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Umrüstung auf Funkwasserzähler in Witzenhausen werfen bei Bürgern Fragen auf

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Wird in Witzenhausen ausgetauscht: Eine herkömmliche Wasseruhr. Die digitalen Modelle übermitteln die Verbrauchsdaten per Funk an den Wasserversorger.
Wird in Witzenhausen ausgetauscht: Eine herkömmliche Wasseruhr. Die digitalen Modelle übermitteln die Verbrauchsdaten per Funk an den Wasserversorger. © Jens Büttner/dpa

Seit die Stadtwerke Witzenhausen die flächendeckende Umrüstung aller Wasseruhren angekündigt haben, trudeln viele Fragen, Kritik und Widersprüche ein.

Werra-Meißner – Viele Witzenhäuser melden sich derzeit mit Fragen und Bedenken, seit die Stadtwerke am 4. August den flächendeckenden Austausch aller Wasserzähler angekündigt haben. Doch damit nicht genug: Einem mit der Umrüstung betrauten Techniker gar das Auto mit Ketchup mit dem Satz „Hau endlich ab!“ beschmiert worden, so Stadtwerke-Chef Thomas Meil. Wir gehen dem Thema nach.

Warum werden die Wasseruhren überhaupt umgerüstet?

Grund für den Wasseruhrentausch ist die 2018 überarbeitete Energieeffizienzrichtlinie (EED) der EU. Sie gibt vor, dass neu eingebaute Warmwasserzähler und Heizkostenverteiler ab 2021 fernablesbar sein müssen, wenn das technisch machbar und kosteneffizient ist. Ältere Zähler müssen bis Januar 2027 getauscht werden. Ziel ist es, dass Verbraucher ihren Energieverbrauch besser senken können, wenn sie ihren konkreten Wasser- und Wärmeverbrauch leichter abfragen können. 

Wovor haben viele Witzenhäuser Angst?

Viele sorgen sich vor allem um eine mögliche Strahlenbelastung, wenn die Wasseruhr durch die Hauswand bis auf die Straße funken könne, sagt Stadtwerke-Prokurist Torsten Hofmann. Das sei unbegründet: „Ein einminütiges Handytelefonat verursacht rund 1000 Milliwatt Sendeleistung. Der Funkwasserzähler sendet 2,5 Milliwatt bei einem Abstand von einem Meter bei einer Sendedauer von 0,0016 Sekunden alle 15 Sekunden. Das bedeutet: Um die gleichen Funkwellenbelastung zu produzieren, müsste der Funkwasserzähler für 7,2 Jahre durchgehend funken.“

In Witzenhausen soll die Belastung noch geringer sein, betont Hofmann. Denn die Geräte sollen nur zum Ablesen aktiviert werden und funken – also einmal Anfang Januar oder anlassbezogen, etwa bei einem Umzug. „Diese geringe Strahlenbelastung ist vertretbar“, findet Meil. Ausführliche Informationen zur Strahlenbelastung durch die in Witzenhausen verbauten Funkwasserzähler gibt es auf der Internetseite der Stadtwerke.

Dadurch, dass die Geräte nicht im Dauerbetrieb sind, verzichten die Stadtwerke auf die Möglichkeit, dass die Wasseruhr mögliche Störungen – etwa eine konstant laufende WC-Spülung – entdeckt und meldet. Das ist ein Vorteil, den die Stadt Hessisch Lichtenau an den neuen Wasseruhren hervorhebt.

Können Einbrecher die Daten auslesen und über die Wassernutzung feststellen, ob das Haus leer ist?

Nein, betont Hofmann. Die Funk-Zähler seien mit 128 Bit verschlüsselt, der Code habe 32 Stellen und sei sicher vor Hackern. Nur die Stadtwerke hätten Zugriff auf die Verschlüsselung. Zudem sende der Zähler keine personenbezogenen Daten, sondern nur Zählernummer, Datum und Verbrauchsstand. Das könne nur von den Stadtwerke-Mitarbeitern mit einer speziellen Software empfangen werden. In Sachen Datenschutz haben in Hessen der Landesdatenschutzbeauftragte, der Verband Kommunaler Unternehmen, der Städtetag und der Städte- und Gemeindebund gemeinsam Regeln für den Einsatz von Funkwasserzählern erlassen. Sie sehen ein Widerspruchsrecht vor, wenn Zweifel am Umgang mit persönlichen Daten bestehen. Im Infoschreiben der Stadtwerke ist der zuständige Datenschutzbeauftragte angegeben.

Kann man den Einbau der Wasseruhr verweigern?

Die Stadtwerke sehen sich wegen der EU-Richtlinie zur Umrüstung verpflichtet. „Wir hätten das Recht, uns Zutritt zum Wasserzähler zu verschaffen“, sagt Meil mit Verweis auf die Wasserversorgungssatzung der Stadt (§33). Diese schreibt auch vor, dass jedes bewohnte Grundstück ans städtische Wassernetz angeschlossen sein muss. Sonst drohen Bußgelder. Die rechtliche Keule will Meil aber nicht zücken: Man wolle den Bürgern im Gespräch ihre Ängste nehmen.

Warum rüsten die Stadtwerke jetzt alle Wasseruhren um?

Es sei effizienter, wenn man nur eine Ablese-Methode nutze, sagt Meil. Man habe das im Aufsichtsrat lange diskutiert, sich aber entschieden, die Wasseruhren nicht schrittweise nach Ablauf der Eichfristen auszutauschen. Insgesamt müssen 5000 Zähler gewechselt werden, der Umbau dauere laut Prokurist Torsten Hofmann fünf bis zehn Minuten. Wegen der großen Menge der auszutauschenden Geräte sei damit eine Firma beauftragt worden.

Wer trägt die Kosten?

Die Stadtwerke Witzenhausen, betont Meil. Die Kunden haben keine Mehrkosten, auch die Höhe der Abschläge bleibe gleich. Wie teuer die gesamte Umrüstung für die Stadtwerke ist, dazu macht Hofmann keine Angaben. Die reine Umrüstung einer Wasseruhr liege bei knapp 20 Euro.

Die neuen Wasseruhren hätten keine beweglichen Teile und arbeiteten nahezu verschleißfrei. Die Geräte seien langlebiger, ihre Eichfrist beträgt zwölf (statt vorher sechs) Jahre. (Friederike Steensen)

Erst drei Kommunen tauschen Wasseruhren aus

Nach einer EU-Richtlinie müssen ab 2021 neue Zähler für Warmwasser, Kälte und Wärme die Verbrauchsdaten per Funk übermitteln können. Viele Bürger sind von der neuen Technik verunsichert. Bis sie im Werra-Meißner-Kreis flächendeckend eingeführt ist, wird es dauern: Die Kommunen sind unterschiedlich schnell, was die Umrüstung von Wasseruhren angeht, wie unsere Umfrage ergab.

Hessisch Lichtenau hat die Umrüstung auf die Funkwasseruhren weitgehend abgeschlossen, in Sontra werden seit 2018 nach Ende der jeweiligen Eichfrist nach und nach alle Uhren getauscht. In Witzenhausen startete die flächendeckende Umrüstung im Sommer, ist aber bis Anfang 2021 ausgesetzt worden, um mehr Zeit für den Dialog mit den Bürgern zu gewinnen, sagt Stadtwerke-Chef Thomas Meil. In Großalmerode sind einzelne Firmen umgerüstet, in Bad Sooden-Allendorf wünschen sich die Stadtwerke eine Umrüstung, beschlossen ist sie nicht.

Die fünf Kommunen setzen auf die neue Technik, weil sie das Ablesen vor Ort unnötig macht. „Viele Menschen sind tagsüber nicht zuhause, weil sie zur Arbeit gehen“, sagt Meil. Die Selbstablesung durch Kunden sei fehleranfällig, die neuen Uhren könnten dagegen auf den Tag genau den Wasserverbrauch messen. Verbrauchsschätzungen und die Nachberechnung am Ende der Eichfrist entfallen ebenso wie das Erfassen der Meldezettel – die Zeitersparnis für die Mitarbeiter der Wasserversorger ist groß. Das Ablesen im Vorbeifahren von rund 200 Zählerständen in Hollstein und Hopfelde etwa habe nur 35 Minuten gedauert, berichtete Hessisch Lichtenaus Wassermeister Anfang des Jahres. Einige Kommunen zögern: Weißenborn und Wehretal wollen abwarten, wie sich die Funkwasseruhren bewähren. Eschwege und Großalmerode geben zu bedenken, dass eine Kombination mit Stromzählern sinnvoll wäre. In Wanfried ist man skeptisch ob der hohen Anschaffungskosten von 90 bis 100 Euro pro Stück. Das sei unbegründet, so Sontras Bürgermeister Thomas Eckhardt. Laut einer Wirtschaftlichkeitsberechnung amortisierten sich die höheren Kaufkosten nach sieben Jahren durch die eingesparte Arbeit. (fst)

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