Menu Schließen

Wasserkreislauf

Schülervorstellungen zum Thema Wasserkreislauf

Zitieren als: Strebel, C., Stadler, I. (2019): Schülervorstellungen zum Thema Wasserkreislauf. PH FHNW; Windisch. https://www.fhnw.ch/plattformen/geoconcepts/2019/10/25/wasserkreislauf/

Abbildung 1: The water cycle (Nowicki et al. 2018, unverändert)

1 Einleitung

Das Thema «Wasser und Wasserkreislauf» ist gemäss dem Lehrplan 21 ein verbindliches Thema in der Primarschule, wird aber oftmals auch in der Sekundarstufe I aufgegriffen (vgl. D-EDK 2016).  Die Kompetenz RZG 1.4 schreibt vor, dass die SchülerInnen «natürliche Ressourcen und Energieträger untersuchen» können sollen (D-EDK 2016a). Als Beispiel wird dabei unter RZG 1.4a «Wasser» aufgeführt, dessen Verbindung zum Menschen aufgezeigt werden kann (vgl. D-EDK 2016a). Zusätzlich wurde im Bereich «Bildung für nachhaltige Entwicklung» ein Schwerpunkt auf den Kompetenzbereich «Natürliche Ressourcen und Umwelt» gelegt (vgl. D-EDK 2016b).

Eine Auseinandersetzung mit dem Thema «Wasserkreislauf» ist von Bedeutung, da dieses Phänomen eine Grundlage des menschlichen Lebens darstellt und damit globale Zusammenhänge sichtbar gemacht werden können.

Da es sich beim Wasserkreislauf in einigen Fällen um beobachtbare und/oder wahrnehmbare Prozesse handelt, bringen die SchülerInnen meistens bereits ein Vorwissen zum Thema mit. Der vorliegende Blogpost beschäftigt sich damit, inwiefern es sich dabei um Fehlvorstellungen handelt und wie im Unterricht gegebenenfalls damit umgegangen werden kann.

Um einen Einblick und ein besseres Verständnis über vorhandene Präkonzepte der SchülerInnen zu erhalten, wurden im ersten Schritt zwei Studien zusammengefasst. Dies diente dazu, die daraus abgeleiteten Ergebnisse anschliessend für den Unterricht auf der Sekundarstufe I zu diskutieren.

2 Studie 1: A study of junior high students’ perceptions of the water cycle

In der Studie von Ben-zvi-Assarf und Orion (2005) geht es um Schülervorstellungen zum Thema «Wasserkreislauf innerhalb des System Erde» (Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 366, übersetzt). Nachfolgend werden die Forschungsmethode sowie die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammengefasst.

Für die Datenerhebung wurde mit einer Stichprobe von 1000 Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I (7 bis 9 Jahrgangsstufe) gearbeitet. Die SchülerInnen stammten aus 30 verschiedenen Klassen bzw. aus insgesamt 6 städtischen Schulen in Israel.  Sie brachten alle bereits ein Vorwissen zum Thema Wasserkreislauf aus der Primarschule mit (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 367).

In der Studie wurden sowohl quantitative als auch qualitative Forschungsmethoden angewendet. Dies diente im ersten Schritt der Gewinnung eines generellen Überblickes über den Wissensstand der gesamten Stichprobe. Im zweiten Schritt wurde mit einer zufällig ausgewählten kleineren Anzahl SchülerInnen versucht, einen genaueren Einblick in gewisse Fehlvorstellungen zu erhalten. Insgesamt wurden fünf verschiedene Forschungsinstrumente eingesetzt: Likert-Skala-Fragebögen, Offene Fragebögen, Zeichnungen, Wortassoziationen und Interviews (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 367).

Das Hauptziel der Studie war es einerseits, das Vorwissen sowie das Verständnis der SchülerInnen bezüglich der Beziehung zwischen dem Menschen und dem Wasserkreislauf zu ermitteln. Zum anderen ging es darum, die Vorstellungen der SchülerInnen hinsichtlich der zyklischen Natur zu untersuchen, um anschliessend alternative Rahmenbedingungen für den Unterricht zu generieren (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 367.).

Resultate

Verständnis über die Teilkomponenten des Wasserkreislaufs

Die Stichprobe war zwar mit einigen Komponenten des Wasserkreislaufes vertraut, zeigte jedoch insgesamt ein unvollständiges Wissen. Die typischen Zeichnungen der SchülerInnen berücksichtigte nur das überirdische bzw. das atmosphärische Teilsystem des Wasserkreislaufes (Verdunstung, Kondensation, Niederschlag). Die Grundwasserkomponente wurde bei 70 Prozent von 177 Zeichnungen weggelassen. Interessanterweise zeigte der Fragebogen jedoch, dass die meisten mit dem Begriff „Grundwasser“ vertraut waren (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 368, übersetzt).

Weniger als 10 Prozent der Zeichnungen zeigten Bestandteile der Biosphäre auf (Menschen, Tiere, Pflanzen etc.). Unter 10 Prozent zeichneten Interaktionen zwischen Menschen und der Umwelt (Brunnen, Abwassersystem, Verschmutzung). Ähnliche Ergebnisse ergaben sich aus dem Assoziationsfragebogen. Die gängigsten Konzepte waren dabei wiederum Wolken, Regen und die Verdunstung. Weniger als 1/3 der Stichprobe erwähnte andere Konzepte (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 368).

Dynamik des Wasserkreislaufes

Bezüglich des Verständnisses über die Dynamik des Wasserkreislaufs konnte festgehalten werden, dass Grundwasser oftmals mit statischen unterirdischen Seen in Verbindung gebracht wurde (67 Prozent aus jenen Zeichnungen, die Grundwasserkomponente enthielten). Zudem wurde das Grundwasser meistens als getrenntes System gezeichnet. Nur 1/3 der Zeichnungen hielt fest, dass das Grundwasser sich bewegt. Die meisten stellten diese Bewegung in unterirdischen Flüssen dar. Eine Schwierigkeit war dabei jedoch die Bewegungsrichtung des Wassers: anhand der Interviews wurde deutlich, dass es nur 21 Prozent der 45 Interviewten bewusst war, dass sich das Wasser im Boden  auch horizontal und nicht nur vertikal bewegen kann (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 368).

Unterirdische Wasserbewegung durch poröses Gestein hindurch wurde von 25 Prozent der SchülerInnen angegeben. 70 Prozent der Stichprobe waren der Ansicht, dass das Grundwasser durch Felsen hindurchgeleitet wird und der Felsen an sich kein Wasser enthält. Grundwasser sei zudem in grossen Räumen vorzufinden und vor allem in regnerischen Gebieten vorhanden (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 369).

Verteilung von Wasser auf der Erde

Obwohl 50 Prozent der SchülerInnen zustimmten, dass die Wassermenge in den Gesteinen der Erde grösser ist, als in den Seen und Flüssen, konnten 92 Prozent keine korrekte Erklärung dafür nennen. Es wurde generell ersichtlich, dass die meisten SchülerInnen ein unvollständiges Bild der Wasserverteilung auf der Erde besitzen. Zudem überschätzen die SuS den Einfluss des Menschen auf den Wasserzyklus. Dies wurde beispielsweise dadurch begründet, dass der menschliche Körper zu 75 Prozent aus Wasser bestehe (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 369).

Physikalische und chemische Prozesse des Wasserkreislaufes

Schüler aller Klassen haben falsche Vorstellungen zu grundlegenden chemischen und physikalischen Prozessen wie z.B. Verdampfung und Kondensation. Dies wurde insbesondere deutlich, da 80 Prozent der SchülerInnen der Aussage nicht zustimmten, dass sich die Wassermenge in einem Glas innerhalb einer Woche verringert, wenn man das Glas im Kühlschrank stehen lässt. Kondensation wurde in den meisten Fällen mit hohen Temperaturen in Verbindung gebracht.

Lediglich 40 Prozent der SchülerInnen gaben an, dass alle Wolken einander ähnlich sind und dass verdunstetes Wasser Süsswasser darstellt (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 369).

Systemdenken

Aus dem Fragebogen wurde deutlich, dass die SchülerInnen unfähig waren, einen zyklischen Prozess zu definieren und ein Beispiel dafür zu nennen. Zudem waren sich über 50 Prozent der Befragten sicher, dass der Wasserkreislauf sowohl einen Anfang als auch ein Ende hat. Es gibt einen signifikanten Zusammenhang derjenigen Schüler, die Grundwasser in ihre Skizze integriert haben und denjenigen, die verstanden haben, dass in einem Kreislauf die Gesamtmasse des Wassers erhalten bleibt und nicht verloren geht (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 369,370).

Diskussion

Das wichtigste Ergebnis, das aus der vorliegenden Studie abgeleitet werden konnte, ist, dass die meisten SchülerInnen der Stichprobe die Sekundarstufe I mit den gleichen Fehlvorstellungen zum Thema Wasserkreislauf betreten, wie sie sie auch wieder verlassen (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 370). Dies konnte dadurch erkannt werden, dass kein signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen festgestellt werden konnte (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 368). Dies ist besonders überraschend, da das Thema Wasser im israelischen Lehrplan in der Sekundarstufe I verankert ist (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 371).

Die SchülerInnen der Stichprobe nahmen den Wasserkreislauf als eine Reihe von nicht zusammenhängenden Teilen war. Sie waren zwar in der Lage einzelne Prozesse zu begreifen, aber es fehlte ihnen die dynamische Wahrnehmung dahinter. Die Fähigkeit des vernetzten Denkens bzw. des Systemdenkens wird zum Verständnis des Wasserkreislaufes benötigt. Systemdenken ist in der Oberstufe zwar anspruchsvoll, kann aber durch gezielt angeleitete Lernstrategien ermöglicht werden. Damit die Lernenden im Unterricht selber Verbindungen zwischen einzelnen Teilkomponenten erkennen, sollen sie die Möglichkeit haben, den gesamten Kreislauf zu visualisieren. Auf Wechselbeziehungen des Systems sollte in jedem Fall eingegangen werden (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 372).

Gewisse Fehlvorstellungen haben sich auch bereits bei den Basiskonzepten des Wasserkreislaufes herausgestellt. Obwohl die meisten SuS angegeben haben, dass Verdunstung ein vertrauter Prozess für sie ist, zeigt die Studie, dass es trotzdem Schwierigkeiten beim Verständnis gab (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 372).

Eine weitere zentrale Schwierigkeit stellte die Verknüpfung des schulischen Stoffes mit eigenen Erfahrungen dar. Um den Stoff für die SuS relevant zu machen, reicht es nicht aus, das Phänomen nur oberflächlich zu behandeln. Die SuS sollen die Relevanz des Stoffes selber erkennen. Dabei helfen könnten z.B.  sogenannte „explanatory stories“ das Interesse der SchülerInnen wecken. Zudem wird vorgeschlagen, den Wasserkreislauf nicht zu sehr aus physikalischer oder chemischer Perspektive zu lernen, sondern eher den Umweltbezug und das Soziale dahinter zu berücksichtigen. So wird die Relevanz des Wasserkreislaufes für die SuS besser ersichtlich und die physikalischen und chemischen Prozesse dahinter können in einem zweiten Schritt leichter erarbeitet werden (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 372).

3 Studie 2: Water transformation and storage in the mountains and at the coast: midwest students› disconnected conceptions of the hydrologic cycle (2009)

Die Studie untersucht die Präkonzepte von Schülerinnen und Schülern zum Thema Wasserkreislauf. Das Ziel ist es, herauszufinden, ob sich diese Schülervorstellungen je nach Alter und sozialen Status unterscheiden. Es wird in Betracht gezogen, dass Präkonzepte auf einer Kombination von eigenen Erfahrungen und Erfahrungen aus dem sozialen Umfeld basieren. Zwar wird in den Schulbüchern das Thema Wasserkreislauf behandelt, doch es wird nie auf die Präkonzepte eingegangen und könnte deshalb gewisse falsche Konzepte bestärken. Deshalb werden mit den Ergebnissen curriculare Empfehlungen abgegeben (vgl. Shepardson et al. 2009).

Während der Forschung wurde mit einem Konstruktivisten zusammengearbeitet. Seine Arbeit war, das Gesprochene und die Zeichnungen und Symbole der Kinder richtig zu analysieren und zu verstehen. Die Bedeutungen dieser Zeichnungen und der Erklärungen repräsentieren in diesem Falle die kognitiven Strukturen zu einer gewissen Entwicklungsphase. Sie zeigen also die einzigartigen sozialen, schulischen und kulturellen Erfahrungen der Schüler (vgl. Shepardson et al. 2009: 1450).

Die Untersuchungen fanden im Klassenzimmer statt. Die Lernenden lösten einen Arbeitsauftrag bestehend aus zwei Aufgaben.

Die Schüler stammten aus dem ganzen mittleren Westen der USA. 19% aus der Primarschule (ca. 4-6. Klasse), 57% aus Middle School (7./8. Klasse) und 24% aus der Highschool (ca. 8.-10. Klasse). Die Schulen waren in unterschiedlichen Gebieten: 16% urban, 24% suburban und 60% aus ruralen Gebieten. Ethnizität und Gender wurden nicht berücksichtigt (vgl. Shepardson et al. 2009: 1451).

Hydrologic cycle task: In der ersten Aufgabe mussten die Lernenden selbst den Wasserkreislauf beschreiben und zeichnen. In der zweiten Aufgabe sollten sie ein vorgegebenes Diagramm des Wasserkreislaufs beschreiben und womöglich bereits Unterschiede zu ihrer Zeichnung erkennen (vgl. Shepardson et al. 2009: 1452)

Resultate

Ergebnisse wurden codiert und schlussendlich ergaben sich vier signifikante Gruppen/Konzepte:

Konzept 1: «The Hydrologic Cycle as Water Storage, Tranformation and Transportation with multiple pathways» (Shepardson et al. 2009: 1455): Kinder, die diesem Konzept zugehörig sind, verstehen den Wasserkreislauf als «Konzept mit Grundwasser, Oberflächenabfluss und Wassertransport»(Shepardson et al. 2009: 1455). Sie erklärten den Kreislauf mit Worten wie Evaporation (Verdunstung), Kondensierung und Niederschlag. Sie verstehen den Kreislauf und dass das Wasser «widerverwendet» wird. Dieses Konzept ist das anspruchsvollste aller vier (vgl. Shepardson et al. 2009: 1455).

Konzept 2: «The Hydrologic cycle as water storage and transformation» (Shepardson et al. 2009: 1456):        
«Die Kinder betonten die Einlagerung des Wassers (z.B. in Flüssen oder Seen) und die Wassertransformationen (Evaporation, Kondensation, Niederschlag)» (Shepardson et al. 2009: 1456). Grundwasser, Oberflächenabfluss wurden nicht erwähnt. Dieses Konzept ist weniger anspruchsvoll, da der Wassertransport als Einbahnstrasse angesehen wird (vgl. Shepardson et al. 2009: 1456).

Konzept 3: «The hydrologic cycle as a weather event» ( Shepardson et al. 2009: 1456): 
Diese Kinder sahen Niederschlag nur als Regen an. Der Wasserkreislauf ist also ein Wetter-Phänomen, dass sich immer wieder wiederholt. Das Wasser wird zwar gelagert im Fluss oder im See, aber das stellt nicht der Fokus dar. Der Fokus liegt auf dem Regen. Die Wege des Wassers werden also nicht in Betracht gezogen (vgl. 2009: 1456).

Konzept 4: «The hydrologic cycle as an entity» (Einheit) (Shepardson et al. 2009: 1460):
Diese Kinder sehen den Wasserkreislauf als Einheit, als eine einzige Wasserquelle, wie Fluss, Teich, See oder Ozean). Diese Kinder haben wahrscheinlich das Konzept des Wasserkreislaufs vorhin noch nicht gekannt (vgl. Shepardson et al. 2009: 1460).

Es gibt einen signifikanten Unterschied im Auftreten der Konzepte, und zwar trat das Konzept 2 häufiger auf als andere. Ein weiterer auffallender Unterschied gab es in Bezug auf das Alter bzw. die Schulstufe. Konzept 1 trat häufiger bei Highschool-Schülern (35%) und Oberstufenschülern (30%) auf. Es war also bereits ein anspruchsvolleres und besser ausgebildetes Konzept des Wasserkreislaufs vorhanden. Gleichzeitig sind mehr urbane (28%) und rurale (27%) Schüler dem Konzept 3 zuzuordnen. Hingegen suburbane nur 22%, diese haben vor allem Regen gezeichnet und den Wasserkreislauf als Wetterphänomen verstanden (vgl. Shepardson et al. 2009: 1463).

Die meisten SchülerInnen verstehen den Wasserkreislauf als Wasserlager und Transformation, nicht aber als Bewegung über Land, Gewässer und Atmosphäre. Die Vorstellungen waren eingeschränkt zu Evaporation, Kondensation und Niederschlag. Nur 27% der Schüler haben das Grundwasser oder den Oberflächenabfluss erwähnt. Gar nicht wurden die Auswirkungen auf die Menschen erwähnt, was dafürspricht, dass sie den Zusammenhang zu ihrem Alltag nicht erkennen. Sie sind also nicht fähig, den menschlichen Einfluss auf den Wasserkreislauf zu erkennen, denn Wasser wird nur als Ressource angesehen.

Weiter wurden auch klimatische Faktoren nicht identifiziert: Welchen Einfluss das Klima z.B. auf die Menge an Niederschlag und somit auf die Menge an Oberflächenabfluss hat (vgl. Shepardson et al. 2009: 1465).

Das zeigt auf, dass Schulbücher den Wasserkreislauf zwingend als Prozess eines grösseren Systems erklären müssen und ihn nicht als isolierten Prozess darstellen sollten.

Ausserdem ist in den Schulbüchern die Natur anders dargestellt, als die Kinder aus dem Mittleren Westen sie kennen (Stadtkinder, oder ländliche Kinder, aber keine Berge). Zeichnungen in den Schulbüchern zeigten den Prozess in den Bergen. Sie verstehen also den Wasserkreislauf in ihrem Alltag immer noch nicht, die Lernenden können das Wissen nicht auf ihren Alltag transferieren.

Die älteren Schüler hatten zwar eine genauere und besser entwickelte Vorstellung des Wasserkreislaufs, aber richtig war sie trotzdem noch nicht (vgl. Shepardson et al. 2009: 1465–1466).

Basierend auf diesen Ergebnissen wurde ein Blick in die Schulbücher geworfen. Aufgefallen ist, dass die Texte jeweils anderes/einfacheres beschrieb als auf den Diagrammen zu sehen war. Die Diagramme zeigten oft mehr und genaueres (Bsp: miteinbeziehen des Grundwassers). Erklärt wurde im Text aber nichts. Um dies zu verstehen, wären die SuS gezwungen zu interpretieren (vgl. Shepardson et al. 2009: 1466).

Am häufigsten wurde der Wasserkreislauf in den Schulbüchern als Wasser Transformation und Transport (nur ein Weg) beschrieben. Zeitgleich ist das das häufigste erforschte Präkonzept der Lernenden. Die Wasserlagerung wird meistens nur als See oder Ozean abgebildet, nicht als Grundwasser (vgl. Shepardson et al. 2009: 1466).

4 Schlussfolgerungen

Um zu verhindern, dass die SchülerInnen mit denselben Präkonzepten zum Wasserkreislauf die Schulzeit verlassen, wie sie sie betraten, muss ganz klar auf den Wasserkreislauf als dynamisches System verwiesen werden und nicht als isolierten Prozess. Dabei kann mit Modellen zur Veranschaulichung gearbeitet werden. Die SchülerInnen sollen sich so den ganzen Prozess besser vorstellen und einprägen können. Die Ergebnisse der ersten Studie haben ergeben, dass die SchülerInnen keine Erfahrungen mit zyklischen Phänomenen im Lehrplan hatten (vgl. Ben-zvi-Assarf/Orion 2005: 369). Bezüglich des Systemdenkens ist es als Lehrperson dabei wichtig zu beachten, dass Systeme als Ganzes im ersten Schritt zunächst erkannt und gezielt eingeführt werden müssen. Erst in den nachfolgenden Schritten können die SchülerInnen Wirkungsbeziehungen zwischen den einzelnen Teilschritten erkennen und allenfalls Rückkopplungseffekte feststellen (vgl. Bollmann-Zuberbühler et al. 2010: 27). Weiter müssen Lehrpersonen den menschlichen Einfluss auf den Wasserkreislauf und dessen Auswirkungen eingehen. Dies fördert das vernetzte Denken und setzt den Prozess wiederum in einen grösseren Kontext. Wird der Mensch gezielt in den Prozess miteinbezogen, können höhere Systemkompetenzen gefördert werden, wie z.B. Prognosen treffen oder Handlungsentwürfe beurteilen. Anschliessend kann das Thema «Wasserkreislauf» auch aus weiteren Perspektiven behandelt werden (z.B. in Verbindung mit physikalischen oder chemischen Aspekten).

Durch Exkursionen oder anderen ausserschulischen Lernorten, öffnen sich Wege eines komplizierten Prozesses zur Lebenswelt der Lernenden. So sollen die SchülerInnen ihre alltäglichen Erfahrungen mit dem Schulstoff verknüpfen können. Dabei ist es wichtig, dass Lehrmittel oder die Lehrpersonen selbst, den Wasserkreislauf in der bekannten Lebenswelt der Lernenden vermitteln. So sollen Stadtkinder den Wasserkreislauf nicht am Beispiel einer Berglandschaft kennenlernen, sondern auch hier soll der Alltagsbezug hergestellt werden.

Aus den Ergebnissen der Studie wurde deutlich, dass bei einem Grossteil der untersuchten Stichprobe die Verbindung zwischen dem atmosphärischen Teil des Wasserzyklus und der Geosphäre fehlte. Es kann vermutet werden, dass diese Wissenslücke darauf zurückzuführen ist, dass im verwendeten Lehrmittel die beiden Teile des Wasserkreislaufes getrennt untersucht werden und die Verbindung zwischen den Teilesystemen nicht hergestellt wurde.

Zusätzlich können die Ergebnisse so interpretiert werden, dass Geographielehrmittel stets aus einem kritischen Blickwinkel betrachtet werden sollten. Gerade bei fehlenden Bild-Text-Bezügen und einer Vielzahl an komplexeren diskontinuierlichen Texten, kann es den Lernenden schwer fallen einen Zugang zur Thematik zu finden. Vereinfachungen von Lehrbuchtexten könnten das Lernen in diesem Fall erleichtern.

Die Ergebnisse der beiden Studien lassen darauf hindeuten, dass das Bewusstsein des Grundwassers einen entscheidenden Einfluss auf das Verständnis des Wasserkreislaufes hat. An dieser Stelle ist wiederum die Lehrperson gefragt, die im Unterricht einen gezielten Fokus auf die unbeobachtbaren, vielleicht etwas weniger bekannten Teilprozess des Kreislaufes legen sollte.

Eine Möglichkeit diese Verbindung zu erstellen, stellt die Arbeit mit 3D-Modellen dar, die unter idealen Voraussetzungen einen Konzeptwechsel anregen könnten.

5 Literatur

Ben-zvi-Assarf, Orit und Orion, Nir (2005): A Study of Junior High Students’ Perceptions of the Water Cycle. In: Journal of Geoscience Education 53/4 (September). S. 366–373. doi:10.5408/1089-9995-53.4.366.

Bollmann-Zuberbühler, B; Frischknecht-Tobler, U; Kunz, P; Nagel, U und Wilhelm Hamiti, S (2010): Systemdenken fördern. Systemtraining und Unterrichtsreihen zum vernetzten Denken. Bern: Schulverlag plus AG.

D-EDK (2016a): Lehrplan 21.

[https://v-fe.lehrplan.ch/index.php?code=a|6|4|1|0|4; 10.10.2019]

D-EDK (2016b): Lehrplan 21. Bildung für nachhaltige Entwicklung.

[https://v-ef.lehrplan.ch/index.php?code=e%7C200%7C4&hilit=101e200yJdHdNN7eLpA5Pw5W9Xq4EG#101e200yJdHdNN7eLpA5Pw5W9Xq4EG;
10.10.2019]

Shepardson, Daniel; Wee, Bryan; Priddy, Michelle; Schellenberger, Lauren und Harbor, Jon (2009): Water Transformation and Storage in the Mountains and at the Coast: Midwest students’ disconnected conceptionsof the hydrologic cycle. In: International Journal of Science Education 31/11 (Juli). S. 1447–1471. doi:https://doi.org/10.1080/09500690802061709.

6 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Saskia Nowicki, Nancy Gladstone, Jacob Katuva, Heloise Greeff, Achut Manandhar, Geofrey Wekesa and Geofrey Mwania (2018): The Water Module – Student Resource, School of Geography and the Environment, University of Oxford 2018. [https://upgro.files.wordpress.com/2018/03/water-module-student-resource-web.pdf; 10.10.2019]. (CC-BY-NC-SA)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert