Hohenwart
Wenn Männer Schmuck tragen

Zu besonderen Anlässen greifen Bürgermeister zur Amtskette – die Hohenwarter hat Günter Beltzig designt

28.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:07 Uhr

Die Freude war groß, als Gachenbachs Bürgermeister Alfred Lengler 2008 seine neue Amtskette erhielt (Mitte). Sie ist die neueste Kette im Schrobenhausener Land, die älteste findet sich in Waidhofen (oben links). Beide tragen – wie die Kette in Schrobenhausen (oben rechts) – jeweils nur ein Medaillon. Ein zweites gibt es bei der Aresinger Kette (links unten). Ganz anders ist die Hohenwarter Kette gestaltet (rechts unten). An dem Designobjekt hängen mehrere Plättchen, die die größten Ortsteile symbolisieren - Fotos: Schweiger (2)/Stadt Schrobenhausen/De Pascale/Hofmann

Hohenwart (PK) Sie bilden Könige ab, sind sechsgliedrig oder einfach nur richtig wertvoll. Doch zu Gesicht bekommt man die Amtsketten der Bürgermeister im Schrobenhausener Land nur selten. Dabei finden sich darunter einige Schmuckstücke – in Hohenwart sogar ein richtiges Designobjekt.

Man sieht es der einfachen Holzschatulle nicht an. „Entworfen + gemacht + gespendet“ steht in schlichten Lettern darauf. Erst der Name des Spenders lässt aufhorchen: Günter Beltzig. Der hat im Laufe seines Lebens schon so vieles entworfen und gemacht. Kunststoffmöbel wie den weltberühmten Floris-Stuhl – den Designklassiker kann man unter anderem im New Yorker MoMA bestaunen – oder die Sitzskulptur Pegasus. Viele werden den Namen Günter Beltzig jedoch in erster Linie damit in Verbindung bringen: den Spiel- und Erlebniswelten, die er seit Jahrzehnten für Kinder schafft. Wie aber kommt eine von Beltzigs Arbeiten ins Hohenwarter Rathaus? Was verbirgt sich in dieser Holzschatulle?

Bürgermeister Manfred Russer öffnet sie behutsam. Auf kobaltblauem Samt kommt ein Schatz zum Vorschein. Möglich, dass der ein oder andere Kollege schon mal einen neidischen Blick auf sie geworfen hat: die prächtige Bürgermeisterkette aus technischer Bronze – entworfen und gemacht und gespendet im Jahre 1983 eben von Günter Beltzig.

Wer sich schon mal mit den Arbeiten des weltweit agierenden Designers beschäftigt hat, erkennt trotz des Unterschieds zu dem von ihm sonst Geschaffenen bei dem Schmuckstück doch so etwas wie seine persönliche Handschrift. Ganz an den Bedürfnissen der Menschen orientieren sich seine Arbeiten, sind gleichermaßen funktional und praktisch und womöglich gerade deshalb so harmonisch und unglaublich schön. Und man spürt die Liebe zum Objekt, mit der der Designer am Werk ist.

Bei der Bürgermeisterkette ist das nicht anders. Dass das ein handgefertigtes Unikat ist, sieht man auf den ersten Blick. 200 Stunden hat Beltzig dafür gebraucht, hat erst Gipsabdrücke gefertigt, für jedes Plättchen ein eigenes Modell, die einzelnen Teile dann gießen lassen, bevor er sich um die Nachbearbeitung gekümmert und die verbindenden Scharniere angebracht hat.

Wie es dazu kam, dass Beltzig eine Bürgermeisterkette entwarf, ist schnell erklärt. Von 1978 bis 1984 war Günter Beltzig Ortssprecher von Deimhausen. Und der Ort gehörte damals wie heute zur Marktgemeinde Hohenwart. Und da gab es schlicht und ergreifend keine Bürgermeisterkette. „Als Dankeschön an seine zweite Heimat“, habe der aus Wuppertal stammende Designer die Kette während der Amtszeit Ludwig Ades angefertigt, erzählt Manfred Russer.

Als Teil der Amtstracht eines Bürgermeisters wird sie nur zu feierlichen Anlässen getragen, „beim Fronleichnamszug, der Volksfesteröffnung oder bei offiziellen Empfängen wie Bischofs- oder Ministerbesuchen“, erklärt Russer. In der Mitte der Kette befindet sich ein Wappen Hohenwarts, links und rechts davon sind Insignien der Gemeindeteile Deimhausen, Freinhausen, Weichenried, Seibersdorf, Koppenbach sowie Klosterberg angebracht.

Den Stolz auf das edle Teil kann Bürgermeister Russer nicht verhehlen. „Damit kann man Staat machen. Ich trage sie sehr gerne, weil es kein Allerweltsteil ist“, lässt Russer Beltzig wissen, als er mit ihm telefoniert. Und: „Ich gehe davon aus, dass das auch die nächste Generation von Bürgermeistern so handhaben wird.“