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Insolventer Dax-Konzern Deutsche Bank will Wirecard Bank helfen - Aldi kündigt

Bei Wirecard droht Leichenfledderei: Mit Aldi Süd und offenbar auch Softbank verabschieden sich wichtige Geschäftspartner. Die Deutsche Bank bringt sich in Stellung. Und die Allianz zeigt Mitleid mit der Finanzaufsicht.
Wirecard-Zentrale in Aschheim: Genug Befugnisse für die Bafin?

Wirecard-Zentrale in Aschheim: Genug Befugnisse für die Bafin?

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Lennart Preiss/ Getty Images

Der Bilanzskandal bei Wirecard belastet neben der Muttergesellschaft auch fünf Tochterfirmen. Wie das Münchner Amtsgericht mitteilte, haben diese Gesellschaften nun ebenfalls Insolvenz beantragt. Es handelt sich um Firmen, die Dienstleistungen und Software für die Muttergesellschaft anbieten. Dazu zählen etwa die Vertriebs- und Marketinggesellschaft Wirecard Global Sales und die Softwarefirma Wirecard Issuing Technologies.

Der unter Manipulationsverdacht stehende Dax-Konzern verliert zudem offenbar den wichtigsten Partner für große Zukunftsprojekte. Der japanische Softbank-Konzern beende die Kooperation mit dem Bezahldienstleister aus dem Münchner Vorort Aschheim, wie es in informierten Kreisen hieß. Die im April 2019 verkündete Partnerschaft hatte zwei wesentliche Bestandteile: Eine dreistellige Millioneninvestition der Japaner und die Vermittlung neuer Geschäftsmöglichkeiten, -partner sowie Kunden an Wirecard. Eine offizielle Stellungnahme von Softbank gibt es nicht.

Aktien brechen weiter ein

In Deutschland wiederum fährt Aldi Süd seine Geschäftsbeziehungen zu Wirecard zurück: Kreditkartenzahlungen an den Kassen der Supermarktkette wickelt nun der Konkurrent Payone ab, wie das Unternehmen in Mülheim an der Ruhr bestätigte. Nur noch die Aldi Geschenkkarten laufen demnach weiter über die Wirecard Bank.

Wirecard steckt tief in einem Skandal um mutmaßliche Luftbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Ein vorläufiges Insolvenzverfahren ist eröffnet, die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen mehrere Verantwortliche wegen Bilanzfälschung, Marktmanipulation und offenbar auch Betrug. Es sieht danach aus, dass der Konzern in seine Einzelteile zerlegt und verkauft werden könnte.

Die Aktien des Unternehmens haben seit Juni bis zu 99 Prozent an Wert verloren. Im Lauf des Tages sackten sie erneut ab und notierten zuletzt bei 3,15 Euro. Auch am Mittwoch hatten die Anteilsscheine weiter nachgegeben, nachdem sich der Kurs zu Wochenbeginn verbessern konnte.

Bafin-Chef verweist auf begrenzte Handlungsmöglichkeiten

Hilfsbereit zeigt sich dagegen die Deutsche Bank - die der zu Wirecard gehörenden Bank möglicherweise finanziell unter die Arme greifen will. "Wir können uns grundsätzlich vorstellen, im Rahmen der Fortführung der Geschäftsaktivitäten diese Unterstützung zu gewähren, sofern es erforderlich werden sollte", sagte ein Sprecher der Deutschen Bank, die sich damit auch in eine gute Lage für eine mögliche Übernahme bringt. Der Konzern sei dazu in Abstimmung mit der Finanzaufsicht Bafin, dem vorläufigen Insolvenzverwalter von Wirecard und der Wirecard Bank selbst. Die Wirecard Bank ist bisher nicht insolvent. Die Bafin hat die Bundesbank als Sonderbeauftragten eingesetzt, die dafür sorgen soll, dass keine Gelder abfließen und die Geschäfte weiter laufen.

Die Bafin selbst steht nach der Insolvenz von Wirecard unter Druck. Der Präsident der Aufsichtsbehörde, Felix Hufeld, verwies auf begrenzte Handlungsmöglichkeiten. "Das Problem ist: Wen beaufsichtigen wir?", sagte Hufeld bei einer im Internet übertragenen Konferenz. Technologiedienstleister und -unternehmen, die keine Finanzinstitute seien und nicht von Finanzaufsichtsbehörden beaufsichtigt würden, verschmölzen immer mehr mit Bankdienstleistungen und -instituten. "Und das ist natürlich jenseits des speziellen Falles Wirecard eine viel größere Herausforderung, die wir überall sehen."

Es gebe Fragen, die wir auf einer politisch-regulatorischen Ebene, geklärt werden müssten, sagte Hufeld. Formal war die Bafin nur für einen Teil des Wirecard-Konzerns zuständig: die Wirecard Bank.

Allianz-Chef Oliver Bäte fordert angesichts dessen Reformen der Finanzaufsicht. "Wirecard ist ja ein Finanzdienstleister, aber er wurde nicht reguliert wie ein Finanzdienstleister, und ich halte das für falsch", sagte Bäte. Man müsse die Aufsicht danach ausrichten, "was die Menschen wirklich tun", und nicht danach, ob ein Unternehmen Bank oder Versicherung heiße.

apr/dpa/Reuters