15.07.2004 - 00:00 Uhr

St. Pöltens Oberhirte Krenn: "Das geht die Bischofskonferenz einen Dreck an": Der "Weihnachtskuss" und ein Bischof in Nöten

Der österreichische Bischof Kurt Krenn (68) fühlt sich verfolgt. Seit die ersten Schlagzeilen über den Sex-Skandal an seinem Priesterseminar in St. Pölten (Niederösterreich) erschienen, wettert der massige Gottesmann gegen die Landespresse, die für ihn die Ereignisse nur aufbauscht, um ihm zu schaden. "Es ist doch gar nicht viel passiert", sagt Krenn.

Neuerdings aber sieht der als erz-konservativ geltende Theologe und promovierte Philosoph auch Feinde im Innern. Die immer lauter werdenden Rufe nach seinem Rücktritt aus den Reihen der österreichischen Bischöfe weist der Geistliche mit schlichten, aber deutlichen Worten von sich: "Das geht die Bischofskonferenz einen Dreck an", sagte er der Illustrierten "News" in dieser Woche.

Überhaupt versteht Krenn - 1936 als sechstes Kind einer Lehrerfamilie in Oberösterreich geboren - die Aufregung um sein Seminar nicht, in dem sich 40 Kandidaten auf die Priesterweihe vorbereiten, die zum Teil anderswo abgelehnt wurden. Es handele sich vielmehr um "ein bisschen Übertreibung und Mache". Die homo- erotischen Feste, die seine Seminarleiter mit Seminaristen feierten, bezeichnete er als "Bubenstreich"; der dabei von einem polnischen Studenten digital festgehaltene Zungenkuss sei "ein harmloser Weihnachtskuss" gewesen.

Konfrontiert mit der Tatsache, dass angehende Priester in seinem Seminar Tausende Pornofotos und vor allem auch Kinderpornobilder aus dem Internet herunterluden, reagierte er jetzt vor den TV-Kameras verlegen. Das seien "blöde Geschichten", so der Geistliche: "Ich hatte mit diesen Dingen, obwohl sie natürlich in meine Zuständigkeit fallen, überhaupt nichts zu tun." Vergessen hatte der Bischof auch, dass er bereits seit dem Herbst 2003 von dem Treiben an seinem Seminar wusste.

Österreichische Kirchenexperten klagen offen, dass Kurt Krenn, der vor 13 Jahren Diözesan-Bischof von St. Pölten wurde, von Anfang an eine "Fehlbesetzung" gewesen und seiner Aufgabe nicht gewachsen sei. Krenn, der 1962 zum Priester geweiht wurde, gilt als geistiger Ziehsohn des Wiener Kardinals Hans Hermann Groer, der Mitte der 90er-Jahre ganz persönlich in einen Sex-Skandal verwickelt war. Schon vor Krenns Amtsantritt war es in St. Pölten zu Demonstrationen Tausender Gläubiger gekommen.

Dass ein Verbleiben von Krenn im Amt der katholischen Kirche Österreichs nur noch schaden kann, sprechen inzwischen alle Kirchenvertreter im Alpenland offen aus. Jedoch zweifeln sie, dass der streitbare Gottesmann von sich aus den Hut nimmt. Sie hoffen, dass der Skandal von St. Pölten den Vatikan zu schnellem Handeln veranlasst. "Wenn in einem Priesterseminar etwas passiert, dann ist für den Vatikan Feuer unterm Dach", so der Sprecher des Wiener Erzbischofs, Kardinal Christoph Schönborn. Bis Rom seine Entscheidung trifft, könne es allerdings Herbst werden.

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