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Debatte über Gipfelkreuze hat auch Salzburg erreicht

Aus Südtirol über Tirol nach Salzburg - eine Debatte über das Aufstellen von Gipfelkreuzen zieht einmal mehr durch den Alpenraum.

Die Schönfeldspitze (2653 Meter) im Steinernen Meer bei Saalfelden.
Die Schönfeldspitze (2653 Meter) im Steinernen Meer bei Saalfelden.

In Italien tobt bereits eine vehemente Debatte über das Aufstellen neuer Kreuze auf den Bergspitzen. Kruzifixe würden nicht alle Bergsteiger ansprechen, sagte Marco Albino Ferrari, Redaktionsleiter des italienischen Alpenvereins CAI. "Niemand will die bereits aufgestellten Kreuze entfernen, es sollen aber keine weiteren aufgestellt werden. Berggipfel sollen ein neutrales Gebiet sein", sagte Ferrari. Er löste damit hitzige Diskussionen aus.

"Sie gehören zu unserem Kulturgut"

Und zwar über einige Grenzen hinweg. Am Mittwoch meldete sich nun der Salzburger ÖVP-Kirchensprecher und stellvertretende Landtagsklubobmann, Josef Schöchl, zu Wort: "Die Gipfel des Alpenraums werden seit Jahrhunderten von Kreuzen geprägt. Unzählige ehrenamtliche Bergfreunde errichten und erhalten diese Kreuze, sie gehören zu unserem Kulturgut und geben vielen Bergsteigerinnen und Bergsteigern Orientierung und Halt. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, diese Tradition und dieses religiöse Zeichen in den Alpen infrage zu stellen. Wir bekennen uns klar zum Gipfelkreuz und ich verwehre mich dagegen, alles Traditionelle reflexartig infrage zu stellen und abschaffen zu wollen."

"Falsch verstandene Toleranz"

Wenig überraschend fiel auch die Reaktion der Salzburger Freiheitlichen scharf ablehnend aus. Landtagsabgeordneter Rene Sauerschnig: "Salzburgs Gipfelkreuze gehören zu unserer Kulturlandschaft. Sowohl der Erhalt, die Pflege als auch die Errichtung. Unsere Gipfelkreuze aufgrund von Einzelmeinungen und falsch verstandener Toleranz zu entfernen ist falsch und mit freiheitlichen Werten unvereinbar."

Das Gipfelkreuz auf dem Salzburger Hochthron (1852 Meter) des Untersberges.
Das Gipfelkreuz auf dem Salzburger Hochthron (1852 Meter) des Untersberges.

"Entspricht nicht mehr der heutigen Sensibilität"

Ganz anders sieht die Lage der italienische Alpinist und Bergsteiger Enrico Camanni. "Bereits bestehende Kreuze mit künstlerischem und historischem Wert sollen bleiben, aber ich finde, es macht heute keinen Sinn mehr, Kruzifixe oder Statuen der Muttergottes auf Bergspitzen zu stellen. Das entspricht nicht mehr der heutigen Sensibilität. Der Glaube ist eine individuelle Angelegenheit", sagte der Schriftsteller im Interview mit der Tageszeitung "La Stampa".

Gipfelkreuz auf dem Regenspitz (1675 Meter) in der Osterhorngruppe bei Hintersee in Salzburg.
Gipfelkreuz auf dem Regenspitz (1675 Meter) in der Osterhorngruppe bei Hintersee in Salzburg.

"Keine neuen Kreuze aufstellen"

Der Österreichische Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora erklärte im ORF-Tirol-Interview, man habe eine ähnliche Meinung wie die Italiener. Man solle keine neuen Gipfelkreuze mehr aufstellen. Das habe aber weniger religiöse Gründe, so Ermacora. Für ihn spricht der hohe Aufwand in der Errichtung und vor allem des Transportes gegen Gipfelkreuze. Der Jurist Ermacora hat in Zusammenhang mit der Montage und der Stabilität der Kreuze Haftungsbedenken.

"Es widerspricht unseren Grundsätzen"

In den Alpen zählt man 327 Gipfelkreuze, von denen einige schon seit Jahrhunderten stehen. Verschiedene Politiker in Italien, auch der Regierung, äußerten scharfe Kritik an der Stellungnahme Ferraris. Tourismusministerin Daniela Santanchè zeigte sich "fassungslos" über den Vorschlag, keine neuen Kreuze aufzustellen. "Dies widerspricht unseren Grundsätzen, unserer Kultur und unserer Identität", sagte sie. Er werde sich mit allen Mitteln gegen die Entfernung von Kreuzen von Alpengipfeln wehren, warnte der Chef der rechten Regierungspartei Lega und Verkehrsminister Matteo Salvini. Paolo Zangrillo, Minister für die öffentliche Verwaltung, meinte, Gipfelkreuze seien "ein wertvoller Bezugspunkt" für Bergsteiger.

Gipfelkreuz auf der Schärtenspitze (2153 Meter) in den Berchtesgadener Alpen.
Gipfelkreuz auf der Schärtenspitze (2153 Meter) in den Berchtesgadener Alpen.

"Symbole als Erinnerung"

Die oberösterreichische Alpinistin Gerlinde Kaltenbrunner, die als erste Frau alle Achttausendergipfel ohne mitgeführten Sauerstoff besteigen konnte, wurde von der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" ebenfalls zur Gipfelkreuzdebatte befragt. Ihre Antwort: "In unserer Kultur sind es die Gipfelkreuze, in Nepal Gebetsfahnen. Ich sehe diese Symbole als Erinnerung, dass es mehr als diesen Körper, den Verstand, die Emotion und Gedanken gibt. Diese Erinnerung, dass alle Lebewesen miteinander verbunden sind und Frieden, Liebe und Bewusstheit diese Verbindung stärkt, wird leider auch in den nächsten Jahrzehnten erforderlich sein."

Italiener rudern zurück

Unter dem Druck der Polemik ruderte der CAI-Verband zurück. In einer Stellungnahme betonte CAI-Generaldirektor Antonio Montani, das Thema der Bergkreuze habe im Alpenverein nie zur Debatte gestanden, deshalb gebe es dazu auch keine offizielle Position. Redaktionsleiter Ferrari habe lediglich seine Meinung ausgedrückt. Er entschuldige sich für die dadurch entstandenen Polemik.

Halbmond statt Gipfelkreuz

Eine Gipfelkreuzdebatte der besonderen Art hatte im Sommer 2016 übrigens der Künstler Christian Meier auf dem 2140 Meter hohen Berg Freiheit in den Appenzeller Alpen ausgelöst. Meier stellte dort einen fast drei Meter großen Halbmond auf den Gipfel. Meier sagte damals, dass er zwar meist in Peking lebe, aber "immer, wenn ich zurückkomme, gehe ich wandern und sehe alle diese absurden Gipfelkreuze - da musste ich halt etwas machen."

KOMMENTARE (6)

Walter Redni

das 'gipfelkreuz' auf der schönfeldspitze ist wohl wirklich eine geschmackliche entgleisung. den anblick halten nur bergler aus, die vorher die tour durchgestanden hatten?
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Harald Giermann

Chef des Alpenvereins: strohdeppe... und ÖVPler....
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Irmgard Wöhrl

Ich finde es ist eines der allerschönsten Kreuze im Alpenraum! Über Geschmack lässt sich nicht streiten ????

Nicole Slupetzky

Ich finde es schon sehr überraschend, dass Sie Dr. Ermacora so bezeichnen. Diiese Meinung vertritt der Alpenverein seit den 80er Jahren. Berge sollen nicht weiter verbaut werden. Es braucht Hubschrauberflüge usw. Die Berge sind ein wunderbares Zeichen der Schöpfung. Mehr braucht es nicht. Nicole Slupetzky

Martin Tippel

Ein weiteres Thema, dass Rechtsparteien stärkt. Dankeschön, wer auch immer diese Diskussion angestossen hat. So kann man für politische Veränderung sorgen. Gut gemacht, Demokratie Gute Nacht!
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Walter Redni

go halten und durchstehen, gelle?