Auswanderer: Die Besten verlassen Deutschland

Pro Jahr verliert Deutschland 30.000 hochqualifizierte Fachkräfte. Nicht schlimm, meinen die einen, weil die meisten zurückkommen. Andere sehen ein Problem.

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Auswanderer: Die Besten verlassen Deutschland

(Bild: giggsy25/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
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Deutschland laufen hochqualifizierte Fachkräfte davon. Innerhalb des vergangenen Jahrzehnts waren es durchschnittlich und jährlich rund 180.000 Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Etwa 130.000 kehrten wieder zurück. Netto gehen damit in jedem Jahr 50.000 Bürger verloren. Das sind Zahlen einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, kurz BiB.

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"Durch intensive Forschung wissen wir, wie viele Menschen jährlich auswandern. Wir wissen aber wenig über die Sozialstruktur der Auswanderer", sagt Nils Witte, Wissenschaftler am BiB und Mitarbeiter an der Studie. In der wurde untersucht: Wer geht, wer kommt zurück und warum überhaupt verlassen Menschen Deutschland? Bei einem so hohen Bedarf an Fachkräften könnte das ein großes Problem sein.

Fachkräftemangel

Für die Studie hat das BiB in Wiesbaden in Kooperation mit dem Institut für Soziologie an der Universität Duisburg-Essen gut 10.000 deutsche Staatsbürger im Alter zwischen 20 und 70 Jahren befragt, die zwischen Juli 2017 und Juni 2018 ins Ausland gezogen oder nach Deutschland zurückgekehrt sind.

Wir Deutschen sind der Studie zufolge international eine vergleichsweise mobile Bevölkerung: Die Auswanderungsrate von 5,1 Prozent ist höher als in vielen anderen Industrienationen, etwa der von US-Amerikanern mit 0,7 Prozent. Insgesamt leben gegenwärtig etwa vier Millionen Deutsche im Ausland, mit einem Anteil von zwei Dritteln die meisten aber nur temporär.

Aus- und Rückwanderer sind im Durchschnitt 36 Jahre und damit zehn Jahre jünger als die Gesamtbevölkerung. Von der hat rund ein Viertel einen Hochschulabschluss, bei den Auswanderern sind es dagegen drei Viertel. Auswanderer sind damit überproportional hoch qualifiziert.

"Dank der Studie können wir nun erstmals Aussagen über die Qualifikationsstruktur deutscher Auswanderer treffen. Wir kennen ihre Bildungsabschlüsse und ihre Berufe. Welche Fächer die Auswanderer studiert haben, wissen wir aber nicht“, sagt Witte. Die Entscheidung, das Land für längere Zeit zu verlassen, geht meistens auf mehrere Gründe zurück, wobei der Beruf eine zentrale Rolle spielt. Knapp 60 Prozent nennen eigene berufliche Anreize bei der Entscheidung für ein Leben im Ausland, weitere etwa 30 Prozent geben den Beruf des Partners oder der Partnerin an. Nur ein knappes Fünftel gab Unzufriedenheit in Deutschland als Grund fürs Auswandern an.

Auswandern lohnt sich außerdem finanziell, denn der monatliche Nettoverdienst steigt sofort um fast 1.200 Euro an. Die Schweiz ist mit einem Anteil von 13 Prozent das wichtigste Zielland von deutschen Auswanderern. Dann folgen Österreich mit 8 und die USA mit 7 Prozent. "Auswanderer bevorzugen Länder mit geringen Sprachbarrieren. Deshalb sind unsere beiden Nachbarländer und die englischsprachige USA so beliebt", sagt Witte. Seiner Meinung nach führt Auswanderung nicht zu einem Braindrain, also einem Verlust von Fachkräften, weil die meisten Auslandsaufenthalte zeitlich befristet sind und die Qualifikation der Auswanderer und Rückkehrer sehr ähnlich ist. "Die Besten gehen, es kommen aber auch die Besten zurück", sagt Witte.