, 2006), der zeigte, dass die Arbeit am Computer mit dem Pro-
gramm „Lese-Zeile“ hoch signifikant lustvoll erlebt wurde.
Zimdars und Zink (2006) fassen Ergebnisse von fünf Untersuchungen zur Effektivität
von Computerprogrammen bei Legasthenie zusammen und zeigen auf, dass diese
Programme vor allem bei schwächeren Schüler/innen zu einer Steigerung der Lese-
und Rechtschreibleistung führen können. Sie stellen aber auch fest, dass sie nicht
besser geeignet sind als herkömmliche Legasthenieförderungsmethoden.
Da es in der schulischen Praxis oft an zusätzlichen Legasthenie-FörderlehrerInnen
mangelt, ist der Einsatz von multimedialer Software, wie dem „Schreiblabor“, für den
Anfangsschriftspracherwerb und hier besonders für die Schulung des phonologi-
schen Bewusstseins und für das freie Schreiben zu empfehlen, da sie - wenn auch
nicht der traditionellen Therapie überlegen - ohne erheblichen zusätzlichen Kosten-
aufwand in einem differenzierten und individuell auf einzelne Schüler/innen ange-
passten Offenen Unterricht einsetzbar ist.
Wie in der Studie gezeigt wurde, war auch bei allen Kindern ohne gravierende Defizi-
te des phonologischen Bewusstseins, die „Befriedigend“ im Pretest erreichten, eine
große Leistungssteigerung zu bemerken. Damit ist klar, dass der Einsatz des
„Schreiblabors“ auch im Regelunterricht eine sinnvolle und zielführende Ergänzung
bei der Erarbeitung von Laut-Buchstaben-Korrespondenzen darstellt und durch den
Einsatz im freien Schreiben zu hervorragenden Ergebnissen im Rahmen des entde-
ckenden Lese- und Rechtschreibprozesses führen kann.
Phonologische Defizite sind kein vorherrschendes Problem von Migranten und
Migrantinnen, dies wird durch die Daten der Versuchsgruppe gestützt. Entgegen der
vorherrschenden Meinung, nur Kinder mit Deutsch als Zweitsprache („DaZ“) hätten
Sprachstandsentwicklungsverzögerungen, finden sich in der Versuchsgruppe, wo al-

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Seite 25
le Kinder „Förderbedarf“ aufwiesen, mehr österreichische Schüler/innen als in der
Kontrollgruppe. Blickt man auf das Gesamtergebnis von Versuchs- und Kontrollgrup-
penkindern, die aus der Gesamtgruppe aller Schüler/innen der beiden ersten Klas-
sen die schlechtesten Datenergebnisse im phonologischen Bewusstsein aufwiesen,
wird ein Ungleichgewicht von Österreicher/innen zu Migranten und Migrantinnen be-
merkt. Es stehen sechs Kinder österreichischer Herkunft 18 Schüler/innen mit
Deutsch als Zweitsprache in dieser Gruppe gegenüber.
Zusammenfassend konnte mit der Interventionsstudie belegt werden, dass die diffe-
renzierte und individuelle Förderung mit dem für den Schriftspracherwerb konzipier-
ten Programm „Schreiblabor“ vor allem bei Kindern mit Defiziten im Bereich des pho-
nologischen Bewusstseins zu deutlichen Leistungsverbesserungen geführt hat. Die
Ergebnisse zeigen, dass der Computer Teilbereiche des Anfangsschreib- und Lese-
unterrichts, wie Laut-Buchstaben-Zuordnung und freies Schreiben, übernehmen
kann und sein Einsatz zielführend und hilfreich ist.
Details und Aufzeichnungen zur Studie sind auf folgendem Link zu sehen:
http://imb.donau-uni.ac.at/mahara/htdocs/view/view.php?id=681 Accessed: 2008-10-
25. (Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/5bpg9VSsp)

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Seite 26
3 FAZIT
Schriftsprache
Der Stellenwert der Schriftsprache, vor allem im beruflichen Alltag, ist in den vergan-
genen Jahrzehnten stark gestiegen. Nach Studienergebnissen von Guthrie und
Greaney (1991, zit. nach Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 1995) verbringen erwachse-
ne Personen zweieinhalb Stunden pro Tag durchschnittlich mit Lesen. Mickolecky
und Drew (1991, zit. nach Klicpera & Gasteiger-Klicpera, 1995) sprechen davon,
dass 90 Prozent der Arbeitsplätze in Industriestaaten den Umgang mit Schriftspra-
che voraussetzen.
Das heißt, dass auch im Zeitalter der Informations- und Wissensgesellschaft Schrift-
sprachkompetenz eine elementare Kulturtechnik bleibt. Defizite im Umgang mit
Schrift verhindern eine erfolgreiche Bewältigung des gesellschaftlichen Lebens.
Es kann gesagt werden, dass schriftsprachliche Fähigkeiten im Hinblick auf eine sich
erneuernde und erweiternde Schriftkultur in Zukunft immer wichtiger werden, da auch
am Arbeitsmarkt, und da kann ich mich Bonfranchi (1992) nur anschließen, Men-
schen ohne Beherrschung der Schriftsprache keine Chance haben.
Schule sollte den Kindern verdeutlichen, dass das Beherrschen schriftsprachlicher
Kompetenzen ihnen einen persönlichen Vorteil verschafft. Der Themenkomplex der
Mehrsprachigkeit bei Migranten und Migrantinnen, Teilleistungsschwächen, wie Le-
gasthenie, und sozial-ökonomische Aspekte hinsichtlich der Bedingungen, in denen
Kinder heute aufwachsen, müssen im schulischen Kontext verstärkt Beachtung fin-
den.
Lese-Rechtschreib-Schwäche
In der Fachliteratur werden verschiedene Termini zum Thema Legasthenie und Le-
se-Rechtschreib-Schwäche verwendet. Unterschiedliche Forschungsansätze und
Definitionen sind zu finden. Zahlreiche Ursachen für die Entstehung der Legasthenie,
wie biologische, neuropsychologische, kognitive und soziale Faktoren werden ge-
nannt.
Laut Kopp-Duller (1998) gehen Schätzungen von ca. zehn Prozent der Weltbevölke-
rung, das sind 550 Millionen Menschen, aus, die vom Problemkreis der Legasthenie
betroffen sind.
Die Auswirkungen für Betroffene sind: Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreiben-
lernen. Deshalb ist es besonders wichtig, allen Kindern mit Problemen beim Lesen
und Schreiben adäquate und der jeweiligen Form der Legasthenie entsprechende
Förderung zukommen zu lassen.
Nach derzeitigem Stand der Forschung weist nach Ligges (2007) das Ursachenmo-
dell, das Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten als Folge von angeborenen Defizi-
ten der phonologischen Sprachverarbeitungsfähigkeiten sieht, die am besten fundier-
te wissenschaftliche Evidenz auf. Haben Kinder Mängel im Bereich der Sprachlaut-
verarbeitung, gibt es Probleme beim Erlernen der Schriftsprache, somit gilt phonolo-
gisches Bewusstsein als „der“ bedeutsame ätiologische Aspekt für Lese- und Recht-
schreibschwäche.
Es kann anhand der Studienergebnisse dieses Projekts konstatiert werden, dass das
multimediale Softwaretool „Schreiblabor“ bei pädagogisch-didaktisch gut geplantem

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Einsatz im Förderunterricht für Legastheniker/innen mit Defiziten im Bereich des
phonologischen Bewusstseins zu deutlichen Leistungssteigerungen führen kann.
Dies belegen auch die von Zimdars und Zink (2006) zusammengefassten Ergebnisse
von fünf Untersuchungen zur Effektivität von Computerprogrammen in der Legasthe-
nikerbetreuung, die zeigen, dass diese Programme vor allem bei schwächeren Schü-
ler/innen zu einer Steigerung der Lese- und Rechtschreibleistung führen können.
Auch wenn in diesen Computerprogrammen Schriftsprache als Vorstufe von korrek-
ter Rechtschreibung selbst erfunden wird, nimmt das phonologische Bewusstsein
nach Clarke (1988, zit. nach Klicpera et al., 2007) zu.
Da es in der schulischen Praxis oft an Personal zur Legasthenietherapie mangelt, ist
der Einsatz von multimedialer Software wie dem „Schreiblabor“ für den Anfangs-
schriftspracherwerb und hier besonders für die Schulung des phonologischen Be-
wusstseins und für das freie Schreiben zu empfehlen, da es in einem differenzierten
und individuell auf einzelne Schüler/innen angepassten Offenen Unterricht gut ein-
setzbar ist.
In einem Rundschreiben über die Leistungsbeurteilung bei Lese- und Rechtschreib-
schwäche (LRS) bzw. Legasthenie an alle Landesschulräte und Pädagogische Aka-
demien (32/2001) wurde bereits 2001 darauf hingewiesen, dass auf die durch mo-
derne Informations- und Kommunikationstechnologien geänderten Anwendungen
und Kontrollmöglichkeiten, wie Textverarbeitung und Rechtschreibprüfsysteme, im
Hinblick auf die Arbeit mit Legastheniker/innen Bedacht genommen werden kann. Es
besteht kein Einwand, bei schriftlichen Arbeiten zeitgemäße Werkzeuge zur Überprü-
fung der Rechtschreibung heranzuziehen. Davon profitieren Legastheniker/innen
schon heute.
Obwohl der Einsatz von Computern im Kontext des zukunftsorientierten und indivi-
duellen Unterrichts an Bedeutung gewinnt, in Erlässen seine Verankerung findet und
nach einer Studie vom market-Institut (2007) jedes zweite Kind Lernprogramme vor
allem zuhause nutzt, mehr als die Hälfte der Schüler/innen einen Internetzugang hat
und das Arbeiten mit dem Computer als vierte Kulturtechnik neben dem Lesen,
Schreiben und Rechnen im Lehrplan für Volksschulen fixiert ist, gibt es in Österreich
immer noch viele Pädagogen und Pädagoginnen, die dem Einsatz dieses Mediums
ablehnend gegenüberstehen.
Nach Seiler (2007) war es vor zehn Jahren bereits ein Anliegen von Projekten, den
Computer im Anfangsunterricht als unterstützendes Werkzeug im Schreib- und Le-
seunterricht zu nutzen. Was damals für LehrerInnen oft utopisch klang, ist auch heu-
te für viele noch keine Selbstverständlichkeit, wenn auch die Akzeptanz merklich ge-
stiegen ist.
Während in manchen Schulen die meisten Schüler/innen häufig am Computer arbei-
ten, werden in anderen gute ICT-Geräte nicht genutzt. Die technische Ausrüstung
vieler Schulen hat sich zwar in den letzten Jahren verbessert, der Einsatz bleibt je-
doch z.B. in Volksschulen oft weit hinter den pädagogisch sinnvollen Möglichkeiten
zurück. Diese Streubreite zwischen Schulen, den Computereinsatz betreffend, ist
nach Mitzlaff (2007) sehr groß und international betrachtet durchaus normal. Da aber
alle Kinder Anspruch auf Medienbildung haben, muss darauf geachtet werden, dass
die Lernchancen von Kindern nicht von Interessen und Neigungen der Lehrkräfte ab-
hängen. In den Fällen, wo Pädagogen und Pädagoginnen den Computereinsatz, aus

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welchen Gründen auch immer, verweigern, müsste m.E. die Schulleitung entspre-
chend geschulte LehrerInnen für diese Bildungsaufgabe heranziehen.
Die didaktische und pädagogische Forschung in der Volksschule zum Computerein-
satz ist defizitär. Grundschulpädagogik steht im starken Gegensatz zur inzwischen
erreichten häuslichen Bedeutung des längst nicht mehr neuen elektronischen Me-
dieneinsatzes. Volksschulpädagogen und -pädagoginnen wären aber nach Mitzlaff
und Wiederhold „der Schlüssel zu einem vernünftigen Computereinsatz“ (Mitzlaff &
Wiederhold, 1990, zit. nach Mitzlaff, 2007, S. 115).
Es wurde nach Seiler (2007) zwar wertvolle Arbeit hinsichtlich des Einsatzes des
Computers als Medium auch im Grundschulbereich geleistet, obwohl allgemeine Be-
dingungen sich verschlechterten, beispielsweise eine gestiegene Zahl an Migranten
und Migrantinnen und Legastheniker/innen, Einschränkung von Fort- und Weiterbil-
dung und Einsparungen bei Förderlehrer/inne/n. Es gibt immer mehr Lehrer/innen,
die den Computer als neues Werkzeug in ihren Unterricht integrieren wollen und
auch bereit sind, in Fortbildungsveranstaltungen nötiges Know-How zu erwerben.
Wer gestern A sagte wie Alphabetisierung, muss heute B sagen wie Bildalphabetisie-
rung - und C wie Computeralphabetisierung, meint Doelker (2007). Trotzdem muss
festgestellt werden, dass der Einsatz des Computers immer noch keine Selbstver-
ständlichkeit darstellt und dass LehrerInnen oft das Potenzial, das mediengestützter
Unterricht bieten kann, nicht kennen.
Wenn in der Schule weiterhin nur Handschrift beigebracht wird, versagen Pädagogen
und Pädagoginnen in ihrem wesentlichen Auftrag, auf die Zukunft, das „Leben“, vor-
zubereiten und durch Individualisierung und Differenzierung Benachteiligungen ent-
gegen zu wirken. Das Festhalten an traditionellem Zugang zur Schriftsprache führt
faktisch dazu, dass der Schriftspracherwerb am Computer nur von denjenigen Kin-
dern rechtzeitig erlernt werden kann, die außerhalb der Schule den Computer als
Werkzeug nutzen können und daheim eine die Schriftkultur fördernde Umgebung
vorfinden.
Im Hinblick auf den Problemkreis von Schüler/innen mit Legasthenie ist es so, dass
jene, die zuhause die Möglichkeit haben, schriftsprachlich mit dem Computer zu ar-
beiten, bevorzugt sind und jene, die Diktate und Texte in der Schule auf dem Compu-
ter mit Hilfe der Rechtschreibüberprüfung verfassen dürfen, das große Los gezogen
haben.
Wie schon im Allgemeinen Bildungsziel des österreichischen Lehrplans in der Einlei-
tung zitiert, sind die klassischen Kulturtechniken Schreiben und Lesen in unserer
Gesellschaft durch Mediengebrauch didaktisch-pädagogisch zu erweitern. Dies sollte
in der schulischen Realität nicht nur Zukunftsmusik, sondern gegenwartsbezogener
Auftrag sein.
Mit diesem Projekt hoffe ich einen Beitrag geleistet zu haben, der die Bedeutung des
Computereinsatzes in einem Bereich aufzeigt, in dem er effizient individuelle und dif-
ferenzierte Möglichkeiten für Kinder mit Teilleistungsstörungen bietet und problemlos
in den Regelunterricht integriert werden kann.

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