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Meinung Drogen

Wer die Wirkung von Cannabis verharmlost, lügt

Die Gefahren von Cannabis

Eine potentielle Gefahr bei Cannabis ist die Überdosierung. Cannabis-Gebäck beispielsweise kann vor allem ein großes Risiko sein, weil der Konsument zunächst nicht merkt, was er aufnimmt.

Quelle: N24

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In den USA haben zwei Bundesstaaten Marihuana legalisiert. Auch in Deutschland gibt es immer wieder Befürworter, die sagen, Alkohol sei gefährlicher. Stimmt das? Ein Erlebnisbericht sagt nein.

Mitte der 90er-Jahre. Wir sitzen bei einem Kumpel in einem Hamburger Dachbodenverschlag auf zerschlissenen Sesseln und einem ranzigen Sofa. Der Raum starrt vor Dreck, denn wir, fünf 15-Jährige, haben ihn noch nie sauber gemacht. Aber wir sind glücklich und lachen. Der Grund dafür ist eine Wasserpfeife aus Acryl, die uns mit billigem Tabak und schlechtem Hasch aus Marokko gefüllt das Leben erleichtert.

Wenn der Pfeifenkopf angezündet ist, der Rauch sich in dem Rohr sammelt, während das Wasser angenehm blubbert, freut sich das Gehirn bereits auf den Rausch, den es gleich erleben wird. Wenn dann das zuvor mit dem Daumen zugehaltene „Kickloch“ losgelassen und der mit dem Cannabis-Wirkstoff THC angereicherte Rauch schlagartig in die Lunge und damit in die Blutbahn geschossen wird, schafft man es gerade noch die „Bong“-Pfeife hinzustellen, bevor man in sich zusammensackt. Es gibt Wissenschaftler, die diesen „Bong“-Rausch mit einem Heroinrausch vergleichen. Unsere noch wachsenden Gehirne leiden in diesem Moment, sagen jene Wissenschaftler.

Die Schule nervt, die Eltern nerven, aber hier auf dem Dachboden fühlen wir uns wohl. Anfangs treffen wir uns nur am Wochenende, irgendwann jeden Tag, auch vormittags. Das Hasch kaufen wir unter der Theke bei einem Süßigkeiten-Kiosk. Irgendwann macht die Hausverwaltung Ärger, Brandgefahr, der Dachstuhl könnte Feuer fangen. Wir ziehen vom Dachboden in den Keller, der ist halb so groß, noch dreckiger, noch miefiger. Es ist uns egal.

Errauchte Fröhlichkeit durch den Cannabis-Rausch

Die anfänglich ausgelassenen Kiff-Sessions werden düsterer. Wir bauen Hanfpflanzen an, die weiblichen rauchen wir, als Blüten und Blätter verbrannt sind auch die Stämme und die Wurzeln. Bald stellt sich immer öfter nicht die gewünschte Fröhlichkeit, sondern eine drückende Niedergeschlagenheit mit Paranoia-Attacken ein. Wir erhöhen die Dosis weiter, um die anfangs errauchte Fröhlichkeit wieder zu erlangen, aber es funktioniert nicht.

Wir sitzen in unseren Sesseln wie stumme Buddhas, in drogenberauschten Gedankenspielen versunken. Die Probleme in der Schule werden größer, damit auch die Streitereien mit den machtlosen Eltern. Der Konsum steigt an, das Geld wird weniger. Von Haschisch steigen wir auf hochgezüchtetes Marihuana aus den Niederlanden um, das eine vielfach höhere Konzentration von THC hat wie normales Hanf. Wir fahren mehrfach für Wochentrips in ein Bauernhaus aufs Land, geben anfangs von den 100 Mark Reisegeld der Eltern 50 für Cannabis und 50 für Aldi-Nahrungsmittel aus.

Irgendwann liegt das Verhältnis bei 80 zu 20 Mark. Einmal hungern wir zwei Tage und essen dann ein paar abgelaufene Konserven. Anfangs haben wir Spaß dort auf dem Land, verbrennen uns fröhlich am Auspuff einer Honda Dax die Beine, mit der wir über die Felder rasen. Irgendwann liegen wir nur noch vegetierend in der Ecke rum.

Langzeitfolgen: Gefahr schwerer Hasch-Psychosen

Es dauert Jahre, bis alle von uns endlich von der lähmenden Sucht loskommen. Nicht alle haben die Zeit unbeschadet überstanden. Einer von uns ist seit über einem Jahrzehnt Frührentner. Der heute 33-Jährige glaubt, mehrfach wiedergeboren worden zu sein und interessiert sich für Religionen, die Vielehen erlauben, da er so mit seinen vielen Frauen und Kindern, mit denen er nach eigener Aussage in seinen verschiedenen Leben zusammengelebt hat, gleichzeitig zusammen sein könnte.

Er war er ein normaler Junge. Jetzt ist er ein trauriges, verrücktes Wrack. Ein flüchtiger Bekannter aus einer anderen Kiffer-Klicke ermordete unter dem Einfluss einer schweren Hasch-Psychose seine Stiefmutter und seinen Vater.

Denn das ist das Problem bei der Verharmlosung von Marihuana. Es gibt Menschen, die am Tag acht Joints rauchen können und trotzdem ihr Leben wunderbar auf die Reihe bekommen. Es gibt auch Künstler, die den durchaus interessanten Rausch für sich zu nutzen wissen. Aber ein nicht geringer Anteil der Süchtigen geht daran psychisch und gesellschaftlich zugrunde. Oft wird das Argument bemüht, dass Alkohol viel gefährlicher sei und trotzdem legal, aber das ist stark anzuzweifeln – zumindest was geistige Gesundheit angeht.

Cannabis hat schlechte Auswirkungen auf die Gesellschaft

So denken Dealer über die Cannabis-Legalisierung

Nach den Grünen und der SPD fordert nun auch die FDP die Legalisierung von Cannabis. Zwei Dealer aus Berlin erzählen „Welt“-Reporter Henrik Neumann, was legales Gras für sie und ihr Geschäft bedeuten würde.

Quelle: Die Welt

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Denn der Cannabis-Rausch ist schlecht gesellschaftsverträglich. Ein Haus kann sehr wohl von einem alkoholkranken Ingenieur und palettenweise „Holsten“-Dosen vernichtenden Bauarbeitern in die Höhe gezogen werden. Würden die Arbeiter und die Planer jedoch im gleichen Maße „Bong“-Köpfe in ihre Hirne ziehen, würde ein etwaiges Haus wohl in einer ewigen Planungsphase stecken bleiben.

Denn viele Kiffer sind groß im Planen von Plänen – die dann verrauchen. Auf unserem Dachboden träumten wir oft davon, eine Armbrust zu bauen, dann in einem Kanu durch Deutschland zu paddeln und uns vom Land zu ernähren. Wir reisten aber nur in den Keller. Alkohol gilt hingegen in manchen Berufszweigen sogar als Treibstoff für die Karriere. Etwa in der Kaufmannsbranche gibt es viele, die meinen, ein Anti-Alkoholiker hätte es bei ihnen sehr schwer.

Bei Feiern knüpft man feuchtfröhliche Kontakte, plötzlich ist man mit dem Chef per Du. Die tristen Ergebnisse von Alkohol-Krankheit schlummern freilich zwölf Uhr mittags in jeder zweiten Kneipe der Republik an der Theke. Aber der Kampf gegen den Alkohol ist fast sinnlos wie die erfolglose Prohibition in Amerika gezeigt hat.

Cannabis – eine harmlose Droge?

Rätselhafte Symptome nach übermäßigem Cannabis-Konsum

Der Genuss von Cannabis kann krank machen. Patienten klagen über mysteriöse Symptome und finden ein ungewöhnliches Mittel, sie zu verringern. Nun scheint die rätselhafte Kiffer-Krankheit entschlüsselt.

Quelle: Die Welt/ Katharina Kuhnert

Denn Alkohol scheint eine Menschheitsdroge zu sein, fast jeder noch so abgelegene Ureinwohner-Stamm gärt ein Gesöff zum Trunkenheitsrausch. Der große französische Schriftsteller Michel Houellebecq brachte die Erfolgsgeschichte des Alkohols damit auf den Punkt, dass der Alkohol das Einzige sei, das ihn nie enttäuscht habe – nach einigen Gläsern stelle sich die gewünschte Wirkung ein. Auch scheinen Länder, die einen Konsum religiös ablehnen, dem alkoholfreudigen Westen in keiner weise wirtschaftlich oder wissenschaftlich überlegen zu sein.

Man könnte Cannabis in Deutschland wie in den US-Bundesstaaten Washington und Colorado oder in den Niederlanden mit dem Argument legalisieren, dass den illegalen Händlern damit der Nährboden entzogen würde. Oder dass es vielleicht gerade das „Verbotene“ sei, das viele anzieht. Aber die mitunter verheerende Wirkung der Droge zu verharmlosen, wäre schlimmer als ein Fehler – es wäre eine Lüge.

“Wie stehen Sie zu Cannabis, Frau Bundeskanzlerin?“

Der deutsche YouTube-Star LeFloid interviewt Kanzlerin Merkel. Die Fragen dazu kommen aus der Community - die wollte unbedingt wissen, was die Kanzlerin zum Thema Cannabis-Legalisierung denkt.

Quelle: N24

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