Manche mögen's steil: (K)ein Liebes-Roman

Manche mögen's steil: (K)ein Liebes-Roman

by Ellen Berg
Manche mögen's steil: (K)ein Liebes-Roman

Manche mögen's steil: (K)ein Liebes-Roman

by Ellen Berg

eBook2. Auflage (2. Auflage)

$11.99 

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Overview

Wie steil ist das denn?

Vic liebt ihren Job bei einer Medical-Software-Firma, kennt Jahreszeiten aus der Wetter-App und Freundschaften nur auf Facebook. Dann soll sie für ein Teamtraining in die Berge geschickt werden – das pure Grauen für die digitale Großstadtpflanze. Da Vic jedoch fürchtet, ihr Konkurrent Konstantin könnte sie auf der Karriereleiter überholen, muss sie wohl oder übel den Gipfel erklimmen. Wenn nur nicht dieser unerträglich wetterfeste Bergführer Johannes wäre. Sofort fliegen die Fetzen. Bis Vic jenseits von WLAN und veganer Ernährung entdeckt, dass es sie doch gibt – die wahre Liebe im falschen Leben ...


Product Details

ISBN-13: 9783841214089
Publisher: Aufbau Digital
Publication date: 11/06/2017
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 336
File size: 2 MB
Language: German

About the Author

Ellen Berg, geboren 1969, studierte Germanistik und arbeitete als Reiseleiterin und in der Gastronomie. Heute schreibt und lebt sie mit ihrer Tochter auf einem kleinen Bauernhof im Allgäu.

Ihre Romane „Du mich auch. (K)ein Rache Roman“, „Das bisschen Kuchen. (K)ein Diät-Roman“, „Den lass ich gleich an. (K)ein Single-Roman“, „Ich koch dich tot. (K)ein Liebes-Roman“, „Gib’s mir, Schatz! (K)ein Fessel-Roman“, „Zur Hölle mit Seniorentellern! (K)ein Rentner-Roman“, „Ich will es doch auch! (K)ein Beziehungs-Roman“, „Alles Tofu, oder was? (K)ein Koch-Roman“, „Blonder wird’s nicht. (K)ein Friseur-Roman“, „Ich schenk dir die Hölle auf Erden. (K)ein Trennungs-Roman, „Manche mögen’s steil. (K)ein Liebes-Roman“, „Wie heiß ist das denn? (K)ein Liebes-Roman“, "Ich küss dich tot. (K)ein Familien-Roman", "Trau dich doch. (K)ein Hochzeits-Roman", "Der ist für die Tonne. (K)ein Männer-Roman", "Willst du Blumen, kauf dir welche. (K)ein Romantik-Roman", "Mach dich locker. (K)ein Frauen-Roman und "Von Spaß war nie die Rede. (K)ein Mütter-Roman liegen im Aufbau Taschenbuch vor und sind große Erfolge.

Besuchen Sie die Autorin auch auf www.aufbau-verlage.de/ellen-berg

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Ein neues Katzenvideo? Himmel, wie süß ist das denn? Vicky warf einen raschen Blick auf ihre ausnahmslos männlichen Kollegen, mit denen sie das Büro teilte. Das coole Penthouse des IT-Unternehmens MediSolutions, genauer gesagt, bevölkert von smarten Hipstern in modischen, absurd engen Anzügen, die nahezu identische Vollbärte trugen. Alle starrten konzentriert auf ihre Monitore. Glücklicherweise.

Verstohlen tippte Vicky das Display ihres Smartphones an. Obwohl sie schon mindestens achthundertsiebenundneunzig Katzenvideos gesehen hatte, eines herziger als das andere, konnte sie einfach nicht genug davon bekommen. Ja, es war kindisch. Nein, es passte nicht zu der Frau, die man als toughe Teamleiterin kannte. MediSolutions war auf Software für Kliniken spezialisiert und warb mit dem Slogan Intelligente Lösungen für die Medizin von morgen. Knallharter Durchblick war gefragt, keine Sentimentalitäten. Deshalb musste Vicky auf der Hut sein. Einmal beim Anschauen niedlicher Videos erwischt, und schon konnte man sich auf wochenlanges Ablästern gefasst machen. Krass, die zieht sich so einen Kitsch rein? Nee jetzt, ernsthaft? Und dann noch während der Arbeitszeit? Sag mal, wie alt ist die? Dreizehn?

Aber bei Katzenvideos wurde Vicky nun mal schwach. Und dies war ein Babykatzenvideo!

Verzückt beobachtete sie die beiden winzigen Fellknäuel, ein schwarzes und ein weißes, die um einen rosa Gummiball balgten. Allerliebst. Nur zu gern hätte Vicky eine eigene Katze gehabt. Ein lebendiges Wesen, das sich freute, wenn sie abends in die leere Wohnung kam, das sich schnurrend an sie schmiegte und gekrault werden wollte. Ihr butterweiches Herz schmolz bei dem Gedanken, wie sehr sie ihr Kätzchen lieben würde. Sie hätte sogar schon einen Namen: Mimi. Leider wurde nichts daraus, wegen ihrer Katzenallergie, die mit Juckreiz und Atemnot daherkam. Nur dem digitalen Zeitalter sei Dank, durfte sie das Schauspiel possierlicher Katzenbalgereien aus nächster Nähe genießen.

Sie seufzte tief. Warum konnten nicht auch sämtliche zwischenmenschlichen Kontakte mit digitalem Sicherheitsabstand ablaufen? Schließlich reagierte Vicky auf etwa neunzig Prozent der Menschheit ebenfalls allergisch. Zwar nicht mit Juckreiz und Atemnot, aber mit einer sehr unangenehmen Mischung aus Schüchternheit und Spontanverspannung. Tja, es war nicht zu leugnen: Viktoria Elsässer, Single, Software-Entwicklerin und trotz ihrer gerade mal zweiunddreißig Jahre auf dem Sprung in die Chefetage ihrer Firma, hatte es nicht so mit Face-to-face-Kommunikation.

»Vic? Ist das nicht unfassbar süß? Hast du es schon gesehen?«, fragte eine vergnügte Frauenstimme.

Schnell klickte Vicky das Video weg.

»Oh, äh ...«

Vor ihr stand Catherine, Cat genannt, die Assistentin des Personalchefs. Genau, Cat wie Katze, ein äußerst sinniger Name, denn sie war es, die Vicky regelmäßig neue Katzenvideos schickte – um etwas Wärme in die kalte Welt der Algorithmen zu bringen, wie sie beteuerte.

»So was könnte ich mir stundenlang anschauen«, schwärmte sie. »Weißt du, was ich neulich gelesen habe? Ein Hund mag wundervolle Prosa sein, aber Katzen sind pure Poesie.«

»Was du nicht sagst.« Herrje, wie peinlich. Vicky beschloss, so zu tun, als gehe es um etwas Berufliches. »Also ich finde das clever konzipiert, sehr professionell.«

Catherine blinzelte irritiert. Sie war so ziemlich der einzige Mensch, mit dem sich Vicky auch ohne digitalen Filter gern unterhielt. Über den Job, über Männer, über Katzen. Nur nicht jetzt, in Gegenwart neugieriger Kollegen, die alles gegen sie verwenden würden, was sie nebenbei aufschnappten.

»Ich wollte etwas für deine emotionale Balance tun«, erklärte Catherine. »Schließlich weiß ich doch, wie viel Stress du hast.«

»Genau, die neue Globalisierungsstrategie«, redete Vicky hektisch drauflos. »Veränderungsprozesse der strategischen Grundorientierung auf der Ebene der Gesamtunternehmung sind definitiv der Schritt in die richtige Richtung.«

»Strategische Grundorientierung.« Catherines Mundwinkel wechselten die Richtung und zeigten nun nach unten. »Komisch, bei dir geht's mir immer wie mit diesen Software-Aktualisierungen, die von Zeit zu Zeit aufpoppen – ich verstehe kein Wort, aber vorsichtshalber stimme ich zu. Hm. Eigentlich sprach ich von einem Katzenvideo.«

Vicky bemühte sich um einen undurchdringlichen Gesichtsausdruck.

»Wie heißt es doch so schön? Ich bin nur verantwortlich für das, was ich sage, nicht für das, was du verstehst. Wie geht's den Kindern?«

Los, Themenwechsel! Sonst werden die Kollegen hellhörig!

»Prächtig. Finn hält mich nachts allerdings ganz schön auf Trab, er bekommt Zähne. Glaub mir: Ein Baby ist das gewagteste Schlafentzugsexperiment, das jemals erfunden wurde.«

Themenwechsel gelungen. O Mann, das war knapp!

Erleichtert strich Vicky ihren schwarzen Anzug glatt, die passende Uniform, um in dieser Männerdomäne zu bestehen. Kein Schmuck, kein Make-up lenkte ab, ihren Nägeln gönnte sie lediglich eine dezente French Manicure. Auch die haselnussbraune Kurzhaarfrisur und eine große Nerdbrille mit schwarzem Gestell entsprachen diesem tiefstapelnden Look. Von weitem hätte man sie glatt für einen bemerkenswert gutaussehenden Mann halten können. Aber sie war nun einmal in einer Szene gestrandet, in der sie sowohl ihre Weiblichkeit als auch ihr weiches Herz verstecken musste, um ernst genommen zu werden. Das einzige Zugeständnis an ihre Geschlechtszugehörigkeit bestand in hochhackigen Pumps, aber auch nur, weil sie damit etwas größer erschien.

Catherine hatte es einfacher. Von einer Mitarbeiterin der Personalabteilung erwartete man geradezu Eigenschaften, die immer noch als typisch weiblich galten. Einfühlungsvermögen zum Beispiel, emotionale Intelligenz, sogar Gefühle. Da durfte man sich auch feminin anziehen. Heute trug sie ein knappes Kostüm, dessen Brombeerton perfekt mit ihrer bordeauxfarbenen Handtasche und den mahagoniroten Locken harmonierte. Sie schenkte Vicky ein zuckriges Lächeln, das zwei Grübchen rechts und links neben ihre üppigen Lippen malte.

»Sag mal, hast du Lust, mit mir mittagessen zu gehen? Ganz in der Nähe hat ein neues Lokal aufgemacht. Die Schnitzel sollen sensationell lecker sein und groß wie Frisbeescheiben.«

»Entschuldige«, winkte Vicky ab, »du vergisst anscheinend, dass ich nichts esse, was Augen hatte.«

Einer ihrer Kollegen, Kai Wanner, der schlaksige Blonde gegenüber, lachte hüstelnd.

»Einmal Vegetarierin, immer Vegetarierin. Wisst ihr, was Frau Elsässer mit einem Grillhähnchen anstellen würde? Zum Tierarzt gehen und fragen, ob noch was zu retten ist.«

Immer diese blöden Kommentare. Als Fleischverächterin machte sich Vicky in diesem Testosteron-Reservat natürlich so beliebt wie eine Motte im Kaschmirpullover. Erwartungsgemäß feuerten nun auch die anderen Kollegen aus der sicheren Deckung ihrer Monitore die üblichen Sprüche ab.

»Füllt eure Wasserpistolen mit Wurstwasser, wir jagen Veganer!«

»Ich kaufe Salat nur, um damit was Essbares anzulocken!«

»Preisfrage: Dürfen Vegetarier Fleischtomaten essen?«

Catherine kicherte, Vicky tat so, als habe sie nichts gehört. Als einzige Frau in dem sechsköpfigen Entwickler-Team musste sie ohnehin einiges einstecken. Wer hatte eigentlich behauptet, die Pubertät sei mit zwanzig abgeschlossen? Manchmal fühlte sie sich wie auf einem Schulhof, wo halbgare Jungs mit der Erkenntnis glänzten, dass Mädchen entweder scharfe Torten oder irgendwie doof seien. Sie gehörte hier eindeutig in die zweite Kategorie. Egal. Stirnrunzelnd zeigte sie auf ihre Herrenarmbanduhr.

»Tut mir wirklich leid, Cat, ich habe sowieso keine Zeit für eine Mittagspause. Ich muss meine Präsentation für die Chefs vorbereiten, das AProjekt.«

»Wow. Du hast also den Mega-Auftrag ergattert«, stellte Catherine mit deutlich hörbarem Respekt in der Stimme fest.

»Ja, es geht um eine hocheffiziente Software, mit der Kliniken künftig die Behandlungserfolge von Patienten vergleichen können. Ich trage die Verantwortung für das gesamte Projekt und arbeitete im Moment quasi vierundzwanzig Stunden täglich daran.«

So leicht ließ sich Catherine allerdings nicht ins Bockshorn jagen. Unternehmungslustig schlenkerte sie mit ihrer Handtasche herum.

»Komm schon, wenn wir den Business Lunch bestellen, geht das ratzfatz.«

»Nee, nee, lass mal, ich ...«

»Du gehst jetzt mit mir essen, Schatz«, wurde sie von Catherine resolut unterbrochen. »Wir müssen unbedingt reden.«

Prompt schossen die Köpfe der Kollegen hinter den Monitoren hervor. Eine vibrierende Stille senkte sich über den Raum, und einmal mehr empfand Vicky es als Zumutung, in einem Großraumbüro arbeiten zu müssen. Sicher, es war ein hyperstylishes Penthouse, das man jederzeit für ein Designmagazin hätte fotografieren können – kreidig gewischte hellgraue Wände, graugebeiztes Parkett, Schreibtische aus gebürstetem Stahl. Sogar eine Chill-out-Ecke mit niedrigen Couchen und einem Kicker gab es, für die kreativen Pausen zwischendurch. Aber Diskretion? Fehlanzeige.

»Reden«, wiederholte sie lahm.

»Ja, Buchstaben, Wörter, ganze Sätze«, bestätigte Catherine. »In echt, nicht als Textmessage, wohlgemerkt.«

»Also schön.« Vicky stand auf und dehnte ihre vom langen Sitzen steifen Glieder. »Wenn du darauf bestehst ...«

Wissende Blicke flogen hin und her. Dass Vicky ausgerechnet mit der Assistentin des Personalchefs essen ging, würde schneller die Runde in der Firma machen als ein Magen-Darm-Virus in einem Kindergarten. Seit Wochen wurde hinter ihrem Rücken darüber diskutiert, ob sie tatsächlich für den Aufstieg in die Chefetage geeignet sei, das wusste sie. Neider gab es genug, einen Konkurrenten neuerdings auch. Man hatte ihn Vicky direkt vor die Nase gesetzt: Konstantin Lenzendorf, einen Harvard-Absolventen, dem der Ruf des Wo-ich-bin-ist-oben-Überfliegers vorauseilte. Er trug nur Maßanzüge und war auf einschüchternde Weise attraktiv – feingeschnittene Gesichtszüge, dunkles gegeltes Haar, perfekt gestutzter Bart, schmale, auffallend gepflegte Hände. Und intensivgrüne Augen wie die eines Panthers. Jetzt fixierte er Vicky aufmerksam, woraufhin sie bis unter die Haarwurzeln errötete.

»Gehen Sie ruhig schlemmen, Frau Teamleiterin, das Fußvolk arbeitet gern für Sie«, sagte er süffisant. »Möglicherweise bringen Sie uns einen Kaffee, pardon, einen veganen Soja Latte mit einem kleinen Quinoasalat mit?«

Kai Wanner, der neben ihm saß, klatschte ihn lachend ab.

»Durchsage an unsere vegetarische Allergikerin: Vorsicht! Konstantins Texte können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten!«

Und hallo, da war sie wieder, die Schockstarre, die Vicky unweigerlich befiel, wenn man eine schlagfertige Antwort von ihr erwartete. Falls ihr überhaupt mal was Originelles einfiel, dann spätabends, wenn sie beim Auftragen ihrer Algengesichtsmaske Grimassen im Badezimmerspiegel schnitt.

»Ich glaube, Sie haben da was verwechselt«, flötete Catherine. »Es sind nämlich die Herren, die die Damen verwöhnen sollten. Nur mal als Tipp: Männer, die ihren Frauen den Kaffee ans Bett bringen, werden seltener anonym bestattet.«

Es dauerte eine Weile, bis alle den Witz verstanden hatten. Höfliches Gelächter sprang zögernd an wie ein stotternder Motor, während Vicky ihre Tasche nahm und Catherine auf den Flur folgte. Im Hinausgehen hörte sie noch, wie Kai Wanner tönte, echte Kerle brächten Frauen keinen Kaffee, sondern den Abwasch ans Bett.

Nicht. Witzig.

CHAPTER 2

»Künstliche Intelligenz ist mir lieber als natürliche Dummheit«, schnaubte Vicky, als sie in den Aufzug traten. »Hast du gemerkt, wie sich der Lenzendorf aufspult? So 'n Zäpfchen!«

»Die Chefs sind ganz vernarrt in ihn und sämtliche weiblichen Mitarbeiter auch«, erwiderte Catherine schmunzelnd. »Was ist mit dir?«

Ertappt zuckte Vicky zusammen. Noch am Morgen war ihr durch den Kopf gegangen, dass Konstantin Lenzendorf und sie im Grunde ganz gut zueinander passen würden. Beide waren sie zielstrebig, arbeiteten äußerst strukturiert und galten als die Wunderkinder der Firma. Dummerweise waren sie Konkurrenten. Außerdem erschien Vicky der Gedanke einfach nur abwegig, ein derartiges Sahneschnittchen könnte sich für sie interessieren. Dafür fehlte es ihr an allem, worauf solche Supermänner standen: spritziger Humor, weibliche Formen, hammermäßige Erotik. Nichts von alldem hatte sie aufzuweisen. Nur ihren Verstand und einen Arbeitseifer, der an Selbstausbeutung grenzte.

»Lenzendorf? Finde ihn so lala«, winkte sie ab.

Der Aufzug hielt im Erdgeschoss. Catherine streifte Vicky mit einem amüsierten Seitenblick, der darauf schließen ließ, dass sie ihr kein Wort glaubte. Nacheinander durchquerten sie den Empfangsbereich, der ganz in hellgrünem Marmor gehalten war, und passierten eine gläserne Schwingtür, die ins Freie führte. Auf eine belebte Straße, wo nach Vickys Geschmack viel zu viele Menschen unterwegs waren. Catherine hakte sie unter, bevor sie den Bürgersteig entlangschlenderten.

»Und sonst so? Was macht dein Liebesleben?«

»Alles bestens«, versicherte Vicky. »Das mit Manuel ist jetzt was richtig Festes, aber Robin und Viktor sind auch noch am Start.«

Abrupt blieb Catherine stehen.

»Schatz, wir sind uns doch wohl darüber einig, dass du diese drei Herren noch nie in deinem Leben gesehen hast.«

»Wir tauschen uns auf Messenger aus.« Trotzig schob Vicky ihr Kinn vor. »Das ist letztlich viel intimer, als in einer überfüllten Bar rumzustehen und sich gegenseitig irgendeinen beschwipsten Unsinn in die Ohren zu brüllen.«

»Herrje, Vic ...«

Jetzt bitte keinen Vortrag über das wahre Leben, dachte Vicky. Warum verstand Catherine nicht, dass manche Leute lieber elektronisch kommunizierten? Neben ihren drei Messenger-Beziehungen hatte Vicky über tausend Freunde auf Facebook, wurde rund um die Uhr mit lustigen Videos auf WhatsApp beglückt, pflegte berufliche Beziehungen auf LinkedIn und ließ die Welt anhand von Instagram-Fotos wissen, was für ein formidables Leben sie führte. Das sollte doch wohl reichen.

»War es das, worüber du mit mir reden wolltest?«, erkundigte sie sich vorsichtig. »Mein Liebesleben?«

»Das interessiert mich erst wieder, wenn du über Hautkontakt berichten kannst.« Catherine lachte. Ihr ganzer Körper bebte vor Erheiterung. »Aber Vorsicht. Wenn die Prinzessin zu lange auf der Erbse rumsitzt, wird sie mürbe und nimmt den erstbesten Frosch. Na ja. Pass wenigstens auf, dass er ein paar Kröten hat.« Ihr Lachen verebbte. »Es geht um die Incentive-Reise. Ich hoffe doch, du bist dabei? Warte, hier ist es.«

Sie zeigte auf ein winziges Lokal zwischen zwei seelenlosen Bürogebäuden. Eine blühende Oase in einer Steinwüste. An der verglasten Front hingen üppige Blumenampeln, davor standen drei Tischchen nebst Gartenstühlen auf dem Bürgersteig, von den vorbeihastenden Passanten durch Terrakottatöpfe mit pinkfarbenen Oleanderbüschen abgeschirmt.

»Entzückend, nicht wahr?«

»Ja – ganz hübsch«, erwiderte Vicky zerstreut.

Seit Catherine das Wort Incentive ausgesprochen hatte, war sie nicht mehr ganz bei der Sache. Normalerweise verstand man darunter Belohnungen wie Reisen, Dienstwagen oder bezahlte Fortbildungen für besonders verdiente Mitarbeiter. So weit die Definition. Doch was sich die Chefetage diesmal als Extra ausgedacht hatte, bedeutete das pure Grauen für Vicky: eine Klettertour in den Alpen.

»Draußen oder drinnen?«, fragte Catherine. Als Vicky nicht reagierte, weil sie auf ihrem Handy eine eingegangene Mail checkte, fügte sie hinzu: »Ach, ich vergaß – du musst ja erst auf deiner Wetter-App nachgucken, ob es warm oder kalt ist, bevor du Entscheidungen triffst. Okay. Lass uns reingehen. Dann können wir in Ruhe reden.«

Abwesend schaute Vicky vom Handy auf.

»Wie du meinst.«

Ein gefühlt schuhkartongroßer Raum empfing die beiden Frauen, mit pfirsichfarbenen Wänden, charmant verwitterten Möbeln im Vintagestil und antiken Milchkannen voller Wiesenblumen auf den Tischen. Stimmengewirr und Lachen erfüllte das Lokal, alle Tische bis auf einen waren besetzt. Vicky hatte sich kaum daran niedergelassen und ihr Handy neben sich gelegt, als sie zu niesen begann.

»Wohl bekomm's«, wandte sich ein junger Kellner in Jeans und T-Shirt an sie. »Was zu trinken oder lieber ein Taschentuch?«

»Blütenstauballergie«, schniefte Vicky. »Könnten Sie so freundlich sein und das Grünzeug entfernen?«

Fast panisch suchte sie in ihrer Handtasche nach den Antihistamin-Tabletten, was ein bisschen dauerte, weil sie immer überdimensionale Lederbeutel mit sich herumschleppte. Darin befand sich alles, was man so brauchte, von Mineralwasser über Heftpflaster bis zum Pfefferspray. Vicky war nicht der Typ, der irgendetwas dem Zufall überließ. Be prepared lautete ihr Lebensmotto.

»Kann ich behilflich sein?«, grinste der Kellner, während er den Blumenstrauß vom Tisch nahm.

»Lassen Sie mal, meine Freundin hat noch nie etwas in ihrem Beutel gefunden.« Catherine reichte Vicky ein Papiertaschentuch. »Bringen Sie uns bitte ein stilles Wasser. Und die Karte.«

»Das Tagesgericht ist Wiener Schnitzel mit hausgemachten Süßkartoffelpommes«, erläuterte der Kellner, der Vickys Niesen nonchalant ignorierte. »Auch das Backhendl ist superlecker. Oder Sie nehmen die gebackenen Zucchini-Sticks mit Cranberry-Mango-Chutney.«

(Continues…)



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