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Reise Tempelstadt am Nil

Luxor – Touristenfalle und Open-Air-Museum

Luxor ist eine Stadt zahlloser Flusskreuzfahrtschiffe, Hort hartnäckiger Händler und Tummelplatz der Pauschaltouristen mit Kamera um den Hals und Reiseführer in der Hand. Es gibt Pläne für mehr Luxushotels und mehr Lichtspiele: Ägypten will die berühmte Tempelstadt am Nil ausbauen.


"Smile, you are in Luxour“ wirbt ein Plakat neben dem Amtssitz des Gouverneurs an der Corniche el-Nil. Nun, ein Lächeln entfährt dem Besucher durchaus, aber nicht wegen der Schönheit des Bildes einer weißen Feluke vor rotem Abendhimmel, sondern ob des Schreibfehlers. Denn es gibt keinerlei Grund, warum das oberägyptische Luxor plötzlich die Ehre eines weiteren Buchstabens erhalten sollte. Luxor ist längst ein fester Begriff in der Reisebranche.

Hier landen die Ferienflieger, die früher Urlaubsbomber hießen. In Luxor starten auch die Kreuzfahrtschiffe ihre in der Regel einwöchigen Fahrten den Nil hinauf bis Assuan und wieder zurück. In Luxor stehen mit dem Tal der Könige am Westufer, wo gerade wieder einmal ein Grab entdeckt wurde (diesmal aus der 18. Dynastie, 1570 bis 1315 v. Chr.), Karnak-Tempel und Luxor-Museum am Ostufer des Nils Grabstätten, Steinhaufen und Mumien als Zeugnisse altägyptischer, ptolemäischer und römischer Herrschaft. Es ist eine dermaßen große Fülle, dass Ägypten-Urlauber genauso wenig an ihnen vorbeikommen wie an den Pyramiden.

Deswegen ist Luxor berühmt als Open-Air-Museum, aber auch manchmal als als Touristenfalle verschrien, Stadt der zahllosen Flusskreuzfahrtschiffe, Hort hartnäckiger Händler und Tummelplatz der Pauschaltouristen mit Kamera um den Hals und Reiseführer in der Hand. Die heute 200.000 Einwohner zählende Metropole wurde rund um den Luxor-Tempel gebaut.

Allein elf Millionen Touristen kamen im vergangenen Jahr nach Ägypten, darunter acht Millionen Europäer. Mittlerweile machen dabei die Russen mit 1,2 Millionen Gästen den Löwenanteil aus, und 970.000 Deutsche zog es nach Luxor, Kairo oder Hurghada. Zum Vergleich: 2006 kamen gerade einmal 8,6 Millionen Touristen.

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Es tut sich also etwas am Nil, und damit es Ägypten bis 2015 sogar auf 16 Millionen Gäste jährlich bringt, hat der Mann, der neben dem falschen „Smile“-Plakat residiert, große Pläne. Luxors Gouverneur Samir Farag träumt nämlich von einer massiven Umgestaltung seiner Stadt und der Westseite des Nils. Sein Masterplan reicht dabei bis ins Jahr 2030.

Dort, wo einst beim legendären Opet-Fest die Statue des Gottes Amun auf einer heiligen Barke feierlich über den damals noch weiter östlich verlaufenden Nil von Karnak im Norden zum Luxor-Tempel getragen wurde, soll eine breite Prozessionsstraße entstehen. Der Karnak-Tempel, Sitz des Gottes Amun und damit so etwas wie der Olymp der alten Ägypter, soll zusätzlich eine freie Sichtachse über den Nil hinweg zum fast ebenso berühmten Hatschepsut-Tempel am Westufer erhalten. Diese Westbank soll schließlich abends beleuchtet werden, als handele es sich bei dem Tal der Könige nicht um eine riesige Grabstätte, sondern um ein Event, das der visuellen Beglückung der Touristen dient wie bereits heute die allabendliche Sound-&-Light-Show im Karnak-Tempel.

Hier, am Ostufer des Nils, soll kein Wohngebäude oder Krankenhaus, keine Schule oder Moschee diesen auf dem Reißbrett entstandenen, heiligen Bezirk stören, weswegen die jetzt noch zwischen Karnak- und Luxor-Tempel stehenden Gebäude irgendwann abgerissen und die Bewohner der Privathäuser direkt am Karnak-Tempel vor die Tore der Stadt zwangsumgesiedelt werden sollen. Neben den Tempeln dürfen hier dann nur noch Luxushotels stehen – tatsächlich befindet sich bereits eine Hotelgruppe, und zwar Ritz-Carlton, in entsprechenden Vertragsverhandlungen.

Diese ganzen Veränderungen gehen natürlich nicht ohne Reibungen vonstatten, denn die Menschen verlassen ihre Häuser nicht ganz freiwillig, und der betroffene Bezirk zwischen Karnak- und Luxor-Tempel, entlang und hinter der Uferstraße, ist mit all seinen Billighotels und Restaurants, seinen Moscheen, Kirchen und Schulen, seinen Souks und seinen Elektro-, Souvenir- und Friseurläden das Herzstück Luxors. Man mag sich nicht vorstellen, wenn dereinst nur noch bildungsbeseelte Touristen auf einer Kulturschneise von Tempel zu Tempel schreiten, um anschließend sofort wieder im Bauch eines Luxushotels zu verschwinden.

Heute, hier und jetzt merkt man von den anstehenden Veränderungen noch nichts. Auf dem Platz vor dem Luxor-Tempel versammeln sich wie jeden Abend Familien auf kleinen Rasenflächen unter Palmen. Der 15-jährige Ahmed verkauft hier Fanta und Cola, und weiter unten an der Corniche versucht Mustafa aus dem Sudan nach wie vor, seine Papyrusrollen an den Mann zu bringen. „Die Geschäfte gehen im Winter besser. Jetzt im Sommer sind vor allem Spanier und Italiener hier, die kaufen nichts so viel“, beklagt er sich.

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Denn es ist nicht etwa so, dass die Menschen wegen der ambitionierten Pläne auf die Straße gehen. Dazu sind sie viel zu sehr mit dem Geschäft der Gegenwart beschäftigt. Auch die Informationen von offizieller Stelle fließen hierzu nur spärlich. So lässt sich unsere durchaus geschäftstüchtige Reiseführerin Rita erst auf Nachfrage all die Details zu Plänen und Räumungen der Zukunft entlocken. Ich solle doch lieber das Papyrusmuseum hier beim Luxor-Tempel besuchen, sagt sie. Schauen Sie doch mal, wie hübsch! Was, Sie haben nichts gekauft, warum denn nicht? Ja, so ist es: Sollte jemals ein sizilianischer Mafioso, ein russischer Oligarch oder ein argentinischer Plantagenbesitzer eine Ausbildung in Geschäftstüchtigkeit und Rücksichtslosigkeit machen wollen, findet er in Luxor seine Lehrmeister.

So endet nicht selten eine Führung durch das wesentlich ruhigere, ländlichere Westufer mit seinen Zuckerrohrfeldern und Schafherden nach dem Besuch des Tals der Könige in einer Alabasterfabrik, wo der Verkäufer mit allen Tricks Vasen, Lampen oder Figuren an den Mann bringen möchte.

Beim Besuch des Souks in Luxor-Stadt sollte man am besten eine drohende Diarrhö als Ausrede erwähnen, um einen Ausweg aus den vollgestopften Läden zu finden. Und man möge bitte nicht glauben, dass eine Fahrt mit der Pferdekutsche ein unbeschwertes Gezuckel bleibt! Ja, Mustafa quält sich mit seiner „galesh“ tatsächlich durch einen ägyptischen Markt mit seinen Kräutern und Gewürzen, sodass man auf dem Kutschbock den herabhängenden T-Shirts und Bananenstauden ausweichen muss – um dann beim Souvenirgeschäft „eines Freundes“ abgeladen zu werden. Susi, sein Pferd, müsse schließlich trinken, begründet Mustafa den Stopp. Und es sei schon jetzt gesagt: Susi hat ganz häufig Durst.

Anreise
Air Berlin fliegt von 14 deutschen Flughäfen nach Luxor. Von Frankfurt, Berlin, Düsseldorf und München mit Egyptair via Kairo nach Luxor.

Unterkunft
Luxus: „Hilton Luxor Resort & Spa“, Doppelzimmer ab 260 US-Dollar, www.hilton.com .
Günstig: „New Pola Hotel“, Doppelzimmer ab 30 US-Dollar, www.newpolahotel.com

Auskunft : Ägyptisches Fremdenverkehrsamt, Frankfurt, Telefon 069/25 21 53, www.egypt.travel

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