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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

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Das kleine Grüne Renaissance des Schrebergartens


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Inhalt September 70

Studio Das Aus für Plastikstuhl & Gartenzwerg: Im Schrebergarten von heute wird die Parzelle zum Paradies. 78 Praxis 80 Guide

83

Architektur 84

Projekt

60

An Mexikos Südküste steht ein introvertiertes Haus wie eine fast vergessene Lücke im Alltag.

Daria Zinovatnaya

Das große Krabbeln 97

Panorama 98

Kunst Die chinesische Künstlerin Cao Fei dokumentiert das absolute Jetzt. 101 Ausstellungen 102 Julius Bissier 106 Bücher

90 Radar

92

Garten 27 Editorial 28 Impressum 35 Entdeckung 36 Agenda 41 AD stellt vor

56

Wo einst Abfälle lagerten, blühen nun Orchideenbäume: der Paradiesgarten mi en in der Medina von Marrakesch.

108

Reise Wohin, wenn es nicht mehr höher, schneller, weiter geht? Auf die Schiene! 112 Reise Neuheiten

43

Cover: Helenio Barbetta / Living Inside; Porträt: Kamilla Hanapova; Fotos: La DoubleJ; Marianne Majerus; Nome Furniture

Stil 44

Neuheiten Die Stil-News – von Poltrona Fraus coolem Leder-Lounger „Byron“ bis zu Versaces Tischchen im Disco-Look von Bo Derek.

92

Blühende Medina

56 Thema

58

Dior Atmen Sie tief ein! Dior-Par meur François Demachy hat einen betörenden Du garten für die neue „Maison Christian Dior“-Linie kreiert. 60 Talent

62

Ikone Charmante Sessel und schwebende Schreibtische: Bodil Kjærs Entwürfe sind – noch immer! – der Zeit voraus. 64 Inspiration 68 Adresse Armani

46

Unikat, 1960 17



Inhalt September 115

Leben 116

150

Das Leben ist ein langer Fluss

Stefania Aristei

Louis XV, Régence – und Hervé Van der Straeten. So lebt der Möbelkünstler auf der Pariser Île Saint-Louis.

124

„Farben verlangen Respekt!“

Porträt: Helenio Barbetta/Living Inside; Fotos: The Invisible Collection; Stephan Julliard

Nadia Olive Schnack krempelte die Villa eines malenden Polarforschers in Frederiksberg um – und huldigt ihm doch.

132

Passion für Patina Mit sizilianischer Opulenz und graziler Anmut erzählt Dario Longo in Palermo seine Version von Vintage.

140

Die Schichten der Geschichte In einer alten Schuhfabrik in Norditalien erfüllte sich ein Fotograf seinen Traum: eine Symbiose aus Industrie und bellezza.

150

Forum Stefanianum Stefania Aristei zog ins römische Viertel Monti und sa elte um. Seither widmet sich die Juristin ganz dem Design.

164

Chez Alix

158

Das geheime Leben der Dinge In seiner aparten Wohnung in Mailand verwickelt der Architekt Nicola Resta Gegenstände in eine kultivierte Plauderei.

164

53

Troddeln am Stiel

Stadtgrün Eine wagemutige Besitzerin, eine Stardesignerin und ein Garten mi en in Paris. Allez hopp: Heraus kommt ein Feuerwerk des Stils! 172 Summaries 173 AD bei … AD 174 AD bei … Vola 176 Apropos 178 Genie & Spleen

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„Auch ein Coffeetable ist eine Erzählung. Was hier mit treffsicherer Nachlässigkeit versammelt scheint, ist am Ende vielleicht der Ort, an dem das Geheimnis wohnt.“

Foto: Marco Bertolini; Porträt: René Fietzek

E in paar Vasen, ein Pferdchen, eine Kerze, eine Schar von Schachteln, ein Stapel Bücher auf einem Coffeetable. In tausendfacher Variation gesehen und leicht abgetan: dekorative Geste? Staubfängertum? Plunderparade? Sammlerstolz? Die Geschichte der Zivilisation ist in den eigenen vier Wänden immer auch eine des Anhäufens von Dingen, die der Mensch nicht wirklich braucht. Ausdruck einer Passion, die wahnhafte Züge annehmen und doch so hinreißende Triumphe feiern kann. Und es müssen beileibe keine Ming-Vasen sein. Wer erinnert sich nicht des grandiosen Gefühls, das einen überfiel, wenn es gelungen war, das so lange gesuchte letzte Bild eines Panini-Albums in den Händen zu halten? Ethnologen wie Werner Muensterberger, der einmal ein wunderbares Buch über die psychologische Dimension des Sammelns geschrieben hat, markieren darin auch den heroischen Versuch, Ordnung – irgendeine Ordnung – in das Chaos der Erscheinungen zu bringen. Den Versuch, wieder ein Ganzes zu gewinnen aus den Fragmenten, die man aufsammeln konnte. Phänomenologisch betrachtet, ist das Zusammenführen verstreuter Gegenstände auch ein kulturtragender Akt des Bewahrens. Das reicht von den Wun-

derkammern und Kunstschränken der Renaissance bis hin zum neuzeitlichen Museum (das sich meist ja auch der individuellen Sammlungspraxis europäischer Fürstenhäuser verdankt). Es gibt kein noch so fantastisches Objekt, das nicht die Begierde eines Sammlers erregt hätte. Dabei ist das wichtigste Stück einer Sammlung immer das, was ihr noch fehlt. Zugleich bedeutet die sammelnde Geste auch ein Stück Heilung und Trost, für welche Wunde auch immer. Dinge enttäuschen vermeintlich nicht, sie liefern exakt das Momentum an Magie, das derjenige, der die Stücke um sich reiht, ihnen zuschreibt. Gleichwohl muss man nicht unbedingt vor jedem hübschen Ensemble, das einem auf einem Sideboard begegnet, in die Psyche des Sammlers eintauchen – es ist aber doch ein schöner Gedanke zu wissen, dass hier etwas errichtet ist, das Wohlgefallen spendet und Freude jenseits bloßer Oberflächenqualitäten. Meist ist so ein Ensemble kunstvoll arrangierter Funde auch ein Theater der eigenen Erinnerungen. In diesem Sinne die Lebensräume der Bohemiennes und Bohemiens zu durchstreifen, die wir diesen Monat besucht haben, bietet einen Schlüssel von eigenem Reiz, um eine Ahnung zu bekommen, wie wenig zufällig ausgerechnet das ist, was wir mit scheinbar nachlässiger Geste um uns versammeln. Vielleicht sitzt das Geheimnis genau da, zwischen dem Pferdchen und der Vase.

O liver Jahn

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ARCHITECTURAL DIGEST. STIL, DESIGN, KUNST & ARCHITEKTUR erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Telefon 089 38104-0 mail@condenast.de, www.condenast.de ad@admagazin.de, www.admagazin.de

Chefredakteur Oliver Jahn

Stv. Chefredakteur & Style Director Art Director Textchef & Kunst Managing Editor Photo Director Interior/Küche/Bad Textredaktion Stil Bildredaktion Art Department Assistenz der Chefredaktion Mitarbeiter dieser Ausgabe Autoren dieser Ausgabe Fotografen dieser Ausgabe

Stylist dieser Ausgabe

Redaktion Dr. Simone Herrmann Inka Baron Barbara Gärtner Eike Schrimm Ralph Stieglitz Karin Jaeger Andreas Kühnlein, Florian Siebeck Sally Fuls (Ltg.), Mona Bergers, Nina Luisa Vesic, Friederike Weißbach Thomas Skroch (Stv. Leitung), Isa Lim Viviana Tapia (Stv. Art Director), Judith Pretsch Johanna Hänsch Dr. Antje Korsmeier, Reinhard Krause, Sophia Lierl, Iain Reynolds, Christof Rostert Ulrich Clewing, Chiara Dal Canto, Sara Dal Zotto, Oliver Koerner von Gustorf, Ian Phillips Helenio Barbetta, Marco Bertolini, Kilian Bishop, Irma Gruenholz (Illustratorin), Alessandra Ianniello, Stephan Julliard, Heidi Lerkenfeldt, Marianne Majerus, Emiliano Ponzi (Illustrator), Wolfgang Pulfer, Jens Utzt Ralph Stieglitz

Büro Mailand Anna Riva, Paola Dörpinghaus Tel. +39 02 29000718, p.dorpinghaus@condenast.it Büro New York Christina Schuhbeck Tel. +1 212 2866856, christina_schuhbeck@condenast.com Schlussredaktion/Dokumentation Lektornet Syndication syndication@condenast.de Redaktion admagazin.de Andreas Kühnlein (Leitung), Valerie Präkelt

Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Oliver Jahn

...the ultimate cabrio jacket.

Vertrieb Abonnement-Betreuung Deutschland und Österreich: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice Postfach 290, 77649 Ofenburg Tel. 0781 6394509 E-Mail abo@ad-magazin.de, www.ad-magazin.de/abo Jahresabonnement: 68 €; Studenten (gegen Nachweis): 34 € Schweiz: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice Postfach, 6002 Luzern, Tel. +41 41 3292244 E-Mail ad@leserservice.ch, Jahresabonnement: 115 sfr Andere Länder: Adresse siehe Deutschland, Preise auf Anfrage Bestellung von Einzelheften Preise, Verfügbarkeit und Bestellung unter abo.ad-magazin.de/einzelhefte für weitere Fragen Tel. 01806 012906

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 22 vom 1. 1. 2018. Alle Rechte vorbehalten. Die Zeitschri und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags stra ar. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Ha ung übernommen. ISSN-Nr. 1433-1764



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ARCHITECTURAL DIGEST. STIL, DESIGN, KUNST & ARCHITEKTUR erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Telefon 089 38104-0 mail@condenast.de, www.condenast.de www.admagazin.de

Publisher André Pollmann

Anzeigen/Vermarktung Sales Christina Linder, Head of Sales christina.linder@condenast.de, Tel. -430 Christine Weinsheimer, Head of Digital Sales christine.weinsheimer@condenast.de, Tel. -466 Brand Advertising Andrea Latten, Brand Director Vogue & AD andrea.latten@condenast.de, Tel. -276 (verantwortlich für Anzeigen) Marketing Angela Reipschläger, Head of Marketing angela.reipschlaeger@condenast.de, Tel. -793 Ingrid Hedley, Marketing Director ingrid.hedley@condenast.de, Tel. -142 Kathrin Ölscher, Marketing Director kathrin.oelscher@condenast.de, Tel. -746 Creative Studio Chris Riss, Head of Creative Studio christian.riss@condenast.de, Tel. -476 Advertising Operations Katharina Schumm, Head of Revenue Management, Ad & Marketing Service katharina.schumm@condenast.de, Tel. -135

Vertrieb Alima Longatti, Head of Direct Marketing & CRM alima.longatti@condenast.de, Tel. -301 Einzelverkauf MZV GmbH & Co. KG, Karsten Reißner (Bereichsleitung)

Herstellung Leitung Lars Reinecke, Director Production Digitale Vorstufe/Druck Mohn Media, Mohndruck GmbH Carl-Bertelsmann-Straße 161 m, 33311 Gütersloh

Unternehmenskommunikation/PR Ines Thomas, Director Corporate Communications presse@condenast.de, Tel. -413

Finanzen Roland Riedesser, Finanzdirektor

Herausgeber und Geschäftsführer Moritz von Lafert Chairman Condé Nast International Jonathan Newhouse



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Wer, wie, was? Redak tion Johanna Hänsch und Karin Jaeger

Bühne frei für Monsieur Y. Süden ist da, wo es schön ist! Zur dri en Design Parade Toulon richtete Jurypräsident Pierre Yovanovitch ein fiktives Apartment ein. „L'érotomanie de Mlle Oops“ ist große Interior-Oper in sieben Szenen. Auf admagazin.de laden wir Sie dazu ein. Bis 30.9. Ancien Évê ché de Toulon

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Nach dem Concept-Store in Kopenhagen gibt es e Apartment nun auch als Wohnung auf Zeit, eingerichtet mit exklusivem Savoir-faire. theapar tment .dk /s tay-with - us

Neu eröfnet Warendorf in Hamburg Neueröfnung nach Umbau. Große Elbstraße 86

Sie kuratieren die Ausstellung „Porcelain Couture – Porzellan trift Mode von Chanel bis Yves Saint Laurent“ im Museum Schloss Fürstenberg. Wie kamen Sie auf das Konzept? Ganz einfach: Tischkultur ist immer schon von Mode inspiriert.

Designfunktion Bielefeld Das Einrichtungshaus Tick fusioniert mit Designfunktion. Gadderbaumer Straße 14 de signfunk tion.de

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Welcher Trend bestimmt zurzeit Fashion und Porzellan? Eklektizismus und Opulenz.

Peter Kempe ist Designer und Stilberater. Mit Thomas Kuball gründete er vor 19 Jahren Kuball & Kempe. kuballkempe.de

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Wie würden Sie den Tisch decken, käme Vivienne Westwood zu Besuch? Auch wenn sie die Godmother of Punk ist, als Britin liebt sie es verspielt: Ein Rokoko-Teegeschirr mit „Bandolino“-Dekor von Fürstenberg fände sie sicher lovely.

C & C Milano Neuer Flagshipstore in Paris. 4, rue de Furstemberg cec-milano.com

Delvaux – Le 27 Boutique und Galerie in Brüssel. Boulevard de Waterloo 27 delvaux.com

Fotos: Wichmann + Bendtsen; Julien Oppenheim; Porträt: Mark Seelen

Nachgefragt bei Peter Kempe

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AD Agenda

… im September Radikal sozial

Die Schau „Victor Papanek: The Politics of Design“ zeigt nicht nur Entwürfe des österreichischen Aktivisten (1923–1998), sondern auch seinen Einluss auf heutiges Critical Design (unten links). de sign -museum.de

Nicht verpassen! Paris Design Week Eine Erweiterung der Messe. „Maison & Objet“, 6.–15.9., Paris maison - objet .com

Cannes Yachting Festival Internationale Bootsausstellung. 11.–16.9., Cannes c anne syachtingfe s tival.com

London Design Festival Designmesse und Events. 15.–23.9., London londonde signfe s tival.com

4th Istanbul Design Biennal Motto: „A School of Schools“. 22.9.–4.11., Istanbul aschoolof schools.iksv.org

Münchens Residenz öffnet nach zehnjähriger Restaurierung die Gemächer Ludwigs I. wieder. Highlights im klassizistischen Königsbau: die Nibelungensäle (u. Saal der Hochzeit), die Silber-, Miniaturen- und Porzellansammlung.

28.9.–7.10., Wien viennade signwe ek.at

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Vincent Van Duysen & Sahco Die Stoffmarke Sahco gehört jetzt zu Kvadrat. Mit dem Belgier als Art Director. k vadrat .dk

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Fotos: © Memac Ogilvy & Mather Dubai; © Vitra Design Museum; Bayerische Schlösserverwaltung; Porträt: Frederik Vercruysse

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Heidi Lerkenfeldt

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fühlte sich, als wäre sie „umarmt worden“. Und zwar von einem Frederiksberger Wohnzimmer. Einerseits „weil es ein kleiner Raum mit vielen Möbeln ist“, andererseits weil die Hausbesitzerin zitronengelbe Wände zum Yves Klein-blauen Teppich und korallenroten Sofa kombinierte. „Mutige Farben, die“, findet die Fotografin, „auch sehr gut zu mir passen.“ Lerkenfeldt selbst „umarmte“ 2000 die digitale Fotografie. „18 Jahre ohne Film und ich habe nicht einmal zurückgeblickt.“ S. 124

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Fotos: Irma Gruenholz (1)

Irma Gruenholz hat uns Appetit auf mehr gemacht. Nahezu täglich ieberte das AD-Stilressort dem aktuellen Status quo der 3D-Illustratorin entgegen. Gruenholz formte für uns drei Tischszenen aus Ton (für Teller und Gefäße) und Knete (als Lebensmittel) nach, die im Laufe eines Monats Tag für Tag mehr Form gewannen. Was auch für die Spanierin – gelernte Graikdesignerin und Knet-Autodidaktin – eine besondere Freude war: „Beim Nachstellen habe ich gemerkt, wie talentiert die Designer dieser Stücke sind. Von der Formgebung bis zum Dekor, alles ist perfekt durchdacht.“ S. 64

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London

New York

Paris

Hong Kong

Shanghai



Stil

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Vive la Franse! Hängen, aber schwingen. Kaschieren, aber kokettieren – das Comeback der Franse ist ihren mannigfaltigen Talenten geschuldet. Und dem Flair, das sie versprüht: Bohème ist kein Stil, sondern eine Haltung. Munnas „Fringes“-Sessel mag also auf den ersten Blick klassisch samtig daherkommen, wäre da nicht der akkurate Stufenschnitt, den Daniel Duarte ihm verpasst hat. Boho? Ein echter Vanity Chair! 2940 Euro. SF

Foto: Luis Díaz Díaz

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Redak tion Simone Herrmann und Sally Fuls

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Stil Neuheiten

Futurama Glanzgestalten Small is out: Das Designstudio M-L-XL denkt groß. Und hat daher auch beim Set „012-L“ dick aufgetragen – Farbe nämlich! Messingtisch und -stühle wurden in „holografischen Chamäleon-Tönen“ gestrichen, die von Moosgrün bis Elektriklila schimmern, ab 1200 Euro. m-l-xl.org

Massenware nach Maß Verner Pantons Ikea-Stuhl inspirierte Masquespacio (oben in situ Probe sitzend) zu einer turistischen Version aus perforiertem Metall, ab 1600 Euro. SF mas- creations.com

Die Versace-Medusa hat wilde Schlangenlocken. Beim Tischchen „VG12“ hängen Goldke en wie eine gla geföhnte Mähne vom verspiegelten Stahlhaupt, Preis auf Anfrage. ver sac e.c om

„Duo“ Alberto Sánchez Mut Design verspiegeltes Metall ca. 1800 Euro mu tdesign.com

Saturday Night Sleeper Discoschläfchen – nennt man die 15 Minuten power nap vor dem abendlichen Ausgehen. Auf dem Sofa „Stanley“ tanzt Travolta durch den Traum, Preis auf Anfrage. gufram.com

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Fotos: M-L-XL Studio; Luis Beltran; Carles Rodrigo; Gufram; Courtesy of Versace

Goldböckchen


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Stil Neuheiten

Rusticool Ein Thron für Quersitzer Stattliche Eiche trift auf lauschiges Lammfell: Ben und Aja Blanc lieben Gegensätze. Und die geometrischen Formen Donald Judds. Ihr „Marfa Chair“ verführt zu 90-Grad-Wendungen. Ab 4200 Dollar.

Ein ganz Süßer … ist er, dieser Platzhirsch aus Ton. Denn die Deliziosen, die er bewacht, verleibt er sich auch ein! Pla e „Another Nature“ von Inma Bermúdez. doppiaf irma.com

benandajablanc.com

Express yourself! Der „Elan Armoire“ vom britischen Designduo Pinch lässt – fast – nichts ungenutzt: Esche, Birke und filigrane Kupferdetails geben dem Schrank das bestrickende Äußere. Sein Innenleben? Ahorn! 8450 P nd. NLV pinchde sign.com

Bankgeheimnis Ganz für sich allein kann man diese dänische Preziose aus massiver Kiefer behalten. Und sie dann mit Freunden teilen. Entworfen wurde das Unikat 1960 von Jacob Kielland Brandt für I. Christiansen. 2850 Euro. nome furniture.com

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„Shaker Woven Stools“ Ladies & Gentlemen Studio Roteiche und Baumwollgewebe ab 650 Dollar ladiesandgentlemen st u d i o.com

Überträger Der Stuhl als Mi ler zwischen Architektur und Kleidung – dieser Gedanke inspirierte Isabelle Moore, Textilien in ihre charismatischen Entwürfe zu integrieren. „Woven Oak Stool“ aus Eiche und Geflecht, 2025 Euro. isab ellemoore de sign.com

Fotos: Stephanie Ewens; Laila Pozzo / Doppia Firma; Charlie Schuck; Rebecca Wall; Nome Furniture; James Merrell

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Klar linear „Byron“ Jean-Marie Massaud für Poltrona Frau Eschenholz, Edelstahl und Leder ab 6900 Euro poltronafrau.com

Bettvorleger 3D Was dieser „Tiger“ aus 100 Prozent neuseeländischer Wolle alles kann? Er ist beidseitig nutzbar und beamt uns in die dritte Dimension, ab 499 Euro. nordicknots.se

Schlanker Stuhl Gerrit Rietveld experimentierte nicht nur mit Holz, sondern auch mit Metall: Jetzt hat Cassina seinen 1927 aus nur drei Teilen entwickelten „Beugel“-Stuhl neu aufgelegt, 850 Euro. FS cassina.com

Rattan reloaded Die „Nassa“-Paravents von Marta Herrera sind alten Fischreusen nachemp nden – hängen bleibt hier aber nur noch unser Blick, ab 1428 Euro.

Am Schnürchen Kalmars Pendelleuchte „Spinne“ ist der Star unverkabelter Decken: Mehr als eine Wandsteckdose braucht es nicht, schon bringt der Glaskegel aus Österreich die Erleuchtung. kalmarlighting.com

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Fotos: Poltrona Frau; Cassina (2); Classicon; J. T. Kalmar Werkstätten; Fabian Berglund

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Stil Neuheiten

Farb-Morgana Unsichtbar? Von wegen! Piotr Sierakowskis Kommode „Autumne“ ist mit Marketerien aus Amarant, Esche, Ebenholz und Birne besetzt (26 400 Euro), ein Highlight von The Invisible Collection, über die man rare zeitgenössische Designs erstmals online beziehen kann. theinvisible colle c tion.com

Der Himmel über der Wüste Majorelle-blaue Fransen fla ern im Wüstenwind. Sie schmücken LRNCEs Baumwolldecke „Ferdaws“ – zur Moderne verwobene marokkanische Tradition, 455 Euro. lrnce.c om

Zicke zacke Vonnegut/Kraft stellen mit Slow and Steady Wins the Race den Designprozess auf den Kopf: Die Form ihrer Eschenmöbel aus der „Dépaysement“-Serie (oben) ist auf Farben und Muster der Bezugsstofe abgestimmt – nicht umgekehrt! Ab 6500 Dollar.

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Die wollen nur spielen Rangelnde Racker: Giancarlo Valles stämmige „Tapestry Chairs“ balgen sich ohne Rücksicht auf die neuen Bezüge. Sie sind aus dem geometrisch gemusterten Baumwolljacquard des TextilDesignstudios Viso Project. Limitiert auf zehn, je 3250 Euro. FW gianc arlovalle.com, visoproje c t .com

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Fotos: The Invisible Collection; Charlie Schuck; Serax; Brooke Holm; LRNCE

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Troposphäre Im Teppichparadies Verstaubte Traditionen? Hat India Mahdavi einfach we eblasen! Und für „Garden of Eden“ Blä er imaginiert, die vom Wind erfasst durch persische Gärten wirbeln, um sich schließlich mal ungestüm, mal brav in Reihe auf ihren Wollteppichen niederzulassen. Zickzackkanten ersetzen die konventionellen Fransen. In vier intensiven Farbstellungen, die die Monate März (rechts), Juni, September, Dezember und ihre jeweiligen Jahreszeiten symbolisieren. Ab 5350 Euro. NLV golran.com

Licht & Schatten Urwüchsige Fächerpalmblä er aus den tropischen Wäldern Yucatáns standen Pate für „Inez Chandelier“ von Rosie Li. Handgearbeitet aus patiniertem Kupfer, Messing und Alabaster. 9750 Euro. rosieli.com

Feurige Typen Sa pigmentierte Emaille ließ Kwangho Lee wie glühende Lava über Kupferbleche fließen. In Kirschholz gefasst, zählt seine Linie „Shape of a River“ 25 Möbelstücke. Preise auf Anfrage. salon9 4 de sign.com

Flirrend schöne Schreine Als hätte sich die schwere Hitze der Tropen in die Form gebrannt! Ronan und Erwan Bouroullecs Objekte „Alcova“ aus venezianischem Glas sind glühend gelb, rotbraun oder libellengrün und allein oder als ganze Landschaft very hot. Ab 2250 Euro für ein Trio. wonderglas s.com

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Fotos: Golran; Galerie Vivid; Kwangho Lee and Salon 94 Design; Leonardo Duggento; Black & Steil

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Stil Neuheiten

Adre koke Weniger ist mehr! Der Name suggeriert, bei der Entstehung von Northerns Daybed „Daybe“ sei nicht ganz zu Ende gedacht worden. Doch das ausgeklügelte Sofa, das mit nur einem Grif zum Bett wird, überzeugt sofort vom Gegenteil, ab 2970 Euro. nor thern.no

Neue Rolle Die haben den Bogen raus: Lange fristeten Troddeln ein rein dekoratives Dasein. Nun erinden sich die Quasten neu und hängen – statt an Vorhängen – an den Metallmasten von Pierre Gonalons’ Leuchtenserie „Empire“. Als Lampenschirme! Ab 750 Euro. theinvisible colle c tion.com

Fotos: Chris Tonnesen; The Invisible Collection; Charlie Schuck; Fracas; Hieronymus

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Spiel mit der Form Zylinder, Quader, Zylinder. Wie ein Relief wird die subtile Gestalt von Hieronymus' „Sculpture Pen“ aus einem massiven Stück Messing herausgearbeitet. Für klare Worte sorgt die goldene Feder, 2230 Euro. FW hieronymus- cp.com

Studio Bower schicken mit dem „Ring Chair“ (1835 Euro) und dem nussbaumgerahmten „Half Circle Mirror“ (1385 Euro) zwei Favoriten ins Rennen. b ower-s tudios .c om


Stil Neuheiten

Bauhème Viereck gewinnt! Die Farbe Rot ordnete Wassily Kandins der Form des Quadrats zu. Marcel Wanders spielt nun für Roche Bobois mit der Elementarlehre. Ein Kreis bricht bei Bücherregal „Dojo“ das Lineare. MDF-Pla en und Acryl, 7330 Euro. roche -bobois.com

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Plakative Provokation Das Bauhaus wurzelt in der Viktorianischen Ära. Zumindest nach der „Interior Lives“-Kollektion von Mary Katrantzou. Die Idee des Gesamtkunstwerks eint ihre Entwürfe – vom wippenden Schößchen bis zur graischen Uniform (o.). MB mar ykatrantzou.com

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Stil Neuheiten 2

Thema

Bienchen & Blümchen 1

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Redak tion Sally Fuls

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So wird jeder Insectophobiker zum Käfersammler! 1 Leuchtender Bienenstock: Lulu & Georgias „Beehive Pendant“ aus Jutestreifen, 160 Euro luluandge orgia.com 2 Bestickte Bienen- und Schme erlingspatches von Liber London, je 28 Euro lib er t ylondon.com 3 Handgeknüp er Teppich „La Danse“, Wolle und Seide, Preis auf Anfrage newmoonrugs. com 4 Dekanter „Commodore“ mit Insektengravur, 1954 von Oswald Haerdtl entworfen, 396 Euro lobmeyr.at 5 Besticktes Samtkissen, 1150 Dollar gucci.com 6 Den Druck auf Bedhead „Moon 01“ inspirierte eine Naturstudie von Jan van Kessel d. Ä., 45 460 Euro s avoirb e ds .de 7 Libellenteller von La DoubleJ, im Set 110 Euro ladoublej.c om 8 „Magellan“-Samt, 60 Euro / m2, auch als gekedertes Kissen: 38 Euro ap elt s tof fe.de

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Fotos: Lulu & Georgia; Liberty London (2); New Moon Rugs; Davies + Starr; Gucci; Savoir Beds; La DoubleJ; Apelt

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Jahre

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François Demachy hat einen betörenden Duftgarten aus Parfums, Kerzen, Seifen und Cremes für die neue Linie „Maison Christian Dior“ kreiert. Und der Glücksbringer des großen Christian ist auch dabei … 58

Tex t Simone Herrmann

Porträts: Oskar for Parfums Christian; Fotos: Jérôme Galland; Dior (2)

Atmen Sie tief ein!


Stil Adresse

B laugraue Augen hinter Blütenrispen. François Demachy nimmt noch einen Atemzug Sommerblumen, bevor er ganz hinter dem riesigen Strauß aus Levkojen und Agapanthus auftaucht. Licht flirrt durch sein Labor im südfranzösischen Grasse, lässt die minzgrünen, hellrosa und bernsteinfarbenen Flakons aufglühen, die hier in langen Reihen stehen. In Flüssigkeit verwandelte Blumen, ihre Essenz. Ob auch das Wesen dieser Blüten in einer der Phiolen konzentriert ist? „Manche Blumen“, sagt der Chefparfumeur von Dior, dufteten etwas zu penetrant, ein hauchfeiner Grat zwischen Wohlgeruch und Pesthauch. „Die Dosis macht das Gift“, lächelt er. „Außerdem – was wäre etwa der Duft eines Maiglöckchens ohne den würzigen Hauch von Waldboden, Blättern, Unterholz? Monsieur Dior liebte diesen Duft.“ In „Lucky“, einem der 23 Düfte, die nun weltweit unter dem Signet „Maison Christian Dior“ angeboten werden, scheint er wieder auf. Die Kollektion, erklärt Demachy, umfasse „neben den Parfums auch Kerzen, Seifen, Gels, Cremes und sogar beduftete Seidentücher, wie sie Diors Muse Mitzah Bricard trug“. Ein Skizzenbuch der Düfte nennt er dieses Konzept, eine „Sammlung von Emotionen“, die in den neu gegründeten Appartement-Boutiquen (nun auch in Düsseldorf und München) bis in die kleinste Duftfacette erkundet und zelebriert werden könnten. „Rose Gipsy“, „Cologne Royale“, „Sakura“, „Souffle de Soie“, „Jasmin des Anges“ … 23 Duftlinien, die wiederum Assoziationen, Erinnerungen in jedem Kunden weckten, aufgeladen mit Farben, Menschen, inneren Bildern. Weshalb das Ambiente der Boutiquen „La Colle Noire“, inspiriert von Diors Sommersitz (g. o. li.), ist nur einer von 23 Düften sich denn auch vornehm zurückhält. Weißer der „Maison Christian Dior“-Kollektion. Elegant wie Pariser Haussmann-ApparteMarmor, einige Schwarz-Weiß-Fotografien der ments wirken die Boutiquen, in denen man sich mit François Demachys (oben rechts in seinem Labor in Grasse) duftendem Diorama vertraut machen kann. dior.com Dior-Modelle, für die sich der blumenverliebte Couturier so oft an Blütenformen inspirierte. Ein Erbe, das De- Wie ja auch in der Natur die blassfarbigen Blumen den stärksten machy mit der heutigen Modechefin Maria Grazia Chiuri verbin- Duft verströmten. „Maiglöckchen können eine ganze Waldlichdet. „Das Zarte, Leichte ihrer Mode, le flou, gleichzeitig aber auch tung verzaubern. Monsieur Dior ließ sie in den Saum seiner Kleidie Präzision ihrer Linien haben viel mit meinem Verständnis von der einnähen“, erzählt der Parfumeur, „als Glücksbringer. Die beDuft gemeinsam“, sagt Demachy und stellt die Blumen ins Wasser. strickendste Magie geht von weißen Blütchen aus, die anderen Der Strauß kommt aus seinem Garten, hier in Grasse, der Stadt machen so viel Trara mit Farbe, exzentrischer Blütenform und der Parfumeure, wo er aufgewachsen ist und wo er nun schon seit Größe, dass sie den Duft nicht brauchen, um Insekten zu becircen.“ einigen Jahren in den historischen Mauern eines Herrenhauses Welche Kraft die kleinen Blüten des Jasmins entwickeln, weiß Dehoch über der Stadt an seinen Duftkompositionen arbeitet. Grazi- machy seit seiner frühesten Kindheit. „Wenn der Jasmin geerntet le Frauenakte hängen in seinem Büro. Dass sie alle rothaarig sind, wurde, dann hing über der ganzen Stadt ein Daunenbett aus Duft, mag hier in Grasse, der Stadt von Jean-Baptiste Grenouille, Süs- in das man sich mit geschlossenen Augen hineinfallen lassen kinds genial-unheimlichem Romanhelden aus „Das Parfum“, nicht konnte, bis man sich selbst gar nicht mehr spürte, nur noch dieverwundern. „Obwohl ich dieses Faible dem Roman voraushabe“, sen Wohlgeruch. Ein völlig entkörperlichter Zustand.“ „Jasmin des schmunzelt Demachy. Vielleicht sei es das Melusinenhafte, das Anges“ hat er sein Parfum mit dieser betörenden Note von kanZartfarbig-Blumenhafte, was ihn an dieser Malerei so entzückt. dierten Aprikosen genannt. Der Atem von Engeln.

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Stil Neuheiten Talent

Daria Zinovatnaya

Redak tion Sally Fuls

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Russischer Konstruktivismus: Daria Zinovatnaya entwirft ihre expressiven Designs (oben: Kollektion „Cherokee“, re.: „Itten“) als 3DVisualisierungen am Computer. Gebaut werden die Prototypen dann aus Metall, Holz, Glas, Kunststof oder Keramik in ihrem kleinen Studio in Sankt Petersburg.

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Renderings: Daria Zinovatnaya; Porträt: Kamilla Hanapova

inem Ding Farbe zu geben, räsonierte der Bauhäusler Johannes Itten sinngemäß, sei etwa, wie ihm Leben einzuhauchen. „Und da Farbe die Basis all meiner Arbeit ist, halte ich das für sehr wahr.“ So wahr, dass Daria Zinovatnaya gleich eine ganze Kollektion (unten) nach Itten benannte. Die russische Designerin studierte erst Kunst, dann Architektur und arbeitete danach als 3D-Artist beim Film. Weswegen ihre Entwürfe (trotz dramatischer Farben und expressiver Formen) stets als Ensemble einer setartigen Komposition gedacht sind – was vor allem die poppigen Interiors beweisen, die Zinovatnaya am Computer entwirft. „Ich beginne immer mit der Gestaltung von Wänden, Decken und Böden, erst dann kommen die Möbel ins Spiel.“ Zuallererst geht es der Designerin nämlich um Schönheit. „Klar, die Funktion ist wichtig, aber Schönheit ist das höhere Gut. Sie ist Inspiration und Sinnesfreude zugleich.“ zinovatnaya.com


Zementmosaikplatten VIA Platten finden in allen Innenbereichen eines Hauses ihren Platz. Egal, ob Küche, Bad oder Flur. Dank der großen Vielfalt von Mustern und Farben findet sich immer die richtige Platte zur jeweiligen Einrichtung. Ob alte Gebäude oder moderne Architektenhäuser - die zeitlosen Platten entfalten überall eine einzigartige Wirkung. Zementmosaikplatten schaffen durch ihre Mustervielfalt, ihre leicht changierenden Farben und ihre angenehme Haptik eine ganz besondere Raumatmosphäre.

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Apart und zart: Eigentlich wollte sich die 86-jährige Bodil Kjær (links) ins Privatleben zurückziehen und ihre freie Zeit genießen. Nun steht sie unverhoft im Rampenlicht und ist präsent wie nie zuvor.

Perfektionistin wieder Vollzeit mit den Editeuren, modernisierte Produktionsskizzen aus den 50er und 60er Jahren. Dabei waren die Möbel ursprünglich nie für die serielle Herstellung geplant. Die „Elements of Architecture“, wie Kjær sie nennt, entstanden als „prototypische Antworten auf strukturelle Anforderungen modernen Wohnens und Arbeitens“, erklärt sie. „Ich war damals für zwei Jahre mit einer Stiftung in den USA und plante große Interiors. Und immer wieder stand ich vor ästhetischen und funktionalen Problemen. Also entwickelte ich Lösungen.“ Immer im Hinterkopf ihre zwei Grundprinzipien: Möbel müssen die gleiche Formsprache sprechen wie die Architektur, und ihre Funktion muss den Menschen dienen. „Ein Stuhl soll die Person, die auf ihm sitzt, nicht durch seine Schönheit in den Schatten stellen. Der Mensch ist das Wichtige, Von charmanten Sesseln und schwebenden und ich will nicht, dass man sich mit meiSchreibtischen. Die Entwürfe der großen nen Möbeln dick und hässlich fühlt!“ Dänin sind – noch immer! – der Zeit voraus. Die großen Architekten der Zeit wie Paul Rudolph oder Marcel Breuer erkannTex t Friederike Weißbach ten in Kjærs „Lösungen“ die idealen Möbel für ihre modernistischen Bauten. Darauf Wohnung einer Altersresidenz in Aarhus begannen kleine Hersteller in Boston (und zog, musste sie sich auch von vielen ihrer nach ihrer Rückkehr auch in Dänemark) Möbel trennen. „Als mein Piano ging, habe mit der Produktion von Kleinserien. Bis it einem verschmitzten Lächeln beobachtet ich geweint.“ Aus der erhofften Ruhe wur- heute ist der minimalistische, fast schwedie zarte ältere Dame, die sich doch längst de jedoch nichts, denn schnell fanden sich bende und doch so prägnante Schreibtisch, im Ruhestand wähnte, den Mailänder Mö- große dänische Firmen, wie Carl Han- an dem nicht nur Schurken in James Bondbelzirkus. Bodil (sprich: Bodo) Kjær war in sen & Søn, Fritz Hansen und Holmegaard, Filmen, sondern auch Politiker und Regisihrem langen Berufsleben alles: Designerin, die Kjærs Stücke unbedingt wieder aufle- seure saßen, ihr bekanntester Entwurf. Architektin, Planerin, Beraterin, Kultur- gen wollten. Zwei Jahre lang arbeitete die Eine Ikone für Kenner. Als Ende der 7oer wissenschaftlerin, Professorin. Nur bedie Produktionsstätten schlossen, wurden Kjærs Möbel nach und nach zu Sammlerrühmt sein wollte die 86-Jährige nie und „Indoor-Outdoor“ Carl Hansen & Søn stücken. Und endlich scheint nun die Zeit steht nun doch plötzlich im Rampenlicht – Entwurf von 1959 reif für ihre Reeditionen. wegen ihrer Designs, von denen die meis- Reedition in Teak ab 649 Euro ten auch schon über 50 Jahre alt sind. Wieso ihr architektonisch klares Design carlhansen.c om In diesem Jahr werden sie neu aufgelegt. gerade heute so begeistert, ist für die Dä25 Möbel und Accessoires, von sieben vernin bei aller Bescheidenheit nicht überraschiedenen Herstellern produziert und mit schend: „Zu Beginn jeder Ära gibt es Menschen mit einem Gefühl, ja mit Antennen einem Paukenschlag beim Salone präsendafür, was kommt – diese Ideen brauchen tiert. Ein spektakuläres Projekt. Und ein dann Zeit, sich zu verbreiten. Es hat 50 Jahenormer Kraftaufwand. „Damals dachte re gedauert, bis unsere Vision des Moderich, ich könnte nach dem Verkauf meiner nismus den Menschen vertraut wurde.“ So Entwürfe friedlich im Garten schlummern!“, lacht Kjær. Die Rechte an ihren Devertraut, dass Bodil Kjær immer wieder signs hatte sie vor wenigen Jahren an eine gefragt wird, „ob ich das alles erst gestern Agentur verkauft, und als sie in die kleine entworfen habe“.

Die Rückkehr der fabelha en Bodil Kjær

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Stil Ikone

B o d i l Kj ær

„Das Design meiner Möbel sollte reale Probleme lösen. Wie meine Architektur.“

Klare Linie! Sessel mit geschwungenen Kufen (oben links), ediert von Illums Bolighus. Kjærs „Cross Vases“ (ganz oben) produziert Holmegaard. Die Grande Dame des dänischen Designs (links) vor einer Terrasse, auf der ihre „Indoor-Outdoor“-Möbel den Raum gestalten. Star der Kollektion: „The Desk“ (oben, in Eiche von Karakter) hatte Gastauftritte in drei James Bond-Filmen.

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Sushi bei Mondschein: Rosenthals Speiseteller „Suomi Ardesia“ mit schwarzem Rand, „Mesh Line“ mit Schraierung und „Mesh Colours“ in Schwarz, 31, 16 bzw. 21 Euro. Edelstahlbesteck „Nuovo Milano“ von Alessi, im Set 920 Euro; Riedels „Vinum“-Gläser, als Duo 45 Euro. Auf Zack! Links oben Steingutkarafe „Zag“ von Atelier Polyhedre (320 Euro), unten Meissens „Antarctica“-Krug, 49 Euro. Aus Biskuitporzellan sind KPMs Windlichter „Planetarium“, je 88 Euro. Schale für Soße und Suppe: „Fluen“ von Fürstenberg, ab 39 Euro. Weiser Kopf mit stif upper lip: Weinkühler „Prometheus“ von Sieger by Fürstenberg, 499 Euro.


Stil Inspiration

Mit Essen spielt man nicht Oder doch? En miniature formte Knetkünstlerin Irma Gruenholz unsere liebsten Tischgenossen. Produk tion Sally Fuls Tex t Nina Luisa Vesic und Friederike Weißbach Illus trationen und Fotos Irma Gruenholz

Morgenstund: das Service „Fluen“ im Dekor „Shifting Colors“ von Fürstenberg – vom Speise- und Frühstücksteller (99 und 49 Euro) über die Müsli- und Dippschalen (49 bzw. 39 Euro) bis hin zu Zuckerdose und Étagère (99 und 199 Euro). Hat Gold im Mund! Messingbesteck von Koichi Futatsumata für Valerie Objects, Set 747 Euro. Ekaterina Semenovas zweiarmige Tonkarafe, 114 Euro. Silberkrug „Magnum“ mit Nussbaumgrif von Meister 1881, 21 000 Euro. Eierbecher von Hedwig Bollhagen, 18 Euro. Brotkorb „CC Bowl“ aus Ton von Humble Matter, 625 Euro.

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Stil Inspiration

Englische Landpartie! Porzellanservice „A Walk in the Garden“ von Nigel Peake für Hermès: Speiseteller 105 Euro, Dessert- und Brotteller 80 bzw. 60 Euro, Tee- und Kafeetasse mit Untertasse 135 und 115 Euro (alle im 2er-Set). Kafeebecher 100 Euro. Flower-Show! Royal Copenhagens Porzellan-Teekanne „Pingstrose“, 160 Euro. Gläser „Vinum“ von Riedel, als Duo 45 Euro. Colour bites: Besteck aus Edelstahl mit farbiger Beschichtung von Muller Van Severen für Valerie Objects, im Set 525 Euro.

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Stil Adresse Tex t Mona B ergers

Made to … measure! Interior nach Maß: In London enthüllte Armani gleich zwei neu renovierte Flagshipstores.

ahtlos verbunden sind Giorgio Armani und Armani / Casa erstmalig in der Sloane Street. Zumindest von innen: Seit der Wiedereröffnung (ent-)führt ein geschwungener Laufsteg von der Mode- in die Interiorwelt und zurück. „London ist wie ein kleines Labor für das, was kommt. Die Stadt inspirierte mich, die Boutiquen ineinander übergehen zu lassen und Armani ganzheitlich erlebbar zu machen“, erklärt Giorgio Armani. Mit Architekten entwickelte der Maestro höchstpersönlich das Konzept für die rund 1000 Quadratmeter große Ladenfläche. Seinen italienischen Wurzeln blieb er dabei treu und lockt auf drei Stockwerken mit diskretem Luxus: Marmor und Onyx treffen auf Wandelemente aus luftiger Seide. Schillerndes Perlmutt ziert goldene Türbögen. „Interiordesign hat mich schon immer begeistert“, sagt der Modezar. In Knightsbridge bringt er beide Leidenschaften unter ein Dach. armani.com

Mind the gap (links)! Eine zweigeschossige Eingangshalle ganz o. empfängt die Besucher bei Giorgio Armani. Nebenan lädt Armani / Casa (auch den Designer selbst) zum Entspannen ein – etwa mit Alabasterobjekten „Notte“, Nussbaumsessel „Nathalie“ oben oder Beistelltischen „Norigami“ re.

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Fotos: Armani / Casa; Porträt: Giorgio Armani

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Tex t Sally Fuls

Die RĂźckkehr der Laubenpieper Das Aus fĂźr Gartenzwerg und Plastikstuhl: Im Schrebergarten von heute wird die Parzelle zum Paradies und die Laube zur Datscha de luxe.

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Stil Studio

S ie kennen das vielleicht. Die wilden Zwanziger liegen ein paar Jährchen zurück, die Familie wird größer, die Kater dauern länger, die Einschläge kommen näher. Ein Zustand, in dem man sich entscheiden muss. Lebenskrise? Teures Auto? Oder besser: ein Garten! Eigener Hände Arbeit, sich selbst versorgen und den Rücken gleich mit. Leider haben mitten in der Stadt die wenigsten die Möglichkeit, einen urbanen hortus conclusus anzulegen. Aber auch wer kein zeit-, kosten- und arbeitsintensives Projekt wie ein Wochenendhaus wagen möchte, kann seinen Allerweltsdaumen zum grünen trimmen. Die Lösung lautet: Schrebergarten. Bestenfalls fußläufig erreichbar, samt Häuschen, das auch stilistisch einen zweiten Lebensentwurf spiegeln darf. Dass man daraus weitaus mehr machen kann als einen möblierten Regenunterstand, weiß Melissa Antonius, Interiordesignerin und eine Hälfte des Berliner Duos Antonius Schimmelbusch, die seit Januar selbst Pächterin einer Parzelle samt Laube ist. Daraus, das ist ihr Plan, soll „zukünftig ein Mini-Cottage werden“.

Fotos: Hannah Queen; Tuomas Uusheimo; Altrad Limex; Mark Scheppert

Der Anfang In Deutschland existieren mehr als 910 000 Kleingärten. Wer einen davon pachten möchte, muss zuallererst suchen. Zum Beispiel bei Ebay Kleinanzeigen, auf Immobilien Scout oder gezielt die Internetseite 14 Quadratmeter misst das City Cottage (o.) von Verstas Architects – das Küchenzeile, Spüle und drei mögliche Schlafgäste unter ein Dach bringt. Rustikaler ging es in der DDR zu, an der Datsche links bauten die Besitzer damals über fünf Jahre. Unten: Schubkarre „Limex“ (70 Euro), ein praktischer Helfer beim Beackern jedes kleinen und größeren (li. Seite in Blue Ridge, Georgia) Gartens.


Fertig-Laube: Alan Wanzenbergs Hütte (o.) bei New York wurde aus vorgefertigten Holzteilen von Shelter-Kit (shelter-kit.com) montiert, die der Designer dann in Schwedenrot strich und mit zwei Butterly Chairs und zitronengelbem Sofa möblierte. Unten: Gekocht wird am besten draußen, etwa in der Außenküche „PH1“ von Kettal, die auch mit Weinschrank und Grill ausgestattet werden kann.

Der Umbau Wer grundlegend in die Architektur seiner Parzelle eingreifen möchte, sollte zuallererst bei seinem Verein nachfragen, was erlaubt und verboten ist. Soll etwa der Abstand zum Nachbarhaus verringert werden, ist ein Baumhaus geplant oder ein Anbau für die Gartengeräte, lohnt ein Blick in die individuelle Satzung, die das Gröbste vorschreibt. Ob der Anstrich cremeweiß oder schlumpfblau werden, der Stil mediterran oder skandinavisch, die Fassade aus Holz oder Blech bestehen soll, liegt jedoch in der 72

Fotos: William Abranowicz / Art + Commerce; Kettal

eines ortsnahen Vereins (eingetragen sind etwa 14 000) aufrufen. Ist die Wunschkolonie gefunden, folgt der obligatorische Vereinsbeitritt und in den meisten Fällen erst einmal der Eintrag in die Warteliste. Wer dann den Zuschlag in wärmeren Monaten bekommt, kann sich unverzüglich ein Bild über den Parzellenzustand machen. Vorsicht ist im Winter geboten, weiß Antonius, „da wird das Wasser abgestellt. Was dazu führte, das wir im April von diversen Rohrbrüchen überrascht wurden“.


Stil Studio

1 2 3 10 Datscha Delights

Fotos: Dorling Kindersley Limited; Manutti; Peter Seeland; Manufactum (2); Laura Sneeboer; Bornn Archive; Hedgehog; Sanderson, Felco

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Melissa Antonius richtet gerade ihre Berliner Laube ein. Für uns stellte sie ihre Top Ten zusammen und empfiehlt jedem Laubenpieper in spe obendrein „eine große Portion Geduld“. antoniusschimmelbusch.com 1 „ e Complete Gardener“ (22 P nd) vom englischen Gartenguru Mon Don über dk.com 2 Manu is Esstisch „Capri“ (3835 Euro), manut ti.com 3 Lackierte Shakerleiste (ab 79 Euro) über peter- seeland.de 4 + 9 Schaukelliegestuhl aus Ahornholz (259 Euro) und Stahlregentonne (Metallwerke Renner, 495 Euro) über manufac tum.de 5 Sneeboers Unkrautstecher (25 Euro) über sne eboer.com 6 Emailset „Marble Collection“ von Bornn, 40 bzw. 13 Euro, b ornn.com.tr 7 Handbemalte KinderClogs, 63 P nd, hedgehogshop.co.uk 8 Sandersons Baumwollstoff „Summer Strawberries“ (73 Euro / Meter) über s t ylelibrar y.com 10 Gartenschere von Felco, 58 Euro, felco.com

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Stil Studio

Apropos

Es war einmal ein Schreber

Die Geschichte des Schrebergartens ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Was nicht nur das noch immer vorherrschende vergartenzwergte Image der Kolonien betrift, sondern schon beim Namen beginnt: Moritz Schreber nämlich beplanzte nicht etwa die erste Kleingartenparzelle, sondern entwickelte Betätigungsgärten für Kinder. Die Arbeit im Grünen sollte Haltungsschäden kurieren und die kleinen Taugenichtse (Schreber war strenger Verfechter der „schwarzen Pädagogik“, die einen seiner Söhne womöglich in den Selbstmord, den anderen in die Psychiatrie trieb) sinnvoll beschäftigen. Erst sein Mitstreiter Ernst Innocenz Hauschild verwandelte die „Kindergärten“ in das, was heute unter dem Begrif „Schrebergarten“ verstanden wird: Kleingärten im urbanen Umfeld, parzelliert und umzäunt. 1864 gründete Hauschild den ersten Verein in Leipzig – wo das Deutsche Kleingärtnermuseum bis heute eine Dauerausstellung zur fast 200-jährigen Geschichte der Schrebergärten zeigt. kleingar ten -museum.de

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Wenn gar nichts hilft: abreißen und neu bauen! In Rheinsberg ließen sich Zappe Architekten von einer Datschenruine zu diesem Neubau am See inspirieren. Im Innern des Häuschens teilen sich Küche und Wohnzimmer einen Raum, das Schlafzimmer ist extra.

Hand des Pächters. Und schon kleinere bauliche Maßnahmen können große Wirkung entfalten. Bei vielen Lauben sind etwa die Fenster so hoch eingelassen, dass es unmöglich ist, sitzend in den Garten zu blicken. So auch bei Antonius, die deswegen aktuell bodentiefe Fenster einsetzen lässt, um draußen und drinnen noch enger miteinander zu verbinden.

Die Laube Jedes Häuschen darf grundsätzlich nur einstöckig und nicht größer als 24 Quadratmeter sein, was die Einrichtung zwar zu einer besonderen Herausforderung macht, andererseits befreien kann: „Auf so kleiner Fläche darf man sich die Perlen aussuchen, schließlich beschränkt der Platz die Anzahl der anzuschaffenden Stücke: ein Teppich, eine Leuchte, ein Sofa – viel mehr passt eh nicht.“ Die Inte-

riordesignerin empfiehlt, wenige, dafür größere Showstopper einzusetzen. „Viele kleine Möbel verbreiten Unruhe und lassen den Raum beengt wirken. Was auch für die Beleuchtung gilt: Eine große Deckenleuchte bremst den Blick und gibt dem Zimmer dadurch eine zusätzliche Ebene.“ Um Stauraum zu schaffen, ist es sinnvoll, Multifunktionsmöbel einzusetzen, etwa ein Schlafsofa mit integrierten Schubläden. Eventuell lohnt sich auch ein maßgefertigter Einbau, dessen Kosten bei einer durchschnittlich genutzten Länge von drei bis fünf Metern überschaubar bleiben. „Vor allem aber“, rät Antonius, „sollte alles, was draußen stattfinden kann, auch nach draußen verlegt werden, zum Beispiel das Kochen in einer Outdoor-Küche oder das Duschen unter einer Gartenbrause.“ Zumal der Garten ja eh das eigentliche Wohnzimmer ist.


Fotos: Andreas Riedel; Spencer Lowell; Espen Mills/Astruptunet, Sogn og Fjordane Kunstmuseum; Anitta Behrendt/Heidi Holding; Lincoln Barbour; Archiv Deutsches Kleingärtnermuseum in Leipzig e. V. (2)

In der Hütte (o. rechts Nikolai Astrups Bauernhaus in Norwegen) ist weniger mehr: Holzbalken, rustikale Webstofe, eine Truhenbank, zwei Betten – und: keine Technik! Die Interiordesigner von Commune verlegen auch die Dusche (o.) nach draußen.

Der Garten Isabelle Van Groeningen, Gartenschulleiterin der Königlichen Gartenakademie Berlin, rät dazu, eine Wunschliste anzulegen, die zum einen definiert, was gewollt wird, zum anderen, was gebraucht wird. Dazu gehört im Schrebergarten, dass mindestens ein Drittel der Bepflanzung produktiv, also Obst und Gemüse sein muss. „Besondere Hingucker im Beet sind roter Mangold, roter Grün- und roter Rosenkohl, dazwischen können essbare Blumen wie Phlox Farbtupfer geben. Und bei Bäumen trägt die Nashi-Birne besonders schöne Früchte.“ Doch nicht jedes Obst ist geeignet: Brombeeren etwa pflanzen sich schnell und großflächig fort – was bei einer Maximal(!)größe von 400 Quadratmetern pro Parzelle zum Problem werden kann. Wer dennoch nicht auf hübsche Invasoren verzichten möchte, sollte die Pflanzen im Eimer einsetzen, sodass die Wurzeln eingezäunt und so gebremst werden. Da Schrebergärten übrigens per Definition nicht nur den Menschen erfreuen sollen, sondern auch „als grüne Lunge der Auch alte Zugwaggons (re.) können nach Absprache mit dem zuständigen Verein zur Laube umfunktioniert werden. Linke Seite unten: In ihrem Tiny House schläft Jessica Helgerson direkt unterm Giebel, das Bücherregal darunter beherbergt auch das Bad.

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Stil Studio Retrouvius (links) schafen Ordnung dank Tischvorhang, Charlie McCormick durch rahmende Hecken am Beetrand.

Stadt“ gedacht sind, lohnt es sich zum Beispiel, Kerbel, Dill, Salbei, Duftnesseln, Lavendel oder allgemein Schirmblütler anzupflanzen – die auch für Bienen gut duften.

Die Hecke … sollte im Durchschnitt nicht höher als 1,50 Meter sein. Was weniger mit Pedanterie als mit gewünschter Aufgeschlossenheit zu tun hat. Laubenpieper sollen sich nicht verschanzen können, ihre Gärten

sind Teil des gemeinschaftlichen Stadtbildes. Wenn es trotzdem ein Bedürfnis nach Privatsphäre gibt, hilft es, „den Grundriss samt Nachbarhäusern zu skizzieren“, rät Van Groeningen, „um den potenziellen Sichtschutz in Form von hohen Gräsern oder kleinen Bäumen in Terrassennähe sinnvoll zu platzieren“. Außerdem empfiehlt Melissa Antonius, eine Pergola aufzustellen und diese mit Rankpflanzen oder auch Bastmatten zu bedecken.

Das Ende? Die Wohnungsnot in der Hauptstadt veranlasste den Senat gerade dazu, einen Großteil der Kleingartenflächen ab 2020 als potenzielles Bauland freizugeben. Die Berliner sind empört! Das Klima, die Bienen, die Spielwiesen für Kinder, die Integration von Senioren und Migranten, Kraut und Rüben – es gibt viele Argumente für die Kolonien. Teure Autos haben wir ja schließlich schon genug …

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Fotos: Elsa Young; Charlie McCormick; Telami; Lohberger; Twils; Menu; Manufactum; Oyuna

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Küche des Monats Redak tion Karin Jaeger

Tex t Friederike Weißbach und Mona B erger s

Designer: Note Design

Studio Hers teller: Asplund O r t: Stockholm-Södermalm Materialien:

∙ Fronten aus grau-grün lackiertem Eschenfurnier ∙ Arbeitsplatte und Rückwand aus gebürstetem Edelstahl ∙ Eichendielen Aus s tat tung:

∙ Backofen der Serie „Linea“ von Smeg ∙ Spülarmatur „590“ von Vola Möbel:

Das macht sie b e sonder s:

„Viele Freunde und lange Mahlzeiten“ trotz knapper Fläche will Note Design Studio in Stockholms Mono-Apartments ermöglichen. Die Küche duckt sich an die Wand und schaft im ofenen Wohnbereich Platz – und Atmosphäre: mit dezenten (nicht faden!) Tönen und luftig gestafeltem Stauraum.

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Fotos: Henrik Nero; Rig-Tig; Staub (2); Tory Burch (2); Eligo; Bordallo Pinheiro (3); Miele

∙ Leuchte „Taraxacum 1“ von Flos (kleine Version) ∙ Esstisch „Palais Royal“ aus Eiche von Asplund ∙ Stühle „T“ von Maruni ∙ Barwagen von Klong


Stil Praxis Terrinen & Co. 1

Endlich Erntezeit! #picobello

M it Teppichfransen hat er es nicht so. Mitunter verheddert „Robbie“ sich darin, es scheint, als versuchte er verzweifelt, sie gla zu streichen. Er ist eben ein Perfektionist – und wie putzig er dabei aussieht! Eigentlich wollten wir knallhart seine Leistung bewerten, als wir ein Testexemplar des Saugroboters „Scout RX2 Home Vision“ (u., 829 Euro) bei Miele anfragten. Doch dann wickelte er das ganze Team um den Tastfühler: Fasziniert verfolgten wir, wie er seinen Parkplatz verlässt und mit großen „Augen“ (die Kameras enthalten, mit denen man von unterwegs die Wohnung kontrollieren kann) die Räume erkundet. Oder traumwandlerisch sicher (in Wirklichkeit von einer digitalen Karte geleitet, die er mithilfe eben jener Kameras anlegt) „nach Hause“ findet, wenn man ihn per App dazu auffordert. Zur Leistung lässt sich festhalten: Gesaugt hat er sehr ordentlich; alle S roporflocken, die im Raum verteilt waren, verschwanden in seiner Staubbox, und so einiges andere en passant dazu. Nur mit Bauschu (Krümel) tat er sich schwer – dafür sind seine zarten Rädchen wohl einfach nicht gemacht. Auch zwischen Heizkörper gelangte er mit seiner rundlichen Statur kaum. Aber was soll’s: Dafür gibt es ja das gute alte Kehrset (o. eine ritzenfreundliche Version von Rig-Tig). PS: Die knallharte Bewertung überlassen wir lieber Stiftung Warentest. Die haben ihre Gefühle bestimmt besser im Griff.

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Grüne Illusion: Seit dem 18. Jahrhundert bereichern nicht nur essbares Obst und Gemüse die gedeckte Tafel. 1 + 2 Prachtexemplare: kleine Keramik-Tomate und Artischocke (3 Liter) aus Gusseisen, 25 bzw. 249 Euro, beide aus Staubs Coco eSerie „Gemüsegarten“ s taub - online.com 3 + 4 3-teiliges Terrinen-Set (360 Euro) und fein geäderter Dinnerteller (2 Stück für 100 Euro), alles aus Bone China tor y burch.de 5 , 6 + 7 Quer durch den Garten: Die portugiesische Keramikfirma Bordallo Pinheiro fertigt unter anderem Terrinen in Form von Orangen (4,5 Liter, 73 Euro) oder Wirsing (2 Liter, 100 Euro) und Erbsen-Schälchen (lebensgroß, 28 Euro) eu.b ordallopinheiro.com 8 Zierkürbis: Terrine für eine Portion, 60 Euro eligo.it

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Stil Guide

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Im Rampenlicht: Zum London Design Festival entdecken wir die Metropole neu – mit den Tipps von Lee Broom.

Lee Broom Das Wunderkind des britischen Designs lebt und arbeitet in London. Zum LDF wird sein Showroom in Shoreditch zum „Observatory“ – mit den Leuchten der gleichnamigen Kollektion (oben „Aurora“, li. „Orion“).

Tex t Friederike Weißbach

le ebroom.com

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So viele Eindrücke, wo stärkt man sich? In Shoreditch empfehle ich zum Afternoon Tea das „Hoi Polloi“ und abends für Austern und Drinks das „Well and Bucket“. hoi-p olloi.co.uk, w w w.wellandbucke t .com 4

Das perfekte Mitbringsel aus London? Alles aus dem Souvenirshop der Royals an der Buckingham Palace Road! (Links: Tasse 20 Pfund, Schale 165 Pfund.)

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Was macht das London Design Festival in Ihren Augen so besonders? Die vielen großen, frei zugänglichen Installationen überall in der Stadt. Kreativität und Innovation stehen klar im Fokus! 2

Welche Präsentationen sollte man im September also unbedingt sehen? Ich freue mich besonders auf die Events und Ausstellungen im Victoria and Albert Museum, meinem Lieblingsmuseum in London. Auch die Architektur ist großartig! (Re.: Waugh Thistleton Architects’ Pavillon „MultiPly“ im Sackler Courtyard.) va m . a c .u k

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Und wenn Sie für sich selbst einkaufen? Ich liebe Kleidung und habe im Bereich Fashiondesign angefangen. Ausgefallene neue Marken gibt es im Dover Street Market am Haymarket (o. li.). dover s tre e tmarke t .c o m 6

Wo inden Sie Inspiration? London selbst inspiriert mich – auch nach Jahren! Zum Beispiel die brutalistische Architektur der Hayward Gallery und ihre Ausstellungen. Von da aus auf die Waterloo Bridge für die beste Aussicht auf die Stadt. southbankcentre.co.uk / venue s/ hay ward- galler y

Fotos: Lee Broom; Royal Collection Trust/©Her Majesty Queen Elisabeth II 2018 (2); Rendering by Forbes Massie Studio; Courtesy Dover Street Market; Porträt: Omar Sartor

London

royalcolle c tionshop.co.uk



Jetzt am Kiosk!

Sonderausgabe 2018

Kulthäuser 30 Architektur-Ikonen von viel bewundert bis fast vergessen

Die AD-Sonderedition ad-magazin.de

Foto: Rene Burri / Magnum Photos / Agentur Focus, Š Barragan Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur


Architektur Projekt, Radar und Garten

Foto: Courtesy of Industry City

Stadtfarben Eigentlich ist Camille Walala Textildesignerin, aber manchmal ist ihr Stoff auch eine Hauswand: In Brooklyns Industry City gestaltete sie zum NYC x Design-Festival die Fassade eines alten Warenhauses mit ihrem bislang größten mural um. Statt Einheitsgrau Memphis Style in Bonbonfarben über satte sieben Stockwerke – das Festival ist zwar vorbei, die bunte Fassade aber bleibt. c amillewalala.com

Redak tion Andreas Kühnlein

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Tex t Andreas Kühnlein Fotos Nin Solis

Béton brut: Architekt Ludwig Godefroy versteht sich als Brutalist mit Liebe zum Handgearbeiteten und zum Lokalkolorit. Ein Haus in Mexiko, sagt er, muss vor allem mexikanisch sein. Zur Casa Zicatela ließ er sich deshalb von traditionellen Haziendas und alten Maya-Stätten inspirieren.

Unter freiem Himmel Mauern, die befreiend wirken: An der Südküste Mexikos steht ein introvertiertes Haus wie eine fast vergessene Lücke im Alltag – ohne Fenster, ohne Dach, dafür in absoluter Ungestörtheit. 84


Architektur Projekt

Von draußen verzichtet die Casa Zicatela auf jegliche Details – ein trutziger, schachtelartiger Bau, durchbrochen einzig von zwei Holztoren. Wer hier wohnt und wie, enthüllt sich erst beim Eintreten. Drinnen ist alles im Fluss, das Schlafzimmer unten re. braucht nicht einmal eine Schwelle.

Fotos: Nin Solis/Living Inside

V ier Wände und ein Dach – so hat OMA-Partner Reinier de Graaf den Job des Architekten kürzlich auf den Punkt gebracht. Freilich gehört am Ende meistens doch mehr dazu. Manchmal aber auch weniger. Ludwig Godefroy ist Architekt. Und ein Meister der Reduktion. Sein jüngstes Projekt zelebriert die Kunst des Weglassens. Vom üblichen Set sind bloß die Wände übrig – kein Dach, auch keine Fenster oder jedwede Details; ein Guckkasten ganz aus Beton, den Blick streng nach oben gerichtet. Von außen ist die Casa Zicatela uneinnehmbar und verschlossen; ein Ort, der seinen Bewohner aus der Welt heraus in einen Zwischenraum versetzt, in dem die Zeit stillsteht wie in einer vergessenen Maya-Ruine. Aufgewachsen ist Godefroy in Frankreich, in Paris hat er studiert, später dann bei OMA in Rotterdam gearbeitet. Nach Mexico City ging er vor elf Jahren. „Heute“, erzählt er, „bin ich hier der Franzose und in meiner Heimat der Mexikaner.“ Genau das ist die Perspektive, die er auch als Architekt ganz bewusst einnimmt. Manche Details, sagt er, sehe man als Außenstehender tatsächlich besser. Und so mischen sich in der Casa Zicatela die Weltkriegsbunker der Normandieküste mit der Monumentalität der Maya-Stufenpyramide, auch wenn die hier quasi negativ und auf die Spitze gestellt aufscheint. Sein wichtigster Bezugspunkt in der Architekturgeschichte ist der Brutalismus


Architektur Projekt eines Le Corbusier oder Louis Kahn, mit denen er die Liebe zum rohen Beton und die Sensibilität für das Licht teilt, vor allem aber will Godefroy lokal bauen, was in seiner Wahlheimat heißt: zutiefst mexikanisch. „Im Prinzip“, erklärt er, „funktioniert die Casa Zicatela so wie die meisten Häuser in der Region: Von außen sieht man nichts als eine Box mit einer Tür. Das Leben spielt sich ganz im Inneren ab.“ Der fensterlose, geradezu schmucklose Betonquader nimmt die ganze Fläche des 300 Quadratmeter-Bauplatzes auf einem Hügel über der Kleinstadt Puerto Escondido ein. Und einen Vorteil hat die Bauform gleich auf den ersten Blick: Sollte es irgendwann einmal Nachbarn direkt nebenan geben, können die sich sonst etwas einfallen lassen, am Leben in der Casa Zicatela wird sich nicht das Geringste ändern. Was immer draußen passiert – sobald man durch das hölzerne Eingangstor tritt, spielt es keine Rolle mehr. Und genau so nutzen die Hausherren ihr Wochenendhaus auch: als Enklave der Ruhe, als Fluchtort für regelmäßige Auszeiten vom hektischen Alltag in Mexico City, das eine Flugstunde entfernt ist und doch auf einem anderen Planeten liegen könnte. „Ich liebe dieses Element der Überraschung“, meint Godefroy und weist auf die geschlossene Betonfront. „Was verbirgt sich hinter der Tür? Eine Ruine? Eine Villa? Steht das Haus leer oder ist es bewohnt?“ Drinnen findet man sich wie in einem halb verfallenen Bau aus Urzeiten in einem von Mauern umschlossenen Raum ohne Dach

Das pavillonartige Wohnzimmer ist zu zwei Seiten hin ofen und stellt die Idee des Hauses auf den Kopf – Dach ohne Wände statt Wände ohne Dach. Mehr Schutz vor den Elementen ist an der Südküste Mexikos nicht nötig. Selbst der häuige Regen, sagt Godefroy, sei hier angenehm warm.

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Ludwig Godefroy Architekt, Mexico City

Angefangen hat Ludwig Godefroys Karriere bei OMA und Tatiana Bilbao, bevor der französische Architekt in Mexico City sein eigenes Büro gründete. Mit aufregenden Club-Interiors wurde er bekannt – mittlerweile konzentriert er sich mit seinem kleinen Team vor allem auf Wohnbauten. ludwiggo de froy.com


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Architektur Projekt wieder, über dem sich weit der offene Himmel aufspannt. Leise rauscht in der Ferne das Meer, sehen aber kann man es nicht, nur hören. So separiert das Haus die Sinne und schärft sie zugleich, indem es sie auf einzelnen Eindrücken ruhen lässt. Außerdem: Manche Dinge sollten ruhig ein bisschen Mühe kosten, sagt der Architekt. Und bevor sich der Blick dann doch in die Runde öffnet, muss man erst die Stufen überwinden, die vom Grund des Hauses auf die Mauern führen. Die eigentlichen Wohnräume sind fließend mit dem Innenhof verbunden, einfache Schiebetüren aus Holz reichen als Trennung, und auf Glasfenster verzichtete der Architekt ganz. Die Temperaturen sind das ganze Jahr über hoch an Mexikos Südküste; Schutz braucht man vor allem vor zwei Dingen: Was immer ging, gossen Godefroy und Projektleiter Domingo Delaroière aus Beton – von den Stegen übers Wasserbecken links bis zur Badausstattung. Geschlossen werden die Räume durch hölzerne Lamellentüren wie o. – Glasfenster gibt es keine.

Reverenz an die Stufenpyramide: Die Casa Zicatela spielt mit rechten Winkeln – und mit Sukkulenten. Üppiges Grün schmückt den steinernen Garten; neben den unzähligen Topfplanzen re. integrierte Godefroy auch eine große Palme in seinen Bau.

den heftigen Regenfällen zwischen Juni und September. Und der Sonne. „Ohne Schatten kann man hier schlicht nicht leben“, sagt Ludwig Godefroy. Pavillongleich liegt das nach beiden Seiten hin offene Wohnzimmer unter einer Betonbrücke, und wer hier in der Hängematte liegt und den leisen Lufthauch spürt, mag sich eher in einem steinernen Garten wähnen denn in einem Haus. Geschützt vor Sonne und Regen und doch den Elementen sehr nah. Im Spiel mit den Jahren und dem Wetter werden die einfachen, radikal reduzierten Materialien – eigentlich bloß Beton und Holz – altern und eine natürliche Patina entwickeln. Die Mauern werden nachdunkeln, das Holz wird ausbleichen, das Wasser, das die Stufen hinunterläuft, seine Spuren hinterlassen. Nichts davon braucht besondere Pflege, und alles verträgt die sorglose Gelassenheit, die ein Sommerhaus ausmacht. Selbst die komplett von Handwerkern aus dem Ort maßgefertigten Holzmöbel sind unprätentiös und frei von Spielereien, auch sie ganz der Umgebung erwachsen. Über alles wandern Licht und Schatten wie ein Schwarz-Weiß-Film und bilden auf rohen Mauern und rechten Winkeln die Details, denen sich das Haus ansonsten verwehrt. Der Rest ist Stillstand, im besten Sinne. Mag sich die Welt derweil woanders weiterdrehen.

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Ludw ig G o def roy

„Das Haus nktioniert wie eine Pause-Taste für den Alltag: ein Ort, der die Außenwelt stillstellt.“


Architektur Radar Kolumne

Reparaturbedarf

Tex t Oliver Elser

m Frühsommer hat sich der Bund Deutscher Architekten in Hamburg getroffen, um mutig politische Forderungen zu diskutieren. Beschlossen wurde ein Manifest, das einen bemerkenswerten Satz enthält: Bevor ein Neubau entsteht, müsse intensiv geprüft und gerechtfertigt werden, ob nicht derselbe Nutzen durch den Umbau eines Bestandsgebäudes erbracht werden könne. Die französischen Architekten Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal, denen dringend der Nobelpreis der Architektur, der Pritzker-Preis, verliehen werden müsste, hatten diese Haltung schon vor Jahren auf die Formel „never demolish, always repair“ gebracht. So viel Kapitalismuskritik kann jeder gut finden: Wenn wir alle dagegen sind, dass Waschmaschinen, Telefone oder Autos nach einigen Jahren zu Sondermüll werden, nur weil der Hersteller ein neues Produkt verkaufen will und deswegen die Lebenszeit aktiv begrenzt, dann müssen auch die Architekten vom Neubau auf den Umbau umschwenken. Der Münchner Architekt Andreas Hild hat den Gedanken jüngst in einem Interview weitergesponnen. Ergänzend zum Baugesetz bräuchten wir ein Umbaugesetz, das eine gesamtgesellschaftliche Bilanz möglich macht: Wer etwa durch die Umnutzung von Bürohäusern Wohnungen schaffe, solle durch zusätzliche Anreize dazu gebracht werden, sich nicht nur auf das Luxussegment zu fokussieren – zum Beispiel durch eine höhere Ausnutzung. Noch sei der Umbau häufig teurer. Das muss sich ändern. Oliver Elser ist Kurator am Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main und engagiert sich besonders für den Umbau brutalistischer Architektur.

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Dass gute Architektur zugleich schön und sozial sein kann, beweist Michael Maltzan mit jedem seiner Projekte aufs Neue. Die Crest Apartments o. entstanden im Au rag des Skid Row Housing Trust in L. A. und bieten zuvor obdachlosen Kriegsveteranen ein nachhaltiges, konsequent energieoptimiertes Heim. mmaltzan.com

Redak tion Andreas Kühnlein

Wohnglück in Würfeln

Jede Wohnfunktion hat im Creek House der Stockholmer Architekten Bolle Tham und Martin Videgård ihre eigene Backsteinbox. Lose verbunden, besetzen die Klötzchen ein Gartengrundstück in Südwestschweden mit einem höchst vielseitigen Cluster. thamvide gard.se

Fotos: Iwan Baan; Delfino Sisto Legnani & Marco Cappelletti/Courtesy of Kaan Architecten; Ross Fraser McLean/Courtesy of V & A Dundee (2); Åke E:son Lindman; Porträt: Kirsten Bucher

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Veteran Affairs


Utopie in Backstein Ein Aalster Verleger, Dirk Martens, war der Erste, der 1516 omas Morus’ wegweisende Gesellscha sschri „Utopia“ druckte. Beiden zu Ehren heißt die gerade eröffnete Bibliothek und Kunstakademie der flämischen Stadt „Utopia“; ein dreigeschossiger Backsteinquader von Kaan Architecten, dessen lichtes Atrium u. an die benachbarte Pupillenschool von 1800 anschließt und diese geschickt integriert. kaanarchite c ten.com

Nah am Wasser gebaut Schottlands erstes Designmuseum, entworfen von Kengo Kuma, öfnet am 15. September in Dundee – mit einer Ausstellung über „Ocean Liners“. kkaa.co.jp, vam.ac.uk /dunde e


Architektur Garten

Das Paradies von Marrakesch

Wo einst Abfälle und Schu lagerten, wachsen nun Zitrus-, Oliven- und Orchideenbäume. Mi en in der Medina brachte Tom Stuart-Smith Verse aus der Bibel und die Suren des Korans zum Blühen. Tex t Simone Herrmann

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Fotos Marianne Majerus


„Exotic garden“ hat Tom Stuart-Smith den kleinen Garten li. genannt, in dem ein Orchideenbaum (re.) neben Feigenkakteen, Honigbüschen, Palmlilien und Elefantenohr-Kalanchoen (links) blüht. Von hier gelangt man durch ein Tor in den islamischen Garten mit Wasserspielen, Pavillons, Zitrusund Olivenbäumen.

Hoher Seegang: Federgrasbüschel branden vor dem restaurierten Palast des Kaids (u.). Die hohen Palmbäume wurden mitten in der Nacht mit Eselskarren und Pferden gebracht und geplanzt.

D as Chaos!“, sagt Lauro Milan auf die Frage, was ihn an der Medina von Marrakesch so fasziniert. Die Altstadt sei ein Kaleidoskop aus Farben und Düften, Menschen und Waren, grell, bunt, laut, aber auch geheimnisumwoben, voller Poesie, „eine Atmosphäre, wie ich mir das Mittelalter vorstelle“. Obwohl nun längst Leuchtreklame die Märchenerzähler und Schlangenbeschwörer umgaukelt und das Zirpen von Apple oder Samsung das der Kanarienvögel übertönt. „Trotzdem“, meint Milan, der aus Norditalien stammt und seit 20 Jahren im Tourismus- und Baugewerbe von Marrakesch tätig ist, eine eigene, wie aus der Zeit gefallene Märchenwelt sei dieser Teil der Stadt. Der nun um ein Faszinosum reicher ist: „Le Jardin Secret“, ein Garten mitten in der Medina! Milan hat ihn zusammen mit seinem Partner, dem italienischen Investor Sante Giovanni Albonetti, auf den 3990 Quadrat-


Im kleinen Paradiesgarten (g. o. mit Blick auf die rot getünchte Eingangshalle) stimmen Opuntien, Honigsträucher und Agaven auf die mit Rosmarin gesäumten Zitrushaine (oben) im großen Garten ein.

Glasierte Zellige-Kacheln und Keramikmosaiken zieren den Wasserpavillon links; er markiert mit seinem Quell die Mitte des islamischen Gartens, dessen Hauptwege, mit türkisen Bejmat-Kacheln geliest, wie Kanäle wirken.


Architektur Garten metern eines historischen Riads realisiert. Blätter, in Blüten und Früchten. Ein sehr Besitzer sei um 1850 Kaid Al-Hajj Abd-Al„Natürlich haben wir auch die Architektur, emotionaler Garten, nickt Tom Stuart- lah U-Bihi gewesen, ein in der Geschichte den Palast aus der Saadischen Ära, wieder Smith, weil er die Kostbarkeit jeder einzel- Marokkos berühmter Gouverneur, Kunstinstand gesetzt, den 17 Meter hohen Turm nen Pflanze vor Augen führt, jede Blume, freund und Wissenschaftler. „Es war mir genauso wie die Mauern aus Tadelakt, für jeder Grashalm ist wichtig. „Wüstenvölker eine Ehre, das Erbe dieses Mannes wiedie wir 28 000 Kilo Kalkputz verbauten. haben eine andere Beziehung zu Gärten, der zum Vorschein zu bringen“, sagt Milan. Oder die 165 000 türkis glasierten Bejmat- für sie ist alles Wunder, nichts selbstver- Und das Beste: Die hydraulische BewässeKacheln, mit denen wir Treppen und Wege ständlich.“ Er habe mit der britischen Ko- rungsanlage, so fein ausgeklügelt und mit gefliest haben, dass sie nun wie Wasserläu- rangelehrten Emma Clark an der Ikonogra- technischer Meisterschaft ins Werk gesetzt, fe leuchten.“ Allerdings, erzählt Lauro Mi- fie gearbeitet, „und es war berührend zu funktionierte noch immer! „Wir brauchten lan, „gab es eine andere Zahl, die mir Kopf- sehen, wie viel dieser Garten den Gärtnern nur einige Rohre zu reinigen, alles schlumzerbrechen machte: Das Terrain war in hier bedeutet“. Was für ein Spektakel, als merte schon in der Erde.“ Wie viel mehr dieser Ort bedeutet als 140 Parzellen aufgeteilt. 140 verwickelte mitten in der Nacht die großen Palmen geBesitzansprüche, die erst abgegolten wer- setzt wurden! „Das ging nur nachts“, er- nur eine zusätzliche Touristenattraktion, den mussten“, seufzt er. 2013 war es so weit. klärt Stuart-Smith, „mit Eselskarren und werde erst deutlich, meint Milan, „wenn „Eine verrückte Idee“, dachte auch Tom Menschenkraft, weil die alten Gassen viel man eine Weile innehält. Ich sitze oft stunStuart-Smith, britischer Gartendesign-Star, zu verwinkelt sind, um dort mit Wagen denlang unter einem alten Feigenbaum, als er den Auftrag bekam, hier einen Park oder Lastkran durchzukommen. Alles war schaue, wie die Sonnenflecken tanzen, und anzulegen. Noch vor fünf Jahren ein ver- mit Fackeln erhellt, ein Trubel ohneglei- höre dem Gesang der Vögel zu. Allmählich wilderter Ort mit heruntergekommenen chen. Und dabei – welche Behutsamkeit. hört man aus dem Diskant all dieser Stimmen die Melodie heraus, das Zauberhafte.“ Baracken, an den sich nachts nur die Kat- Kein einziges Blatt fiel zu Boden.“ zen wagten, entwarf Stuart-Smith zwei Den Stolz der Leute von Marrakesch auf Und auch Tom Stuart-Smith, weit weg in Hofgärten: einen kleineren, den er „the das, was hier entstanden ist, fühlt auch Lau- einem englischen Blumengarten, klingt exotic garden“ nannte, eine Art christli- ro Milan. Die große Vergangenheit Marok- seltsam bewegt, wenn er „von der eigenches Paradiesgärtlein, und den großen is- kos wird an diesem Ort lebendig. Als er tümlichen Schönheit dieses zweigeteilten lamischen Garten. Von den blausilbernen nach den alten Bebauungsplänen forschte, Gartens, der doch von ein und derselben Stelen der Kakteen und Agaven, den Aloe- stieß er auf ein altes Bewässerungssystem – Mauer umgeben ist“, erzählt. „Seine Ruhe Büschen und Kalanchoen, dem rosa Blü- hier gab es schon seit dem 16. Jahrhundert mitten in der lauten, grellen Stadt berührt tenschnee des Orchideenbaums und der einen Garten! –, und einer seiner späteren uns, tief in der Seele.“ dornengeschmückten Ceiba speciosa in „Restrained and yet highly romantic!“ Tom Stuart-Smith legte den Zitronen- und OlivenStuart-Smiths kurios-verträumtem Prälu- bäumen im islamischen Garten einen silbergrünen, weiß schäumenden Flokatiteppich dium hin zur himmlischen Geometrie des aus Federgrasbüscheln, Kaplilien und Lavendel zu Füßen. Wuchernde Natur in geometriislamischen Gartens mit seinen Wasser- scher Ordnung. Ein Sinnbild des Paradieses, wie es im Koran beschrieben ist. „Die maspielen und türkis gekachelten Wegen. rokkanischen Gärtner zitierten zu jeder Planze die passende Sure“, erklärt der Designer. Rosmarinhecken umfrieden hier Zitronen- lejardinsecretmarrakech.com und Orangenbäume, an den Seiten säumen Olivenbäume die Vierecke, und vor den Palastmauern ragen Dattelpalmen wie Fanfarenstöße in den Himmel. Zitrusdüfte mischen sich mit den Harzgerüchen der Olivenbäume – ab und zu, besonders am Abend, stiehlt sich ein süßer Hauch von Karamell, Honig, gerösteten Nüssen und Holzkohlenfeuer über die Mauern. Wasser fließt in Rinnen an den Zitruskarrees vorbei, plätschert im Bassin des farbig gekachelten Pavillons und quillt aus steinernen Becken, inmitten von Gräserstrudeln, in die sich Lavendelbüsche und die fliederfarbenen Sternchen der Kaplilien mischen; ein Branden und Aufschäumen, Ebbe und Flut, Sonnenlicht und Schatten. Es ist eine Vision des Paradiesgartens aus dem Koran, „streng und verwunschen zugleich“. Gottes Ordnung versinnbildlicht in der Geometrie der Anlage, aber auch im Leben spendenden Wasser, im Grün der

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Panorama

Foto: Courtesy of the artist and Artprojects

Kunst, Bücher und Reise

Hinterm Horizont Bisher hat sich das schlechte Kolonialistengewissen meist auf Afrika beschränkt. Darum wurden zuletzt in jede Großausstellung ein paar afrikanische Arbeiten gestellt, gegen allzu westliche Blicke auf die Kunstgeschichte. Die Londoner Royal Academy of Arts widmet sich mit „Oceania“ nun erstmals der Pazifikregion und zeigt vom 29.9. bis 10.12. neben ausdrucksstarken Artefakten auch Zeitgenössisches, wie Lisa Reihanas digitale Reanimation einer 200 Jahre alten Wandbespannung („In Pursuit of Venus [infected]“ 2015–2017). BG royalac ademy.org.uk

Redak tion Barbara G är tner und Florian Siebeck

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Tex t Barbara Gär tner

Porträt: Myrzik und Jarisch/© BMW AG; Fotos: Courtesy of the artist and Vitamin Creative Space

Immer im Jetzt

Sollen doch die anderen für die Ewigkeit malen! Die chinesische Künstlerin Cao Fei dokumentiert das absolute Jetzt. Schwebend, träumerisch und mit den technisch modernsten Mitteln ihrer Zeit.


Panorama Kunst

U nd bitte noch mal. Zwei Minuten wird der Film am Ende dauern, ein Interviewgeplänkel zwischen dem Direktor der Art Basel, Marc Spiegler, und der Künstlerin vor ihrem jüngsten Werk für die Facebook-Seite des Sponsors. Doch immer wieder hakt es, muss die Aufnahme von vorn beginnen. Cao Fei erträgt es stoisch. Die

Hände in den Hosentaschen, das Neo-Grunge-Holzfällerhemd aufgeknöpft, so antwortet sie auf immer gleiche Fragen – die ewig gleichen Erwartungen lässt sie einfach abperlen. Die Erwartungen sind enorm. Gerade hier auf der Art Basel Hong Kong, wo Besucher aus dem Westen elektrisiert smalltalken, dass genau das ja wohl die Zukunft sei, Hong Kong, China, ach was: Asien! Die Zukunft des Wohnens (beengt), der Kunst (kleinformatige Malerei, aus Mangel an Raum), der Technik (augmented) und des Konsums (freudig). Und weil das Seherische zur Berufsbezeichnung von Künstlern gehört und die Multimedia-Arbeiten von Cao Fei gerade so exotisch sind, dass sie als gleichermaßen neu, anders und doch für das westliche Kunstpublikum lesbar sind, wird sie gern als Übersetzerin gefragt: zwischen gestern und morgen, Ost und West, Jung und Alt. Wie, bitte schön, sieht also eine junge Chinesin heute ihr Land? Cao Fei zuckt nicht einmal. Sie sei ja nicht mehr jung, sagt sie dann. Immerhin schon 40. Vor 14 Jahren hat sie den Film „Cosplayers“ gemacht, mit jungen Menschen, die sich wie Videospielfiguren oder Manga-Gestalten verkleiden. Sie stehen bizarr kostümiert in der U-Bahn herum oder gehen auf Brachflächen und in der Betonödnis aufeinander los. Wenn man Cao Fei heute also nach der Jugend fragt, dann denkt man doch, „dass sich die Szene 20 Jahre Was sich unter dem Schlagwort „Post-Internet Art“ versammelt, ist oft unansehnlich. Cao Fei (li. Seite) bleibt bei aller technischen Avantgarde immer Ästhetin. Zwei Arbeiten, die sie (vor allem im Westen) berühmt machten: oben „Cosplayers“ von 2004, ein Film über junge Menschen, die sich wie Videospieliguren kostümieren, und li. „RMB City“ (2007–2009), eine Stadt im „Second Life“.

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Panorama Kunst

nicht verändert hat“. Dabei ist Veränderung ihr Thema, die Umwälzung der Städte und was das mit den Menschen macht. Weil technischer Fortschritt ein Teil davon ist, gehört Cao Fei zu den Early Adopters der Kunst. „Ich bin gerne die Erste, die etwas ausprobiert.“ Sie wagte sich für „RMB City“ (2007–2009) ins „Second Life“, ließ dort in einer imaginierten chinesischen Großstadt den CCTV-Tower in der Luft baumeln und schickt ihren Avatar China Tracy auf Partnersuche. Und hier, in Hong Kong, parliert sie also vor dem Art Car, das sie für BMW gestaltet hat, auch Jeff Koons kam schon vorbei und ließ sich fotografieren. Es ist ein schwarzer, brachial aussehender Renner – erst wenn man ein iPad darauf richtet und auf dem Bildschirm das Auto, dann augmented, von bunten Lichtstreifen umtanzt wird, versteht man die Geschichte, die Cao Fei erzählen will. Dass Technik schon am Erstverkaufstag veraltet, stört sie nicht. „Die Arbeiten sind eine Zeit lang Dokumente des Jetzt, und

C ao Fei

„Ich bin gerne die Erste, die etwas ausprobiert. Die Arbeiten sind Dokumente des Jetzt.“ 100

dann werden sie von der Gegenwart überholt.“ Cao Fei war schon immer früh dran. Aufgewachsen ist sie in Guangzhou, Epizentrum der Opiumkriege, später der Hafen für den Handel mit dem Westen, ihr Vater war Bildhauer, schenkte der jungen Schülerin eine Kamera, machte sie mit Künstlern wie Picasso vertraut, schon als Studentin hatte sie Erfolge. Inzwischen lebt sie in Peking, bald ist ein Überblick ihrer Arbeiten in der Kunstsammlung NRW zu sehen. Für deren Direktorin, Susanne Gaensheimer, ist „Cao Fei im Moment die wohl bekannteste chinesische Künstlerin, die mit den Mitteln und Möglichkeiten der Virtual und Augmented Reality arbeitet“. Cao Fei sagt nur: „Wenn ich etwas erschaffen wollte, was jahrhundertelang gültig bleibt, würde ich malen.“ 6.10. bis 13.1.2019 im K21 der Kunstsammlung NRW. Von 11.10 bis Ende Februar 2019 zeigt das BMW Museum in München einige Art Cars, darunter auch Cao Feis. kunst sammlung.de

Fotos: Courtesy of the artist and Vitamin Creative Space

Die Gegenwart ist kein Bällebad. Mit ihren Filmen, Fotos und Installationen beobachtet Cao Fei die Lebenswelt der Chinesen im Schleuderwaschgang der rasanten Modernisierung Chinas. „Haze and Fog“ (oben, 2013) ist ein melancholischer Zombieilm, in dem sich Angestellte in Untote verwandeln. In „My Future Is Not a Dream“ (unten, 2006) bringt Cao Fei Arbeiter zum Tanzen.


Panorama Ausstellungen Augenwischerei Die Kunst war immer schon eine Erforschung des Sehens. Nun widmet sich die Kunsthalle München der „Lust der Täuschung“ von der Antike bis zur Virtual Reality (re. „Blick in den Himmel“ eines unbekannten deutschen Künstlers, um 1700). Auch die Inszenierung (Martin Kinzlmaier) selbst ist ein Spiel mit Schein und Sein. 1 7. 8 .–1 3 .1 .1 9, kuns thalle -muc.de

Alles so schön bunt hier! Im Garten steht das Nachtschwarz, drinnen, im „Interior with Garden Window“ (links, 1955), lodern die Farben, dass einem fast schummrig wird. Patrick Heron (1920–1999) lebte und malte im Lichte Cornwalls, dort feiert die Tate St Ives nun das große Werk des Farbzauberers, bevor die Retrospektive nach Margate weiterwandert. B is 3 0. 9., Tate St Ive s; 1 9.1 0.–7.1 .1 9, Turner C ontemp or ar y, Margate tate.org.uk, turnercontemp orar y.org

Fotos: Mark Trompeteler/© Estate of Patrick Heron 2018/Private Collection; Thomas Obermeier/ © Kunstsammlungen der Diözese Würzburg; Chris Floyd; KHM-Museumsverband; Neil Hall/AFP/Getty Images

VIP-Kuratoren

Die neuen Ausstellungsmacher

Auf Ausstellungseröffnungen war sie o , nun sogar bei ihrer eigenen: Kate, Herzogin von Cambridge, studierte Kunsthistorikerin und Schirmherrin der National Portrait Gallery, hat dort im Frühjahr die fabelha e Fotoschau „Victorian Giants“ mitkuratiert.

Wes Anderson entwir in seinen Filmen (zusammen mit seiner Frau, der Kostümbildnerin Juman Malouf) eigene Welten. Für ihre Schau (6.11.–28.4.19) bedienen sich die beiden aus den Sammlungen des Kunsthistorischen Museums in Wien. khm.at

Vom Galerie-White Cube zum Shop ist es nicht nur ästhetisch ein kleiner Schri – Victoria Beckham präsentierte Ende Juni in ihrem Londoner Flagshipstore Altmeistergemälde, die dann bei Sotheby's versteigert wurden. Apropos: Mancher Kurator nennt sich indes lieber Mediator.

Redak tion Barbara G är tner und Johanna Hänsch

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Der Maler, der im Bild verschwand Julius Bissier kam weit herum – zumindest in seinen Gedanken. Nach Hitlers Machtergrei ng flüchtete er sich in eine Zen-Welt und erfand seine ganz eigene Kunstsprache. Eine Huldigung. Tex t Oliver Koerner von Gus tor f

H eute hab ich mich zum Volkssturm melden müssen“, notiert Julius Bissier 1944. Er beschreibt, was ihm das uralte chinesische „I Ging“-Orakel weissagt. „Das Bett wird zersplittert bis zur Haut. Unheil.“ Das Unheil ist längst da. 1934, ein Jahr nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, werden bei einem Feuer an der Freiburger Universität Bissiers Ateliers und sämtliche Werke zerstört. Sein sechsjähriger Sohn stirbt im selben Jahr. In seiner Trauer wen-

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det sich Julius Bissier (1893–1965) ab von der Ölmalerei, widmet sich ganz der Tusche und begibt sich auf eine Reise nach innen, lebt von der Weberei seiner Frau Lisbeth. Er träumt einen Traum von Ostasien, einer Region, die er nie bereisen wird. Der Künstler kennt sie nur aus Büchern, Beschreibungen, Museumsartefakten. In einer Zeit, in der nichts mehr zu zählen scheint als bloße Macht, entwickelt Bissier in völliger Zurückgezogenheit eine Malerei der Ohnmacht. Es sind kleine, zarte, verletzliche Bilder, die an japanische Tuschezeichnung,


Panorama Kunst

Fotos: Axel Killian (2) / Museum für Neue Kunst, Freiburg, Privatsammlung; Walter Klein / Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Porträt: Toni Schneiders

Schlüsselwerk: In einer Freiburger Galerie sah der Ostasienforscher Ernst Grosse Bissiers „Hl. Hieronymus“ (1919) rechts, es erinnerte ihn an die Berg-Fluss-Kompositionen ostasiatischer Landschaftsmalerei. Er kaufte das Bild, und so begann eine inspirierende Freundschaft. Linke Seite: „Zerstreute Elemente“ von 1948.

Es war der Bodensee – Julius Bissier reiste nur mit dem Pinsel nach Asien. Das Foto links entstand 1962. Bissier lebte zurückgezogen in Hagnau – allein sein enger Freund Oskar Schlemmer besuchte ihn gelegentlich. Zwei Tage nachdem Schlemmer starb, am 15.4.1943, tuschte er oben „Auf den Tod Oskar Schlemmers“.

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Panorama Kunst Julius Bis sier

„Ich bin für die westliche Kunst ein für alle Mal verloren.“ Zurückhaltend, fast mönchisch versucht er, seiner Zeit, der Gewalt, der Angst und seinen Depressions-Dämonen etwas Poetisches, Spirituelles abzuringen. Man spürt es bei jedem Blatt. Aber auch das Glück, das Bissier bei seiner Arbeit erfüllt haben muss. So schreibt er 1947: „Kein Laut von draußen. Der Pelz des nassen Schnees hat alles still gemacht. Nur ich allein in der Nacht wittere Tulpen. Ich höre das Rot und Zitron des Frühlings jubilieren.“

an Kalligrafie erinnern. „Psychogramme“ nennt er diese mit schwarzer Farbe auf Japanpapier geworfenen Gesten, Abstraktionen von Körpern, Pflanzen, Tieren, Schrift, die sich mit Yin und Yang, dem Dualismus von Gegensätzen, beschäftigen. Das visuelle Vokabular, das er aus der inneren Stille hervorbringt, ist unglaublich kühn – es nimmt die gestische Formensprache der Nachkriegsabstraktion, von Tachismus und Informel, vorweg. Dabei fühlt er sich mitten im Krieg völlig isoliert: „Ich bin für die westliche Kunst ein für alle Mal verloren und sitze demgemäß auf einem äußersten Ästchen, das nach dem äußersten Osten mehr tendiert als dem Westen.“ Er habe das Gefühl, schreibt Bissier 1943, als sei er total in der Landschaft seiner vorgestellten Welt aufgegangen, „als ob das Weiterleben nur in dieser möglich wäre – wie sehr auch die äußeren Umstände drohen und widerlich sind“. Den Weg vom an der Neuen Sachlichkeit orientierten Frühwerk bis zu den farbig-abstrakten Bildern, die auf der Documenta (1959 und 1964) und 1958 auf der Biennale in Venedig gefeiert wurden, zeigt nun das Freiburger Museum für Neue Kunst. Die Schau präsentiert auch Ostasiatika – Teekeramik, Lackwaren, Farbholzschnitte, Kalligrafien und Metallarbeiten –, wie sie Bissier in der Sammlung des Kunstwissenschaftlers Ernst Grosse gesehen hatte. Schon früh interessiert sich Bissier für Spiritualität. Doch Grosse und seine

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aus Japan stammende Frau Yasu öffnen ihm die Tür zur östlichen Kunst und Philosophie. Der väterliche Freund vermittelt dem Künstler mit seinen „zauberischen Schilderungen“ ein idealisiertes Bild. „Seine künstlerische Auseinandersetzung mit Ostasien begann im Museum, wo die asiatische Kultur bereits für ein europäisches Publikum aufbereitet war“, erklärt die Kuratorin der Freiburger Schau Isabel Herda. Natürlich richten bereits der Japonismus und die Klassische Moderne den Blick nach Osten. Doch Julius Bissier hat keine exotischen Klischees bedient, er hat seinen Eindruck östlicher Kultur in etwas völlig Eigenes transformiert. Das fand auch der Kunsthistoriker Werner Schmalenbach, der den Künstler 1958 (für ein paar Jahre) international bekannt machte: „Der Ferne Osten war nicht ein Vorbild, dem es nachzueifern galt, sondern bedeutete Klärung und Bestätigung des eigenen Denkens.“ Bissiers Werke gleichen Meditationsobjekten. Sie spiegeln sein Nachsinnen über das Leben, die bloße Existenz. Zugleich sind sie leer, reine Form. Und in dieser Form kann man nicht nur die europäische Nachkriegsabstraktion erahnen, sondern auch die monumentalen Leinwände der amerikanischen abstrakten Expressionisten wie etwa Franz Kline. Dabei sind Bissiers Bilder bescheiden, sie verzichten auf Überwältigungsgesten. Auch seine späteren farbigen Arbeiten gleichen visuellen Haikus – Bissier malt nicht für den Ruhm.

Wie Tagebuchnotizen betitelte Bissier seine Tuschezeichnungen nach dem Entstehungsdatum (ganz oben „29.4.57“, o. „21.6.61“), sie seien „absolute Stenogramme meines persönlichen Wesens“. Erst Mitte der Vierziger kehrte er zur Farbe zurück, seine Abstraktionen blühten wie li. oben „Beda Mai 59“ dabei geradezu auf.

Fotos: Bernhard Strauss/Museum für Neue Kunst, Freiburg; Achim Kukulies/Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Galerie Schlichtenmaier, Stuttgart

Bis 23.9., Augustinermuseum Freiburg freiburg.de


In diesem Jahr vergibt GQ zum 20. Mal die MEN OF THE YEAR AWARDS an herausragende Persรถnlichkeiten aus Fashion, Entertainment, Sport und Gesellschaft.

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Panorama Bücher

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4 Leseprobe Redak tion Oliver Jahn und Florian Siebeck

1 Große Entdeckungen Getrieben von einem unstillbaren Wissensdrang, erforscht Alexander von Humboldt zwischen 1799 und 1804 die Gefilde Süd- und Mi elamerikas. Seine Beobachtungen und Skizzen notiert er auf fast 4000 Seiten in einem Tagebuch, dessen Faksimile in „Bilder-Welten“ mit Kommentaren erklärt wird.

2 Kleine Erweckungen Geboren wurde er in Nantes, aber seine Stilbildung erhielt er in Paris. René Prou war einer der großen décorateurs des Art déco, und auch aufs stilvolle Reisen verstand er sich: Die erste Werkschau, mit einem Vorwort seines Enkels Patrick Frey, zeigt u. a. Prous Suiten für den Orient-Express oder o. li. das Schiff „L’Atlantique“.

3 Geschichten aus Holz … Halten wir es mit Loriot: Ein Leben ohne Schichtholzmöbel ist möglich, aber sinnlos. Wolfgang illmann ergründet anhand berühmter ( onet, Aalto, Breuer) und weniger bekannter Beispiele (Gerald Summers) die Ursprünge einer Fertigungsmethode, die Möbeln völlig neue Gestaltungsansätze erlaubte.

Pre s tel, 7 3 6 S ., 14 8 Euro.

Norma, 2 5 6 S ., 6 5 Euro.

Hirmer, 2 24 S ., 4 5 Euro.

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4 … und aus Metall Ende der Achtziger hörte der Sammler Patrick Seguin das erste Mal von Jean Prouvé. Das Werk des französischen Midcentury-Designers, der heute zu den Größen des 20. Jahrhunderts zählt, war aus der Mode gefallen, Seguin aber ließ es nicht los: 2007 erschien seine erste Monografie, nun gibt's die Neuauflage. Patrick S e guin,76 4 S .,1 9 5 Euro.

Fotos: Thomas Skroch (2); Cover- und Innenabbildungen: Éditions Fonmare; Éditions Norma; Hirmer Verlag; Nicolas Bergerot; Prestel; Galerie Patrick Seguin

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Design Summit Design Award 2018

How to live/ Bauhaus or Bang? What will our future homes be like: Empty white boxes, reduced to the max? Or cozy havens of cushioned comfort?

Join us! Talks, lectures and AD Design Award

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Panorama Reise

Die Welt im Fluss Wohin, wenn es nicht mehr höher, schneller, weiter geht? Zurück auf die Schiene. Das Bahnfahren erlebt eine Renaissance – wäre auch zu schade um diese überwältigenden Aussichten.

4352 Kilometer auf 1435 Millimetern: Die vor 100 Jahren eröfnete Strecke von Perth nach Sydney trägt den Beinamen „Transaustralische Eisenbahn“. Ohne Umstieg ist die Passage erst seit 1970 möglich; für die Reise von der Ost- zur Westküste braucht der Indian Paciic heute 65 Stunden.

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Fotos: Steve Strike/Great Southern Rail; Helen Cathcart/Belmond; Belmond

Tex t Florian Siebeck


Z ugegeben: Es gibt schnellere Wege, ans Ziel zu kommen. Aber darum geht es hier nicht. Wo der Blick die endlosen Weiten der vorbeiziehenden Landschaft streift, da kann der Geist zur Ruhe kommen. Diese Form des kontemplativen Reisens hat in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt: von Alaska bis Japan, von der Dampflok bis zum fahrenden Boutiquehotel – acht Züge auf fünf Kontinenten, die schon den Weg unvergessen machen.

Venice Simplon-Orient-Express, Europa In seinen ersten Jahren waren Gäste des Orient-Expresses angehalten, eine Waffe bei sich zu tragen – nur zur Sicherheit. Heute ist die Reise wesentlich ungefährlicher; auch weil Betreiber Belmond den historischen Zug nur noch zwischen London und Venedig verkehren lässt. (Die historische Strecke Paris–Istanbul wird einmal im Jahr bedient.) Der Charme, der Autoren und Filmemacher so vereinnahmte, ist geblieben: In diesem Jahr wurden drei Art déco-Suiten samt eigenem Badezimmer und Doppelbett ergänzt. The Indian Pacific, Australien In drei Nächten vom Indischen Ozean zum Pazifik, einmal quer durch Australien: Diese Strecke legt jede Woche der Indian Pacific zurück, der zwischen Perth und Sydney verkehrt. Es ist der Weg jener Entdecker, die einst von den Küstenstädten aus den Kontinent und seine oft karge Landschaft erkundeten. Die jüngst aufgefrischten Wagen des Betreibers Great Southern Rail machen die Reise um vieles erträglicher: Der Speisewagen „Queen Adelaide“ wird regelmäßig für Küche und Wein ausgezeichnet.

Der Barwagen oben im Orient-Express hat mit dem Bordbistro der Deutschen Bahn nur eines gemein: Es ist der Ort, an dem Kontakte geknüpft werden. Ansonsten bleiben die Gäste gern unter sich – und genießen Komfort, Service und Unbeschwertheit im wohl bekanntesten aller Luxuszüge (unten).


Golden Eagle, Russland Ein Land, acht Zeitzonen, 9000 Kilometer: Die Transsibirische Eisenbahn von Moskau nach Wladiwostok ist die längste Bahnstrecke der Welt. Am luxuriösesten ist die Reise im Golden Eagle, der mitunter noch einen Abstecher in die Mongolei macht. Shiki-Shima, Japan Gleich mehrere Luxuszüge feiern in Japan Premiere: etwa der Shiki-Shima (Interieur von Porsche-Designer Ken Okuyama) und der Royal Express (mit Familien-Suiten), die einen Blick ins wahre Japan abseits Tokioter Straßenschluchten bieten.

Brockenbahn, Deutschland Mehrmals am Tag macht sich das schnaufende Dampfross auf seine beschwerliche Reise durch die Gebirgswelt des Harzes. In anderthalb Stunden überwindet die Brockenbahn gut 900 Höhenmeter, ehe sie schließlich auf Deutschlands höchstgelegenem Bahnhof kurz vor dem Gipfel zum Stehen kommt. Besonders eindrucksvoll ist die Passage im Winter, wenn der Weg durch verschneite Tannenwälder und aussichtsreiche Hochebenen führt.

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Oben: Die Glaskuppel im Panoramawagen des Rocky Mountaineer ofenbart jeden Winkel der kanadischen Wildnis (o. li). Etwas weniger abenteuerlich, aber ungleich romantischer geht es in Deutschland zu: Mit Tempo 40 erklimmt die Harzer Schmalspurbahn (u.) das Mittelgebirge fast bis zum Gipfel.

Fotos: Rocky Mountaineer (2); Coby Brock; Rovos Rail; Dook Photography/Rovos Rail; Annett Schmitz/Novarc/Mauritius Images

Rocky Mountaineer, Kanada „First Passage to the West“ heißt die gewaltige Strecke, die sich dieser Panoramazug entlang kristallklarer Seen, tiefer Schluchten und dramatischer Felsformationen bahnt. Die Reise von Vancouver nach Banff durch die kanadischen Rocky Mountains dauert zwei Tage und enthält eine Übernachtung im Hotel. Ruhigere Gemüter können sie aber auch auf mehrere Wochen ausdehnen – zu entdecken gibt es im wilden Westen Kanadas genug.


Panorama Reise

Denali Star, Alaska Der Spatenstich für die Alaska Railroad fiel in die Zeit des Goldrauschs, 1904. Heute wird die Strecke von Anchorage nach Fairbanks an jedem Sommertag befahren. Zwölf Stunden dauert die Reise, dazwischen liegen der Nationalpark und die Rocky Mountains. Bei klarem Wetter reicht der Blick bis zum Denali – dem höchsten Berg Nordamerikas.

Pride of Africa, Südafrika Der Autoteilehändler Rohan Vos hatte eigentlich nur einen leicht größenwahnsinnigen Familienausflug machen wollen, als er mehrere Dutzend Eisenbahnwaggons kaufte und renovierte. Heute, 30 Jahre später, bietet Rovos Rail Zugfahrten durch den Süden Afrikas an, zu den Victoriafällen oder in die Kalahariwüste. Die meisten Fahrten beginnen in Pretoria, die längste dauert 15 Tage. Sie führt von Kapstadt nach Daressalam über Botswana, Simbabwe, Sambia und Tansania und ist am komfortabelsten in der Royal Suite, mit eigenem Badezimmer samt frei stehender Badewanne.

Mehr als 100 Kilometer folgt der Denali Star in Alaska dem Fluss Susitna (oben). Diese Aussicht ist auch bei Touristen beliebt – seine Hauptaufgabe ist aber der Gütertransport. Weitaus förmlicher geht es unten im Pride of Africa voran: Der Zug im Stil der 1920er Jahre (links das Team) zählt zu den luxuriösesten der Welt, an Bord herrscht Dresscode.


Members’ Clubs

In bester Gesellschaft

Allianz des guten Geschmacks Das „Il Luogo di Aimo e Nadia“ in Mailand ist nicht nur für seine Küche, sondern auch für seine Kunst bekannt. Zum 50. Geburtstag bekommt es eine kleine Schwester: Das Bistro wurde von Rossana Orlandi (mit Stofen und Tapeten von Etro Home) gestaltet, deren Galerie gleich nebenan ist.

Nach Hotels in Tulum und Malibu eröffnet Habitas nun im kalifornischen Venice Beach das erste eigene Clubhaus. Für 2200 Dollar im Jahr sind nicht nur Wellnessbereich, Sportstudio und Sur oard inklusive …

… sondern auch der Zutri zum Pendant in Midtown Manha an. Das Clubhaus, das in einer alten Feuerwache untergebracht ist, soll geschundenen Großstadtseelen ein Ruhepol sein – samt Vinylpla enspieler und voll ausgesta etem Tonstudio. ourhabitas.com

Reprise in Baskenrot Das Palasthotel „Splendid“ in Istanbul ist seit seiner Eröffnung 1908 in Familienhand. Jetzt gab es einen behutsamen Rebrush: Studio Noor knüp e Bande an alte Zeiten, sprach mit Zeitzeugen, restaurierte viele Böden und ließ müde gewordene Ra anmöbel in Vietnam neu auflegen. DZ ab 160 Euro, inkl. Frühstück. splendidhotel.net

In London hat mit dem „Allbright“ der erste Members’ Club nur für Frauen eröffnet, als Antwort auf die traditionsreichen Gentlemen’s Clubs des Landes. „Connect, create, collaborate“ lautet das Credo, Mitgliedsgebühr sind 750 P nd im Jahr.

Redak tion Florian Siebeck

theallbright .com

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Fotos: Bistro Aimo e Nadia; Read McKendree (2); Juan Delgado; Tina Hillier; Ibrahim Özbunar/Splendid Hotel

bis troaimoenadia.com


Panorama Reise

Mahlzeit, Morandi Das turistisch angehauchte „Casaplata“ in Sevilla serviert kein Chichi, sondern traditionelle Küche – die Farbund Formgebung, die Lucas y Hernández-Gil dem Restaurant mit leisen Pastellmöbeln samt Sichtbeton(lein)wand gaben, orientiert sich an den asketischen Stillleben Giorgio Morandis. fb.me/casaplatasevilla

PERFEKTE GENUSSMOMENTE. IMMER AUF DEN PUNKT.

Die ausgezeichneten Design-Induktionskochfelder mit freier Temperaturwahl. Genuss ohne Kompromisse: Das in edlem achatgrau gehaltene Panasonic Einbau-Induktionskochfeld KY-T937SL mit Genius Sensor Technologie sorgt dafür, dass so schnell nichts mehr anbrennt oder überläuft. Dank der gradgenauen Temperaturmessung am Boden des Kochgeschirrs lassen sich zudem Köstlichkeiten immer wieder gleichbleibend perfekt zubereiten. Für Kochspaß ohne Reue zieht der neue Muldenlüfter KH-DX98GM Gerüche und Fettdunst direkt dort ab, wo sie entstehen. Außergewöhnlich schön und beeindruckend präzise: Die Genuss-Einbaugeräte von Panasonic. www.panasonic.de/einbaugeraete


MIRAGE by Patricia Urquiola

www.gan-rugs.com


Leben

Foto: Stephan Julliard

in Paris, Frederiksberg, Palermo, Thiene, Rom und Mailand

Gelbe Schote, weißer Krabbler Ist jemand sehr hartnäckig, sagt man in Frankreich: „Tu as de la suite dans les idées, non?“ Beim Umbau eines Parterres im 16. Pariser Bezirk nahm Sarah Lavoine den Ausdruck wörtlich. Am Ende einer neuen Enfilade mit Gartenblick warten nun India Mahdavis „Jelly Pea“-Sofa und eine Monsterameise. Sweet!

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Paris

Das Leben Louis XV, Régence und Hervé Van der Straeten. Wie entspannt dieses Tête-à-tête der Stile sein kann, zeigt uns der Möbelkünstler in seinem Appartement auf der Île Saint-Louis.

ist ein langer Fluss Tex t Ian Phillips Fotos Stephan Julliard


Vor dem Fenster ließt die Seine, und in der Bibliothek lirten die gelben Louis XV-Sessel mit dem Daybed von Hans J. Wegner und den Entwürfen von Hervé Van der Straeten (li. Seite). Sein Tisch „Trace“ aus Bronze und Padoukholz

u. grüßt über die Epochen hinweg die goldbetresste Rokoko-Lackkommode (li. S. u.) im Esszimmer. Der Designer hat ihr „Réaction“, seinen Spiegel aus Lack und Blattgold, und Günter Beltzigs rote „Floris“-Sessel zur Seite gestellt.

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E twas ganz anderes sollte es sein. Als Möbeldesigner Hervé Van der Straeten und sein Mann Bruno Frisoni sich entschlossen, ihr loftartiges Appartement im 12. Pariser Arrondissement zu verkaufen, wollten sie sich neu erfinden. „Wir hatten Lust, an einem Ort zu leben, der uns neue Erfahrungen ermöglichen würde“, erklärt Van der Straeten. Was sie fanden, war ein 175 Quadratmeter großes Appartement mit einem einzigen Schlafzimmer auf der Île Saint-Louis, mitten im historischen Zentrum der Stadt. Die Wohnung befindet sich in einem Haus mit langer Geschichte. Mitte des 17. Jahrhunderts erbaut, war es von 1837 bis 1843 das Zuhause eines Malers aus der Barbizon-Schule, Charles-François Daubigny, einer der Vorväter des Impressionismus. Das Appartement selbst gefiel Van der Straeten vor allem aus zwei Gründen: erstens seine exquisiten Proportionen (die Decken sind bis zu 4,20 Meter hoch), zweitens die Lage direkt am Ufer der Seine. „Die Nähe zum Wasser hat einen unglaublichen Reiz“, schwärmt er. Frisoni, neben Christian Louboutin wohl Frankreichs aufregendster Schuhdesigner, ist vor allem als künstlerischer Direktor der Marke Roger Vivier bekannt – eine Position, die er 16 Jahre lang bekleidete, bis er das Unternehmen im Februar 2018 verließ. Hervé Van der Straeten spielt, wenn es um das Entwerfen von Möbeln geht, in einer eigenen Liga. Seit er 1998 seinen Showroom im Pariser MaraisViertel eröffnete, hat er eine begeisterte Anhängerschaft gewonnen. Zu seinen Fans gehören Jacques Grange, François Catroux und Muriel Brandolini. Er betreibt eine eigene Werkstatt mit fabelhaften Kunsthandwerkern, die in einer ehemaligen Schalterfabrik im Pariser Vorort Bagnolet untergebracht ist. Sein Stil? Schwer zu beschreiben; er variiert von lyrischen, von der Natur inspirierten Entwürfen bis hin zu streng geometrischen Objekten. Doch es gibt bestimmte Gemeinsamkeiten: „Viele meiner Stücke treiben eine Art visuelles Verwirrspiel“, bemerkt der Designer. „Man denkt, alles hält wie durch einen Zauber Sittin’ pretty! Van der Straetens Sofa unter der Zeichnung von Daniel Arsham blickt über Pierre Charpins Tisch (2005, Galerie Kreo) hinweg auf die Goldpaneele eines japanischen Paravents aus dem 18. Jahrhundert, die von den Lacksesseln „Shanghai“ des Designers lankiert werden. Seine Stehleuchten „Vertige“ rahmen das Régence-Bureau pistaziengrün.

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Her vé Va n der St r ae ten

„Erst Kontraste geben einem Interieur diese geheimnisvolle Musikalität.“


Geschenk zum 50.! Das Gemälde „Kavallerieoizier“ von RenéGeorge Gautier (links, 1927) hält in dieser Ecke der Bibliothek Möbel und Kunst im Zaum–die Louis XVI-banquette mit pfauenblauem Samt genauso wie das Hängeobjekt „Pina Farini“ von Magali Daniaux und Cédric Pigot oder den eiförmigen Fiberglassessel von 1970.

Linke S.: Zaubertrick! Die kubistische Stahlbasis von Hervé Van der Straetens „Perturbation“-Tisch spiegelt das Pariser Tafelparkett. Ihn umringen lederbezogene Rokoko-Stühle aus den Fifties und Pierre Malphettes’ Skulptur „Ein Fels“. Auf dem Kamin prangen Amethyste, Kristalle und Van der Straetens „Epines“Leuchte mit Papierschirm und Dornfuß.

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Wer entdeckt die Gräte? Auf dem Régence-Schreibtisch setzt Van der Straetens Leuchte „Élancée“ Simone Crestanis Wunderwerk – ein Fischskelett aus Glas (über Galerie Alexandre Biaggi) – ins beste Licht. Neben dem Sofa links dreht der bronzene Lampenfuß von „Volubile“ Kringel.


zusammen.“ Das liegt vor allen Dingen – Van der Straeten selbst ist viel zu bescheiden, um es auszusprechen – an der erstklassigen Qualität der Verarbeitung. „Man kann Hervés Möbel auf den Kopf stellen“, sagt etwa Muriel Brandolini. „Sie sind einfach perfekt.“ Bruno Frisoni und Van der Straeten veränderten nur sehr wenig an der Wohnung. Sie strichen einfach die Wände, die zuvor „kaltweiß“ waren, und wählten dabei überwiegend neutrale Farbtöne wie Crème, ein blasses Wassergrün und ein rosa angehauchtes Beige. „Wir hatten ja bereits eine ganze Menge ausdrucksstarker Bilder und Möbel, und anstatt eines vorgefassten, allzu dominanten Einrichtungskonzepts wollten wir die Werke sprechen lassen“, erklärt Van der Straeten. Eine Ausnahme ist das kleine Schlafzimmer – hier entschieden sie sich für ein dunkles Schokoladenbraun, um es noch behaglicher zu machen. „Wir wollten, dass es sich wie in einer kostbar ausgeschlagenen Schatulle anfühlt“, sagt er. Es kann kaum überraschen, dass Van der Straeten die Wohnung mit vielen seiner eigenen Entwürfe füllte. Dazu gehören sein Coffeetable „Trace“ in der Bibliothek, seine chinesisch inspirierten „Shanghai“-Sessel im Wohnzimmer und seine Leuchte „Epines“ auf dem Kaminsims des Esszimmers. „Für mich war es ziemlich interessant, auch mal von der anderen Seite her zu denken und einzelne Stücke aus meiner Kollektion auszuwählen, wie ein Innenarchitekt es täte“, erzählt der Designer. Den Esstisch „Perturbation“ mit spiegelndem Stahlfuß etwa wählte er der gestalterischen Harmonie wegen. „Seine Platte ist aus Spektrolith und lässt eine ganze Welt an Mineralien aufscheinen – eine Art Fortsetzung zu dem, was sich in anderen Bereichen der Wohnung abspielt, etwa auf dem Kamin, wo wir Kristalle und Amethyst-Geoden aufgestellt haben.“ Im Salon dagegen entschied er sich, um einen Kontrast zu schaffen, für die beiden mintgrünen Bodenleuchten „Vertige“. „Dort ist die Atmosphäre ziemlich neutral, mit vielen Beigetönen. Ich wollte dieser allzu glatten Welt ein bisschen Saures geben.“ Denn wenn es etwas gibt, was Van der Straeten nicht leiden kann, ist es Gleichförmigkeit. „Ich liebe es, vermeintlich gegensätzliche Dinge zusammenzubringen, erst Kontraste bringen Musikalität in eine Einrichtung.“ Dennoch, sagt er, gebe es keine Zauberformel, „das bleibt eine Frage der Spontaneität und des Geschmacks.“ Zu der erlesenen Mischung, die er hier zusammengefügt hat, gehören neben einem zeitgenössischen Coffeetable von Pierre Charpin einige eigenwillige Designs aus dem 20. Jahrhundert, wie das Paar orangeroter „Floris“-Stühle, die der deutsche Designer Günter Beltzig 1967 entwarf. Am auffallendsten sind aber die ältesten Stücke – ein Régence-Schreibtisch aus Frankreich, ein klassischer, vergoldeter Konsoltisch und eine Kommode aus dem frühen 18. Jahrhundert aus lackiertem Holz, Marmor und vergoldeter Bronze. „Ein historisches Stück erzählt immer eine Geschichte, schickt uns auf eine imaginäre Reise in die Vergangenheit – was hat es erlebt, wer waren seine Besitzer?“ Van der Straeten bekommt leuchtende Augen. „Besonders faszinieren mich alte Möbel mit einer gewissen Dosis Fantasie. Man spürt Bewegung in ihnen, das inspiriert wie eine Art roter Faden auch meine Werke.“ Zur Kunst hat er einen ähnlich unorthodoxen Zugang. „Die einzelne Arbeit muss mich packen, zuerst ist es ein coup de coeur, erst dann schaue ich, was der Künstler noch gemacht hat und ob mir sein Werk gefällt.“ So hängt hier ein flämisches Gemälde aus dem 16. Jahrhundert, das Venus und die vier Jahreszeiten darstellt, aber auch eine Fotografie von Massimo Vitali oder eine felsartige Me-

tallskulptur von Pierre Malphettes. Einen besonderen Wert für ihn hat das Porträt des Kavallerieoffiziers in der Bibliothek – es wurde 1927 von einem Künstler namens René-George Gautier gemalt, und Van der Straeten bekam es zu seinem 50. Geburtstag geschenkt. „Ich mag sein kantiges, schönes Gesicht und genauso seine Entschlossenheit. Man könnte glauben, unser Sofa darunter ist sein Pferd.“ Im Wohnzimmer verweisen die beiden Paneele einer japanischen Faltwand aus dem 18. Jahrhundert auf Van der Straetens Liebe für das Land der aufgehenden Sonne. „Ich bin quer durchs Land gereist, Japan hat mich immer wegen seines puren Designs und der Qualität seines Kunsthandwerks inspiriert.“ So grandios die beeindruckenden Proportionen des Appartements sein mögen – Van der Straeten legt wenig Wert auf Förmlichkeiten, sagt, er sei „kein Esszimmer-Fanatiker, ich lade lieber

Federleichte Träume verspricht Massimo Vitalis Foto im Masterbedroom oben. Die purpurroten Vorhänge, der Bettüberwurf von Society Limonta und das erdbeerrosa gestrichene Fenster geben dem Bild ein Echo im Raum. Van der Straetens Leuchten „Eole“ und die Nachttischchen „Talon Aiguille“ stehen auf High Heels.

zu einem Buffet ein, und alle setzen sich, wohin sie möchten“. Einer seiner Lieblingsplätze ist das Daybed von Hans J. Wegner vor dem Fenster der Bibliothek – ein perfekter Ort, um auf die Seine hinauszuschauen. „Der Fluss steht niemals still, es ist ein dauerndes Hin und Her. Das reicht von Froschmännern bis zu allen Arten von Vögeln. Im Sommer veranstaltet das kleine Café gegenüber Tango-Abende. Bevor wir hier einzogen, hätte ich niemals gedacht, dass Menschen so viele verschiedene Dinge mit einer solchen Intensität tun können, erstaunlich!“

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„Farben verlangen Respekt!“

Tex t Reinhard Krause

St yling Pernille Ves t

Fotos Heidi Lerkenfeldt

Hier lebte einst ein malender Polarforscher. Nadia Olive Schnack krempelte seine Villa um – und erwies ihm doch die Reverenz. 124


Surrealismus im Gewand von John Kørner: Im Wohnzimmer bewässert ein koploser Herr eine hingestreckte weibliche Figur. Kürbisleuchte von Besselink & Jones. Der Schreibtisch im Dachatelier (linke Seite) ist ein Eigenentwurf des Hausherrn, den Kufenstuhl davor entwarf Børge Mogensen.

Frederiksberg



Nadia S chnack

„Was ist Farbe? Atmosphäre pur!“

Like ice in the kitchen: Ihren Lieblingsraum, die Küche (linke Seite), mitsamt den Einbauten von Kejser&Sultan hüllte die Hausherrin in „Sugared Almond“ von Farrow&Ball. Am Fenster kommt „One Mint Julep“ von File Under Pop ins Spiel. FarbkreisKunst vom deutschen Maler und Architekten Rupprecht Geiger.

(Farb-)Technik fürs Leben: Nadia und Adam Schnack re. in Harald Moltkes einstigem Atelier. Das expressive Bodenmuster schuf die dänische Künstlerin Evren Tekinoktay. Über dem Kaare Klint-Schreibtisch: Waschmaschinen von Bosch auf einer Zeichnung von Joan Linder.

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Wer zum einstigen Atelier von Harald Moltke hinaufwill, kommt im Treppenhaus (re. Seite) an einem kreisrunden Aquarell des malenden Nordlandfahrers vorbei. Das schwarzrote Quadrat darüber ist von Ole Schwalbe, das abstrakte Ölbild von Ib Geertsen. Läufer von Roger Oates.

Bodenstation für ein Heim in sphärischen Tönen: Das Wohnzimmer u. wird geprägt durch eine ockerfarbene Tapete von Helene Blanche. Der marokkanische Pouf und der mit Dedar-Stof bezogene ottoman table von Tapet-Cafe greifen den Ton auf. Kunst im Graiti-Stil von Jens Birkemose.

Zur Ruhe kommen: Die Wände im Schlafzimmer re. und u. re. wurden in „Bible Black“ von Farrow & Ball gestrichen, der Boden in „Blue Ground“. Eine collagierte Dame von Barbara Rachmanski bewacht Keramiken von Axel Salto. Über dem Vintage-Canapé: ein weiteres Gemälde von Ib Geertsen.


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Nadia S chnack

„Design von heute ist oft großartig, das verwendete Material leider gar nicht.“ D as Polarlicht ist ein flüchtiges Phänomen. Wer es erleben will, muss weit reisen; wer es im Bild festhalten möchte, braucht eine leistungsstarke Kamera-Optik. Oder einen versierten, unerschrockenen Maler wie Harald Viggo Graf Moltke. 1898, zu einer Zeit, als derlei Forschungsreisen nicht immer mit einer Heimkehr endeten, nahm der Däne an seiner ersten Grönlandexpedition teil. Im Jahr darauf wurde er eingeladen, eine Expedition nach Island zu begleiten und das grandiose Licht- und Farbspektakel der Aurora borealis auf die Leinwand zu bannen. Obwohl der Graf bleibende Schäden von seinen diversen Abenteuern am Polarkreis zurückbehielt, ließen ihn die dort gesammelten Eindrücke zeitlebens nicht mehr los. Auch nicht, als er sesshaft wurde und sich 1913 ein Haus in Kopenhagens Zwillingsstadt Frederiksberg bauen ließ. Die gut proportionierte Villa mit dem Mansarddach gehört heute Nadia Olive Schnack und ihrem Mann Adam. Gemeinsam betreiben sie ein Büro in Kopenhagen; sie arbeitet als Innenarchitektin und Farbberaterin, er ist Makler. An der Originalsubstanz des Hauses nahm das Paar nur kleine Eingriffe vor. Vom Geist des malenden Globetrotters, der in diesen Räumen fast 50 Jahre gelebt hat, ist trotzdem zunächst nichts zu spüren. Die hellen Dielen, die skandinavischen Designklassiker, die souverän gemixten Pop-Farben an Wänden, Türen und Fensterrahmen – das alles ist ganz und gar State of the Art. Doch dann betreten wir das einstige Dachatelier des Grafen, und plötzlich ist da eine flirrende Präsenz zu spüren, ein unerklärliches Fluidum, das weniger von den schönen, nach Norden ausgerichteten Atelierfenstern ausgeht als vielmehr von der Bemalung des Fußbodens, einem irrlichternden Muster aus blassen Pastelltönen, das mal parallel zur Wand verläuft, dann wieder allerlei Haken und dem Auge ständig neue Schnippchen schlägt. Es ist, als hätten die flirrenden, tanzenden Nordlichter,

denen Harald Moltke so intensiv nachspürte, hier eine letzte Materialisation gefunden. Ist dieser außergewöhnliche Boden also eine Hommage an den Vorbesitzer, gibt es ein spezielles Band zu Moltke? Jetzt muss Nadia Schnack lachen: „Ich würde gerne Ja sagen, aber das wäre geschummelt. Ganz offen – mein Lieblingsmaler ist er nicht. Wen ich hingegen sehr bewundere, ist Evren Tekinoktay. Ich hatte den Eindruck, der Atelierraum verdiente ein Extra. Und ich hätte keine Bessere dafür finden können.“ Nolens volens kam schließlich doch eine Art Huldigung dabei heraus. Aber auch die Farben, die Nadia Schnack für ihre Villa zusammengestellt hat, wirken eigenartig immateriell, fast kosmisch. Im Schlafzimmer trifft wohliges Nacht- auf heiteres Himmelblau, die Küche wirkt, als hätte Langnese speziell für Familie Schnack (die Kinder Maggie und David sind sieben beziehungsweise neun Jahre alt) ein Eis aus Fliederblüten kreiert. Der einzige Raum, der mit allen vier Wänden resolut auf der Erde bleibt, ist das Wohnzimmer mit seiner Tapete von Helene Blanche (ocker!) und einem marokkanischen Wollteppich in Ultramarin. Warum dieser verblüffende Wechsel? „Das Wohnzimmer vermittelt Wärme und Ruhe. Wären hier auch noch sphärische Töne am Werk, würde das ganze Haus kalt und wohl auch ein wenig abweisend wirken.“ Noch etwas anderes fällt auf: Während die Schnacks sich mit zeitgenössiPoul Kjærholms Esstisch „PK54“ in der scher Kunst umgeben, sind ihre Möbel Küche (li. Seite) stand mit wenigen Ausnahmen Vintages des schon im Elternhaus 20. Jahrhunderts. „Doch, doch, ich schätvon Adam Schnack. ze aktuelles Design durchaus“, erklärt Mit den Ring-Segmendie Hausherrin. „Aber wenn Sie genau ten aus Ahorn lässt sich das Marmortop hinsehen, stellen Sie fest, dass die Quaverbreitern. Dazu paslität der Umsetzung leider oft zu wünsen Thonets „Wiener schen übrig lässt.“ Für Expeditionen ins Stühle“ und die Lampe Reich der Farben und des Designs ist von Wästberg, einer Nadia Schnack so gut gerüstet, wie Graf der wenigen aktuellen Entwürfe im Haus. Moltke es für die Arktis war!


Palermo

Schönheiten in Reih und Glied. Dario Longo kultiviert in seiner Zweitwohnung allerlei Leidenschaften. Der Nichtraucher sammelt Zigarettenboxen. Aber auch juristische Bücher und alte Kofer, die er im Schlafzimmer zum Nachttisch stapelte. Rechte Seite: Im Eingangsbereich erhellen zwei Sixties-Hängeleuchten von Luigi Caccia Dominioni das neu bezogene sizilianische Sofa aus dem 17. Jahrhundert.


Passion für Patina Mit sizilianischer Opulenz und der grazilen Anmut der Vierziger und Fünfziger erzählt Dario Longo in seinem Pied-à-terre eine ganz eigene Version von Vintage – aus Samt, Suppenschüsseln und viel Goldglanz. Fotos Alessandra Ianniello

Fotos: Alessandra Ianniello/Living Inside

Tex t Barbara Gär tner

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inrichten ist wie Drehbuchschreiben. Manche entwickeln ihre Geschichte aus einer einzigen Szene, einer Farbe, einer Leuchte, die alles Weitere bestimmt. Andere haben den Trailer schon am Anfang vor Augen, die Einzelheiten zum Film verdichtet. Dario Longo, 44 Jahre alt, kultivierter Bart zum T-Shirt und hochpräzises Englisch in Baritontiefe, gehört zur zweiten Gruppe. Er ist ein Mann der Details. Doch die dienen dem Ganzen. Mögen also andere vor Sesseln stehen und elaborierte Referate halten, Dario Longo zuckt mit den Achseln, lächelt fein und sagt: „Das Stück ist nicht besonders wertvoll, ich hab es gekauft, weil ich es eben schön fand.“ Grazie, Raffinesse, Harmonie – das ist Sinn und Zweck seiner Geschichte, die er in seinem Pied-à-terre in Palermo mit sizilianischer Opulenz und der schlich-

Ein Sammler? Nein, Sammeln ist eine Krankheit, eine Besessenheit. „Ich kaufe Dinge, die mir gefallen“, sagt Dario Longo (li.). „Und das in Serie.“ Den imposanten Wohnzimmerspiegel unten links ließ er eigens anfertigen. „Es gibt in Italien nur eine einzige Firma, die das gut kann, Labanto. Ich brauchte drei Monate, die überhaupt ans Telefon zu bekommen.“

ten Anmut der Fifties, mit Samt, Suppenschüsseln, Stilnovo, Goldglanz, Chinoiserie und Ikea als betörendes Drama aufführt. Dabei war er mit Palermo eigentlich fertig. „Man kann hier nicht leben, nicht arbeiten.“ Er sitzt in seiner Küche, die Abendsonne liegt golden über den Hinterhofdächern, irgendwo miaut eine Katze. „Es gibt keine Jobs. Und ich meine nicht: gute Jobs. Es gibt überhaupt keine!“ Er ging also weg, studierte Jura in Rom, Amsterdam, lebte in London, inzwischen wohnt er in Mailand. Und dann, vor zehn Jahren vielleicht, zeigte er ein paar Mailänder Freunden seinen Heimatort und sah die Stadt mit dem Blick der Urlauber – so verliebte er sich erneut. In die grandiose ruinöse Schönheit, die einen geradezu packt, die umso fragiler, umso kostbarer wirkt durch den allgegenwärtigen Verfall. Gerade lässt sich das besonders gut inspizieren. Die Wanderkunstausstellung Manifesta hat sich in den sonst unzugänglichen Palazzi von Longos Altstadtviertel Kalsa einquartiert, radikal Zeitgenössisches, oft hochpolitisch, auratisch aufgeladen durch den hübschen Nostalgie-Filter der alten Gemäuer, schrundige Parkettplanken, Löcher in der Wand; aber die Toiletten tipptopp. Und wenn man also auf KunstSchnitzeljagd durch die Kopfsteingassen schlendert, vorbei an Kirchen, in die samstagmorgens tischbreite Blumengestecke


Ganz in Blau (Little Greenes „Woad“) tauchte Longo seine Küche. Die Einbauten kaufte er bei Ikea, den Tisch fand seine Mutter in einem Vintage-Shop, er diente einmal einem Schmied, der Hausherr ergänzte nur die Marmorplatte. An der Wand steigt ein niederländisches Service zur Decke.


Glanzlichter: Im Esszimmer krönen die beiden Leuchter von Michael Anastassiades den Saarinen-Tisch. Bei DinnerEinladungen platziert Longo seine Gäste auf den „Midas“-Chairs von Rockett St George. Vier Zentimeter Farbe ließ der Hausherr abtragen, davon zeugt die Kante.


Einrichten wurde für den Anwalt aus Mailand zu einem Hobby („Davor hatte ich nie welche“). Viele Stücke indet er in Auktionshäusern wie den Zweisitzer, der sich o. li. eine Esszimmerecke mit einem Barwagen teilt. Oder die beiden chinesischen Drucke o. re. im Wohnzimmer, die vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammen. U.: Für das Büro ließ er eine Messingleuchte eigens bei Claudio Brocchini anfertigen. Die Lichtschalter aus Porzellan fand Longo bei THPG in Deutschland, der Polstersessel trägt goldenen Samt.

für die Hochzeiten des Nachmittags geschleppt werden, dann kann es vorkommen, dass einem ein dürrer Jüngling im Manifesta-T-Shirt sagt: „Das Kunstwerk ist dort drüben, leider kaputt. Aber das hier ist der Palazzo Ajutamicristo, und das ist sowieso das schönste Ausstellungsstück, das wir haben.“ Im zweiten Stock, nur zwei Häuser daneben, hat Dario Longo vor drei Jahren seine Wohnung gefunden. In 50 Palazzi ist er die Treppen hinauf- und hinabgestiegen, diese eine musste es sein. „Ich mochte die Struktur des Hauses, die Proportionen. Es gab keine Gänge, nur einen Raum nach dem anderen. Und dieses Deckenfresko.“ Im Salon zeigt er hinauf zu einer blumenumrankten Grazie samt feistem Kindlein. Die anderen Wandmalereien waren begraben unter zentimeterdicken Farbschichten – in fiesem Orange. „Orange!“ „Broken wall“ nennt Dario Longo seinen auffälligsten Einrichtungskniff. Im Esszimmer treffen das schicke Tiefblau der Decke, Seitenwand und der angrenzenden Küche (Little Greenes „Woad“) auf die sommerhimmelhelle rekonstruierte Wandbemalung aus dem 18. Jahrhundert (der Palazzo Torre Piraino selbst wurde wohl 1590 errichtet); getrennt durch eine zarte Linie, unregelmäßig wie ein Papier, das man von Hand abgerissen hat, ein chipperfieldeskes Nebeneinander von gestern und heute. Da-

rio Longo tritt näher, fährt mit den Fingern die Linie entlang, vier Zentimeter! „Es ist eine Erinnerung daran, was an diesem Ort geschehen ist. Vor 50 Jahren haben die damaligen Besitzer alle Wandmalereien überstrichen, weil sie die Räume modernisieren wollten. Diese Mauer soll daran erinnern, wie leicht es ist, mit ein paar Pinselstrichen die alte Schönheit zu zerstören – und wie viel Mühe es macht, sie wieder aufscheinen zu lassen.“ Bevor Longo sich daran machen konnte, die Farbschichten abtragen zu lassen, die alten Fresken freizulegen, musste er einen jahrelangen juristischen Hickhack ausfechten, so verworren waren die Besitzverhältnisse des Hauses. „Zum Glück bin ich selbst Anwalt.“ Er lacht. „Da konnte ich mir dieses Geld zumindest sparen.“ Drei Jahre hat die Wiederbelebung der Wohnung gedauert. Geholfen hat der Architekt Mario Vigneri und vor allem der Restaurator Davide Sansone. Er ist Kurator des Stanze al Genio, dem Majolika-Museum


weiß, mit dieser Vorliebe bin ich zurzeit nicht allein.“ Dazu kommt das Formenvokabular der Vierziger und Fünfziger. „Die Materialien waren kostbar, Samt und Messing, aber die Formen waren leichtfüßig und linear.“ In Mailand lebt er im Townhouse. Modern, minimalistisch. „Mein Geschmack hat sich in den letzten zwölf Jahren verändert. Und vielleicht“, er nickt in Richtung Salon, „bin das hier eher ich. Es spiegelt mein Konzept von Schönheit.“ Überall sind Grüppchen. An Wänden wachsen Suppenschüsseln empor wie Gewächse, im Schirmständer: eine Versammlung von Spazierstöcken, in den Regalen: japanische Figürchen aus Elfenbein, daneben: alte juristische Abhandlungen – „kein Mensch liest sie, aber heute ist in den Kanzleien alles digital, für mich sind sie ein Ausgleich“. Sammler möchte sich Longo trotzdem nicht nennen. „Sammeln ist eine Krankheit. Ich kaufe einfach nur Dinge, die mir gefallen. Und das in Serie.“ Er tritt hinaus ins Treppenhaus und öffnet die Tür zur Nachbarwohnung. Am Boden liegt Schutt, die Decke ist aus rohen Holzbalken. Sein neustes Projekt; bald sollen beide Wohnungen zusammengeführt, sich vier Salons, verbunden mit Flügeltüren, aneinanderreihen. Er lächelt. Dario Longo schreibt schon die Fortsetzung.

eines Privatsammlers ein Stockwerk tiefer. Wenn man nun eintritt, empfängt einen die angenehm kühle Wohltemperiertheit tiefer Farben und tänzelnder, aber trotzdem harmonierender Ornamente. Longo erfreut sich am Original, den handbemalten Fliesen am Boden, den rekonstruierten Wänden, aber einen period room hat er trotzdem nicht geschaffen, sondern seine eigene Geschichte geschrieben. Im Salon stehen samtbezogene Cocktailsesselchen auf ihren ausschwingenden Messingfüßen der Fünfziger unter den leuchtenden großköpfigen Blüten an der Wand. „Im 17. Jahrhundert waren in Sizilien Chinoiserien sehr in Mode“, erzählt der Hausherr. „Manche Adlige konnten sich Seidentapeten nicht leisten, deshalb ließen sie die Muster einfach aufmalen.“ Longo ergänzte dazu chinesische Holzschnitte und Keramiken, ein sizilianisches VintageSofa aus dem 18. Jahrhundert ließ er mit einem plakativen Geisha-Muster beziehen. „Ich mag Samt und Messing“, sagt er. „Ich

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Das Wohnzimmer oben links lädt zur großen Stil-Versammlung aus sizilianischen Sitzmöbeln (alle Polsterstofe: Silva) und Asien – Keramik, Kommode und Kunst kommen aus China. Die Blüten an der Wand hatten Vorbesitzer mit oranger Farbe übermalt. Nur das Deckenfresko blieb frei. Longo sah es – und kaufte die Wohnung.

Über der Badewanne links geht die Sonne auf. Oder die Messingleuchte von Rockett St George. Die Armaturen produzierte Devon & Devon, die (namenlose) Wanne steht auf den originalen Fliesen.


Das Bett im Masterbedroom ist eines der ganz wenigen Stücke aus der Möbelgegenwart und stammt von Xam, die Bettwäsche kaufte Dario Longo bei Society Limonta. Auch diese Leuchte gab er bei Claudio Brocchini in Auftrag. Die Tapetentür führt zum Badezimmer.


Thiene

Durch die Doppellügeltüren im Entree geht’s ins Fotostudio. Designikonen der 30er und 60er – Schichtholzstühle von Giuseppe Pagano, Meret Oppenheims „Traccia“-Tischchen, dazu ein Plastiksessel von Totem – prägen den eklektischen Mix. Rechte Seite: das Esszimmer mit einer Gio Ponti-Konsole. Ölbild von Alberto Caregnato.


Fotos: Helenio Barbetta; Text: Sara Dal Zotto/Living Inside

Die Schichten

der Geschichte Als der Modefotograf Andrea Maino Teile einer 100 Jahre alten Schuhfabrik in Norditalien erwarb, erfßllte sich sein Traum – eine Symbiose aus Industrie und bellezza. Tex t Sara Dal Zot to

Fotos Helenio Barbet ta

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G iacomo Tot ti

„Mein Freund Andrea besitzt ein Faible für die dunkle Seite der Dinge. Ich habe eine hellere Ebene hinzugefügt.“ Das Treppenhaus mündet in einen Vorraum (o.), dessen Boden aus Botticino-Marmor durch roten Montecatini elegant gegliedert wird. Cofeetable „Alanda“ von B&B Italia, Gemälde von Gian Battista Sperotto.

Einen Raum im Raum bildet die Nische (u.) im Salon: Zwischen die Forma-Sessel passt nur das Rot des Teppichs von Matteo Pala. Stehleuchte von Angelo Lelli, an der Wand Kunst von Alessandro Trentin und Bäst.

In einem hinzugewonnenen Zimmer, das früher das Firmenarchiv barg, wurde die Küche (re. S.) untergebracht. Auf Silvio Coppolas Nussbaumtisch für Bernini (60er Jahre) zeitgenössische Keramik aus Nove.


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Dinner im Fifties-Look: Esstisch und Lüster sind namenlos, die mit Samt bezogenen Stühle entwarf die Mailänder Architektengruppe BBPR. Ein weiteres Vintage-Exemplar wartet im Entree (rechte Seite). Die Lampe dort stammt von Stilnovo.

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Das Parkett und die Tür zum Wohnzimmer gehören zur Originalausstattung. Manuel Gazzola entwarf das geschwungene Sofa auf Messingbeinen, das Tischchen mit Marmorplatte ist von Giacomo Totti. Rattansessel „Margherita“ von Franco Albini.

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M

Gediegenheit mit einem Schuss RockAttitüde o.: Architekt Giacomo Totti in einem Sessel mit Teakrahmen von Carlo Hauner und Martin Hesler für Forma aus dem Jahr 1960, dahinter lehnt Hausherr Andrea Maino an einem anonymen Regalsystem der 50er.

anchmal ziehen uns Dinge und Orte magisch an, die wir nicht besitzen, und doch kommt es uns so vor, als gehörten sie zu uns. Dieses Gefühl verband Andrea Maino mit einer um 1910 erbauten Schuhmanufaktur Gold auf Pink: Den in Thiene, im Nordosten Italiens: „Die Fabrik“, sagt er, Masterbedroom (re. „kannte ich schon lange. Ich wusste, dass sie in den Seite) prägt eine Installation aus Ales1950ern von einem ortsansässigen Architekten na- sandro Trentins Serie mens Speranzon restauriert worden war und großar- „Multiple Sun“. Das tige Räumlichkeiten bietet.“ Über Jahre verhandelte Vintage-Tischchen der Modefotograf mit den Vorbesitzern. 2014 schließ- auf dem Teppich von lich erhielt er den Zuschlag für einen Teil des Areals – Matteo Pala nimmt es mit der Dreibeidie einstige Direktorenwohnung und zwei angrenzen- nigkeit sehr wörtlich. de Räume, in denen das Firmenarchiv untergebracht Tischleuchte: „Gatto war. „Für mich ging damit ein Traum in Erfüllung“, Cocoon“ von Flos.

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sagt der stolze Neubesitzer. Seinen Firmentrakt verwandelte Maino in einen exklusiven Wohnsitz mit angegliedertem Fotostudio. Im Erdgeschoss befindet sich ein Atrium mit einer grandiosen Marmortreppe und einem Loungebereich, von dem aus drei monumentale Doppelflügeltüren ins Atelier führen. Diese Fläche gehört zum Arbeitsbereich, doch oft finden hier Veranstaltungen, Vernissagen und Konzerte statt. „Die einstige Fabrik ist zu einem lebendigen Ort geworden, der auch anderen Künstlern als Atelier dient: Wir wollen sie zu einem kreativen Zentrum in der Region machen“, erläutert Maino. Im Obergeschoss geht es privater zu. Der Wohnund Schlafbereich bietet eine souveräne Mischung aus Bewahren und Erneuern; original erhaltene Bauelemente harmonieren mit Eingriffen in Design und Dekor. Die ursprünglichen Türen, Fenster und Böden blieben erhalten und werden noch betont, während anderes, etwa die Raumfolge, umgestaltet wurde. So ist eines der Badezimmer einem begehbaren Kleiderschrank gewichen, und die beiden Archivräume sind heute eine Küche und ein utility room. Vor drei Jahren wurde das Projekt fertiggestellt. Der in Vicenza lebende Architekt und Interiordesigner Giacomo Totti übernahm die Innengestaltung und Restaurierung. Er und Maino sind gute Freunde, beide begeistern sich für die Musik der Sixties und Seventies genauso wie für Möbel der Midcentury-Moderne. „Die Atmosphäre des Hauses setzt auf Kontraste“, erläutert Totti. „Es entwickelte sich ein Dialog zwischen meinem Geschmack und dem von Andrea, der strengere und formalere ästhetische Kriterien anlegt als ich und die dunkle Seite der Dinge liebt. Ich hatte die Idee, das leicht Düstere zu bewahren und es zugleich durch unkonventionelle Farben und Kombinationen zu überblenden. Es sollte eine exotische Anmutung entstehen, mit psychedelischen Anklängen, für die wir beide ein Faible haben.“ Auch die Kunstwerke und Objekte stehen miteinander im Dialog und bilden reizvolle Kontraste zu ihrer Umgebung: Italienisches Fifties-Design trifft auf grafische Teppichmuster, aktuelle Kunst auf exotische Pflanzen und Blumen. Maino und Totti war es wichtig, heutigen Künstlern aus der Umgebung wie Lino Bettanin, Alberto Caregnato, Gian Battista Sperotto oder Alessandro Trentin zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Und so haben sie deren Arbeiten mit Stücken kanonisierter Größen wie Lucio Fontana oder Gio Ponti und Kultobjekten von Nanda Vigo, Angelo Lelli, Carlo Hauner oder Giuseppe Pagano gruppiert. Nichts blieb dem Zufall überlassen, berichtet Totti: „Andrea und ich haben die Möbel und Kunstwerke gemeinsam ausgewählt. Jedes einzelne löste endlose Diskussionen und Vergleiche aus, manchmal haben wir uns sogar gestritten. Die Jagd nach ihnen nahm geradezu obsessive Züge an, denn die meisten sind seltene, von Liebhabern gesuchte Designobjekte.“



Ein Tapetenwechsel mit tief greifenden Folgen: Stefania Aristei zog ins rÜmische Bohème-Viertel Monti und sa elte um. Die Juristin widmet sich seither ganz ihrer Liebe zum Design.

Forum Stefanianum


Rom

Fotos: Helenio Barbetta; Text: Chiara Dal Canto/Living Inside

Perspektivwechsel: Stefania Aristei – auf Fredericias „Swoon“Sessel vor Spiegelelementen von Verner Panton – fand in ihrer neuen Wohnung den Mut zum radikalen Neuanfang. Im Schlafzimmer (li. S.) tritt ein Auge von John Derian in Blickbeziehung mit einem Triptychon von Tiziano Trevisiol.

Tex t + St yling Chiara Dal Canto Fotos Helenio Barbet ta

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Wimmelbild der Antike: Die Wohnung bietet unverstellte Blicke auf die Kaiserforen (oben). Einen Ausgleich zum touristischen Gewusel schaft ruhiges Grau wie unten links im Entree. Liege „Ludo“ von Meritalia, Applike „Mantis“ von DCW Éditions. Auf Piero Lissonis Sideboard „Lochness“ für Cappellini thront Franco Cannillas Skulptur „Struttura“, 1964. U. re. eine Rattanvase von Alessi.

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Platz für Notizen: In der Küche stehen ein kleiner Tisch („Sanba“ von Serax) und zwei Stühle von Hay; das Matégot-Regal ist eine Reedition von Gubi. Die retromodernen Keramikgefäße von Normann Copenhagen tragen Großmutters blaues Karomuster: „Mormor“.

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Ste f ania Aris tei

„Früher hätte ich Antikes und Modernes niemals gemischt.“ Römisch von Geburt, nordisch aus Neigung: Zu dänischem Design (Glastisch, Bank und Hängeleuchte: Gubi) kombiniert Stefania Aristei im Wohnzimmer das frei stehende Sofa „Avant-Après“ von Saba Italia und an der Wand „Axum“, Thayahts 1928 entstandenes Porträt des Prinzen von Siam.

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N

icht nur Touristen verlieben sich Hals Zum Interiordesign kam sie über Kopf in Rom – auch die Römer eher zufällig, als sie ihre Wohselbst sind verrückt nach der Ewigen nungen renovierte und die Stadt. Stefania Aristei, eine Anwältin, Einrichtung selbst in die die sich auf Banken- und Finanzrecht Hand nahm. „Ich bin in einem spezialisiert hat und lange in renommierten KanzleiHaus aufgewachsen, das ganz en tätig war, ist so begeistert vom Monti-Viertel, in klassisch mit Antiquitäten dem sie wohnt, dass sie einen sofort mit ihrem Eneingerichtet war“, erinnert sie thusiasmus ansteckt. Bis vor einigen Jahren lebte sie sich. „Anfangs fand ich sogar, im Grünen, in einer von Einfamilienhäusern geprägdass zeitgenössische Einrichten Wohngegend. Doch sie verbrachte viel Zeit im tungen in historischen Wohhistorischen Zentrum und erkundete dabei vor allem nungen kalt wirken. Doch das Straßenlabyrinth hinter dem Forum Romanum. dann entdeckte ich, dass aus„Das Monti-Viertel“, sagt sie, „hat sich sein Bohèmegerechnet der Kontrast verschiedener Zeiten die urFeeling bewahrt. Ich mag diese engen Gassen, die Läden der Kunsthandwerker, die kleinen Boutiquen sprüngliche Struktur betonen kann.“ Eingeführt in die Welt der jungen Designer und Künstler, die Weinlokale, des Designs wurde sie durch die Galerien, die Kirchen, die Überreste des antiken Roms und die volkstümliche Atmosphäre, die man das Studio Dispensabile, ein römisches Designatelier, in hier atmet. Hier vermischt sich einfach alles.“ Vor ein paar Jahren kaufte sie zwei kleine Wohnungen, die sie dem nur Frauen tätig sind: Germana De Donno, Elena Cardilli und jetzt zeitweise an Touristen vermietet, und fand vor Kurzem ihr Angela Sabrina Stante arbeiten als Entwerferinnen und führen den neues Zuhause – in außergewöhnlicher Lage mit Blick auf eine der Dispensabile-Store in der Via d'Aracoeli, in dem dänisches Design faszinierendsten archäologischen Stätten der Welt, die Kaiserforen. einen Schwerpunkt bildet. „Zunächst suchte Stefania bei uns nach Die vielen Fenster ihrer Wohnung bieten schier unglaubliche Aus- Möbeln, die eine historische Epoche umschreiben sollten, ohne blicke auf die bis zu 2000 Jahre alten Bauten. Ihr Faible für das sich in den Vordergrund zu drängen“, berichtet Germana De Donhistorische Zentrum hat Stefania Aristeis Leben einschneidend no. „Wir haben für sie eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die verändert: Heute ist sie weniger als Anwältin, sondern vor allem zueinander passten und zugleich vielfältig waren.“ In der Wohnung, die Stefania Aristei mit ihrem Lebensgefährals Beraterin tätig und schafft sich so den Rahmen für ihre zahlreichen Leidenschaften, die zwischen den Bereichen Design, Gast- ten Daniele bewohnt, finden sich neben Designikonen von Verner lichkeit und Mode oszillieren. Einen Eindruck davon vermittelt Panton, Alvar Aalto oder Gio Ponti auch zeitgenössische Entwürihre Instagram-Präsenz unter dem Namen @elettrasvevaromana. fe, etwa von Space Copenhagen oder Gamfratesi. Die Farbpalette Dort bildet sie ihre Liebe für die versteckten Ecken der Nachbar- wird von Grautönen bestimmt. „Grau ist eine Farbe, die mich entschaft ab, für Reisen – und für Kleidung, die sie gemeinsam mit spannt, die Balance und Harmonie vermittelt. Die Nachbarschaft Eugenia Barbati entwirft, einer jungen Modedesignerin und Ei- ist so lebendig, dass ich hier auf die zurückhaltende Präsenz der Grauskala setze.“ Die zurückhaltende Eleganz der Möbel harmogentümerin einer kleinen Boutique in der Nähe. niert mit den ältesten DeSchlichte Blenden an tails des Hauses – etwa den Fensterrahmen den historischen Deckenverdunkeln das Schlafbalken, den zweifarbigen zimmer li. im HandZementkacheln und den umdrehen. Das wandsorgfältig ausgewählten montierte Sideboard ist von Andersen, der Kunstwerken. Im WohnStandspiegel von Panzimmer etwa zieht der ton. Im Entree (oben): Prinz von Siam den Blick Poul Cadovius’ Bücherauf sich, ein Porträt von regale für DK3 und ein Ernesto Michahelles, der Gio Ponti-Spiegel von Gubi. Metallkunst von sich als Maler und eklekFranco Cannilla, 1964. tizistischer Futurist unter dem Pseudonym Thayaht verschiedenen Disziplinen widmete. Auch mit Mode befasste er sich – viele glauben, dass er mit seinem Bruder RAM den Jumpsuit erfunden habe. Heute widmet Stefania Aristei unter anderem genau diesem Kleidungsstück ihre Kollektion. Bislang umfasst die nur einige wenige Stücke, aber Rom und die Kunst, sagt Aristei, „inspirieren mich zu mehr“.

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Ste fania Aris tei

„Grau entspannt mich und schafft Balance.“ Selbst die Basisliteratur im Schreibregal („Royal System“ von DK3) gibt sich ganz grau-weiß. Dazwischen ein Coverentwurf von Bruno Munari für das Magazin „L’Uicio Moderno“ aus dem Jahr 1935 (wie alle Kunstwerke über die Galleria Carlo Virgilio & C.). Stuhl „Acme A-base“ von Fredericia.


Fotos: Marco Bertolini/Living Inside

Im Arbeitszimmer steht ein Sessel aus den 1930er Jahren, dessen Bezug Walter Gropius für die Firma Fadini Borghi entwarf. Re. Seite: ein Stillleben am Durchgang vom Wohnzimmer zur Küche. Den Augen-Krug entwarf die Künstlerin Lithian Ricci, eine Freundin des Hausherrn.


Mailand

Das geheime Leben der Dinge Nicola Resta ist Architekt, aber auch Impresario – in seiner aparten Wohnung verwickelt er Gegenstände in eine kultivierte Plauderei.

Tex t Ulrich Clewing Fotos + St yling Marco B er tolini

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S ie nennen sich „Quartieri“ und folgen strengen Regeln. Die Gruppe von Freunden trifft sich alle 14 Tage immer in einem anderen Restaurant. „Und wir nehmen nie das Auto. In den letzten Jahren hat sich hier im Viertel eine Menge getan. Da haben wir eine reiche Auswahl an Lokalen, die wir alle zu Fuß erreichen können“, sagt Nicola Resta und lacht. Die Gegend zwischen Porta Venezia und Porta Romana gehört zu den angesagtesten von Mailand. Es gibt dort zahlreiche Galerien für junge Kunst und aktuelles Design – und dazu kleine, einladende Trattorien und Restaurants tatsächlich en masse. Der Architekt wohnt selbst in der Nähe der Piazza Cinque Giornate. Man kann es für Zufall halten oder für als Zufall getarntes Schicksal, dass er vor zehn Jahren ein Apartment in jenem Haus erwarb, das in seiner Straße die üppigste Fassade aufweist. Besucht man ihn in seinem piano nobile, stellt man jedenfalls fest, dass der Architekt offenbar eine Schwäche dafür hat, sich in verschwenderischer Großzügigkeit mit ästhetischen Reizen zu umgeben. Die Wände sind voller Kunst in Petersburger Hängung. Am Boden liegen nebeneinander, übereinander, aufeinander Orientteppiche, von denen die ältesten noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. „Meine Mutter lebte bis zu ihrem Tod in einer sehr großen Wohnung in Padua. Von ihr habe ich viele Dinge geerbt, seitdem ist es hier ein bisschen voll“, sagt der Hausherr fast entschuldigend. Nun lassen sich in seinem sehr viel kleineren Apartment einige der bedeutendsten Stilentwicklungen der zurückliegenden Epochen studieren: Ein Esstisch aus schwarzem, weiß geädertem Marquina-Marmor, entworfen in den 80er Jahren vom Mailänder Giulio Cappellini, verträgt sich da auf wundersame Weise hervorragend mit den zwei eleganten, filigranen Daybeds aus der Zeit des Spätklassizismus, die dem Hausherrn als Sofas dienen. Aus den frühen 70er Jahren stammt der streng geometrische und komplett mit leuchtend rotem Chinalack überzogene Coffeetable – auch er ein Erbstück. „Meine Leidenschaft aber sind die alten Teppiche“, sagt Nicola Resta. „Die fand ich schon toll, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich liebe diese stille Unruhe, die sie verbreiten, mit ihren Mustern und Farbkontrasten.“

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An der Stirnseite des Wohnzimmers hängt eine Zeichnung des Malers Ivo Bonacorsi, mit dem Resta gemeinsam an einem Haus in Padua arbeitete. Sie wird lankiert von zwei Daybeds aus dem 19. Jahrhundert, vis-à-vis ein alter EamesLounge Chair. Esstisch aus Marmor von Giulio Cappellini rechts, die Teppiche sind Erbstücke der Familie.

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Personen ist der Hausherr irgendwie verwandt. Heute spricht man schon von Dynastie, wenn Kinder denselben Beruf ergreifen wie ihre Eltern. Nicola Resta hat in der Hinsicht mehr zu bieten: Er ist der erste Architekt in der Familie. Seine Vorfahren waren ausnahmslos Ärzte, von mütterlicher wie väterlicher Seite. Er deutet auf ein Holzkästchen auf dem Coffeetable: „Dieses Kästchen hat einer meiner Vorväter als Dank für seine Dienste in Wien erhalten. Es sieht vielleicht etwas unscheinbar aus, ist aber innen vollständig mit Silber ausgeschlagen. Die Absenderin war eine gewisse Maria Antonia von Österreich, bevor sie in Paris zu Marie-Antoinette wurde.“ Ein anderer seiner Vorfahren, Francesco Flarer, war ein berühmter Dermatologe, aber auch Künstler. Sein Enkel Nicola hat einige Werke von ihm verwahrt, neben Arbeiten von Mario Sironi („mein Lieblingsbild“), dem Aktionskünstler Mario Schifano, Joan Miró und Arturo Bonfanti, die Resta von seinem Vater hat, der ebenfalls als Arzt arbeitete und Kunst sammelte. Auch von Victor Vasarely besitzt Nicola Resta zwei Bilder: „Eines habe ich von meiner Mutter zum bestandenen Diplom bekommen.“ Während man ihm zuhört, sieht man vor seinem inneren Auge einen Ort, an dem alles mit jedem in angeregter Plauderei vertieft zu sein scheint. Eine endlose Konversation der Gegenstände, die sich ihre aufregenden Geschichten erzählen. Und was die Größe seiner Wohnung angeht, auch da gilt: Alles ist relativ. „Ich koche unheimlich gerne“, sagt Resta. „Als ich beim letzten Salone del Mobile ein Dinner gab, hatte ich 50 Gäste zum Essen.“ Vielleicht lädt er die Quartieri ja auch einmal zu sich ein. Obwohl das wahrscheinlich gegen die Regeln wäre. Mehr ist mehr: Nicola Resta (unten vor einem Gemälde von Mario Schifano) kann von Kunst nicht genug bekommen, deshalb hat er sie im Durchgang zum Schlafzimmer (li.) in Petersburger Hängung installiert. Die Kommoden sind Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, die Leuchte mit dem silbernen Schirm in den 1920ern.

Dieser spezielle Mix beweist, dass man gutes Design immer kombinieren kann, solange die Qualität stimmt und es sorgfältig ausgewählt wurde. Bei Nicola Resta ergibt diese Vielfalt eine neue Harmonie – und die wiederum ist ein treffendes Abbild seines eigenen Patchworklebens. In Mailand unterhält er nur ein kleines Büro, von wo aus er seine handverlesene Kundschaft in New York und Paris betreut, wenn nötig mithilfe eines eingespielten Netzwerks von Mitarbeitern. „Als Architekt vergleiche ich mich gern mit einem Maßschneider“, sagt Resta. „Mir ist wichtig, die Persönlichkeiten meiner Auftraggeber zu respektieren. Ich mache große und kleine Häuser, mal minimalistisch, mal grandios, je nachdem, wie es gerade am besten passt.“ Von der Mutter seiner beiden Söhne lebt er seit Längerem getrennt. „Wenn die zwei bei mir übernachten, nehmen sie die Daybeds im Wohnzimmer, das funktioniert sehr gut“, sagt der Architekt. Sitzt man mit ihm bei einem Kaffee am Tisch, will man kaum glauben, dass die Wohnung nur etwas mehr als 90 Quadratmeter misst. „Zum Glück habe ich hier praktisch keinen Flur. Und mein altes Schlafzimmer war so geräumig, dass ich drei Zimmer daraus machen konnte.“ Den Masterbedroom hat er in einem fast schwarzen Blau streichen lassen, „wie in einem Darkroom“, sagt Resta und lacht wieder. Aus den beiden anderen Zimmern wurden eine kleine Ankleide und ein Homeoffice – dadurch wirkt die Wohnung deutlich großzügiger, als es die nackten Zahlen nahelegen. Das Frappierendste jedoch sind die Spuren vieler gelebter Leben, die man hier überall findet. Und mit den meisten handelnden

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Nicola Resta

„Die Wände im Schlafzimmer habe ich dunkelblau streichen lassen – wie in einem Darkroom.“

Das neobarocke Bett ist wie die meisten Möbel in Nicola Restas Wohnung ein Erbstück. Rechts hängt ein Gemälde des Informel der 1950er Jahre: ein Werk des Arztes Francesco Flarer (der Großvater des Hausherrn mütterlicherseits), der sich als Maler Franco Flarer nannte.


StadtgrĂźn Paris

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Ein Garten mitten in Passy, eine wagemutige Besitzerin, eine Stardesignerin – allez hopp: Heraus kommt ein Feuerwerk des Stils! Tex t Ian Phillips

St yling Sarah de B eaumont

Fotos Stephan Julliard

Was macht die weiße Riesenameise (von Fathiya Tahiri) an der Wohnzimmerwand? Bella igura – wie das „Jelly Pea“-Sofa, die Cofeetables und das gelbe Tischchen von India Mahdavi. Der Louis XV-Sessel, die Urnen auf dem Kamin und das Gemälde von François Lemoyne (1727) stammen aus altem Familienbesitz.


Der Froschton der Küchenschränke o. antwortet auf die Planzenpracht des Gartens. Sarah Lavoine (links) entwarf die Sitzbank und das hängende Regal, die Kissen und die Tableware, Marta de la Rica den Lüster aus Glasgloben. Der quadratische Esstisch und die bunt gemischten Stühle sind Vintages.

Dass das Entree links einen Ton aus der Farbkollektion tragen sollte, die Sarah Lavoine für Ressource entwickelt hat, war gesetzt. Dass es „Thé de Chine“ wurde, stand erst beim dritten Anstrich fest.

A

uf einer Wandleiste im Masterbedroom steht eine Serie von Modeskizzen in Schwarz, Weiß und Hauttönen. Gezeichnet hat sie die Hausherrin, Alix de la Comble. Anfang der 1980er Jahre arbeitete sie unter Marc Bohan im Designstudio von Christian Dior, später entwarf sie eine Zeit lang Bademode für ihr eigenes Label. Trotz dieser Vergangenheit wollte sie jedoch eines mit aller Entschiedenheit vermeiden: „Meine Wohnung sollte nicht modisch eingerichtet sein.“ Das hinderte sie jedoch nicht daran, eine der derzeit angesagtesten Pariser Designerinnen zu engagieren – Sarah Lavoine, deren Portfolio das Restaurant „Victoria Paris“ nahe dem Arc de Triomphe umfasst und das Boutiquehotel „Le Roch“, einen Steinwurf von den Tuilerien entfernt. Sie entwirft außerdem Möbel, Wohnaccessoires und Tableware, die sie in vier eigenen Geschäften in Paris verkauft (das jüngste davon seit Anfang des Jahres in einer ehemaligen Schmiede im 16. Arrondissement), und hat ihre eigene Serie von Wandfarben entwickelt, zu der auch das petrolblaue „Bleu Sarah“ gehört. Lavoines Markenzeichen sind


Ein Garten mitten im schicken Passy? Da musste Alix de la Comble, die heutige Besitzerin, einfach zugreifen. Die Planung von Landschaftsarchitekt PierreAlexandre Risser entschädigt fßrs gedimmte Erdgeschosslicht.

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A l i x de l a C omble

„Alles, was Sarah gestaltet, hat etwas Jugendfrisches.“

„Was darf’s sein?“ Eine von India Mahdavi im MidcenturyLook entworfene Bar aus Rohrgelecht lankiert die Durchreiche zwischen Wohnzimmer und Küche. Die passenden Stühle sind von Pamono.

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flirrende Farbblöcke, Streifen und geometrische Muster. „Alles, was sie tut, hat etwas Jugendfrisches an sich“, lobt de la Comble. Generell ist Lavoine von Parterrewohnungen nicht so angetan. „Ich bin lieber hoch oben“, meint die Designerin, die selbst mit ihrer Familie in einem Mansardenloft lebt. Doch als Alix de la Comble und ihr Mann Gilles nach einem neuen Appartement suchten, war ihnen eines besonders wichtig: Sie wollten unbedingt einen privaten Garten – in der französischen Hauptstadt eine kostbare Rarität. „Das gibt einem das Gefühl, in einem eigenen Haus zu wohnen“, erklärt de la Comble. „Man vergisst ganz, dass man in Paris und von anderen Menschen umgeben ist.“ Als sie ihren künftigen Garten im 16. Arrondissement zum ersten Mal erblickten, war er in einem eher unansehnlichen Zustand. Er bestand hauptsächlich aus einem ungepflegten großen Teich (den inzwischen eine Teakplattform überdeckt) und einer steilen Böschung. „Wir haben uns gefühlt wie am Grund eines Kraters“, erinnert sich de la Comble. Mit der Unterstützung des Landschaftsgestalters Pierre-Alexandre Risser wurde der Garten umgestaltet. Nach vorn legte er eine kleine Allee an, um die Wohnung zur Straße hin abzuschirmen, außerdem

Die Modeskizzen im Gästebad schuf die Hausherrin. Wanne „Richmond“ von Victoria&Albert, Armatur „Tara“ von Dornbracht. Der Wandschmuck in der Halle davor ist ebenfalls von Pamono.

Arne Jacobsens Sofa „Mayor“ im Masterbedroom o. wirkt zart vor dem wandbreiten Bedhead, das mit Raia und Leinen von Pierre Frey bezogen wurde. Bettzeug, Plaid und der Streifenteppich stammen aus Kollektionen von Maison Sarah Lavoine. Die Bank ist von Marte 360 Design.

pflanzte er jede Menge Nutzpflanzen an: Apfel-, Birnen- und Mispelbäume, Kürbisse, Erdund schwarze Johannisbeeren … „Falls wir je belagert würden, könnten wir eine ganze Weile überleben“, scherzt die Hausherrin. Auch das Appartement selbst war zunächst nicht allzu einladend. „Altmodisch und banal“ sei es gewesen, erinnert sich Lavoine, „mit zu langen Korridoren.“ Also überarbeitete sie den Grundriss komplett: Die Küche wurde in den vorderen Teil versetzt, und parallel zum Garten entstand eine Enfilade. Die größte Veränderung betraf den Zugang. War man zuvor durch den Haupteingang des Hauses in die Wohnung gelangt, so gibt es jetzt einen eigenen Eingang durch den Garten. „Sie haben komplett umgedacht, wie sie in den Räumen wohnen wollten“, lobt Sarah Lavoine. „Man hat selten Kunden, die sich auf so eine Veränderung einlassen wollen.“ Auch dass Klienten sich so pragmatisch einbringen wie de la Comble, sei selten. „Es war eine echte Zusammenarbeit“, erklärt Lavoine. „Sie recherchierte eifrig und war in das ganze Projekt sehr stark involviert. Sogar einige der Handwerker, die wir eingesetzt haben, hatte sie ausfindig gemacht.“ Meist war die Bauherrin dabei sehr präzise in ihren Wünschen. Nur mit den Wandfarben tat sie sich schwer. In der Eingangshalle versuchte sie es etwa zunächst mit einem Grau und dann mit einem Blau aus Lavoines eigener Kollektion für den französischen Farbenhersteller Ressource, aber entschied sich zu guter Letzt doch für einen Wasserton namens „Thé de Chine“, dem Lavoine „große Tiefe und Sanftheit“ attestiert. „Jedes Mal gab es eine kleine Krise“, erzählt Alix de la Comble lachend. „Ich glaube, am Ende hatte Sarahs Team wirklich genug von mir!“ Schließlich

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ein Gemälde, signiert von François Lemoyne, einem Künstler des 18. Jahrhunderts – bekannt als Schöpfer des Deckengemäldes im Herkulessaal von Schloss Versailles –, ist sogar seit rund 200 Jahren im Besitz ihrer Familie. Ihr Vater hegte einst die Hoffnung, es könne ein kleines Vermögen wert sein, und ließ es von Sotheby’s schätzen. Das Urteil der Experten: Nur eine der Figuren war von Lemoyne selbst gemalt worden. „Pech für meinen Vater, aber Glück für mich“, scherzt de la Comble. „Daraufhin hat er es nämlich nicht verkauft.“ Zeitgenössisch ist dagegen zum Beispiel der Teppich von Vincent Darré im Arbeitszimmer, den sie bei einer Auktion erstand, ohne zuvor die Maße des Raums genommen zu haben. „Alle warnten: Kauf ihn nicht!“, erzählt sie. „Aber mich begeisterten die Farben, und ich habe mich unsterblich in ihn verliebt. Ich sagte mir: Wir finden schon eine Lösung.“ Zu Hause stellte sie fest, dass er glücklicherweise fast auf den Zentimeter in das Zimmer passte. „Insgesamt hat die Wohnung einen sehr eklektischen Esprit“, findet Lavoine, „dazu gehören auch ein paar Dinge, die ein wenig schräg sind.“ Am auffälligsten dürfte die riesige Ameisenplastik im Wohnzimmer sein, die de la Combles marokkanische Künstlerfreundin Fathiya Tahiri geschaffen hat. „Sie mischt das Ganze auf“, erzählt Lavoine begeistert. „Alix traut sich was – das ist das Beste, was einem Interior passieren kann.“ kam de la Comble zu der Einsicht: Was sie wirklich wollte, war, das Grün des Gartens in die Wohnung hereinzuholen. Für die Küchenschränke gab sie einen Lackton in Auftrag, der sich am Grün ihrer Samthandschuhe orientierte. Eine weitere Reverenz an die Gartenwelt ist das Rattangeflecht, das an Schrankfronten in der Küche und der Ankleide zum Einsatz kommt, außerdem am Kopfteil des Masterbeds. Das luftige südliche Flair, das dadurch anklingt, wird unterstützt durch grafische Terrazzoböden, die de la Comble an ihre Kindheit in Marokko erinnern. „Damals lebten wir in Casablanca, dort werden solche Böden fast überall eingesetzt“, erklärt sie. „Sie sind robust, wirken stets modern und sind in jedem beliebigen Farbton zu kriegen.“ Viele der Möbel gehören de la Comble schon recht lang. Die venezianischen Konsolen aus vergoldetem Holz im Entree etwa, vor 30 Jahren auf einer Antiquitätenmesse in der Provinzstadt Bourg-en-Bresse erworben, „haben mich durch all meine verschiedenen Wohnungen begleitet“, erzählt die Besitzerin. Und

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Augenmaß: Die vergoldeten Spiegel im Eingang oben stammen aus dem 18. Jahrhundert und treiben ein rainiertes Spiel mit der Unendlichkeit. Vor Vincent Darrés großformatigem Teppich (re. S.) wurde Alix de la Comble geradezu gewarnt. Doch er passt exakt in die maßgefertigte Bibliothek aus Birke.

Mein Gio, dein Gio – das ist im Masterbad re. keine Frage: Pontis Spiegel und Leuchte gibt’s gleich doppelt. Für ihre Waschzeile aus Terrazzo und Eisen wählte Sarah Lavoine Becken von Alape.


Sa r a h L avoi ne

„Nicht o lassen sich Kunden auf so ein Abenteuer ein.“


AD Summaries

Paris (p. 116) Hervé Van der Straeten mixes styles with aplomb at his apartment on the Seine.

cos had all been painted over, but Longo, working with local conservator Davide Sansone, carefully restored them as part of a three-year renovation. Now they combine eye-catchingly with 1940s and 50s design, Ikea units, and copious quantities of velvet and brass. Most striking of all, though, is the jagged edge that cuts across the dining room walls: here, a rich blue hue suddenly gives way to the original pale backdrop and painted friezes, the thickness of the edge showing the accretion of layers and thus illustrating how easily historic finery is lost.

Keen for a something quite different from their previous, loft-like home, designers Hervé Van der Straeten and Bruno Frisoni found an Île Saint-Louis apartment that offered historic surroundings (the building is from the mid-17th century), gloriously high ceilings, and an enchanting riverside location. After repainting the rooms in mostly neutral shades, they filled them with Van der Straeten designs such as his Chinese-inspired “Shanghai" armchairs, a steel-and-stone dining table, and a pair of acid-green “Vertige” floor Thiene (p. 140) lamps. These the couple interspersed with Industry and elegance blend beautifully quirky 20th-century designs plus Régence at an old shoe factory in Italy’s north. and Louis XV antiques. “Contrasts add “A dream come true” is how fashion photomusicality to an interior”, the furniture grapher Andrea Maino describes his move to a former footwear factory in Thiene. A maestro explains. long-time admirer of the building, which Frederiksberg (p. 124) was erected in 1910 and renovated in the A Danish villa built for a painter explorer 1950s, he had been negotiating with the is reborn as a family home in pop hues. then owners for years and, in 2014, finally For almost half a century, this 1913 villa in sealed the purchase of the director's apartFrederiksberg, Copenhagen’s twin city, ment plus a pair of adjoining rooms, forwas home to Harald Viggo Moltke, an art- merly used for archive storage. Working ist famed for participating in numerous with architect Giacomo Totti, he has since Arctic expeditions. Today, few traces of transformed the spaces into a home and that time remain, though the mansard at- studio, the latter of which is accessed via a tic, once Moltke’s studio, still has its high, ground floor atrium that also hosts public north-facing windows. Instead, the spaces events. In the living quarters upstairs, the now bear the signature of interior design- original doors, windows, and floors were er Nadia Olive Schnack, who, since buying all retained, while 1950s Italian furnishings the house with her husband Adam, has were paired with graphic rugs and works by given it a contemporary look in which mostly local contemporary artists. pale floorboards and Scandinavian classics blend with carefully mixed pop colors Rome (p. 150) (only the ocher living room is a little more Stefania Aristei celebrates contemporary subdued). And though Moltke and his design amidst ancient classical ruins. work are long gone, the swirling pastel Having grown up surrounded by antiques, patterns of the attic floor, by artist Evren she was initially skeptical about modern Tekinoktay, could almost be an unwitting furnishings in old buildings, but legal tribute to his beloved Northern Lights. consultant Stefania Aristei has come to appreciate the value of such contrasts in era. That appreciation was honed by the Palermo (p. 132) all-female Dispensabile team, whose Via At his Sicilian pied-à-terre, Dario Longo d'Aracoeli store specializes in Danish dereminds us that heritage is a fragile thing. Looking for a second home in his native sign. “Stefania asked us for furniture that Palermo, Milan-based lawyer Dario Longo would represent a particular period withviewed properties in some 50 palazzi, but out being overblown,” recalls Germana De he knew the apartment just down from Donno. Aristei’s historic apartment in the Palazzo Ajutamicristo was the one. Situ- heart of Rome thus gained iconic pieces by ated in a 16th-century building, it had Verner Panton, Alvar Aalto, and Gio Ponti great proportions, no corridors, and a fab- plus more recent designs by Gamfratesi ulous ceiling fresco. Sadly, the wall fres- and Space Copenhagen. Set against sooth-

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B y Iain Reynolds

ing gray backdrops, they combine elegantly with original details such as beamed ceilings and two-tone cement floor tiles – and provide an intriguing contrast to the ancient ruins outside.

Milan (p. 158) Nicola Resta’s city sanctuary brims with aesthetic treasures and family stories.

It is perhaps no coincidence that the Milanese building in which Nicola Resta resides has the street's most ornate façade. After all, when it comes to decoration, the architect evidently believes more is more, judging by his piano nobile apartment not far from Piazza Cinque Giornate. Its walls are closely hung with art (by the likes of Joan Miró and Victor Vasarely), the Oriental rugs are so numerous they occasionally overlap, and the furniture merrily mixes styles and eras, the living area for instance juxtaposing a pair of 19th-century daybeds with a red lacquered coffee table and a vintage Eames lounge chair. Resta might not have taken up the family profession (he comes from a long line of doctors), but his forebears live on here all the same – be it in the many pieces inherited from his mother, the artworks collected by his father, or the paintings by his dermatologist grandfather.

Paris (p. 164) Two design experts and a hands-on client team up to create a private urban oasis.

For Alix de la Comble and husband Gilles, it had to be an apartment with a garden. Such things, though, are precious rarities in Paris and when they did find one, in fashionable Passy, it featured a steep slope and an unsightly pond. Since then, the streetside space has been revamped by landscape designer Pierre-Alexandre Risser, gaining screening trees, an array of edible plants, and teak decking to hide the pond. The interior makeover, meanwhile, was a collaborative effort between de la Comble, who has a background in fashion, and star designer Sarah Lavoine. Together, they completely rethought the layout, adding a new garden-facing enfilade, while the kitchen's green hues and cane unit fronts also take their cue from the garden. Elsewhere, the decors are a stylish marriage of contemporary and vintage pieces, though there are also offbeat choices such as the living room’s wall-mounted white ant, a sculpture by Moroccan artist Fathiya Tahiri.


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Valerie Präkelt, AD Oben (v. l. n. r.): Oliver Jahn, Viviana Tapia, Valerie Präkelt, Anastasia Benko (Stilzitat), Vreni Frost, Maria-Silva Villbrandt (Herz & Blut), Nicole Maalouf, Stephanie Neudecker, Lisa Eckl (alle So leb ich), Ralph Stieglitz, Michael André Ankermüller (Blog Bohème), Karoline Herr (Frollein Herr).

Viviana Tapia, AD

Nicole Maalouf in Oliver Jahns Büro

Oskar mit Freunden

Fotos: Kilian Bishop/Studio Condé Nast

Wir haben eingeladen: auf eine Tour durch die neuen Räume von Condé Nast Deutschland, die in der luftigen Lounge begann.

Michael André Ankermüller, Ralph Stieglitz, AD

Mailand, New York, Paris, Berlin – die Konferenzräume von Condé Nast Deutschland haben wir nach den großen Modemetropolen benannt. Und Blo er aus der Interiorszene zu einer kulinarischen Reise in unser neues Zuhause eingeladen: mit Currywurst und Falafel in Berlin und Petits Fours in Paris. Nebenbei gewährte das AD-Team um Chefredakteur Oliver Jahn Einblicke, wie eigentlich unser He und unser digitaler Au ri entstehen. Was wir dabei gelernt haben: Ein neues Heim weiht man am besten mit guten Freunden ein. VP

Oliver Jahn, AD, erklärt, wie das Heft entsteht.

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Vola Seit 50 Jahren widmet sich die dänische Firma dem Element Wasser, doch die Party stieg hoch in der Lut: In der Bar und auf der Dachterrasse des Münchner Pop upHotels „he Lovelace“ feierte man Arne Jacobsens graische Armatur-Ikonen. „Selbst bei opulenten Projekten landen wir am Ende meistens bei Vola“, verriet einer der Architekten, die aus ganz Deutschland angereist waren. KJ

Thomas Langendorf, Daniela Darimont, Wiebke Wandel, Sabine Langendorf

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Kunsthandwerk in Venedig ARCHITECTURAL DIGEST erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München

Condé Nast International Chairman and Chief Executive Jonathan Newhouse President Wolfgang Blau

The Condé Nast International Group of Brands includes Großbritannien Vogue, House & Garden, Brides, Tatler, The World of Interiors, GQ, Vanity Fair, Condé Nast Traveller, Glamour, Condé Nast Johansens, GQ Style, Love, Wired, Condé Nast College of Fashion & Design, Ars Technica Frankreich Vogue, Vogue Hommes, AD, Glamour, Vogue Collections, GQ, AD Collector, Vanity Fair, GQ Le Manuel du Style, Glamour Style Italien Vogue, Glamour, AD, Condé Nast Traveller, GQ, Vanity Fair, Wired, La Cucina Italiana

Vom 14. bis zum 30. September verwandelt die Michelangelo Foundation die Fondazione Giorgio Cini in Venedig in eine Gegenwartsschau. Kuratiert werden die Ausstellungen des Kunsthandwerksfestivals „Homo Faber“ von Gestaltergrößen wie India Mahdavi oder Michele De Lucchi – und bieten jungen Talenten eine Plattform, etwa unter dem Titel „Natural Talent“ (daraus Andrea Di Giuseppes Vase oben). Die Preview inden Sie auf ad-magazin.de

Deutschland Vogue, GQ, AD, Glamour, GQ Style, Wired Spanien Vogue, GQ, Vogue Novias, Vogue Niños, Condé Nast Traveler, Vogue Colecciones, Vogue Belleza, Glamour, AD, Vanity Fair Japan Vogue, GQ, Vogue Girl, Wired, Vogue Wedding Taiwan Vogue, GQ, Interculture Mexiko und Lateinamerika Vogue Mexico and Latin America, Glamour Mexico, AD Mexico, GQ Mexico and Latin America, Vanity Fair Mexico

Urheber- und Reproduktionsrechte S. 158: Walter Gropius, Sesselbezug S. 162: Mario Schifano, Gemälde © The Estate of Patrick Heron. All rights reserved/VG Bild-Kunst, Bonn 2018 S. 101: Patrick Heron, Gemälde

S. 120: Pierre Malphettes, Skulpturen S. 126: Rupprecht Geiger, Gemälde S. 128: Axel Salto, Keramiken S. 129: Ole Schwalbe, Gemälde S. 130: Rupprecht Geiger, Gemälde S. 140: Meret Oppenheim, Beistelltisch S. 140: Giuseppe Pagano, Stühle S. 153: Mathieu Matégot, Regal

© Archivio Bissier, Ascona/VG Bild-Kunst, Bonn 2018 S. 102: Julius Bissier, Monotypie S. 103: Julius Bissier, Gemälde, Tuschezeichnung S. 104: Julius Bissier, Monotypie, Tuschezeichnungen

Abonnementbetreuung Deutschland und Österreich: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice, Postfach 290, 77649 Offenburg, Tel. 0781 6394509, E-Mail abo@ad-magazin.de. Schweiz: AD ARCHITECTURAL DIGEST Leserservice, Postfach, 6002 Luzern, Tel. +41 41 3292244, E-Mail ad@leserservice.ch. USA: AD ARCHITECTURAL DIGEST (German) (USPS no 0024066) is published monthly by Condé Nast Verlag GmbH. Subscription price for USA is $ 80 per annum. K.O.P.: German Language Pub., 153 S Dean St, Englewood NJ 07631. Periodicals postage is paid at Englewood NJ 07631 and additional mailing offices. Postmaster: Send address changes to: AD Architectural Digest (German), GLP, P.O. Box 9868, Englewood NJ 07631. All other countries: see Deutschland. © 2018 by Condé Nast Verlag GmbH, München. AD ARCHITECTURAL DIGEST is published 10 times in 2018. AD STIL, DESIGN, KUNST & ARCHITEKTUR NR. 192 © 2018 Condé Nast Verlag GmbH ARCHITECTURAL DIGEST erscheint in den USA bei The Condé Nast Publications Inc.

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Leben in schönster Geometrie

Piet Mondrian war ein Kunstreisender. Er ha e Ateliers in Amsterdam, London oder New York, mit jedem Ort wechselte er seinen Stil. In Paris entdeckte Mondrian den Kubismus, und auch in seinem Appartement in Montparnasse, das er von 1921 bis 1936 bewohnte, arrangierte er blaue, rote, gelbe, schwarze und weiße Vierecke zu grafischen Kompositionen – Möbel, Wände und Leinwände gehorchten also demselben Muster. Das Gesamtkunstwerk aus Pappelementen folgte Mondrians Raumprinzip: „Eine Wohnung hat aus farbigen und farblosen Flächen zu bestehen – mit Möbeln, die Teil des Ganzen sind.“ FS

Die Oktober-Ausgabe erscheint am 12. September 2018 178


Foto: © Juan Fernando Ayora @juanfayora



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Bad 2018 Keramik, Armaturen, Interior: Die schรถnsten Neuheiten




Bad 2018

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Architectural Digest. Stil, Design, Kunst & Architektur erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Telefon 089 38104-0 mail@condenast.de, www.condenast.de ad@admagazin.de, www.admagazin.de Chefredakteur Oliver Jahn Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Redaktion Stv. Chefredakteur & Style Director Dr. Simone Herrmann Leitung Karin Jaeger Art Director Inka Baron Managing Editor Eike Schrimm Photo Director Ralph Stieglitz Stil & Textredaktion Mona Bergers, Florian Siebeck, Nina Luisa Vesic, Friederike Weißbach Bildredaktion Thomas Skroch (Stv. Leitung), Isa Lim Art Department Viviana Tapia (Stv. Art Director), Judith Pretsch Assistenz der Chefredaktion Johanna Hänsch Mitarbeiter dieser Ausgabe Reinhard Krause, Sophia Lierl Fotograf dieser Ausgabe Benjamin Brinckmann Stylisten dieser Ausgabe Inka Baron & Judith Pretsch

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Büro Mailand Anna Riva, Paola Dörpinghaus Tel. +39 02 29000718, p.dorpinghaus@condenast.it

Inhalt

Büro New York Christina Schuhbeck Tel. +1 212 2866856, christina_schuhbeck@condenast.com Schlussredaktion/Dokumentation Lektornet

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Redaktion admagazin.de Andreas Kühnlein (Leitung), Valerie Präkelt Publisher André Pollmann

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Inspiration

Punkt für Punkt

Geometrische Formen, leuchtende Farben und erstaunliche Accessoires fürs Bad.

Die Fliesen von Marcante-Testa, Designer aus Turin, verzaubern auch den Salon.

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Chamäleon Ein modulares Regalsystem aus Dänemark schickt sich an, das Boi-Bad zu erobern.

Wand in Sicht! Die schönsten Neuerungen rund um die Themen Kacheln und Armaturen, Duschen und Brausen, Becken und Wannen.

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Lutetia de luxe Wie drei Pariser Designer den Geist ihrer Stadt in elegante Armaturen umsetzen.

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So badet man down under Australiens Decorators räumen auf mit reinen Funktionsräumen. Ihre Bäder sind Designoasen für Körper und Geist. S eite 3 4

Letzte Seite Und wie wäre es zum Schluss mit einer strahlenden „Supernova“ am Beckenrand?

Anzeigen/Vermarktung Sales Christina Linder, Head of Sales christina.linder@condenast.de, Tel. -430 Christine Weinsheimer, Head of Digital Sales christine.weinsheimer@condenast.de, Tel. -466 Brand Advertising Andrea Latten, Brand Director Vogue & AD andrea.latten@condenast.de, Tel. -276 (verantwortlich für Anzeigen) Marketing Angela Reipschläger, Head of Marketing angela.reipschlaeger@condenast.de, Tel. -793 Ingrid Hedley, Marketing Director ingrid.hedley@condenast.de, Tel. -142 Kathrin Ölscher, Marketing Director kathrin.oelscher@condenast.de, Tel. -746 Creative Studio Chris Riss, Head of Creative Studio christian.riss@condenast.de, Tel. -476 Advertising Operations Katharina Schumm, Head of Revenue Management, Ad & Marketing Service katharina.schumm@condenast.de, Tel. -135 Vertrieb Alima Longatti, Head of Direct Marketing & CRM alima.longatti@condenast.de, Tel. -301 Einzelverkauf MZV GmbH & Co. KG, Karsten Reißner (Bereichsleitung) Herstellung Leitung Lars Reinecke, Director Production Digitale Vorstufe/Druck Mohn Media, Mohndruck GmbH Carl-Bertelsmann-Straße 161 m, 33311 Gütersloh Unternehmenskommunikation/PR Ines Thomas, Director Corporate Communications presse@condenast.de, Tel. -413 Finanzen Roland Riedesser, Finanzdirektor Herausgeber und Geschäftsführer Moritz von Lafert Chairman Condé Nast International Jonathan Newhouse

Cover: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast; Styling: Inka Baron & Judith Pretsch; Fotos: Drummonds; Pietro Savorelli; Mosaicomicro; Tamanohada

Syndication syndication@condenast.de


Vieques 2011 / Waschbecken, design Patricia Urquiola Vieques 2008 / Badewanne, design Patricia Urquiola Sen 2008 / Armaturen, design Gwenael Nicolas, Curiosity Revolving moon 2018 / Spiegel, design StudioPepe Agenturen fĂźr Deutschland: PLZ 0-1-2-3: Exclusive Collection info@exclusive-collection.eu - 0175 2066348 PLZ 4-5-6: VIS-A-VISUELL welcome@VIS-A-VISUELL.com - 0163 6933339 PLZ 7-8-9: agentur pallauf / info@pallauf.de - 0171 8541608

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Kaleidoskosmos Geometrische Formen, leuchtende Farben und erstaunliche Accessoires schweben durch den Raum – und den Soundtrack liefern die Beatles: Willkommen in einer schwerelosen Wunderwelt, gebaut aus Becken, Hähnen, Fliesen und Spiegeln!

Foto: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast

Strawberr y Fields Forever

Cristina Celestinos glasierte Tonliesen „Rocaille“, „Delizie“ und „Tivoli“ (von links, ab 10 Euro/Stück) für Fornace Brioni rahmen das Keramikbecken „Elle Ovale“ mit Stahlaufhängung (Preis auf Anfrage) von Cielo. An der Wandarmatur „111“ in Mattschwarz (1017 Euro) von Arne Jacobsen für Vola baumelt ein Kosmetikschwamm aus Konjac-Pulver und grünem Tee von Meraki. Auf dem Beckenrand (und oben mittig) balancieren mundgeblasene Kristallgläser in „Peridot“ (238 Euro) und „Rose“ (254 Euro) von Artěl; darin „Pasta Dentífrica“ von Couto und eine Zahnbürste aus Buche von Redecker. Die Badebürste im Zentrum, „Lovisa“ (30 Euro) aus Eiche und Rosshaar, ist von Iris Hantverk, der dimmbare Standspiegel „Just Look“ o. re. mit fünfacher Vergrößerung und „Motion Sensor“ (269 Euro) von Decor Walther.

St yl i ng In k a B a ron & Jud it h P re t sch Fotos B enja m i n Br i nck m a n n

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Lucy in the Sk y with Diamonds

Die Waschschale „Laguna Smoke“ (1499 Euro) aus Muranoglas von Glass Design schwebt über Dimore Studios Porzellanliesen „Corrispondenza“ (sieben Dekors, 329 Euro/m2) für Ceramica Bardelli. Auf dem Glasmosaik „Micro Random“ unten (209 Euro/m2) in „Acqua“ von Mosaicomicro steht eine Tonablage (50 Euro) der Serie „Capitelli“ von Matteo Brioni (o. re. ein zweites, größeres Exemplar). Das Licht fangen drei in Farbdeckel eingepasste „Miroirs“ (3er-Set für 168 Euro) von Valerie Objects und „Pop“-Armaturen in den neuen Finishes „Pink Gold“, „Black Nickel“ und „Brushed Black Nickel“ (je 409 Euro) von Zazzeri.

Fotos: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast

Bad 2018


Twis t and Shout

Vincent Van Duysens „Icona Classic“ in „Matt British Gold“ (950 Euro) für Fantini krümmt sich über dem glasierten MiniStahlbecken „Terra“ (um 700 Euro, ab Frühjahr 2019) von Alape. Daneben Bang&Olufsens spritzwasserfester Speaker „Beoplay A1“ (249 Euro) auf dem schwarz-weißen Marmorgelecht „Élite“ (ca. 425 Euro/m2) von Devon&Devon. Aus Marmor sind auch Schminkspiegel und Ablage (u., Preis auf Anfrage) aus Studiopepes Accessoire-Serie „Constellation“ für Agape. Gemaserte Seifenblöcke in Grün und Schwarz (je ab 22 Dollar) von Mote, in Pink und Blau (je um 7 Euro) von Care Seifenmanufaktur.

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Bad 2018

Geometrisches Gesamtkunstwerk: Gemäß den Prinzipien von Designer Mikal Harrsen (ganz links) konzentriert sich „R.I.G.“ auf das Wesentliche. Für die Bad-Version stehen drei Marmorsorten und furnierte Eiche zur Auswahl.

Filigranes Chamäleon Das Modulsystem des Dänen Mikal Harrsen fügt sich elegant in jede Wohnsituation – unter dem Dach von Boffi erobert es nun auch das Bad.

A

Wandelbar: Mit Einsätzen für Besteck, Gläser oder Kleiderbügel macht sich „R.I.G.“ auch in der Küche (o.) oder als Ankleide (u.) nützlich. Zu sehen ist das Bad-System im Mailänder Flagshipstore von Boi in der Via Solferino.

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ls die Mailänder Möbelfirma De Padova – dank Klassikern wie Vico Magistrettis Tisch „Shine“ einer der großen Namen im italienischen Design – im letzten Jahr die Mehrheit am Kopenhagener Designstudio MA / U übernahm, war das eine ziemliche Überraschung. Italiener und Dänen, wie sollte das zusammenpassen? Hinter MA / U steckt der Designer Mikal Harrsen, der sein Studio im Jahr 2012 mit dem Architekten Adam Hall gegründet und sich auf Möbel und Regalsysteme spezialisiert hatte, deren rationale Ästhetik in scheinbarem Gegensatz zur italienischen Grandezza steht. „Dabei war skandinavisches Design immer Teil der DNA von De Padova“, klärt Harrsen auf: 1956, als die Firma gegründet wurde, lag der Fokus auf dem Import skandinavischer Möbel nach Italien. De Padova (und somit auch MA / U) gehört heute zur Boffi-Gruppe, und als Mikal Harrsen von Kopenhagen nach Mailand zog, brachte er eines seiner erfolgreichsten Produkte gleich mit: das

Regalsystem „R.I.G.“, das sich in jede denkbare Umgebung einpasst und so flexibel ist, dass es auch sich wandelnden Lebensrealitäten Rechnung trägt. Nun hat Harrsen die schlichte Linienführung des Kastenmoduls, das er eigentlich für Wohn- und Arbeitsbereiche entworfen hatte, auch ins Bad übertragen (eine Version für die Küche ist ebenso erhältlich). Mit Aufsatzbecken wird es zum Waschtisch, der sich sogar frei im Raum platzieren lässt. Das zurückhaltende Stahlgestell hebt die Schönheit der Materialien hervor: Regalböden und Fronten sind aus furnierter Eiche – oder aus dem Marmor „Gris du Marais“ von Salvatori gefertigt, dessen niedrige Absorptionsrate ihn fürs Badezimmer besonders geeignet macht. Standspiegel, Lichtleisten und Handtuchhalter ergänzen das modulare System. „Wir wollten ein Design, das sich von klein bis groß skalieren lässt“, sagt Mikal Harrsen. Leichtfüßig, funktional und anpassungsfähig, schlägt sein „R.I.G.“ die Brücke zwischen nordischer Moderne und italienischer Klassik. Und jetzt auch zwischen Bad und Wohnzimmer.

Fotos: Boffi; Porträt: MA / U Studio

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Eine Stadt mit drei Gesichtern Messing, Marmor, Meisterhand: Pariser Designer haben für THG Paris den Esprit ihrer Stadt in charaktervolle Armaturen-Serien übersetzt.

Te x t F lor ia n Siebe ck

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aris ist eine Muse, nicht nur für entrückte Couturiers und liebestrunkene Romantiker: Der Strahlkraft der Stadt, die wie keine zweite zum Sinnbild für Luxus und Lebenslust geworden ist, lässt sich sogar beim Schaumbad nachspüren. Drei Designer haben Lutetias Verheißungen in Armaturen gegossen – im Auftrag des Herstellers THG Paris, der den Namen der französischen Metropole schon seit 1956 in die Badezimmer dieser Welt trägt. Da wäre zunächst die Kollektion von Dorothée Boissier und Patrick Gilles. „Les Ondes“ verkörpert das „elegante Paris“. Inspiration fand das Interior-Duo

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bei seinem eigenen Entwurf, einer Leuchte für Baccarat: Ihre Kristalle erzeugen ein Lichtspiel an der Wand, das die Reflexion von Wasser imitiert – dem gleichen Prinzip folgt auch die Armatur, wenn ihre Einfassung in Form eines Dekagons Licht in alle Richtungen reflektiert. (Der Regler, der an Neptuns Dreizack erinnern soll, löst bei Betätigung gottlob kein Erdbeben aus.) Für das „kultivierte Paris“ hingegen soll die Serie „Montaigne“ von décoratrice Stéphanie Coutas stehen. Klassisch-elegant geneigte Hähne und goldglänzende Duschköpfe kombiniert sie mit geradezu avantgardistisch schlichten und schlanken Block-Knebeln, die aus – selbstverständlich französischem – Marmor gefertigt sind. Noch individueller ist der Entwurf des Künstlers und Designers Arik Levy: Bei der Linie „System“ kann sich der Kunde seine Wunscharmatur mit verschiedenen Modulen aus kanneliertem Marmor, Kristallglas oder beschichtetem Metall selbst zusammenstellen. Mit diesem Beitrag für das „kreative Paris“ zitiert Arik Levy gleich noch seine eigene Herangehensweise: „Kreativität“, sagt er, „ist wie ein unkontrollierbarer Muskel.“ Und weshalb sollte der nicht auch im Bad angeregt werden?

Fotos: THG Paris

Französischer Dreiklang: Die Kollektion „Les Ondes“ von Gilles&Boissier für THG Paris (li.) spiegelt mit ihrem Facettenreichtum Pariser Eleganz wider. Stéphanie Coutas’ „Montaigne“ (o.) und „System“ von Arik Levy (u.) zeigen, wie viel joie de vivre das Spiel mit Materialien versprühen kann.


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Bad 2018

Für Ceramica Vogue machen Marcante-Testa die Kachel salonfähig. Im wahrsten Sinne des Wortes. Te x t Fr ie der ike Weißbach

Vielseitiges Duo: Adelaide Testa und Andrea Marcante entwarfen Tisch, Teppich und Leuchte o. li. für Spotti Edizioni Milano, die Tapete oben rechts für London Art. Re. ihre Fliesenserien „Confetti“ (die ersten drei) und „Dekorami“ für Ceramica Vogue, 75 Euro/m².

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oole Grandezza verbunden mit spielerischer Leichtigkeit, leuchtende Farben in samtiger Textur und Möbel, die zweimal um die Ecke gedacht sind. Dass es die Klaviatur des Designs beherrscht, hat das Turiner Studio Marcante-Testa schon oft bewiesen. Seit Ende 2016 ist das Duo – Adelaide Testa und Andrea Marcante – nun auch für die kreative Leitung des Fliesenherstellers Ceramica Vogue zuständig. Ihr Anspruch? Zeigen, dass Fliesen nicht dem Badezimmer vorbehalten, sondern durchaus ein Stilmittel der Architektur sind. In ihrer ersten Kollektion „Confetti“ tragen die Kacheln von italienischen Städten inspirierte Mikromuster aus Linien und Punkten. Nun folgt die zweite: „Dekorami“, mit dreidimensionalen geometrischen Strukturen, matt oder glänzend, die entfernt an Elemente antiker Textilkunst erinnern. Beide Serien werden aus glasiertem Steingut gefertigt und können nicht nur einfach Böden und Wände bedecken, sondern sollen auch Objekte wie Regale, Türen oder Blenden zieren. So erweitern die keramischen Quadrate den Horizont der Innenarchitektur – und damit sicher auch bald Interior-Projekte von Marcante-Testa.

Fotos: Omar Sartor; Alessandro Di Bon; Ceramica Vogue (6); Porträt: Helenio Barbetta

Kleine Muster, große Wirkung!


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Bad 2018

Farbe bekennen! Weniger Weiß war lange nicht: Poppige Glasuren treffen auf grafische Formen und schlaue Details auf brillante Finishs. Das Bad wird bunt – aber nicht beliebig! Wir zeigen die schönsten Neuheiten.

1 Spiegel

Blickfänger

Schauen und Stauen: Hinter dem Spiegel verbirgt die Konsole „Arco“ ein Regal. Becken aus Mineralguss, komplett 4606 Euro.

Viel Licht ins Dunkel bringt der LED-Spiegel „Plan“: Sein Aluminiumrahmen hat zwei dimmbare Beleuchtungsquellen, ab 1090 Euro.

Verhexagon! Dreifach sieht man sich im 93 cm hohen „Rockstar Mirror“ mit bronzierter Metallfassung von Selva. 4090 Euro.

ex-t .com

keuco.c om

ar teme s t .com

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Fotos: Bisazza; Drummonds; Waterworks; Devon & Devon; Antoniolupi; Bette; Ceadesign; Villeroy & Boch; Selva; Keuco; Pietro Savorelli

Te x t K a r in Jae ger


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B adewannen

Bi e einsteigen Am schönsten mit Schaumhäubchen: Die neuen Wannen sind selbstbewusste Centerpieces. 1 Comicreif ist India Mahdavis knallige Kollektion – von der Wanne „Plouf“ (11 662 Euro) bis zum Mosaik „Pinstripe“ (338 Euro / m2). bisazza.com 2 In Farbe getaucht: gusseisernes „Tweed Bath“ mit Manschettenfuß, 4980 Pfund (vor De Gournays Tapete „Japanese Garden“). drummonds- uk.com 3 Kurven wie in den 40ern hat die extratiefe Fiberglaswanne „Nilo“; glänzend oder matt, 8996 Pfund. water works.c om, in Deutschland über material-konzept .de 4 Gut aufgelegt: nostalgische Wannengarnitur „Black Morris“ mit Porzellangrif, 1100 Euro. devon - devon.com 5 Retrofuturistisch: Wanne „Relex“ (Preis auf Anfrage) aus transluzentem, getöntem Kunstharz. antoniolupi.it 6 Ein Wännlein steht im Walde: „Lux Shape“ aus Stahl mit ofenem Rahmen im Emailleton „Forest“, Preis auf Anfrage. b e t te.de 7 Architekt Jean-Michel Wilmotte entwarf die Kollektion „Lutezia“ (hier in mondänem „Satin Bronze“), Preis auf Anfrage. ceadesign.it 8 Weckt die Wassergeister: Vorwandversion der Serie „Oberon 2.0“ aus Mineralkomposit. 3450 Euro. Auch mit farbiger Schürze. villeroy-boch.com

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1 D uschen und Brausen

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Singin’ in the Rain Wenn es so schick sprudelt, spritzt und stürzt, lassen wir uns mit Vergnügen nass machen!

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Fotos: Fantini; Villeroy & Boch; Ceadesign; Markus Jans/Dornbracht; Duravit; Zazzeri; Antoniolupi

1 Wandschmuck: Azurblau schimmern die Regler der Chromarmatur „Nice“; weitere Farben, Preis auf Anfrage. fantini.it 2 Die graisch gemusterte Keramikläche „Subway Ininity Viprint“ gibt es nun auch mit glasierten Rändern, etwa für Sockelmontage. Ab 750 Euro. villeroy-b o ch.de 3 Goldenes Händchen: Brausegarnitur „Ziqq“ in matt schimmerndem neuem Finish „Light Gold“, Preis auf Anfrage. ceadesign.it 4 Seifenblasen sind vergänglich – die Deckendusche „Kosmo“ formt dagegen auf Kommando eine stabile Sphäre, Preis auf Anfrage. antoniolupi.it 5 Let it flow: Aus der Kuppel von Dornbrachts „Aquamoon“ rauscht das Wasser im Home-Spa in vier Szenarien. Preis auf Anfrage. dornbracht.com 6 Loft-Look: rutschfeste Duschläche „Stonetto“ in Beton-Optik, ab 850 Euro. dur avit .de 7 Showtime: Die drehbaren Edelstahlzylinder von „Z316“ machen die Dusche zur Bühne. Auch als Outdoor-Version, ab 1790 Euro. zazzeri.it


Happy Bathday!

Sind sie bald WasserKlassiker? Die Wanne „Meisterstück Centro Duo Oval“ entwarfen Sottsass Associati für Kaldewei, die Waschschale „Miena“ stammt von Anke Salomon. Im Hintergrund die Duschläche „Scona“.

Mit Emaillewannen um die ganze Welt: Kaldewei feiert seinen 100. Geburtstag. Te x t L en na r t Fra n z

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Fotos: Kaldewei

s gibt kein besseres Material für Badezuber als Stahlemaille: Aus dieser Überzeugung heraus fertigte Franz Kaldewei einst seine erste Wanne – und ließ die behäbige Konkurrenz aus Gusseisen bald alt aussehen. Treue zum Werkstoff, gepaart mit offenbar erblichem Innovationsgeist (links die weltweit erste Pressstraße 1957 im Ahlener Werk), verhalf dem 1918 als Blechwarenbetrieb gegründeten Familienunternehmen zu globalem Erfolg. Selbst der Acryl-Be-

geisterung der 70er hielt man mit westfälischer Beharrlichkeit (und dem Qualitätsversprechen einer 30-Jahre-Garantie) stand. Und war doch bei aller Nachhaltigkeit Designexperimenten nie abgeneigt: Größen wie Phoenix oder Ettore Sottsass verfeinerten immer wieder das Formen- und Farbrepertoire. Mittlerweile hat die vierte Generation übernommen: Franz Kaldewei junior setzt nicht nur auf digitale Technik, sondern ergänzte die Wannen auch um elegante Waschschalen und Duschflächen – selbstverständlich aus Stahlemaille.

Anthrazit, Rotgold und Messing – neue Farben für mehr Gestaltungsfreiheit Duschrinnen für individuelle Badkonzepte

Dallmer verbindet Ästhetik, Funktion und Qualität „Made in Germany“. Entdecken Sie jetzt die ganze Vielfalt an Formen, Materialien und Farben. www.dallmer.de


Bad 2018

2 Armaturen

Stolze Hähne Der Wasserspender von heute huldigt dem Zeitgeist: Er setzt auf klare Linien, gönnt sich aber gern ein fancy Finish.

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1 „Atrio“ in neuem Designgewand, mit Kreuzgrifen und Chrominish, ab 700 Euro. grohe.de 2 Mix & Match: „Axor Myedition“ kommt in 15 PVD-Oberlächen (o. „Brushed Red Gold“), die Deckplatte gibt es auch in Holz, Marmor oder Leder, ab 1071 Euro. a xor- de sign.c om 3 Aufällig dezent: „Plan Blue“ trägt einen matten Aluminiummantel (ab 365 Euro). keuc o.c om 4 Antiken Säulen auf Sizilien ist „Taormina“ nachempfunden. In Goldinish, mit und ohne Hebel, ab 256 Euro. ritmonio.it 5 Becken-Butler: Der sanft gerundete Edelstahlhahn „SX“ trägt eine Betonablage. Preis auf Anfrage. cris tinarubine t terie. com 6 Michael Anastassiades dekonstruiert die Mischbatterie: Auslauf und Basis sind bei „Aboutwater AA/27“ getrennt. Hier in gebürstetem Edelstahl, Preis auf Anfrage. f antini.it 7 Die neue Serie „Incanto“ glänzt mit extravaganten Metallinishs. graf f-fauce t s.c om /de

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Fotos: Attila Hartwig/Grohe; Axor; Keuco; Ritmonio; Cristina Rubinetterie; Fantini; Graff

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Bath & Art de vivre

Š THG Paris

Brassware Accessories Bathtubs Basins Designed and made in France

Les Ondes collection Gilles & Boissier Monceau bathtub Studio THG Paris

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Bad 2018

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3 Waschb e cken

Frische Brise

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1 Die Waschtischplatte „Soft“ wird aus Mineralwerkstof maßgegossen, ab 1547 Euro. repabad.com 2 La grande bellezza! Standbecken „Roma“ aus kanneliertem Onyx; auch in diversen Marmoren, ab 8700 Euro. kre o o.com 3 Kreative Fusion fürs London Design Festival: Superfront (Kabinett mit Messingbecken, ab 816 Euro) und Original BTC („Narrow Pillar Lights“, je 575 Euro) gestal-

Waschkonsolen

Leichtfüßig

„Monsieur“ hat Feinsinn! Matteo Thun und Antonio Rodriguez lassen den Hahn aus der Nussbaumbasis wachsen, 2990 Euro.

Das Keramikbecken „Kyros“ balanciert auf einem Bein – mitsamt geräumigem Container! In 16 Farben und drei Metallinishs.

Arabescato-Marmor und AntikbronzeFinish heben das „Single Locky Vanity Basin“ aus Porzellan in elegante Höhen. 4140 Pfund.

falp er.it

ceramic acielo.it

drummonds- uk.com

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Fotos: Repabad; Tobia Berti; Original BTC; The Artceram; Alape (2); Inbani; Antoniolupi; Agape; Drummonds; Ceramica Cielo/Davide Lovatti; Falper

Individualisten und Teamplayer: Neue Becken schlagen mit ruhiger Raffinesse lu ige Designwellen.


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4 teten diesen Wasch(t)raum. sup er front .com; originalbtc.com 4 Elementare Formen und frohe Farben geben der Beckenkollektion „Cartesio“ den Memphis-Touch. Wie gezeigt 357 Euro. ar tceram.it 5 Bergseeblau, Azurgrün, Amazonastürkis … Bei jedem Blick schimmert „Aqua“ in neuen Nuancen. Aus glasiertem Stahl, 700 Euro (ab Frühjahr 2019). alap e.com 6 Nicht nur Zierisch: japanische „Welcome Soap“, 20 Euro. tamanohada.co.jp 7 Ein Hauch von Marmor: Mit 55 kg ist die Waschstele „Intreccio“ tatsächlich ein Leichtgewicht! antoniolupi.it 8 Spannungsgeladen: Bei der Serie „Forma“ steht organisch gegen geometrisch. Asymmetrische Schränke plus Mineralgussbecken, Preise auf Anfrage. inbani.c om 9 Auf Schienen: Patricia Urquiolas System „Rigo“ bietet reichlich Kombinationsmöglichkeiten für Becken und Ablagen. Preise auf Anfrage. agap e de sign.it

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Bad 2018

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Toile t ten

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Smarte Örtchen 1 Raumstation: Das Sanitärsystem „Abaco“ bringt ein komplettes Bad im schlanken Stahlblock unter. Preis auf Anfrage. ceadesign.it 2 Parkplatzproblem gelöst! Aluminium-Rollenhalter „Edition 400“ mit Ablage, 135 Euro. keuco.com 3 Aus einem Guss: Zone Denmarks Accessoire-Serie „Ume“ mit Zahnputzbecher, Seifenspender, Toilettenbürste (70 Euro) und Pedaleimer. Auch in Grau, Schwarz, Weiß und Rosa. zone denmark.dk 4 Auf silbrigem Sockel ruht das DuschWC „Aquaclean Mera“ von Geberit. Mit Warmluftföhn, Sitzheizung und Fernbedienung, ab 4550 Euro. g e b e rit .de 5 Ganz persönlich: Totos „Washlet RX“ erinnert sich an die Vorlieben von zwei Nutzern, 3600 Euro. toto.com 6 Zwei Knöpfe, 14 Farben: variantenreiche Drückerplatte für WC-Spülungen, 458 Euro. c eramic aglob o.c om 7 Weshalb immer Weiß? Das klassizistische Modell „Civitas“ taucht The Artceram jetzt in zarte Pastelltöne, 719 Euro. ar tc er am.it

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5 Fotos: Ceadesign; Keuco; Zone Denmark; Geberit; Toto; Ceramica Globo; The Artceram

Designobjekt, Technikwunder, Farbakzent – Toile en sind längst mehr als nur WCs.


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Foto: Rene Burri / Magnum Photos / Agentur Focus, Š Barragan Foundation / VG Bild-Kunst, Bonn 2018

ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur


Bad 2018

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Wand in Sicht! 1 Die „Puzzleteile“ für „Micro Multiplem“ werden aus Glaspulver hergestellt – das Material stammt aus alten Fernsehern, 352 Euro/m2. m o s aic omicro.c om 2 Bad auf hoher See: „Breaking the Wave“ von Monica Förster für Marrakech Design, zwölf Stück für 120 Euro. marr ake chdesign.se 3 Nicht plegeleicht, doch facettenreich: handgearbeitete Steingutkacheln „Perspectives“ in Pastelltönen von Botteganove, Preis auf Anfrage. bot teganove.it 4 Nächster Halt Wasserhahn: New Ravenna lässt U-Bahnen durchs Bad brausen. Die Glasliesen „Subway!“ gibt es in variablen Farbstellungen, 1209 Euro/m2. newravenna.com 5 Hella Jongerius ist die Königin der Farben – ihre Serie „Diarama“ aus glasiertem Steinzeug macht die Kachel zur Leinwand. Zahllose Varianten (unten „Blush Light“ und „Chalk“), 274 Euro/m2. mutina.it 6 In der Kollektion „Maioliche di Pietra“ aus Vulkanstein, die altem Bossenwerk nachempfunden ist, sind auch Waschbecken und Accessoires enthalten, 1820 Euro/m2. lith ea.it

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Fotos: Mosaicomicro (2); Alberto Sinigaglia; New Ravenna; Mutina (2); Antonino Bartuccio; Marrakech Design

Monotone Raster sind passé: Fliesen zeigen jetzt Tiefe, Bewegung – und ein Faible für Farbe.



Bad 2018

So badet man down under Te x t Rein ha rd K rause

Mit einer Onyx-Blende vor Villeroy & Bochs Wanne „Oberon“ und passend gefärbtem Betonboden deiniert Decus Interiors den Ton in diesem Masterbath in Woollahra, Sydney. Armaturen in Roségoldinish von Brodware, Hocker von Michaël Verheyden.

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Australiens Interiordesigner machen von sich reden, indem sie das Bad nicht nur als wichtigen Rückzugsraum entdecken, sondern es mit derselben Hingabe gestalten, die dem Rest der Wohnung schon längst zuteilwird. Eine san e Revolution!


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Fotos: Felix Forest (2); Shannon McGrath; Porträt: Hugh Stewart

as Halbwissen über die Besonderheiten australischer Badekultur beschränkt sich hierzulande meist darauf, dass Wasserstrudel in Waschbecken down under gegen den Uhrzeigersinn abfließen. Gut möglich aber, dass bald von einem ganz anders gearteten australischen Bad-Wunder die Rede sein wird: Kein zweites Land überrascht derzeit mit einer solchen Fülle exzellent designter Badezimmer. Während bei uns der Kampf um ein Ende der voll verfliesten Nasszelle noch längst nicht ausgefochten scheint, gehört es in Melbourne und Sydney offenbar bereits zum Common Sense, dass auch die Gestaltung des Bades in die Hände eines versierten Innenarchitekten gehört. Für Decorators wie Arent & Pyke aus Sydney versteht es sich mittlerweile von selbst, dem Bad dieselbe gestalterische Sorgfalt zu widmen wie dem Wohn- oder

Sp(r)itzer Winkel: Das Bad in Sydney u. stellte eine Herausforderung dar, die Juliette Arent und Sarah-Jane Pyke (u. re.) mit Bravour – und handgefertigten Kacheln von Aït Manos – lösten. Armaturen von Vola. Rechts ein Waschkabinett von Hecker Guthrie mit Fliesen von Enticdesigns. Leuchte: „Mass Light“ von &tradition.

„In jedem Bad von uns gibt es Einbauten nach Maß. Von der Stange zu planen wäre fatal – dafür ist der Raum viel zu wichtig!“ S arah - Jane P yke

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Bad 2018

Good morning, sunshine! Beim Baddesign geht es nicht zuletzt um Typfragen. Die Variante re. von Mim Design (unten Gründerin Miriam Fanning) setzt auf einen energischen Start in den Tag. Das hohe Fenster lässt Licht hereinluten, das Schwarz der Armaturen wirkt wie eine Extradosis Kofein.

Esszimmer. „Ein Bad ist viel mehr als ein reiner Funktionsraum! In ihm komme ich zur Ruhe und bin einmal ganz für mich“, sagt Co-Principal Sarah-Jane Pyke. „Deshalb muss es genau auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner zugeschnitten sein. Es sollte einladend wirken, aber auch eine erfrischende Note haben.“ Einigkeit herrscht unter Australiens führenden Designern darüber, dass wirklich individuelle Lösungen, die mit dem Rest der Wohnung auf Augenhöhe sind, Maßanfertigungen erfordern – das schließt die Bademöbel und oft sogar die Becken ein. Das zweite Zauberwort lautet Materialität. „Sie ist der Schlüssel zu allem“, betont Alexandra Donohoe Church von Decus Interiors in Sydney. „Ausgangspunkt kann die Wahl einer außergewöhnlichen Fliese sein oder eine bestimmte Textur, ein besonderer Werkstoff, der in unterschiedlichen Finishs wieder aufgegriffen wird und so auch betont reduzierter Architektur zu Spannung und Raffinement verhilft.“

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„Um ruhig und erfrischend zu wirken, braucht ein Bad auch gut geplanten Stauraum!“ Miriam Fanning

Diese Maximen klingen naheliegend, werden aber nirgendwo sonst mit solch nonchalanter Konsequenz umgesetzt. Miriam Fanning, Gründerin von Mim Design aus Melbourne, ist gleichwohl skeptisch, ob es eine „Neue Australische Welle“ im Baddesign gibt. „Alles hängt schließlich vom Briefing und den Wünschen des Besitzers ab“, gibt sie zu bedenken. „Es stimmt aber, dass wir heute einen viel freieren Zugang zu Produkten aus Übersee haben. Vor allem die Bandbreite an Steinsorten hat enorm zugenommen. Und diese Ausweitung der Palette hat sich geradezu beflügelnd auf die ganze Branche ausgewirkt.“ Einen gemeinsamen Nenner immerhin lässt auch sie gelten: „Wenn es eine Besonderheit gibt, dann wohl die, dass wir Australier ein Faible für natürliches Licht haben.“ Aber auch der Einsatz künstlicher Lichtquellen zeugt von einer ästhetischen Sicherheit, die nicht viel auf Nassraumnormen zu geben scheint. Warum sollte, was ein Wohnzimmer in magisches Licht rückt,

Fotos: Brooke Holm; Shannon McGrath; Derek Swalwell; Porträt: Courtesy Mim Design

Auf wohlige Nachtruhe stimmt das sanft gerundete Bad li. von Flack Studio aus Melbourne ein. Die patinierte Messingleuchte wirkt in diesem Setting wie ein Kometenschweif, der Verzicht auf einen Spiegel überm Waschbecken signalisiert: Gute Nacht, Kontrollzwang!


Kontrast aus Quadrat und Kreis, matt und glänzend, feucht und trocken: In der Ivanhoe Residence von Doherty Design Studio erzeugen Mutinas „Numi“-Fliesen eine Fließbewegung, die sich erst auf den zweiten Blick erschließt.


Bad 2018

fürs Bad tabu sein? Zumindest solange der Elektriker grünes Licht signalisiert. Großstädter stehen in Australien, anders als in Europa, weit weniger vor Platzproblemen. „Bei uns ist es oft möglich, auch mal ein Sitzmöbel oder einen Tisch im Bad unterzubringen“, sagt Sarah-Jane Pyke. „Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, einem Raum eine unverwechselbare Interior-Note zu geben.“ Hinzu kommt: Als relativ junge Nation pflegten Australier bislang keine übertriebene Sentimentalität gegenüber historischer Bausubstanz, die die Experimentierlust eventuell bremsen könnte. Doch das scheint sich gegenwärtig ein wenig zu ändern, denn immer mehr von ihnen entdecken den Charme alter Ar-

„Jede Wohnung benötigt einen roten Faden – er sollte einen aber nicht unbedingt bis ins Bad hinein verfolgen.“ Alexandra Donohoe Church

Einen ganz anderen Charakter als das Bad der Hausherrin (S. 28) hat das Gästebad (li.) in Woollahra von Decus Interiors (oben Gründerin Alexandra Donohoe Church). Concordia-Marmor kontrastiert mit matten Fliesen; über Onsite Supply & Design. Armatur von Brodware.

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Foto: Felix Forest; Porträt: Nick Cubbin

beiterhäuser in den Vorstädten. Auch mal mit wenig Platz auszukommen ist insofern eine ganz neue Herausforderung für Australiens Innenarchitekten. Und dann gibt es da noch eine letzte Besonderheit: die australischen Sommer mit ihren Dürreperioden und den strengen Vorschriften zur Wasserrationierung. Armaturen, die den Wasserdruck drosseln, sind deshalb Standard, aber auch die Überlegung, wie groß eine Badewanne idealerweise sein sollte, sagt Juliette Arent, fließt zwangsläufig in jede Badezimmerplanung ein. Ob links- oder rechtsherum spielt dabei hingegen gar keine Rolle.



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We all bathe in a Yellow Submarine! Unter dem „Eclipse Pendant Light“ (995 Euro) aus chromgefasstem, milchigem Acrylglas von Lee Broom funkelt der Waschtisch „Loft Ornament“ (Preis auf Anfrage) aus glasiertem Titanstahl in „Midnight“ von Bette. Auf dem Beckenrand balancieren drei Glasschälchen „Bits and Bobs“ (verschiedene Größen, ab 9 Euro) sowie die monochrome Zahnbürste „Tann“, alles von Hay. Vor Dornbrachts schnittigem EinhandMischer „Supernova“ (verchromt, ab 659 Euro) fügen sich die Steinzeugliesen „Aerografo“ (ab 417 Euro/m2) von Botteganove zum Wabenmosaik. Deren zarte Nuancen werden in Airbrush-Technik aufgebracht. Davor Zahnpasta von Marvis mit Geschmack „Ginger Mint“, über ad1 9 5 0.de; vorne rechts ein „Soap“-Block von Jasper Morrison für Good Thing (über jasp ermorrisonshop.com). Wandfarben: hinten „Discoball“ (links) und „Loopy“, unten „Babyboom“ von Caparol Icons.

Architectural Digest

erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München

Condé Nast International Chairman and Chief Executive Jonathan Newhouse President Wolfgang Blau The Condé Nast International Group of Brands includes Großbritannien Vogue, House & Garden, Brides, Tatler, The World of Interiors, GQ, Vanity Fair, Condé Nast Traveller, Glamour, Condé Nast Johansens, GQ Style, Love, Wired, Condé Nast College of Fashion & Design, Ars Technica Frankreich Vogue, Vogue Hommes, AD, Glamour, Vogue Collections, GQ, AD Collector, Vanity Fair, GQ Le Manuel du Style, Glamour Style Italien Vogue, Glamour, AD, Condé Nast Traveller, GQ, Vanity Fair, Wired, La Cucina Italiana Deutschland Vogue, GQ, AD, Glamour, GQ Style, Wired Spanien Vogue, GQ, Vogue Novias, Vogue Niños, Condé Nast Traveler, Vogue Colecciones, Vogue Belleza, Glamour, AD, Vanity Fair Japan Vogue, GQ, Vogue Girl, Wired, Vogue Wedding Taiwan Vogue, GQ, Interculture Mexiko und Lateinamerika Vogue Mexico and Latin America, Glamour Mexico, AD Mexico, GQ Mexico and Latin America, Vanity Fair Mexico Indien Vogue, GQ, Condé Nast Traveller, AD

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Foto: Benjamin Brinckmann/Studio Condé Nast; Styling: Inka Baron & Judith Pretsch

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