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Sport Miroslav Klose

„Ich hatte keine Lust auf die sogenannten ‚Gangster‘ wie Mesut oder Jérôme“

Redakteur
Deutschland, Mexiko, Schweden, Südkorea: Das ist die Gruppe F

Vom 14. Juni bis zum 15. Juli findet die WM 2018 in Russland statt. Insgesamt gehen 32 Teams an den Start; in acht Gruppen mit jeweils vier Teams. Die Gruppe F bilden Deutschland, Mexiko, Schweden und Südkorea. Hier stellen wir sie vor.

Quelle: Omnisport

Autoplay
Vor vier Jahren wurde Miroslav Klose mit der deutschen Nationalelf Weltmeister. Der Schlüssel zum Erfolg habe im Mannschaftsquartier gelegen. Dort gab es viel Raum für Begegnung, aber auch fürs einander aus dem Weg gehen - wenn die Musik zu laut war.

Es waren Tränen der Freude. Des Glücks. Der Erleichterung. Mit seinen Söhnen Noah und Luan und Ehefrau Sylwia im Arm stand Miroslav Klose am Abend des 13. Juli 2014 auf dem Rasen des Maracana-Stadions von Rio de Janeiro und genoss den WM-Triumph.

Es war der Höhepunkt der glanzvollen Karriere des ehemaligen Nationalstürmers. Nun, vier Jahre später, wird er erneut zu einem WM-Turnier reisen, als Mitglied des Trainerstabs von Bundestrainer Joachim Löw.

WELT: Wenn wir Sie direkt auf die WM 2014 ansprechen: Welches Bild schießt Ihnen sofort in den Kopf?

Miroslav Klose: Der Moment, in dem ich den Pokal erstmals in der Hand habe. Ich weiß noch, wie ich mich kurz danach auf eine Treppe gesetzt habe. Da war ich ganz mit mir allein. Ich habe auf den Rasen geschaut und konnte das Ganze nicht fassen.

RIO DE JANEIRO, Brazil - Miroslav Klose (C in front row) and other Germany players celebrate with the World Cup trophy after beating Argentina 1-0 to win their fourth World Cup title at the Maracana Stadium in Rio de Janeiro, Brazil, on July 13, 2014. (Kyodo) [ Rechtehinweis: picture alliance/Kyodo ]
Spätes Glück: Im Alter von 36 Jahren gewinnt Miroslav Klose mit der deutschen Mannschaft in Rio die Weltmeisterschaft
Quelle: picture alliance / Kyodo

WELT: Wie überwältigt Sie waren, war unmittelbar nach dem Abpfiff zu sehen. Da kamen Ihnen die Tränen.

Klose: Ich war so glücklich. Da fiel einiges ab. Wir waren so oft kurz davor, hatten es aber nie geschafft. Und dann stehst du auf dem Rasen in Rio und bist Weltmeister. 2002 war mein erstes Turnier. Damals standen wir im Finale und haben es verloren. Das war bitter. Aber ich konnte das gar nicht so fassen, weil alles so neu für mich war. Mit den Turnieren danach bekam ich eine gewisse Routine. Also nicht, was das Verpassen des Titels betrifft. (lacht) Ich meine das in Bezug auf die Abläufe. Ich wusste, was ich besser machen musste, was mir guttut bei einem Turnier und was nicht. Aber wissen Sie: Dass ich dann mit 36 Jahren Weltmeister werde, hätte ich niemals gedacht. Obwohl ich immer optimistisch bin.

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WELT: Was gab 2014 den Ausschlag?

Klose: Ich bin davon überzeugt, dass es der ganze Kader war. Ich habe ja am Anfang nicht gespielt. Aber wir haben die sogenannte A-Mannschaft im Training dermaßen gefordert. Die Jungs mussten alles geben, um gegen uns zu gewinnen. Das war gut für alle Pflichtspiele. Wenn du im Training richtig Gas geben musst, bist du auf alles vorbereitet und hast keine Angst. Ich bin total überzeugt, dass du Probleme in einem Spiel hast, wenn du im Training keinen Druck hast. Glauben Sie mir: Wenn du im Training alle Zeit der Welt hast, bist du im Spiel überfordert, wenn du Lösungen benötigst, da der Gegner Druck macht. Wir waren in Brasilien auf alles vorbereitet. Da war jeden Tag Feuer drin. Je länger wir da waren, umso mehr dachte ich, dass dieses Mal wirklich was geht.

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Klose: Jeder, der von der Bank kam, war heiß. Ich auch. Bei der Ecke konnte ich mein gutes Näschen noch unter Beweis stellen und erahnen, wohin der Ball nach der Verlängerung von Benny (Höwedes – d. R.) hinkommt.

WELT: Sie sprachen den Teamgeist an.

Klose: Ja, weil er richtig gut war. Da hat alles gepasst, inklusive des guten Camps. Es war klasse dort. Da gab es diesen Innenhof, auf dem wir uns immer getroffen, etwas gespielt, ferngeschaut oder uns ausgetauscht haben. Wir waren quasi immer irgendwie zusammen und haben echt viel miteinander geredet. Da wurde über Gegner gesprochen, über bestimmte Spieler oder Situationen. Das war toll.

WELT: In dem Campo Bahia gab es vier Wohngemeinschaften. Sie waren einer der vier sogenannten Hausmeister. Wie fühlte sich diese Art von Zusammenleben als ältester Profi an?

Klose: Das war echt etwas Besonderes. Gott sei Dank war ich einer der Hausmeister und konnte mir meine Mitbewohner aussuchen – mit Roman Weidenfeller, Toni Kroos oder Mario Götze. Mit ihnen habe ich mir Leute ins Haus geholt, von denen ich wusste, dass sie auch früh ins Bett gehen. Ich hatte keine Lust auf die laute Musik und die sogenannten ,Gangster‘, wie Mesut (Özil – d. R.) oder Jérôme (Boateng – d. R.). Ich weiß nicht, ob ich so ruhig hätte schlafen können, wenn einer von ihnen in meinem Haus gewesen wäre. (lacht) Ehrlich, das war wirklich ein super Camp. Jeder hatte natürlich sein eigenes Zimmer, aber es gab viele Möglichkeiten, sich zu begegnen.

WELT: Aus dem Camp wurde offenbar viel Energie gezogen. Hatten Sie am Tag des Finals ein gutes Gefühl?

Klose: Ja. Aber mir schwirrte nicht das Finale an sich durch den Kopf, eher der Gegner. Wir wussten, dass wir früh stören und schnell umschalten mussten. Alles andere hat mich nicht interessiert. Ich habe mir keine Gedanken über Sieg oder Niederlage gemacht. Ich wollte, dass wir gut spielen. Dass es ein enges Spiel wird, war klar.

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WELT: Anfangs standen die Zeichen nicht so gut. Erst meldete sich Sami Khedira kurz vor dem Anpfiff verletzt ab. Und dann musste Christoph Kramer, der für ihn auflief, früh verletzt raus.

Klose: Das war schon krass. Zumal du in so einem Spiel nie weißt, was alles von dir abverlangt wird, ob du genug getrunken hast, damit du keine Krämpfe bekommst. Alles so was. Ich habe den Basti (Schweinsteiger – d. R.) noch vor Augen. Was der alles abbekommen hat, wie der geblutet hat – und dann stand der immer wieder da und hat weitergemacht. Unglaublich. Aber in so einem Spiel setzt du Kräfte frei, von denen du gar nicht weißt, dass du sie hast.

WELT: Wie viele Tage oder Wochen hat es gedauert, bis Sie den WM-Sieg realisiert haben?

Klose: Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich viele Nächte danach oft abends vor dem Einschlafen die Bilder vor Augen hatte. Das waren großartige Gefühle. Mir wurde beispielsweise erst Monate später klar, dass ich vier WM-Halbfinals gespielt habe.

WELT: Wurde mit dem WM-Sieg ein Kindheitstraum wahr?

Klose: Ich wollte als Kind Fußballspieler werden, mehr nicht. Aber als es losging mit der Karriere, habe ich angefangen, mir kleine Ziele zu setzen. Ich wollte Pokalsieger werden, dann Meister. Da ich Stürmer war, habe ich auch immer zugesehen, mit Toren zu liefern. Und klar, irgendwann wollte ich auch für Deutschland spielen und treffen.

WELT: Können Sie sich an die erste WM erinnern, die Sie wahrgenommen haben?

Klose: Genau darüber habe ich kürzlich mit Freunden beim Angeln gesprochen. Da haben viele von 1990 und 1994 gesprochen. Ich für mich kann ich mich noch sehr gut an das Turnier 1998 erinnern. Die Turniere davor habe ich nicht richtig auf dem Schirm.

Hier geht es zum WM-Spielplan 2018

WELT: Wie sehen Sie denn nun, da Sie auf der anderen Seite stehen, die Chancen hinsichtlich der Titelverteidigung?

Klose: Wir haben richtig viel Potenzial im Team. Ich gehe auch davon aus, dass die Spieler eine richtig gute Einheit bilden werden. Dennoch: Es ist ein anderes Turnier. Ein anderes Land. Da musst du dich anpassen. Es kann sein, dass du ein Spiel in Sotschi bei 35 Grad spielst, das andere bei 15 Grad in Moskau. Aber das ist auch nicht so schlimm. Ich hoffe, dass der Matchplan immer funktioniert und umgesetzt wird. Natürlich wird es als Titelverteidiger nicht einfach. Aber ganz ehrlich, ich habe immer lieber gegen starke Gegner gespielt, als gegen vermeintlich nicht so gute. Aber wir müssen wissen, dass wir die Gejagten sind. Jeder Gegner wird ans Limit gehen. Da müssen wir gegenhalten und kämpfen.

WELT: Wie stellt sich Ihre Arbeit neben der Tätigkeit im Team von Joachim Löw dar?

Klose: Ich bin viel unterwegs und schaue mir Spiele der deutschen U-Teams an. Ich will sehen, wie sich die Jungs bewegen, was sie draufhaben. Es ist wichtig, dass ich mir diesbezüglich regelmäßig ein Bild mache.

Geschätzter Gesprächspartner: Bundestrainer Joachim Löw hört auf die Meinung von Miroslav Klose
Geschätzter Gesprächspartner: Bundestrainer Joachim Löw hört auf die Meinung von Miroslav Klose
Quelle: picture alliance / GES

WELT: Und, was sagen Sie zum Nachwuchs?

Klose: Ich finde schon, dass wir gute Stürmer haben. Wobei es nicht einfach ist, jeden gut zu beurteilen. Denn einige haben in ihren Klubs andere Aufgaben. Zudem haben die Vereinstrainer oft auch eine andere Spielphilosophie. Das erschwert die Aufgabe zwar hin und wieder, weil wir in der Nationalmannschaft andere Vorstellungen haben, ist aber nicht so schlimm. Es ist schön, dass wir etwas zu tun haben.

Miroslav Klose
Goldener Schnitt: Miroslav Klose mit dem WM-Pokal und seinen beiden Söhnen, den Zwillingen Noah und Luan, auf dem Rasen von Rio
Quelle: Action Images

WELT: Sorgen um den Nachwuchs muss man sich in Deutschland also nicht machen?

Klose: Nein. Wir haben genügend Qualität, aber die Jungs müssen gefördert und noch besser werden. Es wäre ja schlimm, wenn sie schon top wären und kein Potenzial mehr nach oben wäre.

WELT: Von Juli an werden Sie im Nachwuchs des FC Bayern als Trainer arbeiten. Was reizt Sie daran?

Klose: Ich hatte jetzt eine tolle Zeit bei der Nationalmannschaft im Trainerteam. Aber ich denke, es ist nach der WM der richtige Zeitpunkt, einen neuen, einen eigenen Weg zu gehen. Und als die Anfrage von Bayern München kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich freue mich riesig auf diese neue Aufgabe mit den Jungs, Schritt für Schritt etwas zu erarbeiten, auf was wir hoffentlich stolz sein können. Aber jetzt ist erst mal WM, nur die zählt – und ich freue mich, wenn es losgeht.

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