Weltweite Fahndung

Ibiza-Krimi: Scharfe Fotos der „schoafen Russin“

Österreich
27.05.2020 16:55

Ein Jahr nach dem Platzen des größten Polit-Skandals in der Geschichte der Zweiten Republik und nur wenige Tage vor Beginn des U-Ausschusses gelang der Soko Ibiza (oder Soko Tape) ein Sensationserfolg: Die Ermittler des Bundeskriminalamtes rund um Chef Andreas Holzer sind im Besitz von zwölf Stunden, 32 Minuten und 38 Sekunden historischen Film- und Tonmaterials der verhängnisvollen Video-Falle für den damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einer Villa auf der Partyinsel im Sommer 2017 (siehe Archiv-Videobericht oben). Aber auch Aufnahmen von dem Treffen des schönen Lockvogels mit Straches einstigem Parteifreund Johann Gudenus in Wiener Nobel-Hotelsuiten vor und nach der machtberauschten Nacht auf Ibiza haben die Fahnder in den Händen ...

Zwei Ankläger, nämlich die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft zu dem Inhalt des Videos mit möglichen strafbaren Aussagen bzw. die Wiener Staatsanwaltschaft zu den Hintermännern (aber auch in der Spesenaffäre mit zwei Ex-Leibwächtern Straches als Kronzeugen), ermitteln in der ebenso umfangreichen wie brisanten Causa.

Sicherheitssöldner und Anwalt als Drahtzieher
Drahtzieher und offenbar auch (Mit-)Finanzier des raffinierten Hinterhalts mit der falschen Oligarchen-Nichte Alyona Makarov als vermeintliche Partei-Spenderin ist ein Wiener Anwalt. Er selbst bezeichnete die Aufnahmen als „zivilgesellschaftliches Projekt“. Als wichtigster Hintermann gilt für die Kriminalisten ein Ex-Detektiv an der Spitze mehrerer mittlerweile arbeitsloser Sicherheitssöldner, die früher spezialisiert auf Industriespionage mit schmutzigen Filmchen als Erpressungsmasche waren.

Einige Verdächtige haben auch einen Hang zu Drogen. Nachdem die Bande das Video nicht um bis zu drei Millionen Euro an Parteilobbyisten verkaufen konnte, kam die dunkle Affäre über deutsche Magazine am 17. Mai 2019 ans Licht. Zuvor waren in dem Krimi angeblich 600.000 Euro in südafrikanischen Krügerrand-Goldmünzen geflossen. Die dramatischen Folgen sind bekannt: Rücktritte samt Abwahl der Regierung im Parlament und die erste Expertenregierung Österreichs mit einer Höchstrichterin als Kanzlerin ...

Jetzt, nach 259 Verhören zu 31 unterschiedlichen Delikten (siehe Infokasten unten), fehlen eigentlich nur noch die Lebensbeichten von Strache, des Ex-Detektivs sowie des schönen Lockvogels. Die Letzteren sind untergetaucht - die „schoafe Russin“, wie der gefallene blaue Frontmann damals flüsterte, wird nun mit scharfen Fahndungsfotos gesucht (Hinweise per Mail an bundeskriminalamt@bmi.gv.at oder unter: +43 (01) 1/24836-985025).

Die Bilanz der Sonderermittler rund um Chef Andreas Holzer im Bundeskriminalamt kann sich trotz aller Verschwörungstheorien und Anfeindungen sehen lassen. Hier die Details:

Fakten

  • Derzeit laufen über 40 Ermittlungsverfahren - mehrere rechtskräftig abgeschlossen.
  • Es gibt den Verdacht auf 31 strafrechtliche Delikte.
  • Die Soko hat bisher 139 Anlassberichte verfasst.
  • Es gab 55 Hausdurchsuchungen und zehn sogenannte freiwillige Nachschauen.
  • In einem Jahr wurden 259 Verdächtige oder auch Zeugen einvernommen.
  • Die Fahnder überwachten 15 Zielpersonen bzw. gab es 48 Oberservationsmaßnahmen.
  • Die Wiener Staatsanwaltschaft erteilte fünf Festnahmeanordnungen.
  • 13 Rechtshilfeersuchen unter anderem an die Schweiz und Deutschland gingen raus.
  • 34 Terabyte an Daten wurden sichergestellt.
  • Neben dem „Ibiza-Video“ gibt es auch Tonaufnahmen in der Länge von acht Stunden, 14 Minuten und 38 Sekunden.

„Freue mich über Erfolg“
Nach dem Ibiza-Paukenschlag bei den Ermittlungen auch zu den Hintermännern in dem Krimi fragte die „Krone“ natürlich bei den beiden Hauptdarstellern der Film-Falle nach. Die knappe Reaktion des ehemaligen Wiener FPÖ-Chefs und nunmehrigen Privatiers Johann Gudenus: „Ich gratuliere den Ermittlern.“

Und auch der gestürzte blaue Frontmann, der ja jüngst mit dem „Team-Strache“ für die Wien-Wahl trotz laufender Ermittlungen ein Polit-Comeback gefeiert hatte, äußert sich über seinen Anwalt Mag. Johann Pauer „erfreut über den Ermittlungserfolg der Staatsanwaltschaft Wien und der Soko Tape, die nunmehr auf ein objektives Beweismaterial zurückgreifen kann und bei ihren Ermittlungen nicht mehr ausschließlich auf die Verantwortung der Hintermänner und die Angaben der Journalisten angewiesen ist“.

Christoph Budin, Kronen Zeitung/krone.at

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