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Prozess: Meischberger beschreibt Zerwürfnis mit Grasser

Am 36. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere stand heute das Verhältnis des ehemaligen Ministers zu seinem mitangeklagten Trauzeugen Walter Meischberger im Zentrum. Dieser schilderte an seinem siebenten Vernehmungstag durch Richterin Marion Hohenecker, wie er sich über die zahlreichen Interviews Grassers nach Auffliegen der Buwog-Affäre ärgerte.

(v.l.) Angeklagter Walter Meischberger, Angeklagter Karl Heinz Grasser und Anwalt Norbert Wess.
(v.l.) Angeklagter Walter Meischberger, Angeklagter Karl Heinz Grasser und Anwalt Norbert Wess.

Insbesondere die Gespräche mit dem "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner brachten Meischbergers Blut in Wallung, denn zu diesem habe er ein denkbar schlechtes Verhältnis gehabt, was sich auch in zahlreichen, von ihm (Meischberger) angestrengten Medienverfahren niederschlug. Grasser habe versucht, sich auf seine - Meischbergers - Kosten herauszureden und "die xte Unschuldsbeteuerung, die deswegen nicht glaubhafter wird" abgegeben. "Ich habe gute Lust, ihm meine Freundschaft wirklich aufzukündigen. Ich glaube aber, er steht ziemlich unter Druck. Vor allem familiär. Bis heute ist er im Gegensatz zu seinen Aussagen in unserer Bürogemeinschaft. Schluss damit!", heißt es etwa in einem Eintrag in Meischbergers Tagebuch im Herbst 2009.

Dabei hatte der ehemalige FPÖ-Generalsekretär zu Beginn der medialen Berichterstattung über die 9,6 Mio. Euro schwere Buwog-Provision noch geglaubt, dass die ganze Angelegenheit in drei Wochen erledigt sein werde. Letztendlich dauerte es knapp zehn Jahre, bis nun die Causa in einem Strafprozess aufgearbeitet wird. Ein Angeklagter meinte heute zur APA, er rechne damit, dass das Verfahren noch bis in den Herbst des kommenden Jahres, also 2019, dauern werde.

Zu Beginn des heutigen Verhandlungstages im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts beschrieb Meischberger, wie sich nach Bekanntwerden der Provision das Verhältnis zu Grasser abkühlte, zu einem Bruch der engen Freundschaft sei es aber nicht gekommen. Auf die Frage der Richterin, ob Grasser wusste, dass er für das Käuferkonsortium Immofinanz/Raiffeisen bei der Buwog tätig war, meinte Meischberger, er habe hier zwischen diesem Auftrag bei der Buwog und seiner strategischen Kommunikationsberatung für Grasser eine "chinesische Mauer" eingezogen.

Es sei auch falsch zu glauben, dass er ständig bei Grasser, war um Informationen zu beschaffen - dies laufe im Parlament anders. Ein sehr beliebtes Mittel für Lobbyisten, um an Informationen zu kommen, sei die parlamentarische Anfrage gewesen, sprich das Zugehen auf bereichszuständige Parlamentarier mit der Bitte, doch ihre Funktion zur Infobeschaffung zu nutzen, erklärte der ehemalige Spitzenpolitiker.

Einmal mehr betonte Meischberger, dass er nie etwas strafrechtlich Relevantes gemacht hätte. Alles sei zum Wohl der Republik erfolgt. Dies sei auch Grasser immer wichtig gewesen - neben der Pflege seines Images. "Das sind ja alles anständige Menschen, diese Politiker", so Meischberger.

Zumindest einen ehemaligen Parteikollegen bei den Freiheitlichen dürfte Meischberger nicht gemeint haben - diesen bedachte er in seinem Tagebuch mit den Worten "NPD-Mann" und "Alkoholiker", was für allgemeine Erheiterung im Gerichtssaal sorgte.

Auffallend ist, dass Grasser zwar laut Meischberger mit der ganzen Anklage nichts zu tun hat, aber doch bei mehreren Treffen nach Auffliegen der Causa Buwog dabei war. Dies hatte Meischberger in seinem Tagebuch notiert.

Demnach habe Grasser bei einem abendlichen Treffen die Gelder, die an Meischberger und den mitangeklagten Immobilienmakler Ernst Karl Plech geflossen sind, immer wieder angesprochen, sich aber "großzügig" gezeigt, schreibt Meischberger in seinem Tagebuch. Daraufhin wollte Richterin Marion Hohenecker wissen, wobei sich Grasser großzügig gezeigt habe. Meischberger wich etwas aus und meinte, er habe Angst gehabt, dass sein Freund Grasser auf ihn böse sei, wenn er merke, welche Summen da als Provisionen zusammengekommen seien - aber das sei nicht der Fall gewesen. Nach einer Pause ergänzte er, er habe "großzügig" im Sinne von "tolerant" gemeint.

Einen Einblick in seine Gefühlslage, als das "mediale Trommelfeuer" losging, gab Meischberger heute auch noch. An einem kalten trüben Tag habe er obendrein auch noch sein Geldbörserl verloren. Eine ältere Dame habe es aber gefunden und ihn ausfindig gemacht und zugeschickt. Er sei von dieser "Menschlichkeit und Ehrlichkeit überwältigt gewesen".

Nahezu überwältigt war er in den Tagen des Auffliegens der Buwog-Provision auch vom Arbeitsaufwand, all die Rechnungen rund um seine Immobilieninvestments zu finden. Wobei er oft nicht mehr gewusst habe, wo die Verträge liegen oder ob er sie schon vernichtet hatte.

Die Investments betrafen unter anderem eine Wohnung im australischen Brisbane, wo er 300.000 Euro investierte und die ihm zu 3/4 und seinem Freund Plech zu 1/4 gehört haben soll. Plech ist seit Wochen aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig. Ob er überhaupt noch an dem Prozess teilnehmen wird, ist offen.

Die Hauptverhandlung wird morgen um 9:30 Uhr mit der weiteren Befragung von Meischberger fortgesetzt.

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