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SRF deckt Kinderarbeit bei Kakao-Lieferanten von Lindt & Sprüngli auf

Kennedy und Ebenezer müssen auf der Farm Kakaoschoten schleppen.
Kennedy und Ebenezer müssen auf der Farm Kakaoschoten schleppen.bild: srf

SRF deckt Kinderarbeit bei Kakao-Lieferanten von Lindt & Sprüngli auf

Bei einem Zulieferer von Lindt & Sprüngli kommt es zu Kinderarbeit – bereits Fünfjährige helfen beim Tragen von Kakaoschoten mit. Der Schweizer Schokoladenhersteller verspricht Besserung.
10.01.2024, 11:3510.01.2024, 17:24
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Ein Reportage-Team der SRF-«Rundschau» besuchte Kakaoplantagen rund um die Provinzstadt Tepa in Ghana und stiess dort auf mehrere Fälle von verbotener Kinderarbeit. Pikant: Es betrifft die Lieferkette von Lindt & Sprüngli. Trotz Marketing-Versprechen, dass die Bekämpfung von Kinderarbeit «höchste Priorität» habe.

Die «Rundschau» beschreibt: «Im Dorf Mfenibu schleppen der sechsjährige Kennedy und sein achtjähriger Bruder Ebenezer (im Bild oben) Kakaoschoten. Im Ort Akwasi Asi wankt der fünfjährige Blessing unter dem Gewicht des Kakaos, den sein Vater ihm aufbürdet.» Beide Kakaobauern beliefern die Firma Lindt mit Kakao.

Die Mutter von Kennedy und Ebenezer sagt: «Ich muss mich auf die Kinder verlassen.» Geld für Farmarbeiter habe sie keines, sie müsse sich verschulden und nur einen Teil ihrer Farm jäten. Dies führe dazu, dass die Ernte kleiner ausfalle. «Es ist ein Teufelskreis.»

Ein Lehrer in der Grundschule von Kokofu weiss vom Problem. Er berichtet von vielen Kindern, die den Unterricht schwänzen, weil sie als billige Erntehelfer arbeiten müssen.

Lindt entdeckte 87 Fälle, Barry Callebaut 53'839

Lindt weiss vom Problem: Seit 2016 führt der Chocolatier ein Kinderarbeits-Monitoring durch und besucht unangemeldet die Kakaobauern. Bei 8491 solcher Besuche im Jahr 2021 deckte Lindt 87 Fälle von Kinderarbeit auf. Der ghanaische Journalist Kwetey Nartey meint gegenüber dem SRF, die Fälle seien «lächerlich wenig», und:

«Die Überwachung durch die Schokoladenfirma ist unzureichend.»

Der Schweizer Konzern Barry Callebaut, Weltmarktführer für Kakaoprodukte, hat im Berichtsjahr 2022 53’839 Fälle von Kinderarbeit bei seinen rund 250’000 Farmern in Westafrika festgestellt. Lindt meint zum Vergleich: «Die Methoden zur Erfassung von Kinderarbeit unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Schokoladenherstellern, entsprechend divergieren die Zahlen.»

Bemühung um Verbesserung

Lindt versuche, das «Identifizierungssystem laufend zu verbessern». Dafür sei ein eigenes «Farming Program» gegründet worden. Allerdings ohne eigene Leute vor Ort. Der Schweizer Rohwarenkonzern Ecom soll für Lindt die Kinderarbeit verringern.

«Wir begleiten und überwachen die Umsetzung des ‹Farming Programs› kontinuierlich. Ein Qualitätssicherungssystem zielt darauf ab, potenzielle Interessenkonflikte der Lieferanten zu vermeiden», wird Lindt im Bericht zitiert.

Kinderarbeit betrifft viele Schokoladenkonzerne. Ghana ist einer der weltweit grössten Kakao-Produzenten. Gemäss einer Studie der Uni Chicago kommt in jedem zweiten Kakaobauern-Haushalt Kinderarbeit vor. Der Grund dafür liegt in der extremen Armut: Bevor gehungert wird, müssen die Kinder anpacken. (jaw)

Der ganze Beitrag wird am Mittwochabend um 20.05 Uhr auf SRF1 ausgestrahlt.

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87 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maya Eldorado
10.01.2024 11:47registriert Januar 2014
Die Kinder müssen dort Geld verdienen, damit es der Familie überhaupt zum Ueberleben reicht. Die Löhne für diese Arbeiter ist viel zu niedrig.
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wasihrnichtsagt
10.01.2024 11:43registriert April 2018
Das Kinder bei Kleinbauern mithelfen ist normal. Kinder die aber als Arbeitskräfte aktiv eingesetzt werden muss unterbunden werden. Am besten mit Schulen vor Ort.
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ELMatador
10.01.2024 12:24registriert Februar 2020
«Die Methoden zur Erfassung von Kinderarbeit unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Schokoladenherstellern, entsprechend divergieren die Zahlen.»

Bei den einen werden sie gezählt und bei den anderen nicht oder wie? Kinder sind Kinder. Wenn sie arbeiten ist es Kinderarbeit.
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