Essen. Mit Graupapagei „Gray“ schwingt sich Tierkrimi-Autorin Leonie Swann im aktuellen Werk zu neuer Hochform auf.

„Spiel das Spiel“, sagt der Vogel. „Die Bude brennt!“ sagt er und: „Willst du mich heiraten“? Mit krächzender Geschwätzigkeit flattert Graupapagei Gray auf den Nerven seines neuen Besitzers herum: Denn Dr. Augustus Huff, Dozent in Cambridge, hört in Gray die Stimme seines Studenten Elliot. Dem gehörte der Vogel – bevor er beim Fassadenklettern in den Tod stürzte. Wie Grays muntere, jenseitige Stimme Augustus hilft, Elliots Mörder zu finden, das schreibt Leonie Swann in ihrem neuesten Tierkrimi: „Gray“.

Leonie Swann, 1975 nahe München geboren, trägt gleich zwei Tiernamen in ihrem Autorinnen-Pseudonym und verkaufte von ihrem Debütkrimi „Glennkill“ (2005) über anderthalb Millionen Exemplare in Deutschland. Die ermittelnde Schafherde begeisterte seither Leser in weiteren 30 Sprachen.

So blökend-blöde diese wolligen Ermittler daherkamen, so klug ist nun Swanns gefiederter Protagonist. Mindestens ebenso klug seine Autorin, die erst gar nicht versucht, das schafige Strickmuster der tierischen Perspektive zu wiederholen und nun ganz aus der Sicht von Augustus erzählt. Wie dieser schrullige, am Waschzwang leidende Strickjackenträger mit dem eigensinnigen Federvieh auf seiner Schulter fertig wird, wie Gray ihn mit zartem Flügelschlag auf die richtige Spur bringt und sie gemeinsam Cambridges Elite aufs Dach steigen, das erzählt Swann mit Witz und Hinterlist. Das schmallippige Professorenpersonal, den standesdünkeligen Adel und die verkorksten Studenten führt sie in ihrem goldenen Käfig vor und zeigt zugleich, dass im sprichwörtlichen Wahnsinn der Liebe mehr als ein Vogelfutterkörnchen Wahrheit liegt. Ein großer, hochfliegender Krimi-Spaß, der menschliche Abgründe aus der Vogelperspektive betrachtet.

Leonie Swann: Gray. Goldmann, 416 Seiten, 20 €