Immer wieder verteidigen Frauen Männer, denen sexualisierte Übergriffe vorgeworfen werden. Damit tragen sie zur Normalisierung dieser Gewalt bei, sagt Sabine Hark. Hark leitet als Professor:in das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der TU Berlin.

ze.tt: Immer wieder verteidigen Frauen Männer, denen sexualisierte Gewalt vorgeworfen wird. Welchen Schaden richten sie an?

Sabine Hark: Erheben Frauen ihre Stimme nicht gegen diese Gewalt, auch wenn sie selbst vielleicht nie Opfer wurden, tragen sie weiter zu ihrer Normalisierung bei. Frauen können auch als stille Zuschauerinnen Schaden anrichten. Sie tragen damit dazu bei, dass Personen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, allzu oft nicht geglaubt wird und stützen den Glauben, dass Frauen selbst schuld sind, wenn ihnen "so etwas" passiert. Wenn diejenigen, die statistisch häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen sind, sagen, dass diese Gewalt "nicht so schlimm" oder "die Ausnahme" sei, dient das der Relativierung. Solange auch Frauen mehrheitlich wegschauen, werden sexuelle Übergriffe nicht aufhören. Doch zuallererst sehe ich die Männer in der Verantwortung, sich mit sexualisierter Gewalt auseinanderzusetzen. Sie sind in der weit überwiegenden Zahl der Fälle die Täter, sie sind diejenigen, die sich gegen Gewalt positionieren und ihre Geschlechtsgenossen zur Verantwortung ziehen müssen.