"Andere Probleme": Hera Lind feiert Geburtstag – und erklärt, wie sie zum Gendern steht

Bestseller-Autorin Hera Lind spricht im AZ-Interview über ihren neuen Roman ("Das einzige Kind"), der auf Tatsachen beruht, den 66. Geburtstag, das Gendern und darüber, warum sie keine Beziehungstipps gibt.
| Anne Wildermann
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Hera Lind ("Das Superweib", "Ein Mann für jede Tonart") gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen der deutschsprachigen unterhaltenden Frauenliteratur. Diesen Donnerstag feiert sie ihren 66. Geburtstag.
Hera Lind ("Das Superweib", "Ein Mann für jede Tonart") gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen der deutschsprachigen unterhaltenden Frauenliteratur. Diesen Donnerstag feiert sie ihren 66. Geburtstag. © imago

München - Mit "Ein Mann für jede Tonart" begann Hera Linds Karriere. Mehr als 20 Jahre lang hat die gebürtige Bielefelderin erheiternde Liebesgeschichten geschrieben, damit zwölf Millionen Leser zum Lachen gebracht – und dann das Genre gewechselt.

Reue? Überhaupt keine. Die AZ hat mit ihr über ihren neuen Roman gesprochen, über ihre Beziehung und über ihren 66. Geburtstag, den sie an diesem Donnerstag (2. November) feiert.

AZ: Frau Lind, obwohl Ihr neuer Roman "Das einzige Kind" das Schicksal eines jugoslawischen Buben während des Zweiten Weltkriegs thematisiert, könnten die Themen "Krieg", "Elend", "Tod", "Flucht" und "Angst" nicht aktueller sein...
HERA LIND: Das stimmt. Es ist erschreckend, beschämend und aufrüttelnd zugleich. Wenn man die Berichte über massenhaft Betroffene in den Medien verfolgt, kann es einen nicht so tief im Herzen berühren wie das Einzelschicksal eines Fünfjährigen, der sich so messerscharf an jede einzelne Situation erinnert, einen mitnimmt auf seine atemberaubende Flucht.

"Das Böse und Dumme": Hera Lind glaubte nicht, dass es noch einmal Krieg in Europa gibt

Seit vielen Jahren verfassen Sie Romane, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Wie sind Sie an die Geschichte des Vollwaisen Djoko gekommen?
Vor Jahren schickte mir der damals weit über 80-jährige Mann sein selbst verfasstes Buch, samt nachgestellter Szenen, die er aus Wachs gebastelt und fotografiert hatte. Es hat mich vom ersten Moment an gepackt! Ich wollte es einer großen Öffentlichkeit nahebringen.

Was mögen Sie an Ihrem Helden am meisten?
Er ist wohl das tapferste Kind der Welt. Und trotz aller Überlebenskämpfe ist er immer liebenswert, charmant, dankbar und clever.

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Wie emotional machen Ihre Geschichten Sie?
Ja tatsächlich nehmen mich diese Stoffe beim Schreiben so sehr mit, dass ich die Welt um mich herum vergesse. Ich versetze mich mit Haut und Haaren in meine Protagonisten hinein, erlebe ihre Gefühle. Wenn meine Leserinnen mir schreiben, sie haben beim Lesen geweint oder gelacht, ist es authentisch gelungen.

Hätten Sie geglaubt, dass es in Europa noch mal zu einem Krieg kommt?
Nein, das hätte ich nie geglaubt. Ich hätte einfach nicht gedacht, dass das grundlegend Böse und gleichzeitig unfassbar Dumme sich noch einmal in der heute so aufgeklärten Menschheit durchsetzen könnte.

"Früher war das kein Thema": Was Hera Lind über das Gendern denkt

Was halten Sie als Bestseller-Autorin vom Gendern?
Jetzt haben Sie mich ertappt. Gerade habe ich gedacht: Oh je, ich habe Protagonisten gesagt. Aber früher war das kein Thema, man hatte andere Probleme. Insofern gendere ich in meinen Tatsachenromanen nicht, schreibe also nicht von Soldatinnen und Soldaten.

Seit 2002 sind Sie mit Ihrem zweiten Mann, dem Österreicher und Hotelier Engelbert Lainer, verheiratet, leben mit ihm in Salzburg. Wie hat sich Ihre Ehe im Laufe dieser 21 Jahre verändert?
Sie ist immer tiefer und reifer geworden. Wir sind jeden Tag glücklich und dankbar, dass wir uns gefunden, zueinandergestanden haben. Wir sind ein eingespieltes Team, ergänzen einander in unseren Fähigkeiten, bewundern die Stärken des anderen und nehmen die Schwächen mit Humor.

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Was ist Ihr Rezept für eine gute, glückliche Ehe?
Eine gute Ehe ist wie ein gutes Haarspray: Halt geben, aber nicht kleben.

Geben Sie Ihren Freunden und Bekannten Beziehungstipps?
Oh nein. Da verliert man ja mit der Zeit alle seine Freunde! Ungefragt sollte man überhaupt keine Ratschläge geben, und wenn man um einen gebeten wird, sollte man sich im Klaren darüber sein, dass jedes Wort nach 30 Jahren noch Gewicht haben wird. Also respektvoll Klappe halten.

Zum 66. Geburtstag fühlt sich Hera Lind so "energiegeladen und lebensfroh" wie noch nie

Wie kompromissbereit sind Sie in privaten als auch in beruflichen Beziehungen?
Natürlich sind wir kompromissbereit, wenn es um Alltägliches geht. Aber wenn Sie auf die Wahl des Partners ansprechen: Da sollte man keine Kompromisse eingehen. Im Beruflichen sehe ich es ähnlich. Ich einige mich mit meinem Verlag auf den Titel oder das Cover, aber wenn ich eine Geschichte unbedingt machen möchte, setze ich mich durch. Die letzte mit dem Titel "Mit dem Mut zur Liebe" hat zwölf Jahre in der Schublade gelegen. Aber ich habe sie gemacht.

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An diesem Donnerstag feiern Sie Ihren 66. Geburtstag. Hatte Udo Jürgens recht und das Leben fängt ab diesem Alter erst an?
Tatsächlich habe ich mich nie zuvor so fit, energiegeladen und lebensfroh gefühlt wie jetzt. Man kann sich zurücklehnen, gelassen auf das blicken, was der Vergangenheit angehört. Es ist nicht mehr wichtig. Jetzt zählt jeder einzelne Tag. Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber dem Tag mehr Leben.

Was ist Ihnen wichtiger: beruflicher Erfolg oder eine erfüllte Beziehung?
Oh je, warum muss ich mich da entscheiden?! Beides ist wunderbar, wenn man es sich selbst erarbeitet hat. Wenn jetzt die böse Fee käme und mir eines wegnehmen würde: Die erfüllte Beziehung ist im Alter wichtiger.


Hera Lind: "Das einzige Kind", Knaur-Verlag, 12,99 Euro.

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2 Kommentare
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  • Komod am 02.11.2023 13:11 Uhr / Bewertung:

    Kein normaler Mensch gendert sondern in erster Linie nur Moralapostel oder die Selbstgerechten.
    Also Grüne bzw Linke.

  • pittomuc am 02.11.2023 15:29 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Komod

    Was verstehen Sie denn unter ein „normaler“ Mensch ?
    Jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum und unterliegt, keinerlei Norm…das macht die Menschheit so schön bunt, wie die ist …
    Ich bin glücklich, ein Mensch zu sein, der nicht in ihr engstirnig es und unreflektiertes Schubladendenken passt…