Die dunkle Seite der Schokolade: Kakao und Kinderarbeit in der Elfenbeinküste

Schokolade ist eines der beliebtesten Luxusgüter der Welt, egal ob als Tafel, Praline oder Getränk. Mehr als 60 Prozent der deutschen Kakaoimporte stammen aus der Elfenbeinküste – und damit aus den Händen von Kindern.

von Johannes Rauch

Hier wächst der Ursprung des wichtigsten Exportguts der Elfenbeinküste: die Kakaofrucht. (Quelle: Pixabay)

Kinder, die auf Plantagen schuften, in kleinen Straßenläden arbeiten oder die Schuhe von anderen Leuten putzen. Kinderarbeit gibt es überall auf der Welt, aber in der Elfenbeinküste ist das Problem besonders groß. Dort muss ein Viertel aller Kinder zwischen fünf und vierzehn Jahren arbeiten, die meisten davon auf Kakaoplantagen. Anders als in Südamerika gibt es in der Elfenbeinküste viele kleine Kakaobetriebe auf einer verhältnismäßig kleinen Nutzfläche.

Geröstete Kakaobohnen – eigentlich ein Luxusgut auf der Welt. Aber leider zahlt sich das finanziell für die Kakaobäuer:innen nicht aus. (Quelle: Pixabay)

Dass viele Kinder in der Elfenbeinküste arbeiten müssen, liegt hauptsächlich an der Armut des Landes. Eltern können ihre Kinder nicht alleine ernähren, weshalb diese etwas dazuverdienen oder mit anpacken müssen. Zusätzlich ist es auch Tradition, dass die Kinder den Beruf ihrer Eltern lernen. Dabei ist Kakao und dessen Anbau gar nicht in Afrika verwurzelt. Die Pflanze wurde im 16. Jahrhundert in Mittel- und Südamerika von den Spaniern entdeckt. Dort ist der Kakao und der Genuss von Kakaoprodukten seit über tausend Jahren Teil der Kultur. Schon die Azteken und Maya verzehrten Mischgetränke aus Kakao und anderen Gewürzen. In Europa entwickelte sich daraus mit der Zeit ein Modegetränk, das sich immer weiter verbreitete. Als die Europäer:innen den Wert des “braunen Goldes” erkannten, versuchten sie es auch in anderen Gebieten anzubauen. So landete der Kakao unter anderem in der Elfenbeinküste. Diese neuen Kakaoanbauländer exportieren die Bohnen aber nur – die meisten Kinder dort haben in ihrem Leben noch nie Kakao oder Schokolade probiert.

Statt Kakao zu ernten und zu verarbeiten, sollten Kinder lieber zur Schule gehen oder einfach Kind sein dürfen. (Quelle: Pixabay)

Stattdessen wissen die ivorischen Kinder alles darüber, wie Kakao geerntet und getrocknet wird und wie man die Bohnen aus der Kakaofrucht löst. Die Arbeit auf den Plantagen ist extrem hart, denn es wird mit sehr scharfen Werkzeugen und, für Kinder besonders gefährlichen, Chemikalien gearbeitet. Verletzungen stehen hier auf der Tagesordnung. Selbst das Schleppen der Kakaobohnen in großen Säcken ist eine Gefahr für die Kinder. Die Säcke wiegen mehr als 30 Kilogramm und müssen über weite Strecken getragen werden. In so jungen Jahren führt das bei vielen der Kinder zu Fehlstellungen von Gliedmaßen.

Schwierigkeiten beim Kampf gegen Kinderarbeit

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) gründete 2002 die Internationale Cocoa Initiative, um Kinderarbeit in der Kakaoproduktion zu bekämpfen. Die in Genf ansässige Organisation wird von großen Schokoladenherstellern finanziert. Gleichzeitig gibt es ein Gütesiegel für Schokolade, das kennzeichnen soll, wenn ein Produkt ohne Kinderarbeit entstanden ist. Leider konnten beide Ansätze die Kinderarbeit auf Kakaoplantagen nicht verhindern – im Gegenteil: Die Kinderarbeit ist in den letzten Jahren trotz zahlreicher Bemühungen stark angestiegen. Teilweise gibt es sogar mit Gütesiegel zertifizierte Plantagen, in denen der Kakao angeblich ohne Kinderarbeit produziert wird, obwohl das Gegenteil der Fall ist. 

Die Kakaofrucht mit der Machete zu öffnen ist nicht ungefährlich. Daher kommt es bei den Kindern nicht selten zu Verletzungen. (Quelle: Pixabay)

Ein weiteres Problem der Elfenbeinküste ist der extrem niedrige Kakaopreis. Von 1980 bis 2017 ist der Kakaopreis um 40 Prozent – unter Berücksichtigung der Inflation – gesunken. Der Handelspreis für ein Kilogramm Kakao beträgt bestenfalls ungefähr 2 Euro. Die meisten Schokoladenfirmen bezahlen keine fairen Preise. Maximal sechs Prozent des Preises einer Schokoladentafel kommen bei den Kakaobäuer:innen an. Auch deshalb leben sie in großer Armut und müssen ihre Kinder wie Erwachsene beschäftigen. Denn Erntehelfer können sie sich entweder nicht leisten oder es sind keine verfügbar. 

Problemlösung durch Preisregulierung

Kein wirtschaftlich handelndes Unternehmen aus Deutschland würde seine Produkte so weit unter Marktwert verkaufen. Aber in der Elfenbeinküste und vielen anderen Ländern, die Kakao exportieren, passiert genau das. Die Regierungen müssten also stärker eingreifen und den Kakaopreis regulieren.

 So kennen wir in Europa das Kakao-Endprodukt: Schokolade. (Quelle: Pixabay)

Die Elfenbeinküste steckt noch immer in kolonialen Strukturen fest, die nicht so leicht zu durchbrechen sind. Das westafrikanische Land befindet sich seit vielen Jahren im sogenannten Entwicklungs- oder Rohstoffstadium. Das bedeutet, dass sie anderen Ländern ihre Rohstoffe zur Verfügung stellen, damit diese das Luxusgut fertigstellen und dann teurer weiterverkaufen. Andere Länder wie zum Beispiel Saudi-Arabien haben es währenddessen geschafft, ihre Rohstoffe gewinnbringend zu verkaufen und so den Marktpreis zu diktieren. Wenn die Elfenbeinküste in der Zukunft selbst Schokolade herstellen würde, könnten sie das Produkt zu fairen Preisen verkaufen. Das könnte langfristig auch das Problem der Kinderarbeit lösen.

5 Fakten über die Elfenbeinküste

– Die Landschaft in der Elfenbeinküste ist überwiegend flach. Im Norden des Landes treten fast ausschließlich Savannen auf und es ist sehr trocken, während im Süden immer mehr Bäume wachsen und das Land in tropischen Regenwald übergeht.
– Die Bevölkerung der Elfenbeinküste besteht aus mehr als 60 Volksgruppen mit unterschiedlichen Sprachen. Im Norden des Landes leben mehr Muslime und im Süden vermehrt Christen.
– Bis 1960 war Frankreich Kolonialmacht in der Elfenbeinküste, daher ist Französisch die Sprache der Verständigung im Land geblieben.  
– Seit 1983 ist Yamoussoukro die offizielle Landeshauptstadt, aber der Regierungssitz befindet sich in der früheren Hauptstadt Abidjan, die gleichzeitig das politische und wirtschaftliche Zentrum des Landes ist. 
– Neben Kakao und Baumwolle zählt Erdöl zu den wichtigsten Rohstoffen des Landes. 

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