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iOS 12 warnt vor ungesunder Luft DWD hält Warnhinweise in Apples Wetter-App für "fraglich bis nutzlos".

Von Mark Otten | 01.10.2018, 17:24 Uhr

Apples Wetter-App warnt Nutzer in Deutschland seit Kurzem vor gesundheitsschädlicher Luft. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist davon allerdings nicht überzeugt und bezeichnet die Funktion als "fraglich bis nutzlos". Und Siri hat eine eigene Meinung.

In iOS 12, der aktuellen Version von Apples Betriebssystem für iPhones und iPads, warnt Apples Wetter-App die Nutzer auch in Deutschland vor "ungesunder Luftqualität" und "ungesunder Luft für empfindliche Gruppen". Was die Luft ungesund macht oder welche Personengruppen wie davon betroffen sind, verrät die App allerdings nicht. Als einzigen Hinweis finden Nutzer in der Detailansicht einen Wert für den sogenannten Luftqualitätsindex, jedoch ohne Einordnung oder Aufschlüsselung. Das kritisiert Chemiker Stefan Gilge, Leiter des Referats für Lufthygiene am Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung des DWD, im Gespräch mit unserer Redaktion: „Menschen, die sich auf die angebotenen Informationen verlassen wollen, werden sicherlich auch wissen wollen, wie die Informationen zustande kommen und ob die Daten aus seriösen Quellen stammen. Wenn beides nicht angeboten wird, würde ich die dargestellten Informationen zur Luftqualität als fraglich bis nutzlos einstufen.“ Apple hat sich dazu auf Nachfrage nicht geäußert.

Luftqualitätsindex ohne Standard

Der Luftqualitätsindex ist laut Gilge normalerweise ein "verständlich aufbereitetes Maß für die Konzentration verschiedener gesundheitsrelevanter Luftbeimengungen". Dazu zählen typischerweise Stickstoffdioxid, Ozon und Feinstaub, einen einheitlichen Standard gibt es aber nicht. Je höher der Wert, desto schlechter die Luft. Wichtig sei jedoch, dass die Berechnung eines Index erklärt würde, so der Chemiker. Gilge bemängelt, dass die Wetter-App nicht offen lege, welche Werte ausgelesen werden und welcher davon eine Warnung auslöst. Eine Gesundheitswarnung, die ausschließlich durch eine hohe Ozonkonzentration ausgelöst wird, hat keine Relevanz für Menschen, die nicht auf hohe Ozonwerte reagieren. Überprüfen und nachvollziehen lässt sich die Warnung jedoch nicht. (Weiterlesen: Gewitter und Blitze live am Bildschirm verfolgen)

Apple warnt, DWD rätselt

Ein Beispiel: Am 18. September warnte Apples Wetter-App für Hamburg bei einem Luftqualitätsindex von 90 vor ungesunder Luft für empfindliche Gruppen. Welche Werte dafür verantwortlich sind, bleibt offen.

Das Umweltbundesamtes hat in der Hansestadt mehrere Stationen aufgestellt. Je nach Lage und Abstand zum Verkehr reichten die Stickstoffdioxid-Konzentrationen von 13 bis 104 µg/m³. "In diesem Kontext sind 13 µg erfreulich sauber, und 104 µg schon verschmutzt", sagte Gilge. Während Apples App für den Standort Hamburg eine Warnung ausspricht, wäre diese beim Blick auf die Messstationen beim Stickstoffdioxidgehalt nur punktuell korrekt, nicht jedoch für die gesamte Stadt. Siri widerspricht App und Datenquelle

Die Daten für Apples Wetter-App kommen vom amerikanischen Anbieter The Weather Channel. Doch auch auf deren Webseite finden sich keine Details zur Luftqualität. Apples virtuelle Assistentin zeigt teilweise Details zu einzelnen Messwerten an. zum Beispiel für Stickstoffdioxid. Diese sind jedoch nicht immer identisch mit den Angaben auf The Weather Channel. Teilweise warnt die Apple-App vor gesundheitsschädlicher Luft, während Siri und The Weather Channel angemessene oder sogar gute Luftqualität anzeigen. (Weiterlesen: Witzduell – Apples Siri gegen Microsofts Cortana)

Alternativen bieten mehr Details zur Luftqualität

Nutzer, die gerne mehr Details über die aktuelle Luftqualität benötigen, finden im Appstore von Apple und Google kostenlose Programme wie "AirVisual" und "Air Matters". "AirVisual" unterteilt den Luftqualitätsindex aufsteigend in Schritten von 50 Punkten und zählt die möglichen Gefahren für empfindliche Gruppe auf. Besonders Menschen mit Atemwegserkrankungen sind schnell betroffen.

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Stickstoffdioxid (NO2) kann bereits in geringen Konzentrationen Reizungen von Augen und Schleimhäuten insbesondere des Atemtraktes auslösen. Das eingeatmete NO2 kann bis in die Lungenperipherie eindringen und dort chemisch umgewandelt werden. NO2 wirkt zell- und gewebeschädigend, sodass es beim Kontakt mit dem Lungengewebe zu Schädigungen und Entzündungen kommen kann. Lungenfunktionsänderungen sowie Atemwegserkrankungen wie chronischer Husten oder Bronchitis sind die Folge. Bei Allergikern kann NO2 in Verbindung mit Allergenen allergische Reaktionen verstärken. Ferner wird durch Langzeiteinwirkung durch NO2 die Anfälligkeit gegenüber Atemwegserkrankungen erhöht. Stickstoffdioxid ist zudem Ausgangsstoff für die Bildung von Fotooxidantien, welches sich erst unter dem Einfluss von Sonnenlicht aus anderen Luftverunreinigungen bildet. So entsteht bodennahes Ozon aus Stickoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC, volatile organic compounds). (Quelle: DWD)

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Eine hohe Ozonbelastung kann vor allem zu Reizungen der Atemwege führen und Entzündungsreaktionen auslösen. Bei Menschen mit einer Prädisposition gegenüber Atemwegserkrankungen können Symptome wie Hustenreiz und Atembeschwerden verstärkt werden. Ferner kann eine hohe Ozonbelastung Kopfschmerzen auslösen und die Leistungsfähigkeit vermindern. Eine längerfristige Ozon-Exposition kann das Risiko für eine Lungenkrebserkrankung steigern sowie das Herz-Kreislaufsystem beeinträchtigen. (Quelle: DWD)

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Besondere Bedeutung bei den Partikeln kommt dem Feinstaub aus anthropogenen Quellen zu, da er unter anderem Rußpartikel enthält. Die Hauptquellen von rußhaltigem Feinstaub sind Verbrennungsprozesse (Motor, Heizung, Kamin) sowie Reifenabrieb. Um negativ auf unsere Gesundheit wirken zu können, müssen die Partikel aus der Luft in den Atemtrakt gelangen. Beim Atmen durch die Nase, können grobe Partikel (> 2.5 µm) bereits durch die Nasenschleimhäute aus der Atemluft gefiltert werden. Beim Atmen durch den Mund, dringen Luft getragene Partikel hingegen nahezu ungehindert in Rachenraum und Bronchien ein. Rußpartikel aufgrund ihrer teils sehr geringen Größe (< 2.5 µm) sowie andere Feinstaubpartikel gelangen tief in den Atemtrakt bis in die Lungenperipherie. Dort können sie sich festsetzen und langfristig deponiert werden. Im Lungengewebe abgelagerte Partikel lösen abhängig von ihren chemisch-physikalischen und biologischen Eigenschaften Entzündungsreaktionen aus. Durch diesen permanenten Entzündungsreiz kann, auf lange Sicht gesehen, die Immunantwort geschwächt werden. Chronische Lungenerkrankungen wie Bronchitis, Asthma oder COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung, englisch: chronic obstructive pulmonary disease) können dadurch begünstigt werden. Ferner können diese Partikel auch Herzrhythmusstörungen und ein Ansteigen des Blutdrucks bewirken, welche eine nachhaltige Schädigung des Herz-Kreislaufsystems zur Folge haben. Ultrafeine Partikel (< 0.1 µm) können sogar in Bindegewebe, Lymphknoten und in die Blutbahn vordringen. Bei Ratten konnten ultrafeine Partikel in Leber, Herz und Gehirn nachgewiesen werden. Gegenstand aktueller Forschung ist, inwieweit ultrafeine Partikel auch in sekundäre lymphatische Organe vordringen und sich in nennenswerter Konzentration anreichern können. (Quelle: DWD)