Zum Inhalt springen

Sammer beim FC Bayern Seinen Platz nie gefunden

Matthias Sammer verlässt den FC Bayern. In seinen vier Jahren als Sportvorstand feierte er viele Titel, seine Rolle in der Münchner Führungsetage war bis zuletzt aber nicht klar. Kehrt er nun zum DFB zurück?
Matthias Sammer

Matthias Sammer

Foto: Fredrik von Erichsen/ dpa

Matthias Sammer wirkte entspannt und erholt. Zwei Monaten ist es her, dass der FC Bayern beim FC Ingolstadt die 26. Meisterschaft geholt hatte und das Team abends in München zur internen Feier zusammen kam. "Gut, alles gut", sagte Matthias Sammer, bevor er in den "Südtiroler Stuben" von Alfons Schuhbeck entschwand und bei Rindfleisch und Pasta mit der Mannschaft den Titel feierte.

Die beunruhigende Meldung über den Gesundheitszustand des Sportdirektors wenige Wochen zuvor, die Durchblutungsstörung im Gehirn, man hoffte, es sei einfach nur eine kurze Auszeit gewesen. Dass Sammer eine Woche später bei der großen Sause am Münchner Rathausbalkon fehlte, nun gut. Zu viel Trubel, zu eng, zu laut, wäre ihm zu viel geworden, sagte der Verein. Kein Grund zur weiteren Sorge, er werde wieder im Vollbesitz seiner Kräfte nach der Sommerpause an die Säbener Straße zurückkehren. Tut er nun aber nicht.

Fotostrecke

Matthias Sammer: Spieler, Trainer, Sportvorstand

Foto: Alexander Hassenstein/ Bongarts/Getty Images

Der Rücktritt von Matthias Sammer überschattet nicht nur den Einstand von Carlo Ancelotti, der an diesem Montag als neuer Trainer des Rekordmeisters präsentiert wird, er wirft auch einige Fragen auf. Die wichtigsten können abschließend nicht beantwortet werden: Wie geht es dem 48-Jährigen wirklich? Wie lange dauert es, bis er wieder arbeiten wird, wo und in welcher Funktion?

Erst Sonntagmorgen, wenige Stunden vor der Nachricht von Sammers Ende beim FC Bayern, waren noch Spekulationen aufgekommen, Sammer könnte zum DFB zurückkehren, wo er vor seiner Zeit in München als Sportdirektor gearbeitet hatte, und Joachim Löw als Bundestrainer beerben, sollte dieser hinwerfen. Dass der FC Bayern Sammer dann ziehen lassen würde, hieß es in der "Bild am Sonntag". Aber dass Sammer Bundestrainer werden würde, danach klang es nun gar nicht, als der Verein am Sonntagabend den Rücktritt Sammers bestätigte.

Motzen um des Motzens willen

Eine ganz andere Frage stellt sich aber zu Sammers Vermächtnis. Was hat er in München wirklich erreicht? Und was bleibt von seiner Arbeit nun am Ende, nach genau vier Jahren? Sportlich war es mit vier Meistertiteln, drei Pokalsiegen und dem Champions-League-Gewinn 2013 eine Erfolgsstory.

Und trat er wirklich nur aus gesundheitlichen Gründen zurück? Zumal er selbst in der Mitteilung des FC Bayern sagte: "Mir geht es sehr gut. Meine Gesundheit ist wiederhergestellt. Die umfangreichen medizinischen Untersuchungen haben dies zu 100 Prozent bestätigt".

Die Position des "Sportvorstandes für Lizenzspielerangelegenheiten" beim FC Bayern hatte Sammer im Juli 2012 übernommen, was recht schwammig klang und zu rätseln Anlass gab, was er eigentlich wirklich macht. So richtig fiel er erstmals im Oktober 2012 auf, als er nach einem Spiel in Bremen die Bayern-Spieler öffentlich abwatschte - nach dem sechsten Sieg im sechsten Bundesliga-Spiel. Das Motzen um des Motzens willen kam bei Bayern-Trainer Jupp Heynckes gar nicht gut an und führte zum ersten Zoff. Heynckes warf ihm Populismus vor.

Sammer suchte forthin seinen Platz bei den Bayern, fand ihn aber nicht. Er ließ erkennen, dass es ihm weh tat, als "Frühstücksdirektor" ohne Aufgabenbereich bezeichnet zu werden, und versuchte immer wieder, seinen Aufgabenbereich zu erklären. Dass er den Verein von den Profis bis zur Jugend strategisch so aufstellen wolle, um langfristig die Leistung besser steuern zu können, sagte er. Doch was das wirklich bedeutete, vermochte er nicht zu vermitteln.

Keinen Jugendspieler an den Profikader herangeführt

Als Uli Hoeneß nach seiner Verurteilung 2014 wegen Steuerhinterziehung als Präsident abdankte und ins Gefängnis musste, sprang Sammer ein und setzte sich als Abteilungsleiter Attacke in Szene. Er führte wohldosierte Angriffe, wie zuletzt noch im August 2015 gegen Dortmunds Chef Hans-Joachim Watzke. Doch sein Kerngeschäft war immer noch nicht so richtig zu erkennen. Und deshalb auch seine Erfolge nicht. Zugänge wie Kingsley Coman oder Douglas Costa waren nicht ihm zu verdanken, sondern dem leise im Hintergrund agierenden Michael Reschke, dem Technischen Direktor, der nun einen Großteil von Sammers Aufgaben übernehmen wird. Zu Sammers Aufgaben gehörte es, junge Spieler in den Profikader zu bringen, - wie einst Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller. Allein, das gelang ihm nicht.

Zudem steht das Comeback von Hoeneß bevor, der wohl bald seine Kandidatur für das Präsidentenamt bekannt geben und damit selbst wieder als Lautsprecher auftreten will. Ein zweites Alpha-Tier neben sich braucht es da nicht.

Auf dem Schreibtisch seines Büros, das er nun räumen wird, hatte der gebürtige Dresdner ein dickes Buch liegen, Titel "Bayern und Sachsen", ein Riesenwälzer. Der Familienname Sammer, betonte er vor drei Jahren im persönlichen Gespräch, sei auch ein altbayerischer Name, und als er das sagte, hörte es sich nach Stolz an. Vielleicht liegt seine Zukunft aber nun weder in Bayern noch in Sachsen, sondern in Hessen. Beim DFB in Frankfurt.