Wer Glück, einen leichten Schlaf und ein Zimmer im Basarviertel hat, den erreicht der Ruf des Muezzins gegen fünf Uhr früh. Unterlegt vom Brummen des anbrechenden Berufsverkehrs zu Land und zu Wasser, breiten die Lautsprecher an den Minaretten einen Klangteppich über die Millionenmetropole Istanbul. Hier, wo Europa und Asien, der Bosporus und das Marmara-Meer einander treffen, verschmelzen auch die Grenzen zwischen gestern und heute - Byzanz, Konstantinopel und Istanbul bilden ein pulsierendes Ganzes. Topkapi-Palast , Hagia Sophia und die Blaue Moschee - sie alle darf sich auch der eiligste Besucher angeblich nicht entgehen lassen.


Erster Tag

Aus der Höhe des Galata-Turms, in die wir uns nach dem Frühstück emporschwingen (der eingebaute Lift macht's möglich!), verblasst so manche Wichtigkeit des klugen Begleitbuches. Der darunter liegende Stadtteil Beyoglu liegt an einem steilen Hügel nördlich des Goldenen Horns und war lange Zeit von Ausländern bevorzugt. Die mittlerweile ramponierte Bausubstanz lässt ahnen, welch prachtvolle Palais und Bürgerhäuser einst die schmalen Gässchen säumten. Mittendrin eingezwängt die österreichische Schule und das renommierte und jüngst renovierte St.-Georgs-Krankenhaus.
Zu Fuß geht es weiter bis zum Tünel-Platz, wo die älteste Tramway Istanbuls in die Istiklâl Caddesi, die Fußgängerzone des Stadtzentrums, abfährt. Bei der Nobelschule Galatasaray Lisesi lohnt ein Abstecher in den vis-à-vis gelegenen Balik Bazar, dem gleichnamigen überdachten Fischmarkt, wo die Meerestiere nicht nur appetitlich zum Kauf feilgeboten werden, sondern in schlichten Restaurants zum sofortigen Verzehr einladen. Die einen Steinwurf entfernte Çiçek Pasaji, früher ein Blumenmarkt, wird erst abends richtig munter, wenn in der Passage die Bars und Restaurants öffnen. Vom Taksim-Platz geht es weiter mit dem Taxi zum Dolmabahçe Sarayi, dem mit Reichtümern aus Glas und Gold "gefüllten" Sultanspalast aus dem 19. Jahrhundert - direkt am Bosporus platziert.


Zweiter Tag

Sozusagen ein Muss sind die Schätze im legendären Topkapi-Palast, wo sich das Gedränge am Morgen noch in Grenzen hält, und die dicht zusammengedrängten Moscheen im Sultanahmet-Viertel. Die Auswahl ist groß: die außen graue, innen ganz in blau gehaltene Blaue Moschee, die Hagia Sophia, der irdische Spiegel des Himmels, und Yeni Cami, die am Abend blau beleuchtete Neue Moschee, der Blickfang der Ufersilhouette. Eine kühle Abwechslung bescheren die Zisternen, der unterirdische Wasserspeicher aus byzantinischer Zeit. Wer es ruhig mag, "opfert" den Vormittag und fährt mit dem Schiff von Sirkeci zu einer der Prinzeninseln oder den Bosporus hinaus.


Es war immer ein Hin und Her, ich konnte mich nie entscheiden. Gelockt hat sie immer, die Türkei. Voll der lebendigen Zeugnisse aus Tausenden Jahren Weltgeschichte. Gefahren bin ich lang nicht, denn die wechselhafte Politik, die sich nie entscheiden konnte zwischen der Demokratie westlichen Zuschnitts und der autoritären osmanischen Tradition, hat mich abgeschreckt.

Istanbul, die pulsierende, täglich im Verkehr erstickende Metropole am Bosporus, wo Europa und Asien aufeinander prallen, hat den Damm aber letztlich doch gebrochen. Laut und hektisch, mystisch und still hat sie mich in ihren Bann gezogen mit ihren großartigen Palästen, ihrer bezaubernden Gastfreundlichkeit und ihrer atemberaubenden Spontaneität.

Anreise: Die AUA-Gruppe sowie Türkish Airlines fliegen täglich nach Istanbul. Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise ist die Taxifahrt vom modernen Atatürk-Flughafen entlang der Küstenstraße ins Stadtzentrum besonders billig. Geld wechseln ist in den zahlreichen Wechselstuben fast rund um die Uhr möglich und günstiger als in Österreich. Die Kurse ändern sich derzeit beinahe stündlich. Essen und Trinken: In spartanischen Garküchen an den Straßen werden ab Mittag frisch zubereitete, mit Reis gefüllte Muscheln oder in Teig gebackene Meeresfrüchte auf Spießchen angeboten. Den Hunger zwischendurch stillen auch die Simits, mit Sesam bestreute Weißbrotringe, die frisch aus dem Backofen auf der Straße verkauft werden, vorzüglich. Die zahlreichen Kebab-Stuben und Tavernen locken mit traditionellen türkischen Nationalgerichten (Lamm, Huhn oder Kalb). Zu jeder Tages- und Nachtzeit geschlürft werden der schwarze Tee Çay, der Türk Kahvesi und Ayran, das pikante Joghurtgetränk. Ein Erlebnis ist Haci Baba, ein historisches Lokal nahe dem Taksim-Platz. Der Balkon befindet sich direkt über dem Garten der griechisch orthodoxen Kirche. Eine Art Bermuda-Dreieck mit Beisln, Bars und Restaurants hat sich im Stadtteil Ortaköy etabliert. Auch ein lukullischer Abstecher nach Asien lohnt sich: Eine Fähre bringt uns nach Kadiköy, von dort geht es mit dem Taxi - vorbei an Fehnerbahçe - nach Caddebostan: In der Iskele Caddesi Nr. 23 findet sich die Taverne Köz Kebab. Während des Mahls wird Fasil, eine von Violinenklängen begleitete melancholisch-mystische Volksmusik, vorgetragen.