Zeughaus

Zeughausgasse 1

Zeughaus Innsbruck

Der Beginn des 16. Jahrhunderts war ein Wendepunkt in der Geschichte der Stadt. Aus Sicht eines Touristen mag das Goldene Dachl das augenscheinlichste zu dieser Zeit entstandene Gebäude sein, wesentlich größeren Einfluss auf die Zeitgenossen hatte das Zeughaus. Zwischen 1500 und 1506 ließ Kaiser Maximilian I. von Jörg Kölderer das Äußere Zeughaus an der Sill im heutigen Stadtteil Saggen errichten. Innsbruck war dank seiner Lage zwischen den Kriegsschauplätzen in Norditalien und der Schweiz strategisch optimal gelegen, um hier die Waffenproduktion des Reiches anzusiedeln. Die Nähe zum Fluss Sill und die Anbindung über die seit 1453 gepflasterte Silbergasse zur Innenstadt machten die Kohlstatt zum idealen Standort für das Waffenlager samt Fertigung. Vor allem die großen Kanonen der Artillerie, die im ausgehenden 15. Jahrhundert zunahm, konnten nicht im kleinen alten Zeughaus in der Andechsburg gelagert werden. Bis ins 18. Jahrhundert war das Zeughaus, das nach seinem Dienst als Arsenal bis 1918 als Kaserne genutzt wurde, von einem Wassergraben umgeben. Das Innere Zeughaus befand sich in der Andechsburg gegenüber der heutigen Ottoburg. Das Zeughaus war in der aufgewühlten Zeit rund um 1500 nicht nur die Waffenkammer Innsbrucks. Innsbruck war durch die Anlage samt frühindustrieller Fertigung zum Zentrum der Rüstungsindustrie der Frühen Neuzeit im deutschsprachigen Raum geworden. Ein paar Kilometer weiter wurde ab 1511 eine Erweiterung des Zeughauses im heutigen Weyrerareal eingerichtet. Das Äußere Zeughaus war zur Zeit Maximilians das größte Waffenlager des Heiligen Römischen Reichs und umfasste Ausrüstung und Kanonen für bis zu 30.000 Soldaten. Hofmaler Jörg Kölderer hielt das Arsenal bildlich in seinen Zeugbüchern fest. Unter Maximilian entwickelte sich die bewegliche und leichte Artillerie, die die Kriegsführung revolutionieren sollte. Waffen wurden hier teils hergestellt, deponiert und ausgebessert. Das Zeughaus war Wirtschaftsmotor und wichtiger Arbeitgeber der Stadt. Die kleine Industrialisierung, die sich in der Kohlstatt abspielte, hatte massiven Zuzug und Einwohnerwachstum zur Folge. Mit den Arbeitskräften kamen aber nicht nur ein quantitatives Wachstum in die Stadt, es war eine gänzlich neue Bevölkerungsschicht. Der Name Kohlstatt rührt von den Köhlern, die für die Herstellung der Kohle zuständig waren, mit der die Öfen des Zeughauses betrieben wurden. Anders als bäuerliche Schichten oder die in Gilden organisierten Handwerker der Stadt, handelte es sich um eine frühe Form der Arbeiterschaft und deren Familien. Neben den einfachen Arbeitern waren auch Techniker und Gießer beschäftigt, die man heute als Schlüsselarbeitskräfte bezeichnen würde. Der Sillkanal versorgte die Industriebetriebe der Kohlstaat mit Wasser. Das Zeughaus änderte nicht nur die Spielregeln im Sozialen, es hatte auch Einfluss auf die sinnliche Erscheinung Innsbrucks. Die große Werkstätte veränderte den Geruch und den Klang der Stadt. Betrachtet man die Entwicklung der Kohlstatt, der Heimat der Arbeiter und die Finanzierung der kaiserlichen Politik durch die Augsburger Fugger, erhält man ein Bild des frühen Kapitalismus. Obwohl Kaiser Maximilian große Erfolge bei der Reichserweiterung durch gewitzte Heiratspolitik für die Dynastie der Habsburger errang, war er doch auch ein eifriger Kriegsherr. Seine Anleihen wurden durch den Kriegskreislauf gespeist. Der Krieg war bereits zu einem Wirtschaftsfaktor geworden, der auch abseits der Front in den Fertigungsstätten die Lebensumstände der Menschen beeinflusste. Viele der Auseinandersetzungen Maximilians fanden in unmittelbarer Nähe zu Tirol statt. In der Lombardei focht er mit den Franzosen um Einfluss auf der italienischen Halbinsel, die eigentlich das Kernland des Heiligen Römischen Reiches sein sollte. Die wohlhabende Republik Venedig war in stetem Kriegszustand über im Clinch mit dem Kaiser. Das heutige Tiroler Unterland rund um Kufstein konnte er den Bayern abringen. Auch mit den Schweizer Eidgenossen war er am Schlachtfeld gefordert. Heute beheimatet das Zeughaus ein Museum mit wechselnden Ausstellungen und der Dauerausstellung zur Kulturgeschichte Tirols. Im 1.600 Quadratmeter großen Innenhof finden laufend unterschiedliche Veranstaltungen statt.

Maximilian I. und seine Zeit

Maximilian zählt zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der europäischen und der Innsbrucker Stadtgeschichte. Über Tirol soll der passionierte Jäger gesagt haben: "Tirol ist ein grober Bauernkittel, der aber gut wärmt." Er machte Innsbruck in seiner Regierungszeit zu einem der wichtigsten Zentren des Heiligen Römischen Reichs. „Wer immer sich im Leben kein Gedächtnis macht, der hat nach seinem Tod kein Gedächtnis und derselbe Mensch wird mit dem Glockenton vergessen.“ Dieser Angst wirkte Maximilian höchst erfolgreich aktiv entgegen. Unter ihm spielten Propaganda, Bild und Medien eine immer stärkere Rolle, bedingt auch durch den aufkeimenden Buchdruck. Maximilian nutzte Kunst und Kultur, um sich präsent zu halten. So hielt er sich eine Reichskantorei, eine Musikkapelle, die vor allem bei öffentlichen Auftritten und Empfängen internationaler Gesandter zum Einsatz kam. Das Goldene Dachl, die Hofburg, die Hofkirche und das Innsbrucker Zeughaus wurden von ihm maßgeblich initiiert, ebenso die Befestigung der Straßen und Gassen der Altstadt durch Pflasterung. Er ließ den Handelsweg im heutigen Mariahilf verlegen und verbesserte die Wasserversorgung der Stadt. 1499 veranlasste Maximilian die Salvatorikapelle, ein Spital für die notleidenden Innsbrucker, die keinen Anspruch auf einen Platz im Stadtspital der Bruderschaft hatten umzubauen. Durch den kaiserlichen Hof, der immer wieder in Innsbruck ansässig war, bildete sich auch eine rege Bautätigkeit von außen. Gesandte und Politiker fremder Mächte sowie Adelige ließen sich ihren Wohnsitz in Innsbruck bauen oder übernachteten in den Wirtshäusern der Stadt. Kulturell war es vor allem seine zweite Ehefrau Bianca Maria Sforza, die Innsbruck förderte. Nicht nur die Hochzeit fand hier statt, sie residierte auch lange Zeit hier, war die Stadt doch näher an ihrer Heimat Mailand als die anderen Residenzen Maximilians. Sie brachte ihren gesamten Hofstaat aus der Renaissancemetropole mit in die deutschen Länder nördlich der Alpen. Innsbruck wurde unter Maximilian aber nicht nur auf künstlerischer Ebene zu einem Zentrum des Reiches, auch wirtschaftlich brummte die Stadt. Unter anderem war Innsbruck Zentrale des Postdienstes im Kaiserreich. Die Familie Thurn und Taxis (84) erhielt das Monopol auf diesen wichtigen Dienst und wählte Innsbruck als Zentrale ihrer privaten Reichspost. Die Fugger (85) unterhielten eine Kontorei in Innsbruck. Diplomaten aus ganz Europa und dem osmanischen Reich waren zu Gast in der Stadt. Neben seiner ihm gerne unterstellten Liebe für die Tiroler Natur waren ihm die Kostbarkeiten wie das Haller Salz und das Schwazer Silber mindestens ebenso teuer und nützlich. Seinen aufwändigen Hofstaat, die Wahl zum König durch die Kurfürsten und die vielen Kriege finanzierte sich Maximilian unter anderem durch Verpfändung der Bodenschätze des Landes an die reiche Kaufmannsfamilie Fugger aus Augsburg. Durch eine beginnende Zentralisierung seiner Hausmacht und eine effizientere Verwaltung nahm Maximilian eine gedachte Einheit Österreichs vorweg.  Beginnend mit ihm war die Kaiserkrone des Heiligen Römische Reichs (73), auch dank der finanziellen Kraft Tirols, fest in Habsburger Hand. Zu verdanken war diese Entwicklung einer geschickten Außenpolitik mit Krieg und Heirat. 1486 wurde Maximilian zum Kaiser gewählt, 1493 wurde gekrönt. Im 15. Jahrhundert allerdings war es schwer durch das politisch zerstückelte Italien nach Rom zu reisen. Die Habsburger standen zu dieser Zeit mit Venedig und Mailand auf Kriegsfuß. Die Serenissima Republica di San Marco verweigerte Maximilian den Durchzug. 1508 ließ er sich pragmatisch in Trient zum erwählten römischen Kaiser krönen, jedoch nicht salben. Das machte seinen Vater Friedrich III. zum letzten in Rom gesalbten Kaiser des Heiligen Römischen Reichs. Der Krieg mit Venedig endete zwar nicht mit einem Sieg Maximilians, Tirol wurden aber die eigentlich italienischen Gebiete des Trentino endgültig zugeschlagen. Die Südgrenze des Landes Tirol bei Riva sollte bis 1918 Bestand haben.

Häufig wird Maximilian auch als letzter Ritter und erster Kanonier bezeichnet. Er lebte in einer Zeit des Übergangs zwischen feudaler Armee unter der Führung der einzelnen Landesfürsten, die dem Kaiser unterstanden, und Söldnerheeren, die vom Landesherrn selbst bezahlt und unterhalten werden mussten. Die Rechnung der Finanzierung dieser Heere wurde unter anderem auch mit Tiroler Reichtum aus Salinen und Bergwerken bezahlt. In der Waffenherstellung konnte Maximilian auf das Fachwissen der Büchsenmeister aufbauen, die sich bereits unter seinem Vorgänger Siegmund in den Gießereien in Hötting etabliert hatten. Der berühmteste von ihnen war Peter „Löffler“ Laiminger. Die Geschichte der Löfflers ist im Roman Der Meister des siebten Siegels ausgezeichnet verarbeitet. Er erkannte aber auch, dass man Macht nicht nur am Schlachtfeld erringen kann. "Bella gerant alii, sed tu felix Austria nube! (Mögen andere Krieg führen, du glückliches Österreich, heirate!)" Hochzeiten waren seit jeher ein beliebtes Mittel zum Machterwerb, Maximilian aber perfektionierte diese Methode des Gambelns um Einfluss und Ländereien. Durch die Hochzeit mit seiner ersten Ehefrau Maria von Burgund konnte er große Gebietsgewinne verzeichnen. Das von Siegmund dem Münzreichen an Karl von Burgund verpfändete Vorderösterreich mit Elsass und Breisgau fielen ebenso an ihn wie das wohlhabende Burgund. Er stellte die Hochzeit mit Maria gerne als Liebeshochzeit dar. Ob das der Wahrheit entspricht, man möchte es dem jungen Mann wünschen, oder es eine Zweckhochzeit war wie die Ehen dieser Zeit in der Hocharistokratie für gewöhnlich waren, ist nicht ganz geklärt. Maria von Burgund allerdings war die Begründerin seiner Dynastie und es ließ sie wohl auch deshalb als besonders hübsch und geliebt am Goldenen Dachl darstellen. Durch die Hochzeit mit Maria von Burgund kamen aus den modernen Handelsstädten Brügge Modernisierung der Verwaltung und eine neue Art und Weise den Staat zu denken. Burgund war zu dieser Zeit am Weg zum modernen Flächenstaat in der Nähe zu Frankreich und zählte zu den wohlhabendsten Regionen Europas. Nachdem Maria bei einem Reitunfall tödlich verunglückte, heiratete er in zweiter Ehe Bianca Maria Sforza von Mailand, um den Machtbereich nach Süden zu stabilisieren. Auch seine Nachkommen waren vor dem Hochzeitsmanager Maximilian nicht sicher. Maximilian begründet die spanische Linie der Habsburger, die sich 200 Jahre lang halten konnte. Sein Sohn Philipp "der Schöne" wurde mit Johanna "der Wahnsinnigen" von Kastilien verheiratet. Sogar seine Enkel wurden im Spiel um Macht eingesetzt. Die Kinder von Philipp, Maria und Ferdinand, wurden von Maximilian schon im Kindesalter mit den Kindern des Königs von Ungarn und dem König von Polen in der Doppelhochzeit von Wien verheiratet. Als der König von Ungarn in der Schlacht von Mohacs fiel, ging auch die Krone Ungarns, Böhmens und Kroatiens an die Habsburger. Sein Enkel Karl V. regierte als Regent von Spanien und als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches über ein Riesenreich.

Bei den Tiroler Bauern war Maximilian nicht besonders beliebt. Viele Tiroler mussten auf den Schlachtfeldern des Kaisers den kaiserlichen Willen durchsetzen. Die Kriege gegen die Schweizer Eidgenossen im Westen und die Republik Venedig im Süden verlangten den wehrfähigen Männern oft mehr als nur die Landesverteidigung ab. Zudem beschnitt Maximilian die bäuerlichen Rechte der Allmende. Holzschlag, Jagd und Fischerei wurden dem Landesherrn unterstellt und waren kein Allgemeingut mehr. Das hatte negative Auswirkungen auf die bäuerliche Selbstversorgung. Fleisch und Fisch, im Mittelalter für lange Zeit ein Teil des Speiseplans gewesen. Mit den Beschränkungen und den neuen Gesetzen wurden der Verzehr gewöhnter Nahrungsmittel wie eben Wild seltener. Es war um 1500, dass aus Jägern Wilderer wurden. Mit den Tiroler Bischöfen von Brixen und Trient, den größten Grundherren Tirols, musste er eine Einigung erzielen über die Superiorität im Land. Über den geschickten politischen Zug des Tiroler Landlibells von 1511 konnte sich Maximilian die Zuneigung und Treue der Untertanen erkaufen. Maximilian gestand den Tirolern in einer Art Verfassung zu, dass sie als Soldaten nur für den Krieg zur Verteidigung des eigenen Landes herangezogen werden dürfen. So konnte er den Einfluss der Bischöfe im Land beschneiden und sie wehr- und steuerpflichtig in seinen Machtbereich einbinden

Maximilian zu fassen, ist für Tiroler schwierig. Er soll regelrecht verliebt in sein Land Tirol gewesen sein. Liebesbekundungen eines Kaisers schmeicheln natürlich der Volksseele bis heute. Die allgemeine Darstellung ist durchaus verklärt positiv. Seine Hinterlassenschaft in der Stadt Innsbruck lassen oberflächlich betrachtet auch kein anderes Bild zu. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch korrekt. Er machte Innsbruck zu einer Residenzstadt und trieb die Modernisierung der Infrastruktur voran. Während er das Heilige Römische Reich intern befriedete, führte er in der Außenpolitik insgesamt 27 Kriege. Innsbruck wurde zum Zentrum der Rüstungsindustrie und wuchs in Bedeutung und räumlicher Ausdehnung. Die Schulden, die er dafür aufnahm und das Landesvermögen, das er an die Fugger verpfändete, prägten Tirol nach seinem Tod mindestens ebenso wie die strengen Gesetze, die er der einfachen Bevölkerung verordnete. Sein Sohn Ferdinand I. erbte die schwere Last seines Vaters. 1525 kam es in Tirol unter Michael Gaismair (87) wie in vielen anderen Deutschen Ländern dieser Zeit zu Bauernaufständen. Maximilian mag für sie verantwortlich gewesen sein, erlebt hat er sie nicht mehr. In der heutigen Volksseele sind die harten Zeiten auch nicht mehr so präsent wie das Goldene Dachl und die in der Schule gelernten weichen Fakten und Legenden rund um den einflussreichen Kaiser. 2019 überschlug man sich mit den Feierlichkeiten zum 500. Todestag des für Innsbruck wohl wichtigsten Habsburgers. Der Wiener wurde wohlwollend eingebürgert. Salzburg hat Mozart, Innsbruck Maximilian, einen Kaiser, den Tiroler, ob seiner damals nicht ungewöhnlichen Leidenschaft für die Jagd passend zur gewünschten Identität Innsbrucks als rauen Gesellen, der am liebsten in den Bergen ist, angepasst haben. Sein markantes Gesicht prangt heute auf allerhand Konsumartikeln, vom Käse bis zum Skilift steht der Kaiser für allerhand Profanes Pate. Lediglich für politische Agenden lässt er sich weniger gut vor den Karren spannen als Andreas Hofer. Wahrscheinlich ist es für den Durchschnittsbürger einfacher, sich mit einem revolutionären Wirt zu identifizieren als mit einem Kaiser.

Jakob Fugger: der reichste Mann der Geschichte

Es gibt wohl kaum eine ungekrönte Person, die größeren Einfluss auf die Geschichte Europas um 1500 hatte als Jakob Fugger (1459-1525). Er war der reichste Mann seiner Zeit, vielleicht sogar aller Zeiten. Wie hoch sein Vermögen war, ist schwer in heutige Maßstäbe umzurechnen, als die FAZ 2016 einen Versuch unternahm, kam sie auf 300 Milliarden Dollar. Fuggers Lebenszeit deckt sich nicht nur zeitlich recht gut mit der Kaiser Maximilians, die beiden waren sich auch in ihren Schicksalen ausgeliefert. Jakob Fugger entstammte einer Augsburger Kaufmannsfamilie. Er und seine Brüder handelten Baumwolle mit norditalienischen Städten. In der Region zwischen Florenz, Venedig und Mailand war eine frühe Form des Finanzkapitalismus entstanden. Das Bankwesen begann im Spätmittelalter hier seinen Siegeszug durch Europa zu starten. Kaufleute, die nicht Unmengen an Bargeld mit sich führen wollten, benötigten die sogenannten Wechsel, um ihre Transaktionen durchführen zu können. In den Handelsstädten begannen sie Kontoreien aufzubauen. In Venedig lernte Fugger auf seinen Handelsreisen die Kunst der doppelten Buchführung und die Feinheiten der fortgeschrittenen italienischen Finanzwirtschaft kennen. Er erkannte schnell, dass mit Finanzgeschäften und Krediten mehr Geld zu verdienen war als mit Baumwolle. Monarchen und Aristokraten Europas finanzierten ihren Hofstaat und die Kriegsführung über den Zehnten. Diese Abgabe wurde von den Bauern innerhalb des Feudalsystems nach oben hin geleistet. Besonders die Kriegsführung war, angetrieben durch moderne Schusswaffen, teurer geworden. Deshalb reichte dieser Zehent oft nicht mehr aus. Sich über Glaube und Kirche zu legitimieren hatte bis hierher funktioniert, um 1500 begannen Gold und Silber in Form des Finanzkapitalismus langsam aber sicher Gott als letztgültige Instanz auf Erden abzulösen. Die Verbindung Jakob Fuggers mit dem Hause Habsburg und im Speziellen mit Tirol begann sich 1487 zu intensivieren. Der Tiroler Landesfürst Siegmund verlor einen Krieg gegen die Republik Venedig. Um seine Kriegsschulden in Höhe von 100.000 Gulden zu bezahlen, lieh er sich Geld von den Fuggern. Dafür stellte er Schuldscheine aus, die er durch die Verpfändung der Schwazer Silbermine an die Fugger deckte. Schwaz war vor der Erschließung der amerikanischen Silberminen die größte der Welt. Die Fugger kamen auch in den Besitz der Haller Münzprägeanstalt. Sie verkauften ihr Schwazer Silber an die Münze Hall und liehen diese Münzen wiederum Herzog Siegmund. Ein Kreislauf der besonderen Art war geboren. Damit endete der politische Einfluss der Fugger aber nicht, vielmehr fing er erst an. Als 1490 die Tiroler Landstände Siegmund wegen seines desaströsen Geschäftsgebarens absetzten, folgte ihm Maximilian I. als Landesfürst Tirols nach. Fugger war klug genug auf den neuen Landesfürsten zu setzen. Das Wort Kredit, zurückgehend auf das lateinische credere, also glauben, zeigt sich in dieser Wahl. Fugger glaubte an einen mächtigen Maximilian als sein bestes Asset. Er finanzierte 1493 die Wahl Maximilians zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und sicherte sich damit seinen Einfluss. Als Maximilian 1519 starb, wiederholte Fugger dies und ließ über seine Finanzkraft Maximilians Enkel Karl V. zum Kaiser wählen. Fugger war es auch, der die Wiener Doppelhochzeit, Maximilians Meisterstück der Heiratspolitik, sponsorte, womit Ungarn ein Teil des Habsburgerreiches wurde. 1507 wurde Jakob Fugger in den Adelsstand gehoben. Es wird geschätzt, dass die Fugger zum Zeitpunkt des Todes etwa 50% des Staatshaushalt Tirols abwickelten und 10% der Vermögenswerte des Heiligen Römischen Reiches besaßen. Sie besaßen Minen in Tirol, Tschechien, der Slowakei und Spanien und finanzierten Handelsexpeditionen in der gesamten damals bekannten Welt wie auch zahlreiche Kriege in Europa. Es ist natürlich schwer zu sagen, manchem Historiker gilt Jakob Fugger aber als der reichste Mann der Weltgeschichte. In Innsbruck erinnern das Palais Fugger-Taxis sowie eine kleine Gasse zwischen Maria-Theresien-Straße und Landhausplatz an die Fugger.