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Fesselnde Frauen: Nicola Förg und Michaela May kommen in die tz

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Michaela May (l.) liest – und Nicola Förg hat’s geschrieben
Michaela May (l.) liest – und Nicola Förg hat’s geschrieben © Michael Westermann

München - Wenn zwei fesselnde Frauen fesselnde Literatur präsentieren, dann ist die tz mit dabei. Daher trafen wir Autorin Nicola Förg (53) und Schauspielerin Michaela May (63) zum Interview.

Am Sonntag beginnt das Krimifestival. Und Michaela May liest am 15. März in der Alten Rotation in unserem Pressehaus. In Förgs Buch bekommt ein bemitleidenswerter Bauer einen Riesenschock – denn aus einem Güllefass schießen nicht nur die Gärreste einer Biogasanlage, sondern auch ein Teil eines künstlichen Hüftgelenks. Das gehört einem seit vier Jahren verschwundenen Bauern. Schon sind wir mittendrin in Nicola Förgs Das stille Gift. Es geht um Glyphosat, Korruption, Umweltzerstörung … Das sagt das Duo dazu:

Frau Förg, Bayernkrimis sind oft auch humorig. Ist es Ihnen wichtig zu zeigen, dass es auch ernster geht?

Nicola Förg: Ich trete nicht bewusst an und sage: Ich bin die Frau mit den ernsten Krimis. Ich bin Journalistin und versuche, recht komplexe Themen so launig zu verpacken, dass die Leute trotzdem ein bisserl was lernen, dass Emotionen geweckt werden.

Müssen Sie sich eigentlich zurückhalten, nicht zu viele Fakten unterzubringen?

Förg: Gerade hier war’s schon sportlich, weil es viel Hintergrundwissen etwa über Glyphosat und Biogasanlagen erforderte. Das alles so elegant einzubinden, dass es noch ein lesbarer Krimi wird, ist nicht immer einfach.

Michaela May:  Das versucht man im Hörbuch dann noch einmal runterzudimmen. Bestimmte Fakten können in einer Geschichte, wenn man sie nur hört, auch lähmen. Es ist einfacher, die Fakten zu lesen, als sie zu hören.

Beim Hörbuch-Einlesen: In welche Richtung versuchen Sie zu lenken?

May: Ich denke immer an die Heldin der Bücher, die Kommissarin Irmi

Antonio Seidemann mit den beiden Frauen.
Antonio Seidemann mit den beiden Frauen. © Michael Westermann

Mangold. Ich gehe von dieser Figur aus: Wofür interessiert sie sich, wofür engagiert sie sich? Wenn sie einen Kriminalfall löst, dann will sie mehr wissen als: Wer ist der Täter? Was steckt dahinter? Was betrifft unsere Umwelt? Was ist das für eine Sauerei? Das ist auch das, was mich interessiert. Da möchte ich den Hörer auch bewegen, dass er sich vielleicht anders verhält in der Natur, dass er sich dafür interessiert. Dass er sich informiert und sich überlegt, was er beitragen kann, damit das anders wird.

Frau Förg, Sie haben ja gleich zwei Frauen – Irmi und Kathi …

Förg: Es gab ja schon die Serie mit Kommissar Weinzierl. Auch deshalb ­habe ich mich auf die beiden Damen verlegt. Manche Identifikation ist einfacher. Die Kommissarin kann schon einmal darüber nachdenken, warum der BH seinen Bügel nach drei Mal waschen verliert, obwohl sie den teureren gekauft hat (lacht). Das kann der Weinzierl natürlich nicht.

May: Irmis Idealmann ist eigentlich ihr Partner, der immer mit einer unglaublichen Ruhe an diese überhitzte Gedankenwelt der Irmi herangeht. Er ist nur eine Randfigur, die aber die Irmi immer wieder emotional ins Lot bringt. Sie zweifelt zwar immer wieder an dieser Beziehung, aber eigentlich ist sie ideal. Auf jeden Fall für ein Buch, bei dem es um einen Kriminalfall gehen soll und nicht um die Privatbeziehung. Das hat auch etwas sehr Heutiges. Weil heute Frauen beruflich oft so engagiert sind, dass der Mann oft auch stört.

Können Frauen emotionaler agieren als etwa ein Kommissar Weinzierl?

Förg: Ja, der Weinzierl ist selten ratlos. Dieses, den Schmerz und die Emotionen an sich ranzulassen und durch die tiefen Täler zu gehen – ich glaube schon, dass die Frauen das immer tun mussten und getan haben.

May: Die Frauen geben es eher zu. Die Männer geben es nicht gerne zu, ratlos zu sein. Das würde sie klein machen.

Das Buch vermittelt viel Ohnmacht und Wut …

Förg: Ja, weil ich selber wütend bin. Glyphosat gehört ganz zügig vom Markt genommen. Ich wundere mich über Ergebnisse der Uni Hannover, des Bundesinstituts für Risikobewertung und all die anderen gekauften Studien. Es wäre aber nicht seriös gewesen, dem Buch eine plakative Lösung zu geben. Ich musste es offen lassen. Wir leben in einer Welt, in der wir alle grenzenlosen Zugang zu Information haben, aber es hilft uns nicht. Wenn ich versuche, mich zu informieren, muss ich immer schauen, wer den Grenzwert gesetzt und wer eine Studie in Auftrag gegeben hat.

Das ist ein typischer Kampf gegen Windmühlen. Sind Sie beide Don-Quijote-Typen?

Förg: Ich war schon als Kind eine Kämpferin für Gerechtigkeit und Tierwohl. Ich war ein ganz kleines Mädel, als ein Nachbarjunge eines meiner Meerschweinchen am Bein gepackt und geschüttelt hat. Daraufhin habe ich ihm eine Zaunlatte über den Kopf gehauen. Die Eltern vom Jungen kamen rüber und haben meine Eltern wüst beschimpft. Ich war dann natürlich schuld, aber ich war mir ganz sicher, dass ich mein Meerschweinchen gerettet hatte.

May: Ich bin auch in der Natur aufgewachsen mit einem gesunden Gerechtigkeitsempfinden. Wenn der Mensch etwas tut, das ihn selbst vernichtet, dann würde ich gerne wissen, wie man dagegensteuern könnte. Zumindest in meinem kleinen Umfeld. Für meine Kinder, für meine Nachkommen. In diesem Fall hier, bei dem Buch, handelt es sich um einen kleinen Mosaikstein, der ein wenig für Aufklärung sorgt.

Förg: Mir ist es wichtig, mit dem Medium Krimi etwas zu vermitteln. Wir müssen die erreichen, die sich jetzt erst einmal nicht dafür interessieren und vielleicht dann doch beim Umherfahren darüber nachdenken, dass es plötzlich überall nur noch Maisfelder gibt, dass wirklich keine Kühe mehr auf den Wiesen grasen.

Frau Förg, Sie wohnen mittendrin in der Landwirtschaft. Kommen da auch mal Nachbarn und schimpfen, was Sie da schon wieder geschrieben haben?

Förg: Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass mein Nachbar keine Krimis liest (lacht). Und wenn er es täte, würde er mir in vielem zustimmen! Denn ich bin auch auf der Seite der Bauern.

Frau May, „Scheunenfest“ soll ja verfilmt werden – und Sie spielen dann die Irmi?

May: Das liegt beim ZDF. Das habe ich in die Wege geleitet, weil ich die Figur der Irmi so toll finde und ich sie gerne spielen wollte. Das Interesse ist da, aber sie sind natürlich vorsichtig, weil es ja schon einige Heimatkrimis gibt.

Ist die Irmi schon ein Teil von Ihnen geworden?

May: Ja, eigentlich ja. Durch die Sprache, aber auch in meiner Seele.

Rund ums Krimifestival

Das Krimifestival München wartet ab Sonntag u. a. auf mit Friedrich Ani, Donna Leon, Klüpfel & Kobr. Und die tz und Münchner Merkur laden am 15. März in ihre Alte Rotation (Paul-Heyse-Straße 2-4). Michaela May und Nicola Förg stellen hier Irmi Mangolds neuen Fall Das stille Gift vor (Eintritt 12 €). Mehr: www.krimifestival-­muenchen.de.

Apropos Krimi: Neuigkeiten gibt es auch von den Kluftinger-Autoren.

Antonio Seidemann

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