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Film Oliver Pocher

Wie viel "Vollidiot" steckt in ihm?

In seinen Fernsehshows wie "Alles Pocher... oder was?" oder "Rent a pocher" ist er bekannt fürs große Austeilen. In seinem Kinodebüt "Vollidiot" lernt Oliver Pocher nun auch mal die Gegenseite, das Einstecken, kennen.

WELT ONLINE: Kompliment, Sie bei der Verfilmung des Erfolgsbuchs „Vollidiot“ in der Titelfigur zu besetzen, passt wie „Arsch auf Eimer“.

Oliver Pocher: Ich sag mal: vielen Dank. Die Sache war ja, dass das ursprünglich gar nicht so angedacht war. Ich habe das Buch gelesen und gesagt, dass ich das gerne machen würde. Weil ich da schon viele Parallelen gefunden habe.

WELT ONLINE: Was der Autor, Tommy Jaud, kommentierte mit: Die arme Sau!

Pocher: Ich habe erst im Pressetext gelesen, dass er meinte, meine Wohnung habe so erschreckende Ähnlichkeiten mit der der Romanfigur. Das ist mir jetzt auch erst im Nachhinein, nach zwei Jahren bewusst geworden.

WELT ONLINE: Auch Tobi Baumann, der Regisseur, soll erst Zweifel gehabt haben, ob das mit Pocher hinhaut.

Pocher: Er hatte aber auch gerade erst den „Wixxer“ gedreht und mit mehreren Kollegen, die das erste Mal auf der Kinoleinwand gegangen sind, da so¿ teilweise schwierige Erfahrungen gemacht. Ursprünglich war ja Christoph Maria Herbst derjenige, den sie haben wollten. Dass ich das sein könnte, war erst nach dem Casting, als man das Alter und alles so zusammengesetzt hat.

WELT ONLINE: Wieviel Pocher steckt im „Vollidioten“?

Pocher: Der ein oder andere Satz oder diese Tanzeinlage, die ich da hinlege, die hätte es ohne mich sicher nicht gegeben. Ich war auch immer beim Drehbuch involviert, und sie sagten: Wenn du was hast, dann sags. Aber das Script, ja der Roman selbst war schon so stark, dass man da kaum was ändern musste.

WELT ONLINE: Ist das anders, vor einer Filmkamera zu stehen als vor einer Fernsehkamera?

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Pocher: Es geht. Ich hatte ja schon so ein bisschen Erfahrung, weil ich „Sternenfänger“ gedreht habe, eine Vorabendserie für die ARD damals noch. Da hatte ich 70 Drehtage; das haben manche Jungschauspieler nicht in ihrem ganzen Leben und kriegen trotzdem Preise...

WELT ONLINE: Auf wen spielen Sie da an?

Pocher: Da gibt es einige, da könnte ich eine große Liste aufzählen. Aber ich habe da sozusagen meine Schauspielausbildung gehabt. Der große Unterschied ist halt, dass es beim Film so lange dauert. Vom ersten „Ui, ich würd das gerne machen“ bis zur Premiere vergehen mal locker zweieinhalb Jahre. In der Zeit hab ich 100 Sendungen gemacht.

WELT ONLINE: Ist das eine große Freiheit oder eher anstrengend?

Pocher: Für mich ist das eher anstrengend. Ich bin ja eher der Spontane, von meiner Seite ist der first take, wenn man sich nicht verspricht, immer der beste. Da geht das eher auf die Batterie, wenn du noch eine und noch eine und noch eine Einstellung machst.

WELT ONLINE: Dürfen wir uns den Dreh als eine Art „Rent a pocher“ im XL-Format vorstellen?

Pocher: Sehr XL-ig. Wenn wir die Kohle gehabt hätten für 90 Minuten, dann hätte ich aber einiges gemacht. Aber hier war ich ja nur ein Teil des Ganzen, die einen bauen ihr Licht, die anderen dekorieren um, am Set ist man selber tendenziell ja total unwichtig. Die Leute hoffen, dass es relativ zügig durchgeht und du deinen Text auf die Reihe kriegst.

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WELT ONLINE: Der große Unterschied zu Ihren Shows ist ja wohl, dass Sie diesmal nicht nur austeilen, sondern vor allem einstecken.

Pocher: Ich achte schon darauf, dass ich auch in meinen Shows ordentlich was abbekomme. Bei „Rent-a-Pocher“ habe ich ja schon gerne mal die Extrem-Herausforderung gesucht und auch im Abwasserkanal bis zur Hüfte in der Scheiße stand. Aber am Ende sitze ich natürlich im Studio, da wird gelacht und gut ist. Hier ist es teilweise ja auch tragisch. Da haben die bei Testscreenings ja fast schon Mitleid mit mir gehabt. Das mussten wir dann noch mal ändern.

WELT ONLINE: Aber man könnte trotzdem sagen, dass der Film mal nicht nur für Pocher-Fans ist, sondern auch für Leute, die Sie sonst eher nicht verknusen können?

Pocher: Das ist ja auch Ziel des Ganzen. Leute, die mich und meine Art des Humors mögen, werden damit natürlich bedient, aber auch andere, die nur das Buch kennen oder bloß den Titel gelesen haben, müssen zugeben, dass das zumindest ein unterhaltsamer Film geworden ist. Ich persönlich finde ihn einen der witzigsten der letzten Zeit. Diese anderen deutschen Komödien sprechen ja eher so eine kindlichere Zielgruppe an.

WELT ONLINE: Wie viele eigene Single-Erfahrungen haben Sie in den Film eingebracht?

Pocher: Ich hatte natürlich auch so meine Baggerphasen in der Disco, so 17 bis 20, wo man Frauen noch so angesprochen hat und abgekackt ist. Bei mir war da aber nie so die Verzweiflung. Ich war schon immer relativ überzeugt, dass ich schon mal irgendwann ne Frau kennen lernen werde. Sicher ist man auch mal von ner Frau enttäuscht worden, aber ich hab das dann immer schnell mit Hass kompensiert.

WELT ONLINE: Ein Patentrezept für Singles?

Pocher: Gibt es nicht. Aber Frauen sagen ja immer sehr gerne, Humor sei so wichtig. Und ich glaube, wenn man eine Frau erst mal zum Lachen bringt, egal wie, dann ist das schon mal ein guter Ansatz. Das ist ne positive Ausstrahlung, und wenn man nicht wie der letzte Kackeimer rumläuft, sollte das zumindest mal Interesse erwecken.

WELT ONLINE: Ist „Vollidiot“ jetzt der Start für eine Filmkarriere?

Pocher: Schön wärs, aber definitiv nicht. Einfach weil ich mir das zeitlich gar nicht leisten kann, aber auch nicht möchte. Das ist für mich zum Teil doch verschenkte Lebensenergie, wenn ich bis zu drei Viertel eines Jahres da reininvestiere. Es kommt ja auch noch die zweite Komponente hinzu: wenn ich überhaupt so viele super Drehbücher auf dem Tisch hätte. So isses leider nun mal auch nicht. Da ich momentan noch nichts geplant habe, kann ich schon mal sagen, es wird mindestens zwei Jahre dauern, bevor es einen neuen geben könnte.

WELT ONLINE: Wir haben auch schon gelesen, Sie hätten gesagt, mit Film verdiene man nicht genug.

Pocher: Ich habe gesagt, das ist das Unlukrativste, was ich je gemacht habe. Es wird nicht schlecht bezahlt, aber man darf nicht anfangen, die Tage, die man investiert hat, hochzurechnen. Sonst gibt’s genug Kollegen, die weniger machen und besser dastehen. Ich mein, da kommt ja noch die Steuer drauf, und was da netto übrig bleibt von dem, was man aufgewendet hat, ist schon süß.

WELT ONLINE: Heißt das im Rückschluss, Oliver Pocher macht es nur für Geld? Und macht alles für Geld?

Pocher: Nee, so wieder nicht. Ich stehe immer hundertprozentig hinter allem, was ich mache. Ob das Werbung ist, ne Single, Tour oder Show. Wenn ich gedacht hätte, da kommen wir finanziell gar nicht zusammen, dann hätte ich’s auch nicht gemacht. Für mich steht der Spaß klar im Vordergrund. Wenn man damit erfolgreich ist, kommt das Geld auch von ner anderen Seite.

WELT ONLINE: Was wir immer schon mal wissen wollten: Sind Sie wirklich so wie im Fernsehen – oder ist das eine geniale Kunstfigur?

Pocher: Nee, das ist keine Kunstfigur. Das ist vielleicht das Schlimme. Dann hätte das aber wahrscheinlich auch nicht so den Erfolg. Wenn man nicht authentisch ist mit dem, was man macht, dann funktioniert das nicht. Wie bei Comedians, die eine Figur entwickeln, das ist vielleicht ein Hype und zwei, drei Jahre lustig, aber das ist nichts Langfristiges. Ich bin schon so: Ich kommentiere alles ungefragt, ich sage jedem ungefiltert meine Meinung. Da ist man manchmal auch unbequem, die Leute klatschen auch nicht immer in die Hände darüber. Aber auf der anderen Seite muss ich mich auch nicht verstellen.

WELT ONLINE: Bereuen Sie manchmal bestimmte Aussagen?

Pocher: Nö. Nichts, was ich gesagt habe, bereue ich in einer Art und Weise. Auch wenn Leute ab und an meinen, ich müsste mich entschuldigen. Also wenn ich mal einen Fehler gemacht habe, dann würde ich s tun. Aber wenn ich dazu stehe, warum soll ich das dann zurücknehmen? Leute, die auf meinen Witz so reagieren, verstehen sowieso meist keinen Humor. Und ich weiß dann auch oft, dass ich das Richtige tue, denn bekannterweise tut nur die Wahrheit so weh.

WELT ONLINE: Wie ist das dann zu Hause? Müssen wir Angst um Ihre Freundin haben?

Pocher: Neein. Nach mittlerweile zwei Jahren hat sie gelernt, gut zu kontern. Da wird einem gern und auch relativ zügig ein Spruch aufgedrückt. Also es ist bei weitem nicht zu, dass nur ich in der Beziehung die blöden Sprüche mache. Ich sage mal eher, das ist so 49:51, zu ungunsten von mir.

WELT ONLINE: Wie ist eigentlich bei Comedians das Verhältnis untereinander?

Pocher: Also, ich habe ja einen Einblick in viele Businesse gehabt, Film, Musik, Fernsehen. Da sind die Comedians noch mal ein Volk unter sich. Da gibt es sicher auch ein paar schwarze Schafe, die etwas unbeliebter sind, aber im Großen und Ganzen ist das wie eine Familie. Mutter ist dann oft Thomas Hermanns, gerade bei den Stand-up-Comedians, da hat ein Großteil von denen beim Quatsch Comedy Club zu tun. Und wenn Thomas ruft, sind auch alle da. Natürlich fragt man auch so ab, wie beim Auto-Quartett: Welche Stadt? Obershausen. Welcher Hubraum? Luise-Alberts-Halle.

WELT ONLINE: Ist das dann fast schon Pflicht, dass man auch bei den Filmen von den anderen dabei i : Nee. Also bei dem Otto-Film war ich z.B. als einer der „7 Zwerge“ vorgesehen. Ich bin es beim Casting dann nicht geworden, worüber ich im Nachhinein heilfroh bin. Die Punchline, die ich dann noch hatte im Film, war noch eine der besseren. Aber das ist kein Muss. „Hui Buh“ war auch so ein Dreißigsekünder, wo ich die Idee lustig fand, da kurz aufzutauchen. Ich würd's aber nie machen, wenn ich den Film blöd fände oder mit Leuten zu hätte, auf die ich keinen Bock habe. Wir haben auch drauf geguckt, dass in unserem Film keine Aneinanderreihungen von Special Auftritten haben. Wir haben nur die Anke Engelke und den Herbert Feuerstein – und die passen auch, wie sagten Sie gleich? (schweigt)

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