24. März 2017
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Evolutionsgeschichte der Wespen, Bienen und Ameisen entschlüsselt

Mit über 150.000 bekannten Arten stellen Wespen, Bienen und Ameisen, die sogenannten Hautflügler (Hymenoptera), eine der artenreichsten und bekanntesten Insektengruppen dar.
: Honigbiene Apis mellifera
Autor: Oliver Niehuis

Viele Hautflügler haben eine große wirtschaftliche Bedeutung als Bestäuber von Nutzpflanzen oder als Gegenspieler (Antagonisten) von Schadinsekten. Nun ist es einem internationalen Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelungen, die Entstehungsgeschichte der Hautflügler zu klären und die wichtigsten Evolutionsschritte in der Gruppe zeitlich präzise einzuordnen. Das liefert wichtige Erkenntnisse zur Entwicklung der Artenvielfalt und zur Entstehung von ökologischen Wechselbeziehungen zwischen Hautflüglern und anderen Tieren sowie Pflanzen. Der aufwändig rekonstruierte neue Stammbaum der Hautflügler erlaubte insbesondere den Ursprung der parasitoiden Lebensweise – eine Form von Parasitismus, bei der sich die Larven der Hautflügler von einem Wirtstier ernähren, das dadurch stirbt – zu klären.

Parasitoide Hautflügler tragen in erheblichem Maße zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts auf der Erde bei. Die geschieht z. B. durch die Regulation der Bestände pflanzenfressender Insektengruppen, die sich ohne gegensteuernde parasitoide Wespen unter Umständen explosionsartig vermehren würden. Die Ergebnisse der Forscher legen nahe, dass sich das Heer der heute existierenden parasitoiden Hymenopteren von einem Vorfahren ableitet, der vermutlich bereits vor 247 Millionen Jahren als Holzschädling die Erde bewohnt hat. Wichtig ist hierbei für die Forscher der Übergang von Pflanzen- oder Holzfressern zu parasitoiden Wespen, die sich von anderen Insekten ernähren.

„Ohne Hautflügler sähe unsere Welt völlig anders aus“, erklärt Ralph S. Peters vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn. „Auch der Mensch hätte, wenn – hypothetisch gesprochen – die Hautflügler von der Erde verschwänden, sehr große Schwierigkeiten bei der Nahrungssicherung und wahrscheinlich auch beim Überleben.“ Das neue Wissen um den Ablauf der Evolutionsgeschichte der Bienen, Wespen und Ameisen leistet einen wesentlichen Beitrag zur biologischen Grundlagenforschung und beantwortet, warum einige Hautflüglergruppen evolutionäre Erfolgsmodelle wurden und andere nicht.

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„Wir wollen verstehen, wie die Evolution dieser artenreichen Gruppen abgelaufen ist und benötigen zudem die Ergebnisse, um den direkten Nutzen der Hautflügler für die Menschen richtig einordnen, würdigen und eventuell optimieren zu können“, erläutert Oliver Niehuis, Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Die Gruppe der parasitoiden Wespen dominiert in ihrer Artenanzahl die Hautflügler, doch hat eine andere Gruppe den größten Bekanntheitsgrad erlangt: die einen Stachel tragenden Stechimmen. Dazu gehören u. a. die sozialen Faltenwespen, die Bienen und Ameisen. Die Arbeit der Forscher wirft auch Licht auf die Entstehungsgeschichte dieser Gruppe, deren unmittelbare Vorfahren nach den nun vorliegenden Daten vermutlich bereits vor über 190 Millionen Jahren wussten, sich mit Stichen zu wehren.

„Die Entstehung der großen Vielfalt an Formen, Farben, Lebensweisen und genetischen Variationen, die die Hautflügler hervorgebracht haben, ist etwas, das wir seit Jahrhunderten versuchen zu verstehen“, sagt Lars Krogmann, Experte für Hautflügler am Naturkundemuseum Stuttgart. „Mit dieser Arbeit, in der wir die neuesten Techniken und Methoden im Labor und aufwändige Analysen nutzen, sind wir jetzt bei dieser Insektengruppe ein großes Stück vorangekommen.“

Um zu den veröffentlichten Ergebnissen zu gelangen, haben die Wissenschaftler die Information von über 3.000 Genen in mehr als 150 unterschiedlichen Arten von Hautflüglern verglichen und ausgewertet. Zudem wurden Fossilbelege in die Analysen einbezogen, die eine Datierung der Stammbäume erlauben. Damit konnten auch Aussagen über das Alter der verschiedenen Hautflüglergruppen gemacht werden. Für alles, was die Forscher bisher noch nicht wissen, stellt die Arbeit ebenfalls einen wichtigen Rahmen dar, beispielsweise um zukünftige Erkenntnisse aus der vergleichenden Erbgutforschung (Genomik und Genetik) richtig zu interpretieren.

Quelle und mehr: https://idw-online.de/de/news670105 (Sabine Heine)

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