Ausgabe Juni 2004

Fundamentale Menschenrechte verletzt

Offener Brief von Amnesty International an US-Präsident George W. Bush zur Frage von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung vom 7. Mai 2004 (Auszüge)

Im März 2004 legte Generalmajor Antonio Taguba einen 53seitigen Bericht der von ihm geleiteten internen Untersuchung des Militärs über Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten vor. Taguba hatte das der 800. Militärpolizei-Brigade der US-Armee unterstellte Gefängnis von Abu Ghraib bei Bagdad im Zeitraum von August 2003 bis Februar 2004 inspiziert.

Im März 2004 legte Generalmajor Antonio Taguba einen 53seitigen Bericht der von ihm geleiteten internen Untersuchung des Militärs über Misshandlungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten vor. Taguba hatte das der 800. Militärpolizei-Brigade der US-Armee unterstellte Gefängnis von Abu Ghraib bei Bagdad im Zeitraum von August 2003 bis Februar 2004 inspiziert. In seinem Bericht benennt er zahlreiche "sadistische, eklatante und mutwillige kriminelle Misshandlungen" irakischer Kriegsgefangener; diese seien Teil einer Strategie gewesen, um Gefangene für Verhöre gefügig zu machen. Bei seiner Anhörung im US-Kongress am 11. Mai d.J. machte Taguba das Versagen der Führungsstrukturen für die Taten verantwortlich.

Das Pentagon hielt den Bericht zunächst unter Verschluss. Erst als Ende April Fotos veröffentlicht wurden, auf denen Angehörige des US-Militärs irakische Gefangene foltern, gelangte der als geheim eingestufte Bericht nach und nach an die Öffentlichkeit.

 

Amnesty International wandte sich daraufhin in einem Offenen Brief an den US-Präsidenten George W. Bush. Dieser Brief greift die Ergebnisse des Taguba-Berichtes auf und stellt sie in den Kontext des US-amerikanischen "Krieges gegen den Terror". Wir dokumentieren eine gekürzte Fassung des Briefes in eigener Übersetzung. – D. Red.

Lieber Herr Präsident,

die Welt schaut zu, während Ihre Regierung auf die jüngsten Beweise für die Folter und erniedrigende Behandlung von Irakern durch US-Personal reagiert. Amnesty International begrüßt offizielle Stellungnahmen, denen zufolge die Anschuldigungen ernst genommen werden; aber der endgültige Beweis hierfür werden Taten sein, nicht Worte. In dieser Hinsicht gibt das Verhalten Ihrer Regierung in Bezug auf die Internierungen im "Krieg gegen den Terror" Anlass zur Sorge, da fundamentale Grundsätze von Recht und Menschenrechten, trotz der von Ihrer Regierung vorgetragenen Verpflichtung auf diese Grundsätze, weiterhin verletzt werden.

Amnesty International erinnert an Ihre Stellungnahme vom 26. Juni 2003, die Sie anlässlich des Internationalen Tages der Vereinten Nationen zur Unterstützung der Opfer von Folter abgaben, in der Sie sagen, dass "die Vereinigten Staaten sich für die weltweite Ausschaltung der Folter einsetzen und wir diesen Kampf durch unser Beispiel anführen". Die Organisation bittet Sie jetzt dringend sicherzustellen, dass die USA ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen, einschließlich jener, die ihr als staatliche Vertragspartei aus der Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe erwachsen, alle Anschuldigungen von Folter und Misshandlung zu untersuchen, alle Ergebnisse zu veröffentlichen, alle Täter zu bestrafen, alle Opfer zu entschädigen und jede zukünftige Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu verhindern. Wir rufen die USA auf, die Tore ihrer Hafteinrichtungen in Irak, Afghanistan, Guantánamo und an anderen geheim gehaltenen Orten für unabhängige Institutionen zu öffnen, einschließlich den Besuchen der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen.

Im Juli 2003 schickte Amnesty International Ihrer Regierung ein Memorandum über Angelegenheiten in Bezug auf die öffentliche Ordnung in Irak. Das Memorandum beinhaltete Anschuldigungen der Folter und Misshandlung von irakischen Häftlingen durch US- und Koalitionstruppen.1 Die Anschuldigungen beinhalteten Schläge, Elektroschocks, Schlafentzug, das Aufsetzen von Kapuzen und erzwungenes anhaltendes Stehen und Knien. Wir haben nie eine Antwort oder irgendein Zeichen von der Regierung oder der Zivilen Übergangsverwaltung (Coalition Provisional Authority, CPA) erhalten, dass eine Untersuchung stattgefunden hat. Ebenso haben wir nie eine Antwort auf das Memorandum an die US-Regierung über die Rechte der Menschen in US-Gewahrsam in Afghanistan und Guantánamoerhalten, das wir Ihnen im April 2002 sandten und welches ebenfalls Sorgen über Fragen und Anschuldigungen über Folter und Misshandlungen zur Sprache brachte.2

Die von Generalmajor Antonio Taguba geleitete Militäruntersuchung in Irak stellt "systemische und illegale Misshandlung von Häftlingen" in der Abu-Ghraib-Einrichtung (Zentrale Hafteinrichtung Bagdad) zwischen August 2003 und Februar 2004 fest und schlussfolgerte, dass Soldaten "ungeheuerliche Akte und schwere Verletzungen des internationalen Rechts in Abu Ghraib und Camp Bucca, Irak, begangen" haben. Amnesty International ist darüber besorgt, dass der Taguba-Bericht nicht für die Veröffentlichung bestimmt war und dass die gegenwärtige Antwort der Regierung erst zustande kam, als der Bericht und die fotografischen Beweise jedermann zugänglich waren.

Auf dem Presse-Briefing des Verteidigungsministeriums am 4. Mai 2004 sagte Verteidigungsminister Rumsfeld, dass er angesichts der Anschuldigungen "fassungslos" sei. Aber in einer von mehreren Stellungnahmen, die offensichtlich die Ernsthaftigkeit der Anschuldigungen herunterspielen sollten, fügte er hinzu, dass es sein "Eindruck ist, dass es sich bei den bisher angeklagten Taten um Misshandlungen handelt, was sich, glaube ich, technisch von Folter unterscheidet". Amnesty International betont, dass die "zahlreichen Vorfälle von sadistischer, eklatanter und mutwilliger krimineller Misshandlung", die die Taguba-Untersuchung fand, Akte von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und damit Verstöße gegen internationales Recht darstellen. Die Vierte Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten (Artikel 147, Konvention [IV], Genf, 12. August 1949) führt "Folter oder unmenschliche Behandlung" unter "schwerwiegenden Rechtsverletzungen" auf, ohne zwischen den beiden im Hinblick auf ihre Schwere zu unterscheiden. Diese sind Kriegsverbrechen und die gravierendsten Verstöße, die jeder Vertragspartner der Konvention verhindern und abschaffen muss, auch durch die strafrechtliche Verfolgung der Täter. Die im Taguba-Bericht festgehaltenen Vorfälle beinhalten:

Das Boxen, Schlagen und Treten von Gefangenen; das Springen auf ihre nackten Füße; das Aufzeichnen per Video und das Fotografieren nackter männlicher und weiblicher Häftlinge; die gewaltsame Aufstellung von Häftlingen in verschiedenen sexuell eindeutigen Positionen, um sie zu fotografieren; Häftlinge dazu zwingen, ihre Kleidung abzulegen und sie jeweils für mehrere Tage ohne Bekleidung lassen; nackte männliche Häftlinge zum Tragen von Frauenunterwäsche zwingen; Gruppen von männlichen Häftlingen zwingen zu masturbieren, während sie fotografiert und per Video aufgezeichnet werden; nackte männliche Häftlinge in einem Pulk anordnen und dann auf sie springen; einen nackten Häftling mit einem Sack über den Kopf auf eine Kiste stellen und Drähte an seine Finger, Zehen und seinen Penis heften, um elektrische Folter zu simulieren; "Ich bin ein Vergewaltiger" auf das Bein eines Häftlings schreiben, der beschuldigt wird, einen 15 Jahre alten Mithäftling vergewaltigt zu haben, und ihn dann nackt fotografieren; ein Hundehalsband oder eine Leine um den Hals eines nackten Gefangenen legen und einen weiblichen Soldaten für ein Foto posieren lassen; Sex eines männlichen Wärters der Militärpolizei mit einem weiblichen Häftling; das Benutzen von Militärhunden (ohne Maulkörbe), um Häftlinge einzuschüchtern und zu ängstigen, und in zumindest einem Fall das Beißen und ernsthafte Verletzen eines Häftlings.

Generalmajor Taguba fand auch "glaubhafte" Beweise dafür, dass die folgenden Misshandlungen stattfanden:

Das Zerbrechen chemischer Lampen und das Gießen der phosphorhaltigen Flüssigkeit auf Häftlinge; das Bedrohen von Häftlingen mit einer geladenen 9-mm-Pistole; das Gießen von kaltem Wasser auf Häftlinge; das Schlagen von Häftlingen mit einem Besengriff und einem Stuhl; männlichen Häftlingen mit Vergewaltigung drohen; einem Wärter der Militärpolizei erlauben, die Wunde eines Häftlings zu nähen, der verletzt war, nachdem er gegen die Wand in seiner Zelle geschlagen wurde; anale Penetration eines Häftlings mit einem chemischen Licht und vielleicht einem Besenstil.

Der Taguba-Bericht betonte, dass die Ergebnisse durch Geständnisse von Tatverdächtigen, Aussagen von Häftlingen und Zeugen wie auch "außerordentliche fotografische Beweise" "ausreichend" abgesichert sind.

Der Bericht befand, dass es ein Versäumnis gab, eindeutige Lehrgänge, Verfahren und eine klare Aufsicht über die Befragung und Behandlung von Häftlingen einzurichten, und "dass sehr wenig Einweisung oder Schulung" über die anzuwendenden Regeln der Genfer Konvention für das Personal der Militärpolizei vorgesehen war.

Auf dem Presse-Briefing des Pentagon am 4. Mai zur Reaktion auf die Anschuldigungen blieb Minister Rumsfeld dabei, dass "dies eine Ausnahme ist", und er fügte hinzu, dass "es Dinge geben mag, die wir tun können, die hilfreich sein könnten, der Welt verstehen zu helfen, das dies eine Ausnahmesituation ist; es ist keine Regel und keine Gewohnheit." Obwohl er einräumte, dass es "Anschuldigungen der Misshandlung an verschiedenen anderen Orten gibt", fügte er hinzu, dass es "zu jedem Zeitpunkt immer Anschuldigungen und Anklagen über Misshandlung in Hafteinrichtungen gibt" und dass es "ein Muster und eine Praxis von Terroristen ist, Misshandlung zu unterstellen".

Ein Muster der Misshandlung

In den letzten zwei Jahren sind beständig Anschuldigungen über Brutalität und Grausamkeit von US-Vertretern gegen Häftlinge, einschließlich in Irak und Afghanistan, durch Amnesty International und andere den höchsten Ebenen der US-Regierung, inklusive dem Weißen Haus, dem Verteidigungsministerium und dem Außenministerium, präsentiert worden. Zahlreiche Menschen, die auf den US-Luftstützpunkten in Bagram und Kandahar in Afghanistan festgehalten wurden, haben über die Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gesprochen, der sie ihren eigenen Angaben zufolge im USGewahrsam in Afghanistan ausgesetzt waren.3 Beispielsweise hat der ehemalige Guantánamo- Häftling Wazir Mohammed sich gegenüber Amnesty International im Februar 2004 an seine Haft im US-Gewahrsam in Afghanistan 2002 erinnert. Er sprach von der exzessiven und grausamen Verwendung von Fesseln und Handschellen, von Schlafentzug und davon, dass er dazu gezwungen wurde, auf seinen Knien von seiner Zelle aus zum Verhörzimmer zu kriechen, ein Kriechgang von etwa zehn Minuten. Seine Aussage entspricht derjenigen zahlreicher anderer ehemaliger Häftlinge.

Wie auch Hunderte, wenn nicht Tausende anderer Häftlinge wurde Wazir Mohammed während seiner gesamten Zeit in Bagram und Kandahar isoliert. Er erhielt keine Gelegenheit, die Rechtmäßigkeit seiner Haft überprüfen zu lassen. Er hatte keinen Anwalt, keine Verbindung zu seiner Familie und wurde vor kein Gericht gestellt, auch nicht vor das "zuständige Tribunal", das von der Genfer Konvention vorgesehen ist, um in Kriegszeiten den Kriegsgefangenenstatus festzulegen. Er traf auch nie einen Abgeordneten des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK). Er sagt, dass er in über einem Jahr in Guantánamo nur ein einziges Mal, am ersten Tag, einen IKRK-Abgeordneten gesehen habe.

[...]

Geheimdienst und Verhör

Amnesty International hat kürzlich auch mit einer Person gesprochen, die in Guantánamo gearbeitet hat und die gesagt hat, dass die meisten, wenn nicht alle der Häftlinge, zu denen sie dort Kontakt hatte (ungefähr 40), behauptet hätten, dass sie in Kandahar oder Bagram physisch misshandelt worden seien. Auf der Grundlage dieser Kenntnisse äußerte diese Person keine Überraschung über die jüngsten Beweise aus Irak und erklärte, dass die Misshandlungen in Afghanistan anscheinend Bestandteil der Praxis waren, die Häftlinge für Verhör und Haft weich zu machen.

Der Taguba-Bericht präsentiert Beweise, dass die Misshandlungen, die den Häftlingen in Irak vorgeblich zugefügt wurden, Aufträgen des militärischen Geheimdienstes und anderen Vernehmungspersonals der Regierung folgten, denen zufolge die Wärter der Militärpolizei im Gefängnis "die physischen und seelischen Bedingungen für eine günstige Befragung der Zeugen bestimmten". Wärter behaupteten, dass Personen des militärischen Geheimdienstes Instruktionen gegeben hätten, wie: "machen Sie diesen Kerl für uns locker"; "sorgen Sie dafür, dass er eine schlimme Nacht hat"; "stellen Sie sicher, dass er die Behandlung bekommt"; und "Gute Arbeit, sie brechen wirklich schnell zusammen. Sie beantworten jede Frage. Sie geben endlich gute Informationen. Setzen Sie Ihre gute Arbeit fort."

Auf dem Briefing der Zivilen Übergangsverwaltung (CPA) in Irak am 4. Mai 2004 konstatierte Generalmajor Geoffrey Miller, dass, während physischer Kontakt zwischen Vernehmungsbeamten und Häftlingen untersagt ist, "Schlafentzug und anstrengende Haltungen und dergleichen angeordnet werden dürfen. Aber sie müssen genehmigt werden." Das Komitee gegen Folter der Vereinten Nationen, das von der Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe gegründete Expertengremium, hat ausdrücklich betont, dass das gewaltsame Festhalten von Häftlingen in sehr schmerzvollen Haltungen, das Aufsetzen von Kapuzen sowie Drohungen und anhaltender Schlafentzug Verhörmethoden sind, die das Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung missachten.

[...]

Zugang für Menschenrechtsbeobachter

Die US-Regierung hat unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern, einschließlich Amnesty International, den Zugang zu den Orten der Haft verweigert. Wir erinnern noch einmal an Ihre Stellungnahme vom 26. Juni 2003, in der Sie die Verpflichtung der USA zur Abschaffung der Folter bestätigen und sagen: "Notorische Menschenrechtsverletzer, unter anderem Birma, Kuba, Nordkorea, Iran und Zimbabwe, versuchen seit langem, ihre Misshandlungen vor den Augen der Welt zu verbergen, indem sie ausgeklügelte Täuschungen inszenieren und internationalen Menschenrechtsbeobachtern den Zugang verweigern." Wir bitten Sie dringend sicherzustellen, dass ein ebensolcher Zugang jetzt zu allen US-Hafteinrichtungen gewährt wird.

Es wird berichtet, dass selbst in den Fällen, in denen das Internationale Komitee des Roten Kreuzes Zugang zu Häftlingen hatte, dieser in einigen Fällen nicht vollständig und dauerhaft gewesen ist, so auf dem Luftstützpunkt in Bagram und an anderen ungenannten Orten. In dieser Hinsicht sind wir besorgt über den folgenden Eintrag im Taguba-Bericht:

Die verschiedenen Hafteinrichtungen, die von der 800. Militärpolizei-Brigade betrieben werden, haben routinemäßig Personen festgehalten, die ihnen von anderen Regierungsstellen überstellt wurden, ohne dass die Personen formell registriert wurden, ihre Identität oder auch nur die Gründe für ihre Haft bekannt gewesen wären. Das Gemeinsame Verhör- und Vernehmungszentrum (Joint Interrogation and Debriefing Center) in Abu Ghraib nannte diese Häftlinge "Gespenster-Häftlinge". In mindestens einem Fall hielt das 320. Militärpolizei- Bataillon in Abu Ghraib eine Hand voll "Gespenster-Häftlinge" (6-8) für andere Regierungsstellen fest, die sie innerhalb der Einrichtung umherbewegten, um sie vor dem Surveyteam des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK), das die Anlage inspizierte, zu verstecken. Dieses Manöver war betrügerisch, widersprach der Doktrin der Armee und verletzte internationales Recht.

Todesfälle in Gewahrsam

Zwei Männer, die im US-Gewahrsam im Dezember 2002 im Luftstützpunkt Bagram in Afghanistan starben, hatte das IKRK nicht gesehen. Die offiziellen Autopsien fanden in beiden Fällen "stumpfe Gewaltverletzungen" und gaben als Todesursachen "Tötungsdelikt" an. Am 6. Mai 2004 wurde Amnesty International vom Leiter für Öffentliche Angelegenheiten der Kriminalpolizei der US-Armee informiert, dass die Untersuchungen dieser Todesfälle andauern, aber "kurz vor dem Abschluss stehen". Es ist jetzt 17 Monate her, dass die beiden Männer starben. Es wird berichtet, dass Untersuchungen in einem weiteren Dutzend Todesfällen im US-Gewahrsam in Irak und Afghanistan im Gang sind.

Amnesty International wiederholt an dieser Stelle eine der Anschuldigungen, die im Tagebuch des Feldwebels Ivan L. Frederick bezüglich des Todes eines irakischen Gefangenen im US-Gewahrsam in Abu Ghraib gemacht wurden: "Sie haben ihn so schlimm gestresst, dass der Mann verstarb. Sie legten seinen Körper in einen Leichensack und steckten ihn für ungefähr 24 Stunden in der Dusche in Eis [...] Am nächsten Tag kamen die Mediziner rein und legten seinen Körper auf eine Bahre, simulierten eine intravenöse Injektion in seinem Arm und trugen ihn weg." Frederick erklärte, dass der Gefangene zu keiner Zeit im Gefängnissystem erfasst worden war "und deshalb nie eine Nummer hatte".

Wir betonen, dass alle Todesfälle in Gewahrsam untersucht und dass die Ergebnisse all dieser Untersuchungen öffentlich gemacht werden müssen. Sofern jemand gefunden wird, der in Folge von Folter starb, würden seine oder ihre Angehörigen gemäß Artikel 14 der Konvention gegen Folter Anspruch auf Entschädigung haben. Die Verantwortlichen müssen vor Gericht gestellt werden.

[...]

Mit freundlichen Grüßen, Irene Khan, Generalsekretärin

1 http://web.amnesty.org/library/Index/ENGMDE141572003
2 http://web.amnesty.org/library/Index/ENGAMR510532002
3 Vgl. USA: The threat of a bad example: Undermining international standards as "war on terror" dententions continue, AI Index: AMR 51/114/2003, August 2003, http://web.amnesty.org/library/Index/ ENGAMR511142003; USA: Undermining security: Violations of human dignity, the rule of law and the National Security Strategy in "war on terror" detentions, AI Index: AMR/51/061/2004, 9.4.2004, http://web.amnesty.org/library/Index/ENGAMR510612004

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