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Wissenschaft Spektakuläre Studie

Doping zeigt schon in Mini-Dosierung enorme Wirkung

Minimale Dopinggaben verhalfen acht Ausdauerathleten auf europäischem Spitzenniveau zu beeindruckenden Leistungssprüngen. Im Blut der Sportler waren sie nicht nachweisbar Minimale Dopinggaben verhalfen acht Ausdauerathleten auf europäischem Spitzenniveau zu beeindruckenden Leistungssprüngen. Im Blut der Sportler waren sie nicht nachweisbar
Minimale Dopinggaben verhalfen acht Ausdauerathleten auf europäischem Spitzenniveau zu beeindruckenden Leistungssprüngen. Im Blut der Sportler waren sie nicht nachweisbar
Quelle: pa
Eine französische Studie bestätigt die schlimmsten Befürchtungen der Anti-Doping-Kämpfer: Doping mit Mikro-Dosierungen führt zu verblüffenden Leistungssteigerungen – und ist zudem kaum nachweisbar.

Eine klinische Studie französischer Sportwissenschaftler liefert spektakuläre Ergebnisse: Auch Doping mit minimalen Dosen ist demnach hochwirksam und zudem kaum nachweisbar. Experten sprechen von einer Blaupause für einen Dopinggebrauch, der kaum Spuren hinterlässt.

Er fühle sich „wie auf einen anderen Planeten“ versetzt, beschrieb Guillaume Antonietti, ein gut trainierter Amateursportler, den Effekt und fügte hinzu: „Aber es ist auch beängstigend.“ Wenig später rannte er wieder durch Paris und fühlte sich, als könnte er „ewig so weitermachen“. Antonietti war Teilnehmer des zunächst geheim gehaltenen Experiments, das von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA abgesegnet wurde.

Die neuen Erkenntnisse könnten gravierende Folgen haben. Die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) forderte umgehend Dopingtests auch in den Nachtstunden. Die in der Studie angewandte Art des Dopings zeige, „dass Kontrollen – in verhältnismäßiger Anzahl – auch zwischen 23 Uhr abends und sechs Uhr morgens durchgeführt werden müssen, damit hier keine Lücke vorhanden ist“, hieß es in einer NADA-Stellungnahme.

Enorme Leistungssteigerung

In der vom TV-Sender France 2 in Auftrag gegebenen Studie wurde acht Ausdauerathleten unter strenger medizinischer Aufsicht 29 Tage lang Blut- und Hormondopingmittel verabreicht. Gezielt gedopt wurde auch mit Eigenblut, das am 20. Tag reinfundiert wurde. Dazu kamen der Blutverdicker EPO, Wachstumshormon und Kortikosteroide.

Die weithin bekannten Dopingmittel wurden ihnen dabei regelmäßig, aber immer nur in minimalen Mengen gespritzt. Die Mikrodosierungen hinterließen keinerlei Spuren in den Blutpässen der Probanden.

Die Steigerung der Leistungsfähigkeit war enorm: Einer der acht Athleten, der täglich 24 Kilometer weit lief, drückte seine Bestmarke während der Testphase auf dieser Strecke um zehn Minuten. Der beste Radfahrer steigerte seine Leistung um fünf Prozent. Die größte Steigerung beim 3000-m-Lauf in der Halle innerhalb der 29 Tage: sagenhafte 31 Sekunden.

Mikrodosen kaum nachweisbar

„Dieser Leistungszuwachs ist schon überraschend. Diese Mikrodosierung hatte einen enormen Effekt, das war vorher in diesem Maße nicht bekannt“, sagte der Nürnberger Pharmakologe und Dopingexperte Fritz Sörgel und sprach von einer Blaupause für den Alltagsgebrauch im Spitzensport: „Man muss davon ausgehen, dass es so gemacht wird.“

Doping in Mikrodosen ist nur in einem kurzen Zeitraum von – wenn überhaupt – wenigen Stunden nachweisbar. Fällt dieser Zeitraum in die Nacht, kann der gedopte Athlet sich praktisch sicher sein, nicht erwischt zu werden.

Dopingkontrollen zwischen 23 Uhr und sechs Uhr sind derzeit zwar möglich, werden aber praktisch nicht durchgeführt. Der WADA-Code fordert dafür „begründete Fälle“.

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Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hatte für die brisante Testreihe zuvor die Erlaubnis erteilt. Bis das Studienteam alle relevanten Genehmigungen für die Testreihe beisammen hatte, vergingen 18 Monate. Laut France 2 wurden die Athleten während der Studie „zu keiner Zeit positiv getestet“.

Anleitung für den Normalo im Alltag

Die NADA kündigte nun eine genaue Untersuchung der Ergebnisse an und verwies auf die „kriminelle Energie“, die für Doping in dieser Form notwendig sei, da man für Mikrodosierungen „entsprechendes Know-how“ und „professionelle Anleitung“ brauche.

Mit eigentümlicher Logik fügte die NADA hinzu: „Diese Art von Doping in Mikrodosierungen zeigt, dass das Kontrollsystem immer engmaschiger wird – bei höheren Dosierungen ist das Risiko für die Doper, erwischt zu werden, hoch.“ Seit Jahren ertappt die NADA einen verschwindend geringen Anteil der gedopten Sportler, 2013 waren von 8106 Trainingskontrollen drei positiv.

Die in Paris getesteten Athleten berichteten zudem von einer enormen Verbesserung des Wohlbefindens. „Ein Athlet hat ausgesagt, dass er jeden Morgen um fünf Uhr früh topfit senkrecht im Bett steht. Insofern ist die Studie auch eine Anleitung für den Normalo im Alltag – was natürlich problematisch ist“, sagte Sörgel. Auch er forderte vehement Nachttests: „Jetzt müssen wir halt sagen: Verdammt noch mal, weckt die Leute nachts auf.“

Für den Heidelberger Dopingexperten Werner Franke lieferte die Studie keine Überraschungen. „Wer es so macht, kann positive Tests umgehen – ein Kinderspiel. Das sage ich seit Jahren“, sagte Franke.

Doch auch er sieht eine große Chance für die Anti-Doping-Kämpfer. „Wer mit Mikrodosen dopt, ist nachts quasi immer auf Stoff. Ein Test im Jahr mitten in der Nacht könnte da schon reichen“, sagte Franke: „Aber solange die Nacht tabu ist, ist alles für die Katz.“

„Die Körper und Seelen sind kaputt“

Die Situation der Doping-Opfer ist auch 25 Jahre nach dem Mauerfall immer noch dramatisch. Die ehemalige Weltklassesprinterin und Vorsitzende des Doping-Opfer-Hilfevereins Ines Geipel im Interview.

Quelle: SID

SID/dpa/oc

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