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Recherchen zum Bernsteinzimmer führen auch ins Allgäu 

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Autor Walter Hemmerlein
Autor Walter Hemmerlein (Mitte) hatte bei der Übergabe seines Buches an (li.) Thomas Steck (Stadtarchiv) und (re.) Markus Naumann (Vorsitzender Heimatverein Kempten) viel zu erzählen. © Tröger

Kempten – Ist das legendäre Bernsteinzimmer möglicherweise in einem Stollen im Vogtland versteckt? Bereits für sein 2021 erschienenes Erstlingswerk „Wo ist der Jahrtausendschatz“ hatte sich der in Lauben bei Kempten lebende passionierte Hobbyforscher Walter Hemmerlein intensiv auf Spurensuche begeben.

In Folge dessen Veröffentlichung habe er so viele neue Hinweise erhalten, dass er nicht umhin konnte, als die nun druckfrisch vorliegende Fortsetzung zu verfassen: „Als die Schätze laufen lernten“ bündelt „Geschichte und Geschichten um das Bernsteinzimmer“, wie es beim Verlag conception Seidel heißt.

War es für Hemmerlein „absolut erstaunlich, zu welchen überraschenden Ergebnissen“ man bei Recherchen „nach immerhin einem dreiviertel Jahrhundert noch kommen kann“, fand Markus Naumann, Vorsitzender des Heimatvereins Kempten, bei der Buchübergabe im Kemptener Stadtarchiv, nicht zuletzt eines spannend: Was Hemmerlein „als Fäden zusammengetragen hat“ und was „als ‚Brosamen‘ abfällt zur Kemptener Geschichte“.

Kempten und das legendäre Bernsteinzimmer

Warum gerade Kempten in seinem reich bebilderten Buch so häufig vorkommt, begründet Hemmerlein damit, „weil hier der Krieg zu Ende ging und sich alles hier getroffen hat“. Aber auch weitere Allgäuer Stätten spielen in Hemmerleins Rekonstruktionen eine Rolle. Wie der Autor erläuterte, hat er in seinem neuesten Werk neue Informationen über die „mittlerweile belegte Einlagerung des zusammengeraubten Schatzes von Ostpreußens Gauleiter Koch bei Rodewisch“ im Vogtland ebenso zusammengetragen wie zu den „krassesten Fällen des Verschwindens wertvollster Hinterlassenschaften des Dritten Reiches“.

So stehe am Anfang die Eroberung des Bernsteinzimmers nicht durch die Wehrmacht, sondern durch „deutsche Polizeibeamte“. In den Fokus rücken angeblich verbrannte Gemälde im Flakturm Friedrichshain; Aktivitäten amerikanischer Spezialkommandos und deren Eroberung bis zum angeblichen Tod von Hitlers Wunderwaffenchef Hans Kammler. Hemmerlein greift die erschütternde Geschichte um einen Goldzug aus Ungarn auf, dessen 20 Milliarden Dollar schwerer, ungarischen Juden und Bürgern abgenommener Inhalt „komplett verschwunden“ sei.

Mit leuchtenden Augen gibt er die Passage aus dem Buch wieder, in der er die Geschichte eines Wehrmachts-Motorrads, einer DKW, lückenlos dokumentieren konnte und das heute in der Sammlung des Horch Museums in Zwickau ausgestellt werde.

Aufgestöberte Fotos

Weitere Themen sind: die erfolgreiche Flucht der russischen Nationalarmee unter Arthur Holmston vom Vogtland nach Buxheim und Memmingen, vorbei an Kempten bis Oberstaufen, weiter nach Liechtenstein und die, so Hemmerlein, bereits angelaufenen parallelen Verschwinden von Kriegsverbrechern und deutschen Vermögenswerten Richtung Südamerika; Kapitel widmen sich dem Transport der Reichsbankreserven nach Oberbayern oder der Gold- und Devisenbestände des Auswärtigen Amtes nach Lindau, Isny und Füssen. Und auch die „reichsweit größten Kunstgutlager“ des Einsatzstabes Rosenberg im Schloss Neuschwanstein und im Kloster Buxheim hat Hemmerlein beleuchtet.

Besonders stolz ist er hierbei auf die von ihm im Nationalarchiv der USA und dem Quartiersmuseum in Fort Knox aufgestöberten Fotos von der Ankunft der sogenannten „Monuments Men“ unterhalb Neuschwansteins und davon, wie Kunstgut am Bahnhof Füssen sowie Bilder aus Buxheim verladen werden. Auch von „einmaligen Dokumenten“ aus den letzten Kriegstagen am „geheimnisumwitterten“ Falkenstein bei Pfronten weiß Hemmerlein zu berichten.

Hemmerlein überreicht Funde an das Stadtarchiv Kempten

Im Arolsen Archiv wiederum sei er u.a. auf Akten über die Auflösung des Todesmarsches aus dem KZ Spaichingen in Pfronten gestoßen oder auch auf Unterlagen zur Geschichte der Häftlinge aus Kottern und Durach.

An Thomas Steck vom Stadtarchiv überreichte Hemmerlein einige Funde, die er im Welt Holocaust Center „Yad Vashem“ in Jerusalem entdeckt hatte: eine Liste der dort registrierten deportierten jüdischen Bürger aus Kempten und Umgebung. Besonders betroffen sei er gewesen, als drei der Opfer durch ihre Fotos in der Halle der Namen „ein Gesicht bekommen haben“ – Fotos von drei ermordeten Frauen aus Kempten, die Hemmerlein ausgedruckt mitgebracht hatte: Marta Irma Ullmann; Rose Wertheimer; Esther Wenger .Ein Wermutstropfen sind die im Buch fehlenden Quellenangaben.

„Als die Schätze laufen lernten“ - Geschichten von Gold und Geld und Bernsteinzimmer von Walter Hemmerlein; conception Seidel Vogtland; ISBN 978-3-867 16-249-4; 420 Seiten; 24,95 Euro

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