Das Blumengeschäft Martin an der Ecke Nibelungenstraße/Wodanstraße in Nürnberg wurde kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs eröffnet. Seit über 40 Jahren ist auch Claudia Mylius ein Teil davon. Zuerst lediglich als Angestellte, dann als "eine Art Geschäftsführerin", bis sie den Laden vor sechs Jahren vollständig übernommen hat.

Doch lange wird es den "Blumen Martin" nicht mehr geben: In nicht allzu weiter Ferne wird die Floristin ihren Blumenladen aufgeben. "Das tut natürlich weh, schließlich geht damit auch ein Lebensabschnitt zu Ende", gibt Mylius im Gespräch zu. "Aber ich kann nicht mehr weitermachen."

"Meine Füße sind kaputt": Nürnberger Blumenladen-Chefin körperlich schwer geschafft 

Weswegen, erklärt sie auch: "Vor allem hat es gesundheitliche Gründe." Die 61-Jährige sei an ihrer "körperlichen und nervlichen Belastungsgrenze" angekommen. "Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen hereinkommen und sagen: 'Oh, Floristin wäre ich ja auch gerne geworden'. Viele halten den Job für eine Art 'besseres Hobby' oder 'Bastel-Beruf'. Klar, das Umfeld mit den vielen Blumen ist schön, aber die Arbeit ist hart, es ist ein sehr anstrengender Beruf", erläutert Mylius. "Insgesamt war ich die letzten Jahrzehnte in Vollzeit nur auf den Beinen gestanden. Meine Füße sind kaputt, ich kann nicht mehr richtig laufen und das setzt sich auch in der Hüfte fort." Doch das sei nur ein Aspekt.

"Man läuft den ganzen Tag auf harten Böden herum, muss andauernd schwer heben - nicht nur zwei-drei Blumen, sondern schwere Erdsäcke, Pflanzkisten, Balkonkästen. Man arbeitet viel in der Kälte, muss sich die Hände schmutzig machen und am Ende wird man auch noch schlecht bezahlt, ganz unabhängig davon, ob man angestellt ist oder selbst einen Laden betreibt", führt Mylius die Liste fort. Auch die Arbeitszeiten seien eine große Belastung: "Ich arbeite 60 Stunden in der Woche. Das ist allerdings nur die Zeit, die ich offiziell im Laden stehe."

Darüber hinaus müsse eingekauft, Ware ausgeliefert werden und schließlich müsse sich auch jemand um die Pflanzen, Gestecke, Sträuße und Bepflanzungen kümmern. Doch nicht nur die vergleichsweise hohen Arbeitsstunden, auch die generellen Arbeitszeiten seien für viele schwer verkraftbar: "Hochzeiten, sowieso Wochenenden, Valentinstag, Muttertag, andere Feiertage oder auch Weihnachten: Als Floristin musst du an diesen Tagen arbeiten." Bei Trauerfällen müsse man zusätzlich auch kurzfristig zur Stelle sein, "und wenn der Auftrag dann für Montag ist, steht man Sonntag eben im Laden. Man muss arbeiten, wenn andere freihaben."

Kein "nettes Hobby": Floristin zieht Reißleine - Personalmangel gab den letzten Ausschlag 

Ein letzter Aspekt, der gegen die Auffassung von Floristik als "nettes Hobby" spreche, sei die Ausbildung: "Man muss wie für jeden anderen Ausbildungsberuf eine dreijährige Ausbildung absolvieren. Zu Recht: Man braucht nicht nur einen geschickten und routinierten praktischen Umgang mit den Pflanzen, sondern muss auch über ein großes Repertoire an Wissen verfügen." Das alles müsse man lernen.

Mit den Ausführungen wolle Mylius deutlich machen, dass es sich keinesfalls um einen "leichten Job" handele. Diese Umstände seien allerdings nicht nur ihr bewusst, sondern bedingten schließlich auch die "Unmöglichkeit, Personal oder gar einen Nachfolger zu finden. Es möchte einfach niemand mehr so arbeiten." Die große Personalnot habe die hohe Arbeitsbelastung schließlich verschärft, weshalb sich Mylius nun dazu entschlossen habe, den Laden zu schließen.

"Wenn ich hier umkippe, bedankt sich auch niemand mehr. Ich muss jetzt an mich denken", erklärt die 61-Jährige. In den Wochen davor werde es einen kleinen Ausverkauf geben, bis "Blumen Martin" dann offiziell zum 31. Juli 2024 zu machen wird. "Leid tut es mir vor allem für die Kundschaft. Vor allem die Stammkunden: Die kriegen bei der Nachricht schreckens-geweitete Augen, sind total entsetzt und geknickt. Aber ich muss den Schlussstrich ziehen", schließt die Floristin. Weitere Nachrichten aus Nürnberg findest du in unserem Lokalressort.