Statt dem Kruzifix von Bischof Krenn, wird nun ein neues Kreuz im niederösterreichischen Landtag aufgehängt.

Im St. Pöltner Landhaus werden statt einem jetzt gleich zwei Kreuze angebracht. Das von Bischof Krenn offerierte Kruzifix kommt in die Kapelle, in den Sitzungssaal ein Holzkreuz. Führende Theologen und der Verfassungsrechtler Heinz Mayer hätten für mehr Diskretion plädiert.

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Pölten/Wien - Kurt Krenn zumindest freut es. Der Bischof und Kreuzverehrer an den niederösterreichischen Landtag finde die Entscheidung von dessen Präsidenten Edmund Freibauer "absolut, absolut akzeptabel", richtete der Pressesprecher des St. Pöltner Kirchenoberhaupts am Freitag aus.

Kurz davor hatte Freibauer Kraft seines Amtes die Beendigung des Kreuzstreits verkündet. Das von Krenn gestiftete, mit einer 60 Zentimeter großen Christusfigur versehene Kruzifix, so erläuterte er, komme in die Landhauskapelle, die sich unmittelbar unter dem Sitzungssaal befindet.

Im Tagungsraum, auf der rechten Saalseite unter der Besuchergalerie, werde man jedoch ein schlichtes, 50 Mal 80 Zentimeter großes Holzkreuz anbringen. Als "Zeichen für alle jene, die dem Kreuz eine positive Bedeutung zumessen". Es wird schnell gehen: Zur Landtagssitzung am kommenden Donnerstag werde das christliche Symbol bereits hängen.

Hannes Weninger, Klubobmann der Landes-SP, sieht darin keinen Kompromiss. Im Gegenteil: "Das ist eine Verschärfung. Hieß es bisher, man wolle Krenns Geschenk nicht ablehnen, so wird der Landtag jetzt selber aktiv und schafft ein weiteres Kreuz an", gibt er zu bedenken. Auch Grünen-Klubobfrau Madeleine Petrovic schätzt die Entscheidung als "Zugeständnis an ultraklerikale Kreise" ein.

Während VP-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner - stellvertretend für die Kreuz- Befürworter - gerade in diesen "negativen Reaktionen" ein "trauriges Schauspiel gegen unsere Werte" sieht: SP und Grüne agierten "abgehoben" und hätten sich "völlig von den Menschen in diesem Land entfernt."

"Gegenreformation"

Von der christlichen Mehrheit, meint er. Die jedoch, wie Petrovic einwendet, "als religiöse Mehrheit weniger Bestätigung durch Symbole braucht als Angehörige religiöser Minderheiten wie Juden oder Muslime". Eine Sicht der Dinge, die sie mit dem evangelischen Oberkirchenrat Michael Bünker teilt: Gerade in Niederösterreich mit der "schmerzhafte Geschichte der Gegenreformation" sollte "die Achtung und Anerkennung der anderen" im Vordergrund stehen, meint dieser.

Das, obwohl Bünker das Kreuz "selbstverständlich als Symbol des Friedens und der Versöhnung" betrachtet. Ganz so, wie Paul Zulehner, Dekan der katholisch-theologischen Fakultät auch: Europa verdanke dem Kreuz die "Werte der Freiheit, Gerechtigkeit und des Friedens". In Österreich herrsche noch dazu "offizielle Toleranz": Muslimische Mädchen mit Kopftuch hätten als Schülerinnen zum Beispiel kein Problem.

"Grundkultur"

Doch für Zulehner ist das Kreuz im Landtagssitzungssaal Ausdruck der "christlichen Grundkultur" in Niederösterreich und bundesweit. Während Bünker sich hier "an die Diskussion in der deutschen CDU über die Leitkultur" erinnert sieht.

Was die Kreuzanbringung selbst angeht, hätten Zulehner wie Bünker für "diskrete Zurückhaltung" plädiert. Eine Ansicht, die beide mit dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer teilen. Dieser stellt zwar klar, "dass ein Kreuz im Landtagsitzungssaal weder rechts- noch verfassungswidrig ist" Angesichts der wichtigen Trennung von Kirche und Staat sei es "von der politischen Symbolik her" jedoch eine "überflüssige" Handlung. St. Pölten werde kirchlich "aufgerüstet". (Irene Brickner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7./8.12.2003)